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Élysée-Vertrag Hintergrund
Zwischen Deutschland und Frankreich bestand über Jahrhunderte weg eine sogenannte Erbfeindschaft.
Eine Erbfeindschaft bezeichnet die Feindschaft zwischen zwei Staaten, die sich über mehrere Generationen zieht und somit praktisch "vererbt" wird. Besonders häufig wurde dieser Begriff zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Frankreich verwendet. Bis 1945 führten die beiden Länder in 500 Jahren 23 kriegerische Konflikte gegeneinander. Im Durchschnitt gab es also alle 20 Jahre einen deutsch-französischen Krieg.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren beide Seiten aber entschlossen, ihre langwierigen feindlichen Beziehungen zu beseitigen. Vor allem der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Präsident Charles de Gaulle, welche beide im Krieg gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatten, probierten die deutsch-französische Freundschaft voranzutreiben.
Auch vor de Gaulles Präsidentschaft (1959–1969) kam es zu ersten Annäherungen zwischen den Ländern. Bereits im deutsch-französischen Abkommen innerhalb der Pariser Verträge (oft nur Pariser Vertrag genannt) wurde beschlossen, eine Volksabstimmung zur Lösung der Saarfrage durchzuführen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Saarland aus der französischen Besatzungszone in Deutschland ausgegliedert. Das Saarland besaß in der Folge weitgehende politische Autonomie, wurde jedoch von einem hohen Vertreter Frankreichs kontrolliert. In den Jahren nach dem Krieg entwickelte sich die Diskussion über die Zukunft des Saarlandes (Saarfrage genannt) zu einem der Streitpunkt zwischen Deutschland und Frankreich.
Nachdem in dieser Volksabstimmung 67,7 % für eine Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland stimmten, wurde diese offiziell im 1956 unterschriebenen Vertrag von Luxemburg geregelt. Im Gegenzug musste Deutschland Frankreich erlauben, die Mosel zu kanalisieren, um der französischen Stahlindustrie einen billigen Transportweg zu ermöglichen.
Viele Flüsse in Europa waren aufgrund ihrer vielen Windungen und unterschiedlichen Tiefen lange Zeit nicht für die Schifffahrt und somit für den Güterverkehr geeignet. Der Prozess der Kanalisierung bezeichnet daher eine Begradigung eines Flusses, welche meist mit einer Vertiefung einhergeht.
Abbildung 2: Gedenktafel zur Erinnerung an die Erklärung zum Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit
In der Zeit nach dem Vertrag von Luxemburg kam es zu weiteren Vertiefungen der Partnerschaften zwischen den Ländern. So wurden unter anderem 1957 die Römischen Verträge unterzeichnet, wodurch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde.
De Gaulle war zu diesem Zeitpunkt der Meinung, dass Europa zu dieser Zeit zu stark von den USA beeinflusst wurde. Seinen Vorstellungen nach sollte die deutsch-französische Freundschaft daher einen entscheidenden Beitrag für ein von den USA unabhängigeres Europa bilden.
Um über diese deutsch-französische Freundschaft zu diskutieren, lud de Gaulle Adenauer 1963 nach Paris ein.
Während dieses Treffens brachte Adenauer überraschend den Vorschlag an, gleich einen Freundschaftsvertrag zu unterzeichnen. Dabei kam es aber zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertretern der Länder, da Deutschland seine tiefe politische Beziehung mit den USA fortführen wollte.
Dies stand im Kontrast zur Idee de Gaulles und seiner Anhängerinnen und Anhänger (auch Gaullisten genannt), welche durch eine deutsch-französische Freundschaft eigentlich unabhängig von den USA werden wollten. Im ursprünglichen französischen Entwurf wurden die USA und die NATO sowie Großbritannien aus diesem Grund gar nicht erwähnt.
Diese ursprüngliche Fassung wurde am 22. Januar 1963 im Pariser Élysée-Palast unterzeichnet.
Nachdem der damalige US-Präsident John F. Kennedy gegenüber dem deutschen Botschafter den Élysée-Vertrag kritisiert hatte, stellte der Deutsche Bundestag ihm bei der Ratifizierung eine Präambel voran. Diese forderte Frankreich und Deutschland zu einer engeren Zusammenarbeit mit den USA auf und befürwortete eine Integration Westeuropas in die NATO unter der Führung der USA.
Charles de Gaulle reagierte damals gereizt auf diese Entscheidung des Bundestages. Zu seinem persönlichen Berater Alain Peyrefitte sagte er damals in diesem Zusammenhang:
"Die deutschen Politiker haben Angst, dass sie nicht tief genug vor den Angelsachsen kriechen! Sie benehmen sich wie die Schweine! Sie hätten es verdient, dass wir den Vertrag zurücknehmen und uns stattdessen mit den Russen verständigen." 4
Trotzdem blieb der Vertrag bestehen und wurde erfolgreich vom deutschen und französischen Parlament unterzeichnet und konnte somit am 2. Juli 1963 in Kraft treten.
Élysée-Vertrag Inhalt
Konkret wurden im Élysée-Vertrag drei wichtige Vereinbarungen getroffen. Welche dies sind, erfährst Du in den nächsten Absätzen.
Beratung und Konsultation
Eine Vereinbarung im Élysée-Vertrag handelte von einem verbindlichen Beratungsmechanismus zwischen den Regierungsvertreterinnen und -vertretern der Länder, welche sich mehrmals jährlich treffen sollten.
Es war vorgesehen, dass sich der deutsche Bundeskanzler beziehungsweise die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident sich mindestens zweimal im Jahr treffen, die Außenminister oder Außenministerinnen mindestens alle drei Monate, ebenso die Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister sowie die Ministerinnen und Minister der Familien und Jugendministerien, welche sich sogar alle zwei Monate treffen sollten.
Außen- und Verteidigungspolitik
Diese Konsultationen und Beratungen sollten in den Politikbereichen der Außenpolitik und der Verteidigungspolitik stattfinden. Deutschland und Frankreich verpflichteten sich im Élysée Vertrag dazu, sich bei diesen Fragen vor einer Beratung auf internationaler Ebene zunächst bilateral abzusprechen und, wenn möglich, die gegenseitige Haltung zu unterstützen oder eine gemeinsame Position zu finden.
Das Wort "bilateral" ist ein Synonym für "zweiseitig". Es wird vor allem im Kontext der internationalen Politik bei Absprachen zwischen zwei Staaten verwendet.
Dieser Punkt betraf insbesondere gemeinsame Positionen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, zu den Ost-West-Beziehungen, NATO-Angelegenheiten und Angelegenheiten innerhalb anderer Organisationen, wie der Westeuropäischen Union.
Erziehung und Jugend
Der letzte wichtige Punkt des Vertrags legte eine Kooperation in Jugend- und Erziehungsfragen fest.
Hieraus resultierte nur drei Tage nach dem Inkrafttreten des Vertrags das deutsch-französische Jugendwerk, eine gemeinsame Organisation, die das Verständnis der jungen Menschen füreinander in den beiden Ländern fördern sollte. Unter anderem geschah dies durch das Ermöglichen einer Vielzahl von Austauschprogrammen, an denen mittlerweile schon über 9.000.000 junge Menschen aus Deutschland und Frankreich seit der Einführung des Programms teilnahmen.
Élysée-Vertrag Erneuerung
Am 22. Januar 2019 wurde der deutsch-französische Freundschaftsvertrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsident Emmanuel Macron erneuert und mit dem Vertrag von Aachen erweitert. Der Vertrag von Aachen sollte die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Europapolitik weiter vertiefen und wurde am 22. Januar 2019 unterzeichnet. Damit knüpft der Vertrag von Aachen direkt an den Élysée-Vertrag an.
Neben dem symbolischen Akt der Erneuerung des Élysée-Vertrags sieht der Vertrag auch eine Vertiefung in der Zusammenarbeit der Verteidigungs- und Kulturpolitik der beiden Staaten vor.
Élysée-Vertrag Bedeutung
Ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich gilt heute als undenkbar. Der Élysée-Vertrag hat entscheidend zum mittlerweile über 75 Jahre langen Frieden zwischen den beiden Staaten beigetragen und ihnen zu großem Wohlstand verholfen. Trotzdem ist die eigentliche Intention Charles des Gaulles hinter der deutsch-französischen Freundschaft im Hinterkopf zu behalten.
Dieser wollte mithilfe der Zusammenarbeit eigentlich nur Frankreichs Einfluss in der Welt im Vergleich zu den USA und der Sowjetunion stärken. De Gaulle sagte 1963 Folgendes über seine Pläne der deutsch-französischen Freundschaft:
"Wozu dient Europa? Dazu, sich weder von den Amerikanern noch von den Russen beherrschen zu lassen [...]. Europa ist das Mittel für Frankreich, wieder das zu werden, was es seit Waterloo aufgehört hat zu sein: Erster der Welt."
Aufgrund dieser Position der Gaullisten und der Zusammenarbeit Deutschlands mit den USA kam es in den ersten 10 Jahren immer wieder zu politischen Auseinandersetzungen zwischen den Staaten. Erst danach erhielt der Élysée-Vertrag in der Öffentlichkeit seine Wahrnehmung als Grundpfeiler der deutsch-französischen Freundschaft.
Mittlerweile arbeiten sowohl Deutschland als auch Frankreich über Organisationen wie die NATO eng mit den USA zusammen.
Elysee Vertrag - Das Wichtigste
- Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit, auch Élysée-Vertrag genannt, ist ein Freundschaftsvertrag zwischen den beiden Ländern.
- Konkret wurde sich bei diesem Vertrag auf eine vertiefte Zusammenarbeit bezüglich der Außen- und Verteidigungspolitik sowie Fragen bezüglich der Erziehung und der Jugend geeinigt. Außerdem wurde vereinbart, dass Regierungsvertreterinnen und -vertreter der Länder eine geregelte Anzahl an Treffen pro Jahr wahrnahmen.
- Zusätzlich wurde beschlossen, dass Deutschland und Frankreich sich bei außen- und verteidigungspolitischen Fragen unterstützten und eine gemeinsame Richtung verfolgen.
- Zuletzt sollten der Austausch und die Beziehungen zwischen den Jugendlichen der Länder durch die Schaffung des deutsch-französischen Jugendwerkes verbessert werden.
Nachweise
- Pfeil, Ulrich (2019). Zur Bedeutung des Élysée-Vertrags. Bundeszentrale für politische Bildung.
- Bundesregierung.de. Élysée-Vertrag: Ein Zeichen der Freundschaft. (22.08.2022)
- Diplomatie.gouv.fr. Der Élysée-Vertrag. (22.08.2022)
- von Randow, Gero (2013). "Wie die Schweine!". Zeit Online
- Abbildung 1: Unterzeichnung des Elysee Vertrages (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5475050) by Bundesarchiv, B 145 Bild-P106816 / Unknown author licensed by CC-BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)
- Abbildung 2: Gedenktafel zur Erinnerung an die Erklärung zum Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24668098) by Jean-Pierre Dalbéra licensed by CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en)
- Abbildung 3: Vertrag von Aachen (https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/freundschaft-staerken-1570800) by Bundesregierung / Bergmann licensed by CC-BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Elysee Vertrag
Was ist der Elysee Vertrag?
Der Élysée-Vertrag ist ein Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Deutschland, der am 22. Januar 1963 vom deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle unterzeichnet wurde.
Wer unterzeichnete den Elysee Vertrag?
Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer und der damalige französische Präsident Charles de Gaulle unterzeichneten den Elysee Vertrag.
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