Historisch genetische Stadtentwicklung

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Gesellschaft deutlich verändert. Das erkennt man nicht nur am Konsum, den wirtschaftlichen Neuerungen oder den technischen Innovationen. Auch die Städte verändern und entwickeln sich mit den Jahren. Diese Entwicklung bezeichnet man als historisch genetische Stadtentwicklung. Je nach dem Gründungszeitpunkt einer Stadt gehört sie einem anderen Stadttypen an. Stadttypen, die es gibt sind zum Beispiel mittelalterliche Handelsstädte oder Residenzstädte. In dieser Zusammenfassung lernst du alle Stadttypen kennen und erfährst, was genau die historisch genetische Stadtentwicklung eigentlich ist. 

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    Definition der historisch genetischen Stadtentwicklung

    Generell versteht man unter Stadtentwicklung die räumliche, historische und strukturelle Gesamtentwicklung einer Stadt. Der Begriff Stadtentwicklung wird dabei als aktiver Planungs- und Veränderungsprozess einer Stadt verstanden.

    Zum Thema Stadtentwicklung gibt es eine eigene Zusammenfassung. Wenn du mehr zu diesem Thema erfahren willst, schau dort gerne mal vorbei!

    Bei der historisch genetischen Stadtentwicklung bezieht man sich meistens auf die Stadtentwicklung in Mitteleuropa und die dazugehörigen historisch genetischen Stadttypen. Das sind Stadttypen, die sich historisch im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation, sowie mit den verschiedenen politischen Organisationsformen entwickelten und veränderten.

    Wenn du mehr über die Stadtentwicklung in Mitteleuropa und die einzelnen Stadttypen erfahren willst, gelangst du ganz einfach über einen Klick auf den Begriff zu der entsprechenden Erklärung!

    Phasen der historisch genetischen Stadtentwicklung

    Die heutigen Städte, in denen viele Menschen leben, wurden meistens bereits vor ungefähr 800 oder sogar mehr als 1000 Jahren gegründet. Es gibt auch einige Städte in Deutschland, die knapp 2000 Jahre alt sind. Abhängig vom Gründungszeitpunkt und der konkreten Region Deutschlands sind zahlreiche verschiedene Stadttypen entstanden, die verschiedene Merkmale besitzen. Diese Stadttypen nennt man historisch-genetische Stadttypen.

    In der historisch genetischen Stadtentwicklung kann man verschiedene Stadtentstehungsphasen unterscheiden. Es gibt folgende vier Phasen:

    • Römische Städte
    • Mittelalterliche Städte
    • Frühneuzeitliche Städte
    • Industriestädte

    Historisch genetische Stadtentwicklung — Merkmale der Stadttypen

    Die bereits genannten vier Phasen können auch als Stadttypen beschrieben werden. Sie entstanden zu verschiedenen Zeiten der Geschichte. Römische Städte entstanden bis ins Jahr 500, Mittelalterliche Städte entstanden zwischen 700 und 1400, Frühneuzeitliche Städte zwischen 1400 und 1800 und Industriestädte entstanden etwa ab dem Jahr 1800. Die einzelnen Stadttypen weisen unterschiedliche Merkmale auf, die dir im Folgenden vorgestellt werden.

    Römische Städte

    Der älteste Stadttyp umfasst die Römischen Städte, die ungefähr 2000 Jahre alt sind. Prägend waren dabei eine quadratische oder rechteckige Grundrissgestaltung in Gitternetzanordnung, wie in Abbildung 1 zu sehen ist. Konkrete Zeugnisse römischer Bautätigkeit finden sich im heutigen Erscheinungsbild der Städte nördlich der Alpen allerdings nur noch vereinzelt.

    Ein Beispiel für ein Überbleibsel der römischen Bauten ist die Porta Nigra in Trier. Das ist ein Stadttor, das von den Römern etwa 150 nach Christus errichtet wurde und ein Wahrzeichen der Stadt darstellt.

    Das es nur noch wenige Bauten aus der Römerzeit gibt liegt daran, dass viele Städte im Zuge des Untergangs des Weströmischen Reichs und der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert zerstört wurden.

    Bekannte römische Städte in Deutschland sind beispielsweise Trier, Köln und Mainz.

    Historisch genetische Stadtentwicklung Römerstadt StudySmarterAbbildung 1: Das römische antike TrierQuelle: wikipedia.de

    Mittelalterliche Städte

    Die nächste Phase der Stadtentstehung markieren die mittelalterlichen Städte, die zwischen den Jahren 700 und 1400 entstanden sind. Auch innerhalb dieses Stadttyps lassen sich je nach Entstehungszeit nochmals verschiedene Stadtentstehungsphasen gliedern.

    Zunächst bildeten sich an den Marktorten des 8. und 9. Jahrhunderts die frühmittelalterlichen Keimzellen. Sie entstanden in der Nähe von geistlichen oder weltlichen Zentren wie den Sitzen von Bischöfen oder Kloster. Bis circa 1150 entwickelten sich dann die Mutterstädte. Der Markt wurde immer größer und immer mehr Handwerker siedelten sich in der Stadt. Dadurch kam es häufig zum Zusammenschluss mehrerer Städte, bei denen der Markt immer das Zentrum bildete. Ab ca. 1120 bis 1250 entstanden dann ältere Gründungsstädte des Hochadels und von etwa 1200 bis 13000 kam es zur Gründung territorialer Zwerg- und Kleinstädte.

    Während der Veränderung und dem Verlauf der Entwicklungsphasen der mittelalterlichen Städte etablierte sich der Marktplatz als zentraler Ort der Stadt und die Stadtmauer wurde zu einem wichtigen optischen Element der Stadt.

    Bis zum 19. Jahrhundert waren die deutschen Städte von Stadtmauern umgeben. Stadterweiterungen waren meist erst nach deren Schleifung möglich. Es wurden dann Vorstädte angegliedert oder nah gelegene Dörfer eingemeindet. Ist die Stadt innerhalb des früheren Stadtmauerrings noch gut erhalten, nennt man sie heute Altstadt. Altstädte gibt es meist nur bei Klein- und Mittelstädten und seltener bei Großstädten. Diese wurden nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs nämlich meist nur wenig originalgetreu wieder aufgebaut.

    Beispiele für mittelalterliche Städte sind Dortmund, Münster oder Breslau/Wroclaw, heute Polen.

    Frühneuzeitliche Städte

    Zwischen 1400 und 1800 entstanden die sogenannten frühneuzeitlichen Stadttypen, die zum Beispiel Bergbaustädte und Fürstenstädte umfassten.

    Bergbaustädte dienten zur Gewinnung und Verarbeitung von Erzen.

    In Fürstenstädten befand sich die Residenz des Fürstentums. Hier bestand die Aufgabe des Straßennetzes darin, zum wichtigsten Komplex hinzuführen — dem Schloss.

    Die deutsche Stadt Mannheim gehört zu den wichtigsten Beispielen von absolutistischen Fürstenstädten.

    Industriestädte

    Ab 1800 entstanden schließlich die modernen Industriestädte, die durch das Industriezeitalter geprägt wurden. Grundlage der neuen Industriestädte waren hauptsächlich die Montanindustrie, die chemische Industrie und später der Automobilbau.

    Die Montanindustrie ist ein Wirtschaftszweige, der sich mit der Gewinnung, Aufbereitung und direkten Weiterverarbeitung von Bodenschätzen befasst, also zum Beispiel den Bergbau oder die Eisen- und Stahlindustrie.

    Beispiele für solche Industriestädte in Deutschland sind Oberhausen, Leverkusen und Wolfsburg.

    Auf dieser Grafik erkennst du die verschiedenen Stadtentstehungsphasen und wie viele Stadtgründungen es in welcher Phase in Mitteleuropa ungefähr gab:

    Historisch genetische Stadtentwicklung Stadtentwicklung Städtebildungsepochen in Mitteleuropa StudySmarterAbbildung 2: Städtebildungsepochen in MitteleuropaQuelle: Klett Verlag

    Historisch genetische Stadtentwicklung am Beispiel Goslar

    Ein Beispiel für eine Bergbaustadt ist die deutsche Stadt Goslar in Niedersachsen. Die Entwicklung und wirtschaftliche Blüte verdankt Goslar dem Vorkommen von Bodenschätzen wie den Silberminen.

    Am Rammelsberg, nahe einer kleinen Siedlung im Norden des Oberharzes, wurde bereits vor dem Jahr 1000 Bergbau betrieben.

    Der Rammelsberg war ein Erzbergwerk zur Gewinnung von Buntmetallen. Seit 1988 ist es jedoch stillgelegt.

    Zwischen 1005 und 1015 ließ Kaiser Heinrich II. dann die ersten Pfalzbauten in Goslar errichten. Goslar hatte während der Salierzeit sehr große Bedeutung als Königspfalz und war zudem Ort vieler Reichstage.

    Die Salierzeit beschreibt das salische Jahrhundert von 1024 bis 1125. Diese Zeit ist auch bekannt als eine Zeit des Umbruchs. Grund dafür ist der Bau vieler Pfalzen und Burgen, sowie die Gründung neuer Städte.

    Eine Königspfalz war übrigens ein Stützpunkt für reisende Könige.

    Im 11. Jahrhundert entwickelte sich der Marktbezirk. Bald darauf schlossen sich ihm das Handwerkerviertel mit der Kirche St. Jakobi und die Unterstadt mit der St. Stephanskirche an. Trotz der schematischen Aufteilung der Straßen in Längs- und Querstraßen ist in dem Gebiet innerhalb der Stadtmauer kein eintöniges Gitternetz entstanden.

    Historische genetische Stadtentwicklung Stadtbild von Goslar um 1300 StudySmarterAbbildung 3: Das Stadtbild von Goslar um 1300Quelle: Nationalatlas

    Die Blütezeit der Stadt Goslar endete allerdings 1552, als sie die Rechte am Rammelsberg verlor. Ab diesem Zeitpunkt flossen die Gewinne aus dem Bergbau nach Braunschweig. Auf dem folgenden Bild siehst du die Altstadt von Goslar mit den heute bedeutsamen Bauwerken:

    Historisch genetische Stadtentwicklung Altstadt der Stadt Goslar im Jahr 2001 StudySmarterAbbildung 4: Die Altstadt der Stadt Goslar im Jahr 2001Quelle: Nationalatlas

    Historisch genetische Stadtentwicklung - Das Wichtigste auf einen Blick

    • Bei der historisch genetischen Stadtentwicklung bezieht man sich meist auf die Stadtentwicklung in Mitteleuropa und die dazugehörigen historisch genetischen Stadttypen.
    • Das sind Stadttypen, die sich historisch im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation, sowie mit den verschiedenen politischen Organisationsformen entwickelten und veränderten.
    • In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Gründung und von der Region sind in Deutschland zahlreiche verschiedene Stadttypen entstanden, die sich durch Grund- und Aufriss voneinander unterscheiden. Diese nennt man historisch-genetische Stadttypen.
    • In der historisch genetischen Stadtentwicklung kann man verschiedene Stadtentstehungsphasen unterscheiden.
    • Es gibt grob gesagt vier Phasen und Typen: die römischen Städte bis ins Jahr 500, die mittelalterlichen Städte zwischen 700 und 1400, die frühneuzeitlichen Städte zwischen 1400 und 1800 und die Industriestädte ab 1800.
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