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Beginn Industrialisierung – England
England, beziehungsweise Großbritannien, war das erste Land, in dem die Industrialisierung stattfand. Der grobe Beginn der Industrialisierung war gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Wenn man den Start genau benennen will, fällt meist das Jahr 1765. Denn 1765 wurde die erste wichtige Maschine der Industrialisierung erfunden – die „Spinning Jenny“.
Faktoren der Industrialisierung in England
Warum aber war England das erste Land, in dem die Industrialisierung stattfand? Anders gefragt: Welche Bedingungen führten dazu, dass die Industrialisierung in England begann? Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Technologischer Fortschritt durch Erfindungen – Spinnmaschine und Dampfmaschine
- Bevölkerungswachstum durch mehr Arbeit und Lohn
- Geografie des Landes, Insellage, großes Kohlevorkommen
- Politische Stabilität, durch Frieden und erweiterte Freiheitsrechte
- Unternehmerische Mentalität
Technologischer Fortschritt
Wird über die Industrialisierung gesprochen, steht meist der technische Fortschritt im Vordergrund. Die Erfindung der „Spinning Jenny“ im Jahre 1765 revolutionierte die Textilherstellung in England, diese mündete später in der Fabrikproduktion.
Auch die Dampfmaschine war eine Erfindung aus Großbritannien. James Watt hatte bestehende Konzepte weiter entwickelt, sodass er 1769 seine verbesserte Dampfmaschine patentieren ließ. Die Dampfmaschine ist Basis vieler weiterer Erfindungen, die zur Industrialisierung beitrugen – besonders der Eisenbahn.
1785 folgte der erste mechanische Webstuhl und bereits 1825 gab es die erste fahrplanmäßige Eisenbahnverbindung durch das Land.
Bevölkerungswachstum
Mit der Entwicklung der Spinnmaschine war es plötzlich möglich, günstig und schnell Textilien herzustellen. In den Städten entstanden immer mehr Fabriken und so auch eine große Menge an Arbeitsplätzen.
Die Aussicht auf Arbeit und Lohn zog immer mehr Menschen aus den ländlichen Gebieten in die Städte. Mehr Arbeit und Lohn führten wiederum zu einem Bevölkerungswachstum, sodass in England mit Beginn der Industrialisierung auch ein größerer Absatzmarkt entstand.
Die industrielle Herstellung von Textilien konnte auch die steigende Nachfrage nach Textilien durch ein erhöhtes Angebot befriedigen, welche durch das Bevölkerungswachstum entstanden ist.
Also ergab sich in England eine Art Wechselwirkung aus Nachschub an Arbeitskräften, Absatzmarkt und Produktion.
Geographische Lage
Die geographische Lage Englands wird häufig als eine der wichtigsten Vorteile gegenüber anderen Ländern genannt, und gilt als eine der Ursachen für die frühe Industrialisierung.
Als Insel verfügte England über viele Hafenstädte, die den Austausch von Gütern im ganzen Land erleichterten. Sie ermöglichten aber auch den Import von Gütern aus anderen Ländern.
Als Kolonialmacht hatte England die Möglichkeit günstig Erz, Kohle und Baumwolle zu beschaffen. Dieser Überseehandel sorgte für ein enormes Wirtschaftswachstum.
Ein weiterer Vorteil war, dass England eine eher flache Landschaft besaß. So war der Ausbau von effizienten Kanalsystemen (vor allem in der Stadt) möglich, was die allgemeine Hygiene verbesserte. Auch für weitreichende Bahnverbindungen war die flache Landschaft ideal.
Es lässt sich auch ein Zusammenhang zwischen Geografie und technischem Fortschritt ziehen. Da England über ein großes Kohlevorkommen verfügte (rot markierte Regionen auf der Karte, siehe Abbildung 3), fokussierten sich die technischen Erfindungen auf den Industriezweig der Energiegewinnung – vorwiegend die Schwerindustrie (Produktion von Stahl) und der Bergbau (Dampfmaschinen erhöhten die Fördermengen).
England vor der Industrialisierung
Auch die wirtschaftliche Lage und politische Stabilität in England waren von Vorteil für den Beginn der Industrialisierung.
England befand sich in einer Friedensperiode. Außerdem war das politische System, im Gegensatz zu anderen Ländern auf dem europäischen Kontinent, deutlich liberaler. Das bedeutet: Das Bürgertum besaß Freiheitsrechte und war eher unternehmerisch eingestellt. Dadurch wurde auch die wirtschaftliche Entfaltung begünstigt.
Zudem war England eine dominierende Seemacht. Dies trug erheblich zur Sicherung des Friedens bei. Insbesondere im Konflikt mit anderen Staaten.
Neben der allgemeinen, unternehmerischen Mentalität, die die wirtschaftliche Weiterentwicklung maßgeblich unterstützte, verfügte England über einen großen Binnenmarkt. In England gab es um 1780, im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum, keine Zölle im Handel. Dieser freie Austausch von Gütern wird als Binnenmarkt bezeichnet. Zudem gab es ein geregeltes Steuersystem.
Industrielle Revolution England Zusammenfassung
Die oben genannten Bedingungen führten dazu, dass England, bzw. Großbritannien, als Land auf die veränderten Bedingungen der Industrialisierung eingehen konnte. Das heißt, der Staat konnte bei der Umsetzung der schnelleren Produktionsweisen helfen. Die gesamte Produktionsweise wurde also angepasst. Deshalb spricht man auch von der Industriellen Revolution: Die Veränderungen waren tiefgreifend und beeinflussten die Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig.
Die Agrarrevolution
Du fragst Dich nun vielleicht: eine Revolution innerhalb einer Revolution, wie geht denn das?
Durch die verbesserte Hygiene, mehr Arbeit und mehr Lohn kam es in den Städten zu Bevölkerungswachstum. Zwar können mehr Menschen auch mehr arbeiten, sie benötigen aber auch mehr Nahrung und Lebensmittel. Die Bevölkerungsexplosion führte also zu einer gesteigerten Nachfrage landwirtschaftlicher Produkte.
Um diese Nachfrage schneller zu erfüllen, mussten auch für die Landwirtschaft neue Maschinen entwickelt werden – diese Entwicklungen und damit gekommenen Erfindungen nennt man „Agrarrevolution“. Merkmale der Agrarrevolution waren: neue Anbaumethoden und die Kommerzialisierung der Landwirtschaft – das heißt, die Landwirtschaft wurde fortan auch für wirtschaftliche Zwecke genutzt und nicht nur für die Nahrungsversorgung.
England als Exportmacht
Die neuen Produktionsweisen (zum Beispiel durch die Spinning Jenny und den mechanischen Webstuhl) führten dazu, dass der Preis für Textilien immer weiter sank. Schließlich konnten mit den Maschinen mehr Produkte schneller angefertigt und somit effizienter hergestellt werden.
Außerdem konnte England so mehr Textilprodukte exportieren, wodurch die Textilproduktion in anderen Ländern abnahm, da die englische Ware durch die effizientere Produktion günstiger war.
Export ist die Lieferung von Gütern an andere Länder und
Import ist die Einführung von Gütern aus anderen Ländern.
In Deutschland wurde der Import von englischen Textilien während der schlesischen Weberaufstände kritisiert. England entwickelte sich mit der Industriellen Revolution also schnell zur Exportmacht.
Zu den Weberaufständen findest Du einen eigene, spannende Erklärung.
Leitsektor der Industrialisierung in England
Aufgrund der technologischen Überlegenheit Englands in der Textilindustrie, entwickelte sich diese Industrie auch schnell zum Leitsektor der Industrialisierung. Die Textilindustrie war also der erste Wirtschaftsbereich, in dem die Industrialisierung aufblühte.
Später wurde die Textilindustrie durch den Eisenbahnbau als Leitsektor abgelöst. Denn der Ausbau des Eisenbahnnetzes ermöglichte den schnellen Transport von Waren, wodurch die Industrialisierung noch weiter beschleunigt wurde.
Freihandel
England nutzte seine wirtschaftliche Situation, um den internationalen Freihandel voranzutreiben. Während vor der Industrialisierung internationaler Handel eher als Bedrohung für den eigenen Markt betrachtet und eine protektionistische Haltung eingenommen wurde, überzeugte Adam Smith die Länder vom Vorteil des Freihandels. Damit gab England 1849 seine Häfen auch für fremde Schiffe frei.
Adam Smith war ein schottischer Ökonom – mehr zu seiner Person und Ideen findest Du in der Erl zum Kapitalismus.
Dadurch hatte England nun Zugriff auf günstigere Rohstoffe aus anderen Ländern, da diese dort in größerem Maß verfügbar waren. Gleichzeitig wurde England zur Exportmacht, da es anfangs ein Monopol, also eine Vormachtstellung, in der Industrieware ausübte.
Handelsverträge sicherten den fairen Wettbewerb zwischen den Industrienationen. Ein Beispiel ist der Cobden-Chevalier-Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich von 1860.
Imperialismus zur Rohstoffversorgung
Ein weiterer Faktor, der Englands Aufschwung in der Industrialisierung begünstigte, war sein Status als Kolonialmacht. Zur Zeit der Industrialisierung war England die größte Imperialmacht der Welt und besetzte viele Kolonien. Die Kolonien wurden ausgebeutet und die Rohstoffe nach England verschifft. Neben exotischen Waren, wie Zucker, die als Luxusgüter konsumiert wurden, wurden auch wertvolle Rohstoffe für die Industrialisierung aus den Kolonien erbeutet.
Ein Beispiel ist Baumwolle. Baumwolle wurde für den Ausbau der Textilindustrie gegen Ende des 18. Jahrhunderts benötigt. Die Baumwolle wurde vor allem aus Nordamerika eingeführt, wo England noch vor der Amerikanischen Unabhängigkeit Kolonien hatte. Das starke Wachstum der Baumwollindustrie zu Beginn der Industriellen Revolution führte dazu, dass der Begriff „King Cotton“ (Baumwollkönig) als Synonym für die starke Baumwollindustrie in England benutzt wurde.
Folgen der Industrialisierung in England
Die Folgen der Industrialisierung in England lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Bevölkerungswachstum = gesteigerte Nachfrage an Lebensmitteln
- Landwirtschaft wurde kommerzialisiert
- Schnelle Produktion führte zu Überschuss = England exportierte mehr Textilien
- England trieb internationalen Handel voran, zum Beispiel durch Handelsverträge mit Frankreich
- Immer mehr Rohstoffe und Luxusgüter aus den Kolonien
- Schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen für Arbeiter
Industrialisierung England – Das Wichtigste
- England hatte günstige politische und wirtschaftliche Voraussetzungen für die Industrialisierung:
- Technologischer Fortschritt
- Bevölkerungswachstum
- Geografische Lage
- Politische Stabilität
- Gute wirtschaftliche Ausgangslage
- Viele wichtige Erfindungen, wie die Spinning Jenny und die Dampfmaschine, wurden in England erfunden.
- Die Industrielle Revolution sicherte Englands Position als Weltmacht.
Nachweise
- globalisierung-fakten.de: Industrialisierung in England. (29.09.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Industrialisierung England
Warum kam es in England zur Industriellen Revolution?
In England bestaden gute Voraussetzungen für die Industrielle Revolution. Dazu gehörten der technologische Fortschritt das Bevölkerungswachstum, die günstige geographische Lage, die politische Stabilität und die stabile wirtschaftliche Ausgangslage.
Wie verlief die Industrialisierung in England?
Die Industrialisierung in England verlief von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die Industrialisierung verlief mit einer Veränderung der Produktionsmechanismen, einem starken Bevölkerungswachstum, der Agrarrevolution und der Festigung Englands Wirtschaft in der Weltwirtschaft.
Wann begann die Industrielle Revolution in England?
Die Industrielle Revolution begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England. Meistens wird die Erfindung der Spinning Jenny im Jahr 1765 als Startdatum genannt.
Was waren die Voraussetzungen für die Industrialisierung in England?
England hatte besonders günstige Voraussetzungen für den Beginn der Industrialisierung. Dazu gehörten der technologische Fortschritt, das starke Bevölkerungswachstum, welches Arbeitskraft bereitstellte, die geographische Lage, da die Insel viele Hafenstädte hatte, die politische Stabilität und die bereits stabile Wirtschaft.
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