Germanen

Die Stämme der Germanen dominierten für lange Zeit die Territorien von Mittel- und Nordeuropa und wehrten sich erfolgreich gegen die vollständige Invasion durch das Imperium Romanum

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    Germanen – Definition

    Germanen ist ein römisch geprägter Sammelbegriff für Völker und Stämme Mittel- und Nordeuropas in der Antike und dem frühen Mittelalter.

    Das Gebiet der Germanen – magna germania

    Das Siedlungsgebiet der germanischen Stämme befand sich grob im Gebiet zwischen Donau und Rhein bis hinüber zum östlich gelegenen polnischen Fluss Weichsel. Dieses Territorium wurde von den Römern auch magna germania genannt (frei übersetzt: großes Reich der Germanen). Alle Völker und Stämme, welche auf diesem Gebiet nordöstlich des Imperium Romanum angesiedelt waren, wurden unter dem Sammelbegriff Germanen gefasst.

    Auch Teile Süd-Skandinaviens wurden von germanischen Stämmen besiedelt, diese Gebiete zählten aber nicht zur magna germania.

    Germanen Magna Germania StudySmarterAbbildung 1: Die Gebiete des Imperium Romanum und der magna germania

    Germanen – Herkunft

    Germanen war also ein sehr generalisierender Begriff, der die verschiedenen Stämme und Völker nur aufgrund des gemeinsam besiedelten Gebietes und der weitestgehend verwandten germanischen Sprachen/Dialekten in einen Topf warf. Somit ist es falsch, von den Germanen als eine große Gemeinschaft oder geschlossene Staatsform zu sprechen – viel mehr muss man differenzierter von den unterschiedlichen germanischen Stämmen sprechen.

    Dieser Sammelcharakter macht es aber umso schwerer, einen genauen zeitlichen Rahmen für die Germanen abzustecken. Und auch die Frage nach ihrer Herkunft lässt sich so nicht beantworten – hier müssten die germanischen Stämme einzeln betrachtet werden.

    Ursprung der Germanen

    Doch auch wenn sich der Ursprung der Germanen nicht einheitlich klären lässt, so doch der des Begriffs Germanen selbst. Diese Bezeichnung wurde ab circa 80 v. Chr. hauptsächlich durch die Römer geprägt und populär gemacht. Es ist also eine Fremdbezeichnung, welche sich nicht die Völker selbst, sondern deren Feinde ausgedacht haben.

    Dass sich die rivalisierenden germanischen Stämme untereinander als alles andere denn als eine Gemeinschaft sahen, war für die Römer bei der Etablierung des Begriffs nicht von Bedeutung – alle, die in magna germania lebten, waren auch Germanen.

    Der Begriff "Germanen" wurde im Imperium Romanum zum ersten Mal vom griechischen Schreiber Poseidonios verwendet. Zuvor nannte man die nun als Germanen bezeichnete Volksgruppen "Barbaren" – übersetzt bedeutet das so viel wie: nicht griechisch / nicht griechisch sprechend / ungebildet.

    Richtig populär wurde die Bezeichnung Germanen durch die Schilderungen des römischen Historikers Tacitus und später durch "Commentarii de bello gallico" (Übersetzt so viel wie: "Berichte über den gallischen Krieg") von Julius Caesar.

    Die Stämme der Germanen

    In der magna germania gab es keine einzelnen Länder oder Königreiche. Die Stämme waren dort das organisierende Prinzip. Es handelt sich um jeweils einzelne Siedlungsgemeinschaften mit einem eigenen Territorium und einem eigenen Oberhaupt.

    Auf dem Gebiet der Germanen gab es zahlreiche Stämme. Die Gemeinschaften zeichneten sich meist durch eine gemeinsame Sprache/ Dialekt sowie gemeinsame religiöse Traditionen und Rituale aus.

    Germanische Stämme zur Zeitenwende

    Schon der römische Schreiber Tacitus fasst in seinen Ausführungen zur magna germania einzelne germanische Stämme zu bestimmten Gruppen zusammen.

    Und auch aus heutiger Sicht werden die germanischen Stämme zur Zeitenwende in sechs territoriale Großgruppen eingeteilt. Hierbei werden die Stämme anhand ihres Siedlungsgebiets den unten stehenden Gruppen zugeordnet:

    1. Nordseegermanen
    2. Nordgermanen
    3. Elbgermanen
    4. Rhein-Weser Germanen
    5. Oder-Warthe Germanen / Przeworsker Kultur
    6. Weichselgermanen

    Unter diesen Oberbegriffen subsumieren sich zur Zeitenwende über 40 kleine germanische Stämme.

    Diese Unterteilung in territoriale Großgruppen dient aber nur als Einordnung der Stämme anhand ihrer Siedlungsgebiete. Sie trifft keine Aussagen über die Verhältnisse der einzelnen Stämme zueinander, und ob die Stämme der jeweiligen Großgruppen zueinander gehörten oder zusammenarbeiteten.

    Der Begriff Zeitenwende steht für den Beginn der christlichen Zeitrechnung – die Wendemarke ist der Übergang vom Jahr 1 v. Chr. zum Jahr 1. n. Chr.. Spricht man also von den germanischen Stämmen zur Zeitwende, so meint man jene Stämme, welche einige Zeit vor und nach dieser Wendemarke existierten.

    Germanische Stämme – Karte

    Germanen Stämme Gebiet der Germanen Karte StudySmarterAbbildung 2: Gebiete der territorialen Großgruppen mit Nennung einzelner germanischen Stämme um 50 n. Chr.

    Die germanischen Großstämme nach der Zeitenwende

    Um das 3. Jahrhundert nach Chr. kristallisierten sich unter den vielen kleinen Stämmen solche heraus, welche die anderen Siedlungsgemeinschaften zunehmend in Anzahl der Mitglieder und an Größe des Territoriums überragten.

    Anders aber als die zuvor erwähnten territorialen Großgruppen, handelt es sich bei den Großstämmen nicht um eine Unterteilung der Stämme anhand des Siedlungsgebiets, sondern anhand konkreter Zusammenschlüsse und Bündnisse zwischen den Stämmen. Die Teilstämme der Großstämme arbeiteten größtenteils zusammen und nicht gegeneinander – sie waren Verbündete.

    So wurden die Großstämme zu den herrschenden Kräften innerhalb der magna germania.

    Zu ihnen zählten unter anderem:

    1. Alamannen
    2. Burgunden
    3. Franken
    4. Goten
    5. Langobarden
    6. Quaden
    7. Friesen
    8. Markomannen
    9. Sachsen
    10. Thüringer
    11. Vandalen

    Germanen – Lebensweise und Kultur

    Obwohl sich die meisten germanischen Stämme untereinander stets feindlich und rivalisierend gegenüberstanden, ähnelten sie sich doch sehr in ihren Lebens- und Denkweisen.

    Germanen – Lebensweise und Handel

    Die germanischen Stämme führten meist ein recht einfaches und ländliches Leben. Unter den Germanen waren viele Landwirte, Viehzüchter, aber auch Handwerker und Schmiede. Geld gab es bei den germanischen Stämmen nicht – der Tauschhandel war ihre Währung.

    Germanen – Stamm, Sippe, Familie

    Stamm bezeichnet die Gesamtheit einer Siedlungs-, beziehungsweise einer Dorfgemeinschaft. Doch diese lässt sich noch etwas genau untergliedern.

    Die Familie

    Die kleinste Einheit war die der Familie mit einem männlichen Familienoberhaupt. Zur Familie eines Mannes zählten aber nicht nur dessen Frau und Kinder, sondern zum Beispiel auch seine Knechte, Mägde oder Sklaven. Das Oberhaupt schützte seine Familie, die Mitglieder dieser schworen ihm dafür die Treue.

    Auch bei den germanischen Stämmen wurde zwischen freien und unfreien Personen unterschieden. Frei waren alle offiziellen Mitglieder des Stammes, zu den Unfreien zählten die Sklaven. Das Sklaventum war eine weitverbreitete Praxis.

    Die Sippe

    Innerhalb einer Siedlung konnte es sein, dass mehrere Familien miteinander verwandt waren und sich zu einer sogenannten Sippe zusammenschlossen – einem Familienverband. Die verschiedenen Sippen waren immer noch Teil des Stammes, konnten sich aber zu einem Großteil selbst verwalten – so wurden beispielsweise sippen-interne Auseinandersetzungen von den Mitgliedern geregelt und nicht vom Oberhaupt des Stammes. Die Sippe bildete eine eingeschworene Gemeinschaft, die stets zusammenhielt, vor allem auch im Kampf.

    Das thing und das Stammesoberhaupt

    Der Begriff des thing [gesprochen: ting] bezeichnet die Versammlung aller freier Männer des Stammes. Beim thing wurden alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Die Versammlung wählte das Stammesoberhaupt oder setzte dieses wieder ab, es entschied über Rechtsfragen und Streitigkeiten innerhalb des Stammes und im Ernstfall über Krieg oder Frieden.

    Germanen Germanische Ratsversammlung StudySmarterAbbildung 3: Germanische Ratsversammlung – Relief der Marc-Aurel-Säule in Rom

    Germanen – Götter und religiöse Kulte

    Die germanischen Stämme lebten mit einem polytheistischen Gottesglauben – also einer Vielgötterei. Ihre Gottheiten entsprangen der nordischen Mythologie rund um den Göttervater Odin/Wotan. Wie alle Völker dieses Glaubens verband man die Götter eng mit Naturphänomenen und Begebenheiten der realen Welt. Zog zum Beispiel ein Gewitter auf, so war Thor, der Gott des Donners, wütend.

    Die unterschiedlichen germanischen Stämme praktizierten fast alle auch unterschiedliche religiöse Praktiken oder Riten. Man glaubte nicht nur an die Götter, sondern auch an Geister, an Magie, an übernatürliche Fähigkeiten wie Wahrsagerei und an heilige Stätten – die Stämme bildeten Kultgemeinschaften mit Riten wie Opferungen oder kultischen Feierlichkeiten.

    Germanen Götter Odin StudySmarter

    Abbildung 4: Odin auf seinem Thron – Holzschnitt von Johannes Gehrts. Aus dem Buch "Germanische Götter- und Heldensagen. Für Alt und Jung am deutschen Herd erzählt" (1883) von Felix und Therese Dahn

    Beziehung zwischen den Stämmen

    Auch wenn die germanischen Stämme von ihren Feinden außerhalb der magna germania oft als die Gesamtheit der Germanen bezeichnet wurden, war die Beziehung der Stämme untereinander weniger harmonisch.

    Die Stämme waren sich oft feindlich gesinnt und bekämpften sich regelmäßig. Kampfverbände oder andere Gemeinschaften, die mehrere Stämme umfassten, wurden nur sehr selten geschmiedet und falls, dann bestanden diese Bündnisse nur kurz.

    Germanen gegen Römer – Im Krieg mit dem Imperium Romanum

    Während ihrer Eroberungsfeldzüge wandte sich das Imperium Romanum zusehends in Richtung Nordosten. Als westlich der magna germania die Stämme der Kelten und Gallier besiegt waren, standen die Römer direkt an der Grenze zu den germanischen Territorien. Vor allem das Gebiet um den Rhein und östlich davon wurde immer wieder zum Austragungsort blutiger Schlachten zwischen Römern und germanischen Stämmen.

    Die Varusschlacht

    Doch die wohl bekannteste Auseinandersetzung zwischen der Weltmacht Rom und den germanischen Stämmen war die Varusschlacht im Teutoburger Wald. Hier kämpften vereinte germanische Stämme unter der Führung des Cherusker-Fürsten Arminius gegen drei römische Legionen unter der Führung von Varus und besiegten diese. Der Ausgang dieser Schlacht verhinderte eine weitere Expansion des Imperium Romanum östlich des Rheins.

    Die Völkerwanderung

    Im 4. Jahrhundert n. Chr. drangen vermehrt germanische Stämme und Volksgruppen in das Gebiet des Imperium Romanum ein. Heute spricht man dabei von der sogenannten Völkerwanderung. Bei dieser handelt es sich aber weniger um konkrete Eroberungsversuche, sondern eher um eine Art Flucht der Stämme. Dies hatte verschiedene Gründe – zum Beispiel Versorgungsengpässe aufgrund schlechter Ernten, Angriffe von feindlichen germanischen Stämmen oder aber die immer näher kommende Bedrohung in Form der in Europa einfallenden Hunnen aus dem Osten.

    Die Germanen nach dem Ende des Imperium Romanum

    Nach der Reichsteilung des Imperium Romanum in Ost- und Westrom dauerte es nicht mehr lange, bis das Weströmische Reich, welches an die magna germania grenzte, im Jahr 476 n. Chr. unterging. Die Folge: Es entstand ein Machtvakuum. Die germanischen Stämme, welche während der Völkerwanderung in das damalige Imperium Romanum eingewandert waren, sahen nun eine Chance und versuchten mit eigenen Reichsgründungen die Macht über die von ihnen besiedelten Gebiete zu übernehmen.

    Viele dieser Reiche überdauerten aber nicht lange, entweder weil ihre Herrscher starben oder weil sie von romanisierten Volksgruppen oder anderen Stämmen niedergeschlagen wurden. Doch einige der Reiche, welche zu dieser Zeit emporkamen, hatten eine vielversprechendere Zukunft vor sich. So zum Beispiel das vom Großstamm der Franken unter der Führung des Merowingers Chlodwig I. gegründete Frankenreich, welches später auch vom Karolinger Karl dem Großen regiert wurde.

    Das Geschlecht der Merowinger war die erste königlichen Dynastie des Frankenreichs und beherrschte es fast 300 Jahre lang. Die Karolinger folgten den Merowingers als die nächste königliche Dynastie im Frankenreich nach.

    Germanen heute

    Heutzutage existieren die Germanen oder auch die germanischen Stämme nicht mehr. Nach der Völkerwanderung und den Reichsgründungen zerstreuten sich die zahlreichen germanischen Stämme, welche zuvor geballt im Gebiet der magna germania gelebt hatten, in alle Richtungen. Mit der Zeit vermischen sich Menschen und Kulturen und die germanischen Stämme gingen dann in den europäischen Völkern auf.

    Germanen - Das Wichtigste

    • Germanen ist ein römisch geprägter Sammelbegriff für die Stämme Mittel- und Nordeuropas in der Antike und dem frühen Mittelalter.
    • Das Gebiet der germanischen Stämme wurde von den Römern magna germania genannt und es befand sich grob zwischen dem Rhein westlich, der Donau südlich und der Weichsel östlich.
    • Zur Zeitenwende gab es eine Vielzahl von germanischen Stämmen, welche später in weiten Teilen von den sogenannten Großstämmen abgelöst wurden. Einige Großstämme waren: Franken, Goten, Sachsen, Vandalen etc.
    • Zur Zeit der Völkerwanderung immigrierten viele germanische Stämme in das Gebiet des Imperium Romanum.
    • Nach dem Ende des Imperium Romanum fanden germanische Reichsgründungen statt – darunter zum Beispiel auch das Frankenreich, welches später von Karl dem Großen regiert wurde.

    Nachweise

    1. Abbildung 3: Germanische Ratsversammlung – Relief der Marc-Aurel-Säule in Rom (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Germanische-ratsversammlung_1-1250x715.jpg) – Public Domain
    2. Abbildung 4: Odin auf seinem Thron – Holzschnitt von Johannes Gehrts. Aus dem Buch "Germanische Götter- und Heldensagen. Für Alt und Jung am deutschen Herd erzählt" (1883) von Felix und Therese Dahn (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Odhin_thron.jpg) – Public Domain
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Germanen

    Sind die Deutschen Germanen?

    Die Germanen werden allgemein als Ahnen der Deutschen gesehen. 

    Die germanischen Stämme besiedelten das Gebiet des heutigen Deutschlands für lange Zeit und prägten dieses und seine Kultur nachhaltig. 

    Doch später gesellten sich auch andere Volksgruppen wie zum Beispiel die Kelten dazu - deshalb handelt es sich bei den Deutschen wissenschaftlich gesehen um ein sogenanntes Mischvolk. Die Germanen sind zumindest genetisch gesehen nur ein Teil der deutschen Ahnen. 

    Woher stammen die Germanen ab?

    Diese Frage ist schwer zu beantworten. Der Begriff der Germanen meint eigentlich die Gesamtheit aller germanischen Stämme. Somit ist es nur schwer möglich, eine gemeinsame Herkunft für die Germanen zu bestimmen. Man müsste sich mit der jeweiligen Herkunft eines einzelnen germanischen Stammes beschäftigen. 

    Wann lebten die Germanen?

    Erstmals als Germanen, unter genau diesem Begriff, wurden sie aber um das Jahr 80 v. Chr. wahrgenommen. Im Laufe der Zeit gingen die Germanen in den europäischen Völkern auf. 

    Hat es die Germanen gegeben?

    Ja, es hat die Germanen gegeben. Doch statt die Germanen einheitlich als eine Gesamtheit zu betrachten, sollte man eher von unterschiedlichen germanischen Stämmen sprechen. 

    Wo lebten die Germanen? 

    Die Germanen lebten ursprünglich in Mittel- und Nordeuropa, bevor sie sich später im gesamten Europa verbreiteten. 

    Wer sind die Germanen? 

    Die Germanen waren eine Gruppe von indogermanischen Völkern, die im Norden und Westen Europas lebten. Sie waren bekannt für ihre Kriegerkultur und ihre Stammesstruktur. Sie lebten in kleinen Gemeinschaften, die von Fürsten oder Königen geführt wurden. 

    Seit wann gibt es Germanen? 

    Germanen als historische Gruppe kann man in der Literatur und Archäologie seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. nachweisen. Sie wurden beschrieben und kommentiert von römischen Autoren, die ihre Kultur, ihre Lebensweise und ihre militärischen Fähigkeiten beschreiben.  

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