Wenn Du schon einmal einen Text gelesen hast, der aus der Ich-Perspektive erzählt hat, dann handelt es sich dabei um den sogenannten Ich-Erzähler.
Neben dem Ich-Erzähler existieren außerdem der personale, der auktoriale und der neutrale Erzähler. Klick Dich doch gerne auch in die Erklärung "Erzähler" auf StudySmarter, um mehr über diese zu erfahren!
Ich-Erzähler – Definition / Fachbegriff
Der Ich-Erzähler ist eine fiktive Figur. Er wird erschaffen, um eine Geschichte zu erzählen. Die erzählende Figur kann verschiedene Perspektiven einnehmen, die unterschiedlich auf die Lesenden wirken.
Im Falle der Ich-Form wird der Erzähler als eigenständige Person angesehen, die ihre selbst erlebten Geschehnisse beschreibt:
Der Ich-Erzähler ist auch die handelnde Figur der Geschichte und wird so für die Lesenden zu einer greifbaren Person. In dieser Erzählform ist die subjektive Sicht auf die Ereignisse stark ausgeprägt. So werden alle Geschehnisse stets aus der Sicht einer Person beschrieben.
Demzufolge erhalten die Lesenden einen limitierten Blick auf die Handlung, denn alles, was sie erfahren, ist an die Perspektive, das Wissen und die Gefühle des Ich-Erzählers gebunden.
Der Erzähler sollte nie mit dem Autor oder der Autorin gleichgesetzt werden! Auch wenn der oftmals distanzierte Standpunkt der erzählenden Instanz den Anschein erweckt, als würden der Autor oder die Autorin die Geschichte erzählen, handelt es sich stets um einen Erzähler. Im Gegensatz zum Ich-Erzähler nimmt der Er-/Sie-Erzähler etwa nicht immer an der eigentlichen Handlung teil.
In der Erklärung "Erzählform" auf StudySmarter erfährst Du mehr zu dem Er-/Sie-Erzähler.
Ich-Erzähler – Merkmale
Der Ich -Erzähler hat folgende Merkmale: Der Ich-Erzähler ist gleichzeitig die handelnde Hauptfigur. Alle Geschehnisse werden aus ihrer Sicht erzählt. Der Fokus liegt somit auf den Gedanken und Gefühlen des Ich-Erzählers. Die Erzählperspektive des Ich-Erzählers wird dabei als Innensicht bezeichnet:
Die Erzählperspektive beschreibt, von welchem Standort aus der Erzähler das Geschehen beobachtet. Bei der Innensicht wird das Geschehen vom Standpunkt der Figur des Ich-Erzählers beschrieben.
Außerdem erkennst Du einen Ich-Erzähler immer daran, dass das Personalpronomen "ich" sowie die Possessivpronomen "mein/meine" verwendet werden.
Diese Merkmale des Ich-Erzählers werden Dir an folgendem Beispiel veranschaulicht.
Ich-Erzähler – Beispiel
Erleichtert nahm ich am nächsten Morgen meine gewohnte Routine wieder auf, die in den letzten zwei Tagen so empfindlich gestört war. Das Joggen über den Markt an Dienstagen, Donnerstagen und Samstagen ist fester Bestandteil meines Zeitplans und ermöglicht mir, gleichzeitig zu trainieren, die Zutaten für meine Mahlzeiten einzukaufen und nachzudenken. Gerade letzteres hatte ich dringend nötig.1
Hier wird deutlich, wie aus der eigenen, persönlichen Sicht des Ich-Erzählers erzählt wird. Auch Formulierungen wie solche, dass der Erzähler "erleichtert" über etwas ist oder etwas "dringend nötig" hat, offenbaren den Lesenden Einblick in seine Gefühls- und Gedankenwelt.
Die Lesenden erhalten keinen anderen Blickwinkel auf die Situation und können die Geschehnisse nur so weit überblicken, wie es ihnen durch die Figur ermöglicht wird.
Erzählperspektive Ich-Erzähler – erlebendes und erzählendes Ich
Bei der Erzählform des Ich-Erzählers wird des Weiteren zwischen dem erlebenden Ich und dem erzählenden Ich unterschieden.
Das erlebende Ich
Das erlebende Ich wird oft auch als personaler Ich-Erzähler bezeichnet. Es erzählt nämlich unmittelbar aus der Situation heraus, ohne zeitlichen Abstand zum Geschehen. Aus diesem Grund kann sich das erlebende Ich nicht vom Geschehen distanzieren und so auch keinen Gesamtüberblick über die Handlung geben.
Es erzählt aus einer beschränkten Sicht heraus, was sich auch in folgendem Beispiel zeigt:
Während Lisa mir vortanzt, kann ich meinen Blick einfach nicht von ihr abwenden.
Das erzählende Ich
Das erzählende Ich wird hingegen oft auktorialer Ich-Erzähler genannt. Es hat ebenfalls an den Geschehnissen teilgenommen, berichtet jedoch von einem zeitlich späteren Standpunkt aus.
Aufgrund dessen kommt es oft dazu, dass das erzählende Ich Kommentare und Deutungen in die Geschehnisse einbaut.
Weil mit einem zeitlichen Abstand erzählt wird, verfügt das erzählende Ich über einen großen Überblick über das Geschehen.
Als Lisa mir gestern vortanzte, konnte ich meinen Blick einfach nicht von ihr abwenden. Ich hätte vorher nie gedacht, dass sie so gut tanzen kann.
Ich-Erzähler – Wirkung und Funktion
Der Ich- Erzähler hat unterschiedliche Wirkungen und Funktionen: Wenn die Erzählform des Ich-Erzählers für eine Geschichte gewählt wird, geschieht dies meist nicht ohne Grund. Der Ich-Erzähler kann bestimmte Funktionen in einem Text haben oder eine gewisse Art wirken.
Ich-Erzähler – Funktion
Der Ich -Erzähler hat folgende Funktion: In dieser Erzählform können die Gedanken, Gefühle, Ansichten, Auseinandersetzungen und der Widerstreit mit sich selbst ausführlich dargestellt werden. Hierdurch wird es einfacher, sowohl über das Geschehen zu berichten, als auch das Erlebte zu reflektieren.
Der Ich-Erzähler wird häufig auch dann verwendet, wenn beabsichtigt wird, die Entwicklung eines Menschen erlebbar zu machen. So gelingt es den Lesenden etwa besser, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren und sich in seine Gefühlswelt einfühlen zu können.
Ich-Erzähler – Wirkung
Autorinnen und Autoren entscheiden sich oftmals für die Ich-Perspektive, wenn sie einer Geschichte eine persönliche Note verleihen wollen. Der Ich -Erzähler hat folgende Wirkung: Indem Lesende in die Rolle der Hauptfigur schlüpfen können, kann es so wirken, als sei man selbst Teil der Geschichte.
Gedanken und Gefühle lassen sich daher besser nachvollziehen und die Lesenden können Sympathie oder Mitleid für die Figur entwickeln. Auch zusätzliche Spannung kann beim Lesen erzeugt werden, wenn Lesende das Gefühl haben, am Geschehen beteiligt zu sein.
Die Erzählperspektive des Ich-Erzählers ist subjektiv. Die lesende Person muss daher abwägen, ob das, was die Hauptfigur wiedergibt, auch tatsächlich der Realität in der Geschichte entsprechen kann. Ist eine Geschichte aus der Sicht einer kriminellen Figur geschrieben, so wird diese Dir wahrscheinlich eine andere Sicht zeigen, als es eine Polizistin oder ein Polizist tun würde.
Ich-Erzähler – Vor- und Nachteile
Dass ein Ich-Erzähler Vor- und Nachteile hat, kann nicht pauschalisiert werden. Ausschlaggebend ist, wie eine Geschichte erzählt werden soll. Je nachdem, welche Wirkung bei den Lesenden erzielt werden soll, können unterschiedliche Erzählformen verwendet werden.
Wenn der Erzähler zum Beispiel über dem Geschehen stehen soll, also eine Distanz zur Handlung aufweisen soll, dann wäre der Ich-Erzähler nicht die richtige Wahl.
Ich Erzähler – Das Wichtigste
- Der Ich-Erzähler ist eine fiktive Figur, die auch die handelnde Figur der Geschichte darstellt. Die Geschehnisse werden aus einer subjektiven Sicht dieser Figur erzählt.
- Die Erzählperspektive des Ich-Erzählers wird dabei als Innensicht bezeichnet.
- Bei der Erzählform des Ich-Erzählers wird zwischen dem erlebenden Ich und dem erzählenden Ich unterschieden: Während das erlebende Ich unmittelbar aus der Situation heraus erzählt und keine Distanz zum Geschehen aufweist, berichtet das erzählende Ich mit einem zeitlichen Abstand und hat einen Überblick über das Geschehen.
- Die Funktion des Ich-Erzählers ist vor allem, dass Gedanken, Gefühle, Ansichten, Auseinandersetzungen und der Widerstreit mit sich selbst ausführlich dargestellt werden können.
- Durch diese Darstellung geht ein Ich-Erzähler mit der Wirkung einher, dass Lesende etwa Sympathie zu der Figur entwickeln können und sich als Teil der Handlung fühlen.
Nachweise
- Graeme Simsion (2017). Das Rosie-Projekt. S. Fischer Verlag Gmbh.
- Deutschbuch Orientierungswissen (2021), Cornelsen.
- Deutschbuch für die Oberstufe (2016), Literatur und Film: Analyse, Interpretation und Erörterung. Cornelsen.
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