Julikrise 1914
Mit der Julikrise von 1914 wird oft auch der Weg in den Ersten Weltkrieg beschrieben, doch nicht die Julikrise an sich war der direkte Weg in den Krieg. Bereits zuvor entstand zwischen den europäischen Großmächten ein Spannungsfeld, welches dann in der Julikrise zu eskalieren drohte und schließlich mit dem Ersten Weltkrieg führte.
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Julikrise – Ausgangslage
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Verhältnis der europäischen Staaten angespannt. Zum einen war die veränderte Außenpolitik im deutschen Kaiserreich ein entscheidender Faktor in der europäischen Beziehung. Denn mit der Abdankung Bismarcks 1890 löste sich auch das Bündnissystem allmählich auf und die Triple Entente stand nun im Gegensatz zum Dreibund.
Zur Triple Entente gehörten die drei Mächte Frankreich, Großbritannien und Russland.
Der Dreibund setzte sich aus den beiden Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn, sowie Italien zusammen.
Zum anderen betrieben die Großmächte ein Wettrüsten, was gerade in der Bevölkerung zu einem Gefühl der Bedrohung führte. Auch Krisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie die Marokkokrise, sorgten für ein angespanntes Verhältnis zwischen den Großmächten. Daher wurde der Krieg von ihnen zunehmend als Notwendigkeit gesehen, um diese Spannungen zu entladen.
Die Erste Marokkokrise fand 1904 – 1906 statt und war ein internationaler Spannungszustand um den Einfluss in Marokko. Ausgelöst wurde dieser durch die Rivalität des Deutschen Reiches und Frankreich. In dem Fall versuchte sich Frankreich, als herrschende Macht in Marokko zu etablieren, während das Deutsche Reich darauf bestand, interessierten Mächten den Zugang nach Marokko zu gewähren.
Julikrise – Pulverfass Balkan
Im Kontext der Julikrise solltest Du von dem Pulverfass Balkan wissen, denn auch die Geschehnisse auf dem Balkan sind letztlich relevant für den Ersten Weltkrieg. Die Konfliktlage auf dem Balkan stand im direkten Bezug zum Kriegsausbruch und zum Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn.
Das Verhältnis der Balkanstaaten war zunächst durch den Zerfall des Osmanischen Reiches Anfang des 20. Jahrhunderts angespannt. Allgemein führte der Zerfall zu einem veränderten Kräfteverhältnis.
Zusätzlich wollte Serbien zu einem souveränen Staat werden und Bosnien-Herzegowina annektieren. Da der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn jedoch Angst vor einem zu starken Serbien hatte, annektierte Österreich-Ungarn im Jahr 1908 Bosnien-Herzegowina. Zudem setzte Österreich-Ungarn die Unabhängigkeit Albaniens durch und mischte sich somit ein weiteres Mal in die Interessen Serbiens ein. Denn eigentlich wollte Serbien sich einen Zugang zur Adria durch Albanien verschaffen.
1912 kam es zum ersten Balkankrieg, in dem es den Balkanstaaten gelang, das Osmanische Reich zurückzudrängen. Im Jahr 1913 kam es zum zweiten Balkankrieg, aus dem Serbien mit einem verdoppelten Staatsgebiet hervorging. Fortan wurde Serbien von Russland unterstützt. Dadurch erhoffte sich Russland Macht über die türkischen Meere zu erlangen.
Julikrise – Attentat von Sarajevo
Die eigentliche Julikrise begann Juli 1914 in Sarajevo. Bei einem Staatsbesuch des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand wurde dieser von einem Attentäter ermordet. Der Attentäter war Anhänger des Panslawismus, eine übersteigerte Form des Nationalismus in Serbien. Das Attentat von Sarajevo am 28. Juni war Auslöser der Julikrise im Jahr 1914.
Der Panslawismus war eine Form der Panbewegung und entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts als romantischer Nationalismus. Ziel war es, eine kulturelle, religiöse und politische Einheit aller slawischen Völker zu bilden. Aus der panslawistischen Bewegung gingen im 20. Jahrhundert Jugoslawien und die Tschechoslowakei hervor. Seit dem Zerfall dieser Staaten gilt der Panslawismus als politisch gescheitert.
Infolge dieses Ereignisses kam es zu einer ganzen Kette von Reaktionen der Großmächte. Während Großbritannien auf diplomatischem Wege versuchte einen Weltkrieg abzuwenden, machten alle weiteren Großmächte hektisch strategische Züge und stürzten sich somit immer weiter ins Unglück.
Julikrise – Zusammenfassung
Die Ereignisse der Julikrise folgten sehr rasch aufeinander und bezogen sich direkt auf das Attentat. Denn das Attentat hatte weitreichende Konsequenzen auf die europäischen Beziehungen. Der ermordete Prinz Franz Ferdinand war schließlich der einzige Thronfolger Österreich-Ungarns. Infolgedessen forderte Österreich Vergeltung.
Der Vielvölkerstaat sah durch das Attentat von Sarajevo einen Grund, Serbien den Krieg zu erklären und gleichzeitig die Chance, die immer größer werdende Macht des Königreichs Serbiens einzudämmen.
Doch für einen Krieg war die Ausgangslage nicht unbedingt optimal, da Russland als Serbiens Schutzmacht fungierte. Österreich-Ungarn hätte nicht allein gegen diesen großen Gegner vorgehen können.
Julikrise – Mission Hoyos
Daher wurde am 05. Juli 1914 der österreichische Legationsrat Alexander Hoyos nach Berlin entsandt, um im Falle eines Krieges die deutsche Rückendeckung zu haben – auch im militärischen Vorgehen gegen Serbien.
Am 05. Juli 1914 wurde ein Blankoscheck von Deutschland ausgefüllt und am 06. Juli 1914 wurde dieser vom Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg bestätigt. Mit ihm wurde die deutsche Treue und Rückendeckung für ein militärisches Vorgehen bestätigt. Österreich konnte nun selbst entscheiden, welche Form der Hilfe es von der deutschen Macht benötigte. Österreich-Ungarn hatte also die bedingungslose Hilfe Deutschlands im Krieg erhalten. Mission Hoyos hatte somit Erfolg.
Als Blankoscheck versteht man umgangssprachlich eine Art Vollmacht oder Erlaubnis an eine dritte Partei, ohne Beschränkungen handeln zu dürfen.
Gleichzeitig bestätigte Frankreich sein Bündnis mit Russland bei einem Staatsbesuch des französischen Staatspräsidenten Raymond Poincaré.
Abb. 2 - Auszug aus dem Telegramm des österreichisch-ungarischen Botschafters in Berlin an Außenminister Graf Berchtold in Wien zum Ergebnis der Hoyos-Mission.
Julikrise – Ultimatum
Am 23. Juli 1914 stellte Österreich ein Ultimatum an die serbische Regierung, welches einen Forderungskatalog beinhaltete. Dies war die letzte Möglichkeit, die Situation auf diplomatischem Wege zu entschärfen. Österreich-Ungarn wollte durch die Bedingungen des Katalogs Serbiens Macht zurückdrängen, da die Nation immer mehr zur Gefahr für den Vielvölkerstaat wurde.
Der Forderungskatalog sah unter anderem vor, die Hintermänner des Attentats von Sarajevo zu bestrafen. Außerdem sollten österreichische Beamte fortan in Serbien eingesetzt werden.
Abb. 3 - Ausschnitt des Forderungskatalogs von Österreich an Serbien.Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Forderungskatalogs, der von Österreich an Serbien gestellt wurde. Dieser beinhaltet insgesamt 10 Punkte.
Während einige Punkte jegliche Äußerungen gegen die Unterdrückung der österreichischen Monarchie und allgemeine Propaganda gegen Österreich-Ungarn zu unterbinden forderten, sah Serbien allein den Einsatz österreichischer Beamte im eigenen Land kritisch.
Dennoch akzeptierte Serbien den Forderungskatalog zwei Tage später. Allerdings mit der Ausnahme, dass keine österreichischen Beamten in Serbien eingesetzt werden durften, da Serbien so keine Möglichkeit sah eine eigene Nation zu bilden.
Julikrise – Kriegsausbruch
Nach einem erneuten Blankoscheck der deutschen Regierung erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg, genau einen Monat nach dem Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand. Bereits einen Tag später, am 29. Juli 1914, begann Österreich mit der Beschießung Belgrads.
Russland begann mit der Generalmobilmachung am 30. Juli 1914. Am 31. Juli 1914 forderte Deutschland die Neutralität Frankreichs im Falle eines Krieges, woraufhin Frankreich jedoch mit der Generalmobilmachung reagierte. Daraufhin erklärte Deutschland am 01. August 1914 erst Russland und dann am 03. August 1914 Frankreich den Krieg.
Als Deutschland am 03. August 1914 in Belgien einmarschierte, erklärte auch Großbritannien als Schutzmacht Belgiens Deutschland den Krieg und am 06. August 1914 erklärte schließlich Österreich-Ungarn Russland den Krieg.
Das genaue Datum des Beginn des Ersten Weltkriegs fällt damit also auf den 28. Juli 1914.
1914: Julikrise – Zeitstrahl
28. Juni: Attentat von Sarajevo auf Thronfolger Franz Ferdinand
5./6. Juli: „Mission Hoyos“ und der deutsche „Blankoscheck“
20. bis 23. Juli: Besuch der französischen Regierung in St. Petersburg
23. Juli: Österreichisches Ultimatum an Serbien
25. Juli: Vorbehalte Serbiens gegen Teile des Ultimatums
25. Juli: Österreichische Teilmobilmachung
27. Juli: Russische Teilmobilmachung
28. Juli: Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien
30. Juli: Russische Generalmobilmachung
31. Juli: Österreichische Generalmobilmachung
31. Juli: Deutsches Ultimatum an Russland, seine Mobilmachung einzustellen
31. Juli: Deutsches Ultimatum an Frankreich, sich neutral zu erklären
1. August: Generalmobilmachung und Kriegserklärung Deutschlands an Russland
3. August: Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich
3. August: Einmarsch deutscher Truppen in Belgien
4. August: Kriegserklärung Großbritanniens an Deutschland
Julikrise - Das Wichtigste
- Bei einem Staatsbesuch des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Bosnien-Herzegowina wurde dieser von einem Attentäter in Sarajevo ermordet.
- Das Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914 war Auslöser der Julikrise.
- Am 23. Juli 1914 stellte Österreich ein Ultimatum an die serbische Regierung, das einen Forderungskatalog beinhaltete.
- Serbien akzeptierte den Forderungskatalog zwei Tage später, mit der Ausnahme, dass keine österreichischen Beamten in Serbien eingesetzt werden durften.
- Mit der Julikrise von 1914 wird oft auch der Weg in den Ersten Weltkrieg beschrieben.
Nachweise
- Abb. 2 - Auszug aus dem Telegramm des österreichisch-ungarischen Botschafters in Berlin an Außenminister Graf Berchtold in Wien zum Ergebnis der Hoyos-Mission (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/d/d0/Telegramm_zur_Hoyos-Mission.jpg) unter der Lizenz gemeinfrei.
- Abb. 3 - Ausschnitt des Forderungskatalogs von Österreich an Serbien (http://wk1.staatsarchiv.at/diplomatie-zwischen-krieg-und-frieden/oesterreich-ungarns-ultimatum-an-serbien-1914/#/?a=artefactgroup8) unter der Lizenz Öffentlich (https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=513)
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