Strophe – Definition & Herkunft
Eine Strophe wird aus der Verbindung mehrerer Verse zu einer in sich geschlossenen Einheit gebildet und durch Absätze von anderen Strophen getrennt. Sie strukturieren Gedichte oder Lieder und weisen metrische Merkmale auf.
Das Wort "Strophe" stammt aus der Chorlyrik (gr.: στροφή ~ strophē). Die deutsche Übersetzung des Begriffes lautet “Wendung” oder “Drehung”. Ursprünglich gaben Strophen nämlich den Richtungswechsel des Chores bei einem Rundtanz im griechischen Drama an. Bei diesem Wechsel wurde üblicherweise auch der Gesang verändert.
Strophe und Vers – Unterschied
Verse und Strophen sind nicht dasselbe. Im Folgenden erklären wir Dir, was genau ein Vers und was eine Strophe ist.
Vers – Bedeutung
Gedichte sind üblicherweise in einzelne Zeilen gegliedert. Diese einzelnen Zeilen werden als Vers bezeichnet. Bei Versen handelt es sich um Wortreihen, die metrisch und rhythmisch strukturiert sind.
Der Begriff "Vers" stammt aus dem Lateinischen (versus). Die wortwörtliche Übersetzung lautet "drehen" oder "wenden".
Um mehr darüber zu erfahren, lies Dir gerne auch die zum "Vers" durch!
Strophe – Bedeutung
Die meisten Gedichte sind in Absätze unterteilt. Diese Absätze werden als Strophen bezeichnet. Strophen bestehen aus mehreren Versen. Lyrische Texte setzen sich also aus Strophen zusammen, die wiederum aus Versen gebildet werden.
Eine Ausnahme stellen Kirchenlieder dar: Auch wenn eigentlich Strophen gemeint sind, wird bei Kirchenliedern dennoch von Versen gesprochen.
Aufbau einer Strophe – Beispiel
In der Regel wird bei Strophen besonders auf die Absatzbildung geachtet. Es gibt jedoch noch weitere Merkmale, auf die Du achten kannst. Um eine Strophe erkennen zu können, ist es wichtig, zu überprüfen, ob ähnliche Versmerkmale existieren. Das betrifft z. B. das Reimschema, das Metrum, die Verslänge oder die Versanzahl.
Aufgepasst: Wenn Du innerhalb der einzelnen Strophen keine ähnlichen Merkmale finden kannst, kannst Du auch von einem “Abschnitt eines Gedichtes” sprechen.
Versmerkmale innerhalb einer Strophe
Im Gegensatz zu Prosatexten (z. B. Kurzgeschichten oder Romane) werden Verse nicht als Fließtext geschrieben. Der Vers besitzt stattdessen eine gebundene Rede. Sie stehen in engem Zusammenhang mit den Vorschriften des Rhythmus, des Klangs und/oder der Struktur.
Reimschema
Das Reimschema beschreibt das Muster, nach dem die Endreime in einem Gedicht angeordnet sind. Um das Reimschema zu bestimmen, siehst Du Dir in jeder Strophe die letzten Wörter der einzelnen Gedichtzeilen an.
Frische Dein Wissen zu den verschiedenen Reimschemata auf, indem Du Dir die Erklärung zum “Reimschema” ansiehst.
Metrum
Das Metrum wird auch als Versmaß eines Gedichtes bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die festgelegte Reihenfolge der betonten und unbetonten Silben im Vers. Ein Gedicht erhält dadurch seine Struktur und seinen Rhythmus.
Um zu erfahren, wie Du das Metrum bestimmst, kannst Du die Erklärung “Versmaß” lesen.
In unserem Beispiel aus der Ballade “Belsatzar” von Heinrich Heine besteht jede Strophe aus zwei Versen. Es liegt ein einheitliches Reimschema vor (ein Paarreim aa bb). Beim Versmaß handelt es sich um einen jambischen Vierheber, der mit einer männlichen Kadenz endet.
Die Mitternacht zog näher schon;In stummer Ruh lag Babylon.
Nur oben in des Königs Schloss,Da flackerts, da lärmt des Königs Tross. (...)
Durch die vorgegebene Form der Strophe wird eine bestimmte Leseart beeinflusst. Beim Lesen machst Du vermutlich am Ende jedes Verses und jeder neuen Strophe eine Pause, bevor Du weiterliest. Dieser Effekt wird mithilfe des Zeilenumbruchs bewirkt.
Was wäre jedoch, wenn Heinrich Heine die Verse nicht in Strophen platziert hätte, sondern sie stattdessen in zwei Sätzen ohne Zeilenumbruch formuliert hätte?
“Die Mitternacht zog näher schon; in stummer Ruh lag Babylon. Nun oben in des Königs Schloss, da flackerts, da lärmt des Königs Tross.”
Die Versstruktur wird in diesem Beispiel aufgebrochen, die Sätze werden als Fließtext gelesen. Obwohl die Interpunktion immer noch ein paar Grenzen aufrechterhält, fällt z. B. der Paarreim nicht mehr so stark auf. Auch fallen die Pausen im Vergleich zu vorher weg.
Strophenform – Arten der Strophe im Gedicht
Um eine Strophenform zu erkennen, wird im Gedicht innerhalb der Strophe nach wiederkehrenden Merkmalen gesucht. Diese Muster zeichnen sich durch die strenge Einhaltung eines bestimmten Metrums oder Reimschemas aus, das sich von üblichen Schemata unterscheidet. Strophenformen treten vor allem in der traditionellen Lyrik auf.
Stanze
Die Stanze besteht aus acht Versen mit einem fünfhebigem Jambus. Das Reimschema ist in der Regel ababab/cc. Es gibt viele Strophenformen, die an die Stanze angelehnt sind bzw. diese weiterentwickeln. Dazu gehören z. B. die “Spenserstanze”, die “Siziliane” und die “Nonarime”.
Gottfried Keller – Bei einer Kindesleiche
Nie hab’ an deine Zukunft ich gedacht,War ja die Gegenwart so klar und heiter!Du hast wie eine Blume mir gelacht,Nicht dacht’ ich an gereifte Früchte weiter;Ob einst vielleicht ein Held in dir erwacht’,Ob du am Fuße bliebst der langen Leiter:Du lieblich Kind warst in dir selbst vollkommen –Was sollte dir und mir die Sorge frommen?
In Deutschland kam die Stanze größtenteils in Übersetzungen englischer und italienischer Literatur vor.
Ab dem 18. Jahrhundert waren Stanzen auch im deutschsprachigen Raum aufzufinden.
Terzine
Die Terzine setzt sich aus drei Versen und einem fünfhebigen Jambus zusammen. Das Reimschema folgt einem Kettenreim: aba bcb cdc. Die Terzinenkette findet ihren Abschluss in einem Einzeiler, der sich mit dem mittleren Vers der letzten Strophe reimt. Durch die inhaltliche Verknüpfung der Strophen eignet sich die Terzine besonders für umfangreiche Texte.
Die italienischen Terzinen bestehen aus elfsilbigen Zeilen. Im Deutschen sind auch zehnsilbige Zeilen möglich.
Hugo von Hofmannstal – Terzinen über Vergänglichkeit
Die Stunden! wo wir auf das helle Blauen
Des Meeres starren und den Tod verstehn,
So leicht und feierlich und ohne Grauen,Wie kleine Mädchen, die sehr blaß aussehn,Mit großen Augen, und die immer frieren,An einem Abend stumm vor sich hinsehn
Und wissen, daß das Leben jetzt aus ihren
Schlaftrunknen Gliedern still hinüberfließtIn Bäum' und Gras, und sich matt lächelnd zierenWie eine Heilige, die ihr Blut vergießt.
Volksliedstrophe
Volkslieder sind durch ihre Schlichtheit gekennzeichnet. Das Versmaß ist auf kein bestimmtes Schema festgelegt, im Deutschen besteht sie jedoch meist aus einem jambischen Vierzeiler. Die Verse reimen sich immer, sind recht kurz und haben drei bis vier Hebungen.
Ingeborg Bachmann – Bleib
Die Fahrten gehn zu Ende,der Fahrtenwind bleibt aus.Es fällt dir in die Händeein leichtes Kartenhaus.
Chevy-Chase-Strophe
Die Chevy-Chase-Strophe ist besonders in der Balladendichtung üblich. Sie ist durch den Wechsel von jambischen Vier- und Dreihebern, sowie männlichen Kadenzen und dem Kreuzreim abab gekennzeichnet. Das Reimschema kann dabei als halber oder vollständiger Kreuzreim gestaltet sein.
Johann Wolfgang von Goethe – Der FischerDas Wasser rauscht', das Wasser schwoll,ein Fischer saß daran,sah nach dem Angel ruhevoll,kühl bis ans Herz hinan.Und wie er sitzt und wie er lauscht,teilt sich die Flut empor;aus dem bewegten Wasser rauschtein feuchtes Weib hervor. Der Name der Chevy-Chase-Strophe stammt von einer englischen Volksballade, aus dem Jahre 1550, namens “The Ancient Ballad of Chevy-Chase”.
Kanzonenstrophe
Die Kanzonenstrophe wurde in der mittelhochdeutschen Lyrik verwendet und besteht aus drei Teilen (sogenannten Stollen). Deswegen wird dieses Versmaß auch als “Stollenstrophe” bezeichnet. Die ersten beiden Stollen sind immer gleichartig und bilden den sogenannten Aufgesang. Der letzte Teil dieser Strophe wird als Abgesang bezeichnet. Die Stollen stimmen metrisch miteinander überein.
Die Kanzone (italienisch “Canzone”) ist eine Mischung aus dem Lied und der Ode.
Die Kanzonenstrophe gehört zu den wichtigsten hochmittelalterlichen “Minneliedstrophen”.
Hartmann von Aue – Manger grüezet mich alsô
Manger grüezet mich alsô
(der gruoz tuot mich ze mâze frô),
“Hartmann, gên wir schouwen ritterlîche frouwen.”
mac er mich mit gemache lân
und île er zuo den frowen gân!
bî frouwen triuwe ich niht vervân,
wan daz ich müede vor in stân.
Zu den wichtigsten Verfassern der Kanzonenstrophe gehören Walther von der Vogelweide, Heinrich von Morungen, Hartmann von Aue und Giacomo da Lentini.
Zu den jeweiligen Strophenformen der “Liedstrophe”, “Terzine”, “Stanze” und “Kanzonenstrophe“ findest Du ausführliche Erklärungen, mit denen Du weiterführend lernen kannst.
Strophe — Das Wichtigste
- Strophen dienen zur Gliederung eines Gedichts. Nach jedem Absatz fängt eine neue Strophe an.
- Die einzelnen Zeilen eines Gedichtes werden als Vers bezeichnet. Eine Strophe besteht aus mehreren Versen.
- Strophen sollten Versmerkmale (wie z. B. Reimschema, Metrum, Verslänge, Verszahl) aufweisen können.
- Wenn eine Strophe keine ähnlichen Merkmale enthält, kann man auch von einem Abschnitt eines Gedichtes sprechen.
- Bestimmte Merkmale innerhalb einer Strophe kannst Du bestimmten Strophenformen (wie z. B. Stanze, Terzine, Distichon, Liedstrophe) zuordnen.
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