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Zweite Industrielle Revolution – Zeitraum
Der Zeitraum der Zweiten Industriellen Revolution liegt zwischen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ab circa 1870, und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bis circa 1930. In dieser Zeit erweiterte sich der technische Fortschritt der Industrialisierung und neue Erfindung vereinfachten den Produktionsprozess. Viele Erfindungen, wie die Elektrizität, veränderten aber auch das Sozialleben.
Wissenschaftler teilen die Zweite Industrielle Revolution oft in eine deutsche Variante und in eine amerikanische Variante ein. Das liegt daran, dass die Zweite Industrielle Revolution in Deutschland und Europa hauptsächlich den Ausbau der Chemie- und Elektroindustrie betraf, während in Nordamerika die Massenproduktion das Hauptmerkmal war. Die Automobilindustrie erlebte in beiden Ländern einen Aufschwung.
Hauptmerkmale – Zweite Industrielle Revolution
Während in der Ersten Industriellen Revolution die Dampfmaschine viele Maschinen antrieb, kam in der Zweiten Industriellen Revolution die Elektrizität dazu. Sie ist eines der Hauptmerkmale der Zweiten Industriellen Revolution. Die Elektrizität benötigte weniger Aufwand als eine Dampfmaschine und erleichterte somit den Antrieb der Maschinen.
Außerdem wurde in der Zweiten Industriellen Revolution das Fabriksystem ausgebaut und die großindustrielle Massenproduktion wurde eingeführt. Dazu trugen die industriellen Organisationsformen des Taylorismus und Fordismus bei.
Taylorismus beschreibt die Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen, die sich auf Arbeitsstudien stützt.
Der Fordismus beschreibt die Arbeitsteilung am Fließband.
Mehr zum Taylorismus und Fordismus erfährst Du weiter unten im Artikel.
Zweite Industrielle Revolution – Erfindungen
Bedeutende Erfindungen der Zweiten Industriellen Revolution erfolgten vorwiegend in den Gebieten der Elektrizität und Automobilindustrie.
Elektrischer Generator und Elektromotor
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde am Generator geforscht. 1866 gelang es dann Werner von Siemens einen Generator mit dem dynamoelektrischen Prinzip zu entwickeln. Mit dem elektrischen Generator konnten elektrische Motoren betrieben werden, die wiederum Maschinen angetrieben haben. Mit der nun verfügbaren Elektrizität konnten auch Haushalte ausgestattet werden. Damit war der Weg frei für weitere Erfindungen, wie den Kühlschrank.
Glühbirne
Der Brite Joseph Swan entwickelte 1860 die erste Glühlampe, die elektrisch funktionierte. Mit der Glühlampe konnte Elektrizität in die Haushalte gebracht werden.
Fließband
1913 erfand der Amerikaner Henry Ford das Fließband. Das Fließband ist ein Band, das einen Gegenstand von A nach B befördert. Eingesetzt in den Fabriken hat das Fließband das Produkt von einem Arbeitsplatz zum nächsten gebracht, sodass das Produkt stufenweise fertiggestellt wurde. Das Fließband beschleunigte so die Produktion in Fabriken, da das Produkt schneller produziert wurde und die Arbeiter sich in einem Arbeitsgang spezialisieren konnten.
Verbrennungsmotor
Der Deutsche Nikolaus Otto erfand 1862 den ersten Verbrennungsmotor. Da seine Erfindung jedoch viel zu groß war, um praktisch angewendet zu werden, entwickelten die Autobauer Gottlieb Daimler und Carl Friedrich Benz den Motor weiter. Der Verbrennungsmotor wandelt chemische Energie in mechanische Arbeit um. Der Verbrennungsmotor fand hauptsächlich Anwendung in der Automobilindustrie, aber auch in Schiffen und später Flugzeugen wurde der Motor eingesetzt. Für die Nutzung des Motors benötigte man Erdöl, weshalb die Erdölindustrie auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Bedeutung gewann.
Telegrafie
Auch die in der Kommunikation wurden Fortschritte erzielt. Das wichtigste Kommunikationsmittel über lange Distanzen war damals die Telegrafie. Bei der Telegrafie werden Nachrichten als Codes übermittelt.
Erste Ergebnisse im Bereich der Telegrafie gab es bereits im 18. Jahrhundert. Die Telegrafie entwickelte sich stetig weiter, sodass 1898 das erste Funktelegramm ausgestellt werden konnte. Das transatlantische Telegrafenkabel von 1866 ermöglichte eine Kommunikation zwischen den Kontinenten. Diese Kommunikation war elementar für die Wirtschaftskontrolle und Aufsicht der Finanzmärkte.
Was man jedoch beachten sollte, ist, dass für die Verlegung von Unterwasserkabeln gummiartiges Material für die Ummantelung genutzt wurde. Dieses Material wurde aus dem Saft der Guttapercha Bäume aus Südostasien gewonnen. Im Zuge der Kolonisierung und Bemühungen die Welt zu vernetzen, wurde der Guttapercha Baum beinahe ausgerottet.
Forschung und Bildung
Neben den vielen neuen Industriesektoren revolutionierte die Zweite Industrielle Revolution auch die Forschung. Nachdem die Erste Industrielle Revolution durch die vielen Erfindungen so erfolgreich gewesen ist, knüpfte man in der Zweiten daran an und systematisierte den Geist der Erfinder.
Unternehmer investierten in ihre betriebseigene Forschung, um so bessere Ergebnisse in der Produktion, aber auch fortschrittlichere Erfindungen zu generieren.
Auch der Patentschutz wurde 1877 in Deutschland eingeführt. 1883 folgte das Patent- und Markenabkommen auf internationaler Ebene, weil sich Großbritannien vor billiger Importware schützen wollte.
Wissenschaftliche Berufe bekamen eine Perspektive, indem sie in das Ausbildungssystem integriert wurden.
Demografischer Wandel – Zweite Industrielle Revolution
Mit der Zweiten Industriellen Revolution setzte sich auch die Verstädterung weiter fort. Die Gründung von Großstädten wurde zum Phänomen ab den 1850er-Jahren. Von 1871 bis 1918 stiegen die Großstädte in Deutschland von zehn auf 50 an. In Berlin verdoppelte sich etwa die Bevölkerung zwischen 1875 und 1910. Die Bevölkerung wuchs auch insgesamt. Es fand ein umfassender demografischer Wandel statt.
Doch mit dem rasanten Bevölkerungswachstum in den Städten brauchte es auch eine Stadtplanung, um die Ordnung der Städte zu gewährleisten. Mit der Stadtplanung wurde die Aufteilung der Stadt in funktionale Bereiche eingeführt. Konsum, Arbeit und Wohnen wurde strikt getrennt. Außerdem wurden alte Strukturen aufgelöst. Breitere Straßen für reibungslosen Verkehr und Blockhäuser für effizienteres Wohnen wurden errichtet. Innenstädte entwickelten sich zu Geschäfts- und Dienstleistungszentren.
Die Stadtplanung verdeutlichte auch die Unterschiede in den Wohnvierteln. Die Viertel waren nach der Wohnqualität und den Mietpreisen aufgeteilt. Arbeiter wurden in die günstigeren Vorstädte ausgewiesen, vermögende Bürger errichteten sich Villen am Stadtrand. Die Aufteilung der Wohnviertel nach sozialem Status und Einkommen wird als “soziale Segregation” bezeichnet.
Mehrstöckige, einheitliche Mietshäuser wurden zum Standard für das Proletariat errichtet. Daraus ergab sich der Name “Mietskaserne” für die neuen Stadtteile der Arbeiter.
Gleichzeitig wurde die Infrastruktur ausgebaut. Straßenbahnen wurden zum Verkehrsmittel in den Großstädten. Die Städte wurden sauberer durch Straßenreinigung, Ausbau der Kanalisation und Klärwerke, sowie die Trinkwasserversorgung über Wasserwerke. Zudem verbreitete sich die Elektrizität zunehmend in den Straßen und Haushalten, allerdings nur langsam.
Eine Veränderung machte sich auch im Lebensstil bemerkbar. Kulturelle Veranstaltung erweckten das Leben in den Städten und Kaufhäuser wurden zum urbanen Treffpunkt des Bürgertums. Hier spricht auch von der “kulturellen Infrastruktur”. Auch Freizeiteinrichtungen zum Sporttreiben entstanden mit der Zeit. Allerdings waren alle Vergnügungsstätten meist streng in soziale Klassen eingeteilt.
Zweite Industrielle Revolution – Soziale Frage
Vielleicht hast Du auch schon von der “sozialen Frage” gehört. Mit der sozialen Frage wurden soziale Missstände zur Zeit der Industrialisierung angesprochen. Dabei bezog sie sich auf die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Industriearbeiter und die Verarmung der unteren Bevölkerungsschichten. Zwar gab es diese sozialen Probleme schon vor der Zweiten Industriellen Revolution, aber vor allem im Kaiserreich wurde die soziale Frage verstärkt in der Politik adressiert.
Eine ausführliche Erklärung zur sozialen Frage findest Du im entsprechenden Artikel!
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Großstädte auch eine Lösung für die verarmten Industriearbeiter boten. Denn bevor die Großstädte sich mit ihrer umfassenden Infrastruktur und dem Wohnungsangebot entwickelten, waren die Lebensbedingungen der Arbeiter deutlich schlechter.
Sozialer Wandel der Zweiten Industriellen Revolution
Die Entwicklung des urbanen Lebensstils veränderte auch das Denken der Menschen. Moderne trat anstelle von Traditionen. Der Fokus wurde auf das Individuum gelegt. Freizeitgestaltung wurde immer wichtiger und materielle Werte gewannen an Bedeutung. Die Kirche, oder das Leben in Großfamilien, hingegen, wurden weniger populär. Allgemein wurde die Gesellschaft auch schnelllebiger, wie die wechselnden Trends in der Mode und Architektur zeigten.
In der ländlichen Bevölkerung und in Kleinstädten stoß dieser moderne Lebensstil allerdings auf Ablehnung. Diese Menschen genossen die Orientierung, die die traditionellen Werte im Leben vermittelte. Somit entstand eine kulturelle Kluft zwischen Großstadt-Moderne und Leben auf dem Land. Diese Kluft wird als “Modernisierungskrise” bezeichnet. Vor allem in instabilen Zeiten, wie dem Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik, traten die Probleme der Modernisierungskrise zutage. Dabei hielten die Menschen am Antimodernismus fest und beschuldigten die Moderne für die Instabilität.
Zweite Industrielle Revolution – Deutschland
Der Beginn der Zweiten Industriellen Revolution wird auf die 1870er-Jahre datiert. Zu dieser Zeit befand sich das neu gegründete Deutsche Kaiserreich in seiner Hochphase der Industrialisierung. Deswegen sprechen viele Historiker auch von einer Überschneidung der Zweiten Industriellen Revolution und der Hochindustrialisierung in Deutschland.
In Deutschland war der Ausbau der Chemieindustrie und Elektrotechnik sehr erfolgreich, weshalb Deutschland in diesen Sektoren bald eine Führungsrolle einnahm. Das Unternehmen von Siemens entwickelte sich schnell zu einem Marktführer in der Elektrotechnik. Auch in der Automobilindustrie nahm Deutschland zunächst eine Vormachtstellung ein durch die Erfinder Otto, Daimler, und Benz.
Zweite Industrielle Revolution – Massenproduktion in Nordamerika
Auch in Nordamerika fand die Zweite Industrielle Revolution Fuß. Zunächst fand die großindustrielle Massenproduktion in Nordamerika statt. Zwei Produktionsformen, der Taylorismus und Fordismus, trugen dazu bei. Nordamerikas Aufschwung in der Zweiten Industriellen Revolution hing auch damit zusammen, dass die USA zunächst nicht direkt am Ersten Weltkrieg beteiligt waren. Deswegen hatten sie zu der Zeit kaum wirtschaftliche Einbußen.
Zweite Industrielle Revolution – Taylorismus
Der Taylorismus wurde von Frederick Taylor Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA erfunden.
Ziel des Taylorismus war es, die Produktion so effizient wie möglich zu machen. Dafür sollte der schnellste Arbeitsablauf ermittelt werden. Alle Bewegungen, die unnötig sind oder den Arbeitsablauf verzögern, sollten abgeschafft werden. Der Taylorismus wurde allerdings für seine Strenge kritisiert.
Zweite Industrielle Revolution – Fordismus
Dabei hatte ein Arbeiter immer die gleiche monofunktionale Aufgabe, um eine Massenproduktion von Gütern zu ermöglichen. Gleichzeitig wollte Henry Ford aber auch den Absatzmarkt stärken und hat seinen Arbeitern für die hohe Disziplin, die sie ausübten, ein relativ hohes Gehalt gezahlt. Somit ergab sich eine Wechselwirkung aus Produktion und Konsumtion.
Zweite Industrielle Revolution – Zusammenfassung
- Zweite Industrielle Revolution – Zeitraum: Die Zweite Industrielle Revolution ereignete sich zwischen 1870 und 1930.
- Hauptmerkmale – Zweite Industrielle Revolution: Die Bereiche der chemischen Industrie und Elektrotechnik gewannen an Bedeutung. In Amerika entwickelte sich die Massenproduktion am Fließband.
- Zweite Industrielle Revolution – Erfindungen: Zu den Erfindungen der Zweiten Industriellen Revolution gehörten u. a. der elektrische Generator und Elektromotor, die Glühbirne, das Fließband, der Verbrennungsmotor und die Telegrafie.
- Demografischer Wandel – Zweite Industrielle Revolution: Die Gründung von Großstädten wurde zum Phänomen ab den 1850er-Jahren. Von 1871 bis 1918 stiegen die Großstädte in Deutschland von zehn auf 50 an. In Berlin verdoppelte sich etwa die Bevölkerung zwischen 1875 und 1910.
- Zweite Industrielle Revolution – Soziale Frage: Mit der sozialen Frage wurden soziale Missstände zur Zeit der Industrialisierung angesprochen. Dabei bezog sie sich auf die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Industriearbeiter und die Verarmung der unteren Bevölkerungsschichten.
- Zweite Industrielle Revolution – Deutschland: Deutschland war Treiber der Zweiten Industriellen Revolution.
Nachweise
- globalisierung-fakten.de: Zweite Industrielle Revolution. (29.09.2022)
- Abb. 1: Benz Motorwagen 1 (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/Benz_Motorwagen_1.JPG) by Maxl (https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Maxl) licensed under CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en).
- Abb. 2: Licensed under public domain (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/90/First_electric_tram-_Siemens_1881_in_Lichterfelde.jpg).
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Zweite Industrielle Revolution
Wann war die zweite industrielle Revolution?
In Deutschland setzte die Zweite Industrielle Revolution mit der Gründung des Kaiserreichs an, also in den 1870-er und 1880-er Jahren an.
Wie viele industrielle Revolutionen gab es?
Man teilt die Industrialisierung meistens in vier Phasen, bzw. industrielle Revolutionen ein. Die erste industrielle Revolution war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Zweite industrielle Revolution begann etwa in den 1870-er Jahren. Von der dritten industriellen Revolution spricht man ab den 1970-er Jahren als die ersten Computer erfunden wurde und eine weitere Automatisierung stattfand. Die vierte industrielle Revolution begann um 2000 und dauert bis heute an. Ausschlaggebend für die vierte industrielle Revolution ist die Digitalisierung im Informationssektor.
Was versteht man unter der zweiten Phase der Industrialisierung?
Die zweite Phase der Industrialisierung, in Deutschland auch Hochindustrialisierung oder zweite industrielle Revolution genannt, begann 1870. Sie kennzeichnete eine weitere Industrialisierung der Wirtschaft durch verbesserte Produktionsweisen. Neue Industriezweige, wie die chemische Industrie und die Elektrotechnik, wurden ausgebaut. Aber auch die Automobilindustrie, so wie ein größerer Fokus auf Forschung und Bildung standen im Fokus.
Was bedeutet Hochindustrialisierung?
Den Begriff Hochindustrialisierung wendet man meistens für die Zweite industrielle Revolution zu Beginn der deutschen Kaiserzeit an. Dabei beschreibt Hochindustrialisierung Phase die besonders von der Industrialisierung geprägt ist. So wurden zur Zeit der Hochindustrialisierung große Industriezweige in Deutschland entwickelt.
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