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Römische Verträge Definition
Die Römischen Verträge, auch Vertrag von Rom genannt, gehören zu den wichtigsten Meilensteinen in der Geschichte der Europäischen Integration. Am 25. März 1957 unterschrieben Vertreter der Regierungen von Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden den Vertrag von Rom.
Die Römischen Verträge ergänzten die bereits 1951 gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), auch Montanunion genannt, um die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM). Die Verträge waren ab dem 1. Januar 1958 gültig. Später, im Jahr 1965, wurden die drei Organisationen durch den Fusionsvertrag zu einer gemeinsamen Europäischen Gemeinschaft (EG) zusammengefasst.
Im Bild siehst du Bundeskanzler Konrad Adenauer, Staatssekretär Walter Hallstein und den italienischen Ministerpräsidenten Antonio Segni bei der Unterzeichnung der Römischen Verträge.
Römische Verträge Hintergrund
Anfang und Mitte der 1950er-Jahre nahm die europäische Integration zur Sicherung des Friedens und der Stabilität in Deutschland an Fahrt auf. Einen herben Rückschlag musste diese bei dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) bei der Ratifizierung im französischen Parlament im August 1954 erleiden. Mit dieser wäre neben einer gemeinsamen europäischen Organisation im Bereich der Verteidigungspolitik auch eine Armee unter gemeinsamen Kommando geschaffen worden.
Der Wille nach einer weiteren europäischen Integration ebbte durch diesen Rückschlag jedoch nicht ab. Auf Anregung des damaligen Außenministers Paul-Henri Spaak, sollte eine weitere europäische Integration im Bereich der Wirtschaftspolitik erfolgen. Dieser Sektor hatte sich seit der Gründung der Montanunion (EGKS) im April 1951 für eine europäische Zusammenarbeit als geeignet erwiesen. Zusätzlich dazu schlug ein von Spaak als Vorsitzender geleiteter Sachverständigenrat die Zusammenarbeit auf dem noch recht neuen Gebiet der Atomenergie vor.
Paul-Henri Spaak (1899–1972) hatte im Laufe seiner politischen Karriere eine Reihe unterschiedlicher politischer Ämter in Belgien inne. Er war ab 1932 Abgeordneter im belgischen Parlament und bekleidete ab 1935 unterschiedliche Ministerämter. Er war auch mehrere Male belgischer Ministerpräsident. Als Präsident der ersten UN-Generalversammlung richtete er im Januar 1946 die berühmten Worte "Messieurs, nous avons peur de vous" (dt.: "Meine Herren, wir haben Angst vor Ihnen") an die sowjetische Delegation.
Von 1952 bis 1954 war er erster Präsident der Gemeinsamen Versammlung der Montanunion (EGKS). 1957 wurde er NATO-Generalsekretär.
Aufgrund seiner Bemühungen im Dienste der EGKS und der Initiierung der Konferenz von Messina gilt er als einer der Gründerväter der Europäischen Union.
Über die genaue Ausgestaltung der beiden Organisationen wurde auf zahlreichen weiteren Konferenzen und in zahlreichen anderen Gremien verhandelt. Hauptstreitpunkte in diesem Prozess waren zum Beispiel die Einbeziehung der Überseegebiete einzelner Mitgliedstaaten in den Gemeinsamen Markt, die Harmonisierung der Sozialleistungen sowie das Versorgungsmonopol der EURATOM bei der Beschaffung von Kernbrennstoffen.
Eine weitere Schwierigkeit für die Verhandlungen stellte der Vorstoß des vorher aus den Verhandlungen ausgestiegenen Großbritanniens dar, statt einer eigenen Organisation mit einem Gemeinsamen Markt einfach eine Freihandelszone einzurichten. Für die Gegner*innen des europäischen Integrationsprozesses stellte dieser Vorschlag die perfekte Alternative dar.
Trotz dieser vielen Streitpunkte konnten bis zur Unterzeichnung der Römischen Verträge in allen zweifelhaften Fragen eine Einigung erzielt werden. So wurden beispielsweise die Überseegebiete einzelner Mitgliedstaaten mit dem Gemeinsamen Markt assoziiert und erhielten durch einen besonderen Investitionsfond in den ersten 5 Jahre besondere finanzielle Unterstützung. Außerdem wurde eine Europäische Investitionsbank zur Errichtung eines Europäischen Sozialfonds gegründet.
Römische Verträge Inhalt
Die Römischen Verträge bezeichnen die beiden in Rom unterschriebenen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM).
Ausführliche Informationen zur EWG und EURATOM findest du in den jeweiligen Artikeln.
EWG-Vertrag
Die EWG wurde durch den 176 Seiten langen "Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft", welcher zu den Römischen Verträgen gehörte, gegründet. Er legte die Grundlage für die heutige gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik.
EURATOM-Vertrag
EURATOM wurde nach dem 107 Seiten langem "Vertrag über die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft", welcher ebenfalls zu den Römischen Verträgen gehörte, gegründet.
Institutionelle Struktur
Durch die Montanunion existierte bereits vor der Unterzeichnung der Römischen Verträge eine supranationale europäische Organisation, die auch institutionell verankert war. Es bestand bereits eine gemeinsame Hohe Behörde (Vorläuferin der Europäischen Kommission), ein gemeinsamer Ministerrat (Vorläufer des Rates der Europäischen Union), eine gemeinsame Versammlung (Vorläuferin des Europäischen Parlamentes), sowie ein gemeinsamer Europäischer Gerichtshof und ein gemeinsamer Rechnungshof.
Durch die Römischen Verträge wurde die gemeinsame Versammlung der Montanunion auch für EURATOM und die EWG zuständig. Aufgrund dieser neuen Aufgaben wurde die Anzahl der Parlamentarier*innen von vorherigen 48 auf 142 erhöht. Die Gemeinsame Versammlung gab sich nach den Römischen Verträgen den Namen Europäisches Parlament, erhielt jedoch keine neuen Kompetenzen.
Für EURATOM und die EWG wurden außerdem eigene Hohe Behörden und Ministerräte gegründet. Diese wurden erst durch die Gründung der EG aufgrund des Fusionsvertrages zu einer gemeinsamen Hohen Behörde und einem Ministerrat zusammengelegt.
Alles weitere rund um das Europäische Parlament, die Europäische Kommission sowie den Rat der Europäischen Union findest du im Artikel zu den Institutionen der EU.
Römische Verträge Folgen
Die Römischen Verträge waren Ende der 1950er-Jahre zunächst vor allem für die Sicherung des Friedens und der politischen Stabilität in Europa von zentraler Bedeutung. Zwar wurde mit der Unterzeichnung des "Vertrag[es] über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" die erste supranationale Organisation der Welt geschaffen, welche nach dem damaligen französischen Außenminister Robert Schumann "jede[n] Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich" machte.
Allerdings scheiterte der Versuch einer weiteren europäischen Integration zur Sicherung des Friedens in Europa mit der Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 bei der Ratifizierung im französischen Parlament.
Nach diesem großen Rückschritt auf dem Weg der europäischen Integration war die Unterzeichnung der Römischen Verträge somit eine wichtige Maßnahme für ein sicheres, politisch stabiles und wirtschaftlich starkes Europa.
Der damalige französische Ministerpräsident schlug am 24. Oktober 1950 die Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) mit einer gemeinsamen europäischen Armee vor. Der Vertrag zur Gründung der EVG wurde dann am 27. Mai 1952 auch von allen Mitgliedsstaaten der EGKS unterschrieben. Allerdings wurde einen Tag vorher auch der sogenannte Deutschlandvertrag unterzeichnet, welcher gleichzeitig das Besetzungsstatut über die Bundesrepublik abhob.
Der Vertrag über die Gründung der EVG scheiterte daher bei der Ratifizierung in der französischen Nationalversammlung, da viele Abgeordnete Angst vor einem wiederbewaffneten Deutschland hatten und die französische Armee gleichzeitig nicht unter ein europäisches Oberkommando stellen wollten.
Heutige Bedeutung der Römischen Verträge
Die Grundzüge der Römischen Verträge bestehen heute im Vertrag von Nizza weiter fort und bilden somit das Fundament für die heutige Europäische Union. Die in den Römischen Verträgen geregelte europäische Zusammenarbeit in der Wirtschaft- und Atompolitik gilt mittlerweile für 27 Mitgliedstaaten und deren knapp 450 Millionen Bürger*innen.
Ohne den durch die Römischen Verträge angestrebten gemeinsamen Binnenmarkt und die Zollunion hätten die Mitgliedstaaten wohl kaum einen vergleichbaren wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Europäische Länder, wie Frankreich, Italien oder Deutschland würden auf globaler politischer Ebene neben einflussreichen Ländern wie China oder den USA wohl kaum so ernst genommen werden. Außerdem sicherte die Europäische Integration, wie bereits einige Male angesprochen, schon seit über 70 Jahren den Frieden in Europa.
60-jähriges Jubiläum – Römische Verträge
Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Römischen Verträge trafen sich 2017 die 28 Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu einem Sondergipfel in Rom. Zusätzlich dazu fanden Jubiläumsveranstaltungen in allen Mitgliedstaaten statt. Am Tag des 60-jährigen Jubiläums unterzeichneten die anwesenden Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Erklärung, in der Sie sich konkrete Ziele für die Zukunft der europäischen Zusammenarbeit setzten. Zu den 4 neuen Zielen zählten:
- ein sicheres und geschütztes Europa;
- ein wohlhabendes und nachhaltiges Europa;
- ein soziales Europa und
- ein stärkeres Europa in der Welt mit mehr gemeinsamem Einsatz für Sicherheit und Verteidigung.
60 Gründe für die EU – Warum wir die EU nach wie vor brauchen
Außerdem veröffentlichte die Europäische Kommission eine Erklärung mit dem Titel "60 Gründe für die EU - Warum wir die EU nach wie vor brauchen". Die 60 Gründe waren folgenden 12 Überbereichen zugeordnet:
- Worauf Europa stolz sein kann
- Die EU stärkt die Wirtschaft und sorgt für Wohlstand
- Die EU sorgt für Wettbewerb und kontrolliert die Konzerne
- Die Europäische Union schützt die Verbraucher
- Die EU macht das Leben preiswerter
- Die EU setzt sich für gesunde Nahrung und eine saubere Umwelt ein
- Die EU erleichtert das Reisen und Arbeiten in Europa
- Die EU fordert Bildung, Forschung und Kultur
- Die EU schafft Innere Sicherheit
- Europa engagiert sich in der Welt
- Europa hilft in der weltweiten Flüchtlingskrise
- Die EU baut Bürokratie ab
Wenn du beispielsweise für ein Referat nach positiven Effekten der Europäischen Union recherchieren musst, ist diese Erklärung sehr empfehlenswert.
Römische Verträge - Das Wichtigste
Sie wurden am 25. März 1957 von Frankreich, Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden unterzeichnet und traten in der Folge am 1. Januar 1958 in Kraft.
Die Römische Verträge gelten auch als "Geburtsurkunde" der Europäischen Union.
Zu den Römischen Verträgen gehören die Gründung von der EWG und EURATOM.
Die Römischen Verträge existieren durch den Vertrag von Nizza weiter und bilden somit das Fundament der Europäischen Union.
Den Römischen Verträgen verdanken wir den gemeinsamen Binnenmarkt und die Zollunion.
Nachweise
- Abb. 2: Rom, Verträge über Zollpakt und Eurotom unterzeichnet (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/59/Bundesarchiv_Bild_183-45653-0001%2C_Rom%2C_Vertr%C3%A4ge_%C3%BCber_Zollpakt_und_Eurotom_unterzeichnet.jpg) by Deutsches Bundesarchiv (https://www.bild.bundesarchiv.de/dba/de/) licensed under CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en).
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Römische Verträge
Was war der Inhalt der Römischen Verträge?
Die beiden wesentlichen inhaltlichen Bestandteile der Römischen Verträge waren der "Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) und der "Vertrag über die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft" (EURATOM).
Warum Römische Verträge?
Die Römischen Verträge erhielten ihren Namen vom Ort der Unterzeichnung der Verträge am 25. März 1957 – der italienischen Hauptstadt Rom.
Welche Ziele wurden mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge verfolgt?
Die Unterzeichnung der Verträge sollte vor allem ein Fortschreiten der Europäischen Integration als Folge haben. Dadurch sollten Frieden, Wohlstand und politische Stabilität weiterhin in Europa gewährleistet werden können.
Welche Institution wurde im Rahmen der Römischen Verträge gegründet?
Im Rahmen der Europäischen Verträge wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet.
Beide wurden der bereits für die Montanunion (EGKS) gegründeten "Gemeinsamen Versammlung" (Vorläuferin des Europäischen Parlamentes) unterstellt. Beide Organisationen erhielten jeweils eine Hohe Behörde (Vorläuferin der Europäischen Kommission) und einen gemeinsamen Fachministerrat (Vorläufer des heutigen Rates der Europäischen Union).
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