Stadtentwicklung – Definition
Unter Stadtentwicklung versteht man die räumliche, historische und strukturelle Entwicklung und Planung einer Stadt.
Die Stadtentwicklung, auch als Stadtentwicklungsplanung bezeichnet, beschäftigt sich mit der Steuerung der Gesamtentwicklung einer Stadt. Dazu zählen bspw. die gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle und ökologische Entwicklung.
Ziele der Stadtentwicklung
Ziele der Stadtentwicklung sind ressourcenschonende Konzepte für den Ausbau und die Aufwertung der Innenstadt. Dafür wird Wohnraum und Kulturangebote für Bewohner und Touristen geschaffen. Die Städte werden aufgrund des demografischen Wandels immer größer, es ziehen mehr Menschen vom Umland in die Stadt. Bei der Stadtentwicklung stehen deshalb die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund.
Stadtentwicklung – Modelle
Die Stadtentwicklung kann durch die drei Modelle der Chicagoer Schule (Abbildung 1) beschrieben werden. Dazu zählen:
1. Das Ringmodell von Burgess
Das Ringmodell beschreibt die Entwicklung einer Stadt in fünf ringförmig angeordneten Zonen. Es zeigt eine wirtschaftliche und soziale, räumliche Trennung der Menschen durch den Anstieg der Immobilienpreise im Stadtzentrum.
2. Das Sektorenmodell von Hoyt
Das Sektorenmodell ist eine Weiterentwicklung des Ringmodells. Es teilt die Stadt in verschiedene Sektoren anhand der Bodenpreise ein. Je nach Mietpreis wird ein Sektor von der Unter-, Mittel- oder Oberschicht bewohnt.
3. Das Mehrkernmodell von Harris und Ullman
Das Mehrkernmodell ist ebenfalls eine Weiterentwicklung des Ringmodells. Es besagt, dass durch das Anwachsen von Städten neue Zentren geplant und bestehende aufgenommen werden. Das Modell stellt also die Nutzung der einzelnen Teilbereiche der Stadt in den Vordergrund.
Abb. 1 - Stadtstrukturmodelle
Phasen der Stadtentwicklung
In der Stadtentwicklung gibt es vier verschiedene Phasen: Urbanisierung, Suburbanisierung, Desurbanisierung und Reurbanisierung.
1. Urbanisierung
Urbanisierung beschreibt den Prozess der Ausbreitung von städtischen Lebensformen. Man spricht auch von einer Land-Stadt-Wanderung.
In der Phase der Urbanisierung befinden sich mehr Menschen in der Stadt, als im Umland. Die Bevölkerung wandert also vom Umland in die Stadt. Diese Phase fand vor allem in der Zeit der Industrialisierung, in der Mitte des 19. Jahrhunderts, statt. Durch die Industriegebiete wurden viele Arbeitsplätze geschaffen, weshalb die Menschen in die Stadt zogen. Da das Verkehrsnetz noch nicht so gut ausgebaut war, wohnten die Menschen in der Nähe des Industriegebiets und die Stadtbevölkerung stieg an.
Abb. 2 - Urbanisierung
2. Suburbanisierung
In der Phase der Suburbanisierung ziehen mehr Menschen in das Umland, um dort im Grünen zu leben und weil in der Stadt der Wohnraum knapp wird. Vor allem die obere Mittelschicht wohnte im Umland und profitierte von der Nähe zur Kernstadt. Die Verkehrsanbindung war besser geworden und so konnte die Bevölkerung mit Autos oder Straßenbahnen in die Kernstadt pendeln. Durch diese Phase teilte sich die Bevölkerung in Schichten voneinander. Die Unterschicht lebte dadurch weiterhin in der Kernstadt und die Mittel- und Oberschicht im Umland.
Abb. 3 - Suburbanisierung
3. Desurbanisierung
Die Desurbanisierung beschreibt die komplette Abnahme der Wohnbevölkerung aus dem Stadtkern.
Es kam zur Phase der Desurbanisierung, weil die Menschen nicht mehr in der überlasteten Stadt wohnen wollten und der Verkehr weiter ausgebaut wurde. Die Wohnbevölkerung wandert in das Umland und das weitere Umland ab. Durch diese Verlagerung können auch Arbeitsplätze, Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen und Wohngebiete von der Kernstadt getrennt werden. Man spricht auch von einer Deindustrialisierung. Die Kernstadt wird dadurch geschwächt und die ländlichen Regionen können wachsen.
Abb. 4 - Desurbanisierung
4. Reurbanisierung
Die Reurbanisierung beschreibt die Bevölkerungszunahme in der Kernstadt.
Während der Phase der Reurbanisierung nimmt die Bedeutung des Wohnraums und die wirtschaftliche, politische und kulturelle Bedeutung der Stadt wieder zu. Durch die Aufwertung innerstädtischen Wohnens und die Umgestaltung von Bahnhöfen und Freiflächen wird die Stadt wieder attraktiver. Das Arbeiten und die Freizeitgestaltung in der Stadt sind wieder interessanter geworden. Deswegen ziehen hauptsächlich jüngere Menschen wieder in die Stadt. Durch diese Aufwertung und dem Zuzug kommt es zu Verdrängungsprozessen. Einkommensschwächere Menschen können sich keinen Wohnraum in der Stadt leisten und werden dadurch aus der Stadt gedrängt. Es entsteht eine soziale Ungleichheit, die auch als Gentrifizierung bezeichnet wird.
Abb. 5 - Reurbanisierung
Städtebauliche Leitbilder
Städtebauliche Leitbilder umfassen die städtebauliche Entwicklung. Sie bezeichnen Ziele und Handlungsvorstellungen der Stadtentwicklung (in der Zukunft).
Leitbilder haben also eine Orientierungs-, Koordinierungs- und Motivierungsfunktion. Das Bild der idealen Stadt war schon sehr früh wichtig für die Menschen. Viele dieser Leitbilder können noch heute in den Städten wiedergefunden werden. Seit dem 20. Jahrhundert entwickeln sich die Leitbilder einer Stadt aus den Unzufriedenheiten der Menschen dort. Neben der Planung von Gebäuden und Verkehr stehen auch soziale Aspekte im Vordergrund.
Die historisch-genetische Stadtentwicklung
In der mitteleuropäischen Stadtentwicklung gibt es mehrere historisch-genetische Stadttypen (Abbildung 2).
Die Römerstädte bilden die früheste Stadtentstehungsschicht in Mitteleuropa. Zur Sicherung und Verwaltung ihres Reichs legten sie Siedlungen an, von denen sich einige zu Städten entwickelten.
Mittelalterliche Handels- und Bürgerstädte
Die bedeutendste Epoche für Stadtentstehungen war allerdings im 12. und 13. Jahrhundert. Dort wurden viele neue Städte gegründet, weil die Kaiser die Grenzen und Flussübergänge zum Beispiel durch Burgen und neue Siedlungen absicherten. Diese wurden später zu bedeutenden Städten. Die wirtschaftliche und politische Entwicklung sorgte dafür, dass seit dem Hochmittelalter der Marktplatz und auch die Stadtmauer in ganz zentraler Lage zu beherrschenden Elementen der Stadtgestalt wurden.
Residenzstädte
Im Absolutismus im 16. bis 18. Jahrhundert wurden bereits bestehende Städte zu prunkvollen Residenzen ausgebaut oder es entstanden neue Städte. Wichtige Merkmale dieses Stadttyps sind die geometrische Ausrichtung aller Verkehrsachsen auf das zentrale Schloss und entsprechend gestaltete Park- und Gartenanlagen.
Industriestädte
Die Industriestädte entstanden im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Grundlage dieser neuen Stadttypen waren hauptsächlich die chemische Industrie und später auch der Automobilbau.
New Towns
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts entstehen die New Towns, also die neuen Städte. Ihre Bezeichnung geht auf die in der Londoner Umgebung seit 1944 geplanten New Towns zurück. Wichtigste Zielsetzungen dieser Neugründungen sind die Entlastung von Verdichtungsräumen und die Entwicklungsförderung strukturschwacher Regionen.
Abb. 6 - Stadtentwicklung in Europa
Die nachhaltige Stadtentwicklung
Die moderne Stadtentwicklung der neuen Städte orientiert sich demnach vor allem am Leitbild der nachhaltigen Stadtentwicklung.
Eine nachhaltige Stadtentwicklung betrachtet bei allen Entscheidungen über Veränderungen die Stadt als Ganzes. Die Entscheidungen sollten zukunftsfähig sein und alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen.
Ein nachhaltiges Leitbild der Stadtentwicklung gehört zur größten Herausforderung in Deutschland und weltweit.
Nachhaltigkeit beschreibt den verantwortungsbewussten Umgang mit den endlichen Ressourcen unserer Erde. Beachtet werden dabei die ökologische, die ökonomische und die soziale Nachhaltigkeit.
Für die nachhaltige Entwicklung wurde 1992 die sogenannte Agenda 21 festgelegt. Dabei handelt es sich um ein Aktionsprogramm für Industrieländer, weil diese an den entstehenden Umweltschäden zu einem großen Teil verantwortlich sind.
2015 wurde zusätzlich die Agenda 2030 aufgestellt. In diesem Zukunftsplan sind auch die Schwellen- und Entwicklungsländer mit einbezogen worden.
Ein Ziel der Agenda 2030 ist eine nachhaltige Stadtentwicklung. Großstädte verbrauchen beispielsweise viele Ressourcen und belasten damit die Umwelt und Natur. In Städten entstehen viele Treibhausgase und viele Menschen leiden in den Städten an schlechten Umweltbedingungen wie Lärm und Luftverschmutzung. Aus diesen Gründen müssen Städte sich verändern, damit der Klimawandel und knapper werdende Ressourcen bewältigt und natürliche Lebensgrundlagen erhalten werden.
Jedoch werden in Städten viele neue Ideen und technische Entwicklungen berücksichtigt, zum Beispiel wie man Ressourcen und Energie effizienter nutzt. Eine nachhaltige Stadtentwicklung bedeutet also, dass bei allen Veränderungen die Stadt als Ganzes betrachtet werden muss. Dabei müssen alle Dimensionen der Nachhaltigkeit, wie Wirtschaft, Soziales, Kultur und Umwelt, mit einbezogen werden. Neben dem Bau von neuen Gebäuden und der Gestaltung von Wirtschaftsstandorten gehören auch Fortbewegungsangebote dazu, die stadt- und umweltverträglich, aber auch sozial gerecht sind.
Zur historisch-genetischen Stadtentwicklung gibt es einen separaten Artikel, in dem Du noch mehr zu diesem Thema erfahren kannst.
Die klimagerechte Stadtentwicklung
Die klimagerechte Stadtentwicklung schließt direkt an die nachhaltige Stadtentwicklung an. Diese Stadtentwicklung soll also auch die ökonomischen, sozialen und ökologischen Bedürfnisse gleichermaßen beachten. Ziel einer klimagerechten Stadtentwicklung ist es, bei der Entwicklung der Stadt den Klimaschutz und die Klimaanpassung zu beachten. Wichtig dafür sind kürzere Wege, eine erhöhte Energieeffizienz durch kompaktere Bauweisen von Gebäuden und gut erschlossene, urbane Zentren.
Klimaziele müssen mit konkreten Aktivitäten festgelegt werden. Das kann durch Förderungen und durch Vereinbarungen in Bündnissen und damit verbundenen ordnungsrechtliche Regelungen bei Nicht-Beachtung erfolgen. Um den Klimaschutz umsetzen zu können, müssen Maßnahmen mit möglichst großer Wirkung und wenig CO₂-Ausstoß eingesetzt werden. Je mehr CO₂ reduziert werden kann, umso besser.
Beispielstadt Hamburg
Die Stadt Hamburg strebt eine klimagerechte Stadtentwicklung an. Die Stadt setzt auf ein nachhaltiges Siedlungsflächenwachstum. Das heißt: Klimaschutz, Klimaanpassung und bezahlbarer Wohnraum. Es wird versucht, die Flächeneffizienz von Wohn- und Arbeitsplätzen zu optimieren und den Energieverbrauch so klein wie möglich zu halten, die Energieeffizienz zu steigern und den Anteil an erneuerbaren Energien zu erhöhen.
Damit einher geht auch eine nachhaltige Mobilität in der Stadt, die in der Stadtentwicklung der Infrastruktur mit eingeplant werden muss. Es werden außerdem Freiräume in der Stadt geschaffen, wie Grünflächen und Zugänge zu den Uferflächen. Dazu fördern viele Klimaanpassungsmaßnahmen die Erhaltung dieser Freiflächen.
Stadtentwicklung - Das Wichtigste
- Stadtentwicklung = die räumliche, historische und strukturelle Entwicklung und Planung einer Stadt
- Ziele: ressourcenschonende Konzepte für den Ausbau und die Aufwertung der Innenstadt
- Stadtentwicklungsmodelle:
- Phasen der Stadtentwicklung: Urbanisierung, Suburbanisierung, Desurbanisierung und Reurbanisierung
- Städtebauliche Leitbilder bezeichnen Ziele und Handlungsvorstellungen der Stadtentwicklung (in der Zukunft).
- Historisch genetische Stadtentwicklung: Römerstädte, mittelalterliche Handels- und Bürgerstädte, Residenzstädte, Industriestädte, New Towns.
- Nachhaltige Stadtentwicklung: verantwortungsbewusster Umgang mit den endlichen Ressourcen, Luftverschmutzung reduzieren, öffentliche und nachhaltige Fortbewegungsmethoden.
- Klimagerechte Stadtentwicklung: beachtet den Klimaschutz und die Klimaanpassung, strebt kürzere Wege, eine höhere Energieeffizienz, die Schaffung von Grün- und Freiflächen, die Optimierung von Arbeits- und Wohnräumen und die Reduzierung von CO₂ an.
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