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Willy Brandt – Lebenslauf
Willy Brandt wurde am 18. November 1913 unter dem Namen Herbert Ernst Karl Frahm geboren.
Erste Berührungspunkte mit der Politik hatte er durch seinen Großvater, der SPD-Mitglied war. In seiner Jugend engagierte er sich ab 1929 in der Sozialistischen Arbeiterjugend seiner Heimatstadt Lübeck. 1930 wurde er dann über den Reichstagsabgeordneten Julius Leber in die SPD aufgenommen.
Als sich die Tochterpartei SAPD (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) gründete, wechselte er die Partei und wurde Vorsitzender ihres Jugendverbands.
Um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen, begab er sich über Dänemark 1933 ins Exil nach Norwegen. Dort nahm er seinen neuen Namen Willy Brandt an. In Oslo studierte er Geschichte und betätigte sich nebenbei in journalistischer Exilarbeit für die SAPD.
1936 reiste er unter dem Decknamen Gunnar Gaasland nach Berlin, um SAPD Genossen im Untergrund zu koordinieren. Während des spanischen Bürgerkriegs verweilte Brandt als Berichterstatter in Barcelona. Dort unterstütze er außerdem die linkssozialistische Partei POUM in ihrem Kampf gegen die Falange unter Franco.
Die Partido Obrero de Unificación Marxista, oder kurz POUM war eine marxistische revolutionäre Partei Spaniens bis 1939. Im Kampf gegen die putschende Militärdiktatur unter Francisco Franco stand die Partei im Zentrum der oppositionellen, kommunistischen Gruppen.
Nachdem er am 5. September 1938 durch die deutsche Reichsregierung ausgebürgert wurde, da er als mögliche Gefahr für den Staat gesehen wurde, war Brandt staatenlos und versuchte die norwegische Staatsbürgerschaft zu erlangen. 1940 geriet er aber infolge der deutschen Besatzung Norwegens in deutsche Kriegsgefangenschaft, wurde jedoch nicht als Deutscher erkannt. Da er sich als norwegischer Soldat getarnt hatte, konnte er schnell nach Schweden fliehen, wo er seine journalistische Tätigkeit wiederaufnahm.
1941 heiratete er die Norwegerin Carlota Thorkildsen, gemeinsam wurden sie Eltern einer Tochter.
Während seiner Zeit in Schweden stand Brandt in Kontakt mit führenden Vertretern der Sozialdemokratie und trat 1942 wieder der SPD bei und war als Mitglied der Landesgruppe deutscher Sozialdemokraten in Schweden tätig.
Am 1. Juli 1948 erhielt er seine deutsche Staatsbürgerschaft zurück und konnte somit langfristig in Berlin für die SPD agieren. Nach seiner Scheidung von Carlota Thorkildsen, heiratete er 1948 außerdem Rut Hansen, mit dieser er vier weitere Kinder bekam. Bis 1974 war Brandt intensiv mit seiner politischen Arbeit beschäftigt und wurde 1969 sogar zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler engagierte sich Brandt hauptsächlich für die SI, die Sozialistische Internationale, und als Mitglied des Europäischen Parlaments. Bis zu seinem Tod wurde Brandt für seine politischen Verdienste etwa mit dem Dritte-Welt-Preis oder dem Albert-Einstein Friedenspreis ausgezeichnet und agierte als Berater in politischen Konfliktsituationen und Friedensfragen. So unterstützte er von 1978 bis 1979 unter anderem die Bemühungen um eine Lösung des Nahostkonflikts.
Am 8. Oktober 1992 erlag Willy Brandt den Folgen einer Darmkrebserkrankung und starb in der Stadt Unkel.
Willy Brandt – Politik
Im Januar 1948 wurde Brandt Beauftragter des SPD-Parteivorstands in Berlin, wobei er unter anderem die Verbindung des Vorstands zu den alliierten Behörden aufrechtzuerhalten hatte. Die intensive Zusammenarbeit zwischen seinem Büro in Wilmersdorf und dem Ostbüro wies auf die späteren Bestrebungen seiner Ostpolitik hin.
1950 wurde er in das Abgeordnetenhaus von Berlin gewählt, welches ihn sowohl in den ersten als auch zweiten Deutschen Bundestag entsandte. 1955 wurde er zudem Präsident des Abgeordnetenhauses, das ihn zwei Jahre später zum regierenden Bürgermeisters Berlin wählte.
Das Abgeordnetenhaus Berlin umfasst die Volksvertretung und das Landesparlament von Berlin.
Willy Brandt – Ostpolitik
Während seiner Zeit als Bürgermeister wurde er am 17. August 1962 Zeuge des Mordes an Peter Fechter. Bei seinem Versuch über die Mauer von Osten nach Westen zu flüchten, wurde dieser von einem Grenzwächter der DDR erschossen. Diese Erfahrung veranlasste Brandt, eine neue Ostpolitik zu entwickeln. Zentral war das Konzept „Wandel durch Annäherung“.
Als er am 21. Oktober 1969 zum vierten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt wurde, bekam Brandt die Möglichkeit, dieses Konzept auf internationaler Ebene umzusetzen.
Der erste Schritt seiner neuen Ostpolitik sollte der Moskauer Vertrag sein.
Der Moskauer Vertrag
Im Zuge des Wettrüstens des Kalten Krieges hatte die Sowjetunion Ende der 60er-Jahre atomare Fähigkeit erlangt. Daraufhin nahm die Bundesrepublik unter Brandt 1969 erste Gespräche mit Moskau auf, um den Machtkampf zwischen der USA und Sowjetunion zu entschärfen.
Die Sowjetunion interessierte sich für einen Vertrag mit der Bundesrepublik, da sie ihren Status quo in Europa sichern und dem Wunsch ihrer Bevölkerung nachkommen wollte, sich in Richtung Westen zu öffnen. Zudem wurde auf die Unterstützung der Bundesrepublik gehofft, große Öl- und Gasfelder in Westsibirien zu erschließen.
Am 12. August 1970 wurde dann der Moskauer Vertrag beschlossen. Einerseits wurde die territoriale Integrität von Polen und der DDR anerkannt. Andererseits wurden die im Potsdamer Abkommen festgelegten Grenzen zwischen der DDR und Polen sowie der BRD durch einen festgelegten Gewaltverzicht fixiert. Eine Grenzänderung wäre also nur unter Gewaltanwendung vertragswidrig gewesen. Brandt ließ der BRD auf diese Weise das friedliche Erreichen der deutschen Einheit offen.
Der Warschauer Vertrag
Für Brandt war die Aussöhnung mit Polen der moralische Kern seiner Ostpolitik. Ihm waren die Wunden, die das Deutsche Reich Polen des Zweiten Weltkrieges hinterlassen hatte, sehr bewusst. Mit dem Warschauer Vertrag sollte ein neues deutsch-polnisches Verhältnis geschaffen werden.
Im Warschauer Vertrag legte die Bundesrepublik am 07. Dezember 1970 einen Gewaltverzicht fest und sprach Polen die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Grenze fest zu. In der Bundesrepublik sorgte diese endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze für heftige Kritik. Denn einst aus Schlesien, Posen und Ostpreußen vertriebene Menschen, würden ihre Heimat damit nicht wieder sehen. Brandt erwiderte diesen Vorwürfen, dass der Verlust dieser Gebiete vielmehr Hitler geschuldet gewesen sei, als dem Warschauer Vertrag.
Willy Brandt – Kniefall von Warschau
In Warschau selbst besuchte Brandt am 7. Dezember 1970 nach der Unterzeichnung des Vertrages das Mahnmal für den jüdischen Getto-Aufstand 1943. Dort legte er im Rahmen von Feierlichkeiten einen Kranz nieder und kniete sich daraufhin vor dem Mahnmal nieder. Mit dieser Geste wollte Brandt sowohl seine Betroffenheit symbolisieren, als auch stellvertretend für sein Land um Vergebung bitten. Ein Foto des Kniefalls ging um die Welt und wurde schnell das Symbol der Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland.
Am 19. April 1943 begannen Juden und Jüdinnen, die von der deutschen Besatzung im Warschauer Getto festgehalten wurden, Widerstand zu leisten. Wochenlang lieferten sie sich einen erbitterten Kampf mit den deutschen Truppen, um ihre Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager zu verhindern. Jedoch waren die Aufständischen unterbewaffnet und der Widerstand wurde durch die deutschen Truppen niedergeschlagen.
Grundlagenvertrag
Mit dem Grundlagenvertrag, so Brandt, sollte das Eis für das zukünftige deutsch-deutsche Verhältnis gebrochen werden. Er hielt das Ziel der Wiedervereinigung nur durch das Anerkennen der Realität erreichbar.
Im Wesentlichen sollte eine Grundlage für die Beziehung zwischen den beiden Staaten geschaffen werden. Neben Unabhängigkeit und Selbstständigkeit wurde außerdem eine Unverletzlichkeit der Grenzen festgelegt. Des Weiteren sollten sich die nachbarlichen Beziehungen nach der Charta der Vereinten Nationen richten. Zuletzt wurde der Konsens beschlossen, sowohl den Frieden in Europa, als auch die internationale Abrüstung zu fördern.
Die UN Charta beschreibt den Gründungsvertrag der Vereinten Nationen. Grundsätzlich wurden die Sicherung des Friedens und die Würdigung der Menschen- und Völkerrechte als Ziele gesetzt. Zudem sollten Bedingungen geschaffen werden, durch welche sich Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen durch Verträge bewusst sein würden.
Im Anschluss an den Vertrag wurde vonseiten der Bundesrepublik der „Brief zur Deutschen Einheit“ an die DDR überreicht. Indem einerseits der Grundlagenvertrag beschlossen und andererseits das Ziel der Wiedervereinigung klar geäußert wurde, wurde die Auffassung Brandts von „zwei Staaten, einer Nation“ wiedergegeben.
Für eine ausführliche Erklärung und weitere Informationen zum Grundlagenvertrag kannst Du die Erklärung dazu lesen.
Willy Brandt – Friedensnobelpreis
Für das Streben Brandts nach einem Wandel durch Annäherung wurde ihm am 20. Oktober 1971 der Friedensnobelpreis verliehen. Besonders aufgrund der Aussöhnung mit Polen und den unterzeichneten Gewaltverzichtsabkommen hatte Brandt sich als großer Verfechter des internationalen Friedens bewiesen. Als der Bundestagspräsident die Entscheidung des Friedensnobelpreiskomitees dem Bundestag mitteilte, erhoben sich die Abgeordneten der regierenden Koalition der SPD und FDP, um dem Bundeskanzler zu applaudieren. Nur Wenige der CDU stimmten mit ein.
Rücktritt Willy Brandt – Guillaume Affäre
Am 6. Mai 1974 trat Willy Brandt als Bundeskanzler zurück. Grund seien die „Fahrlässigkeiten im Zusammenhang mit der Agentenaffäre Guillaume“ gewesen, wie Willy Brandt es in einem Brief an den Bundespräsidenten Walter Scheel formulierte.
Hinter diesen Fahrlässigkeiten steckten tatsächlich 18 Jahre Spionagearbeit des Kanzlerreferenten Günter Guillaume. Als Geflüchteter getarnt, kamen das SED-Mitglied Guillaume und seine Frau schon 1956 nach Westdeutschland. Im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) der DDR trat er in Frankfurt am Main der SPD bei.
Nach Brandts Wahlsieg 1969 wurde Guillaume dem Personalchef des Kanzleramts empfohlen und 1972 zum Referenten an Brandts Seite ernannt. Mit dieser Position hatte er die Möglichkeit, an wichtigen Kanzlerterminen teilzunehmen und auch Einsicht in das Privatleben Brandts und dessen Umfeld zu bekommen.
Beispielsweise begleitete Guillaume die Familie Brandt im Sommer 1973 bei einem Urlaub in Norwegen.
Währenddessen gehörte es zu seinen Aufgaben, Dokumente über eine Fernschreibzentrale zu empfangen und dem Kanzler zu überbringen. Guillaume gelangte so an eine der wichtigsten Unterlagen seiner Spionagezeit: Ein Brief des US-Präsidenten Richard Nixon an Willy Brandt, der die Ostpolitik des Bundeskanzlers thematisierte.
Nachdem Guillaume durch einen Zufall unter Verdacht des Verfassungsschutzes geraten war, wurde der Kanzler direkt von den Ermittlungen informiert. Jedoch reichte die Beweislage nicht aus und Brandt sollte als Lockvogel dienen. Damit der Kanzler jedoch nicht in selbst in das Visier des Verfassungsschutzes geriet, wurde Guillaume lediglich nach Dienstschluss beobachtet – das Verfahren zog sich von Mai 1973 bis März 1974, am 24. April 1974 wurde er schließlich verhaftet.
Tatsächlich hat Guillaume die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes, durch Geburtstagswünsche der Stasi auf sich gezogen. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR hatte jahrelang am 1. Februar eine verschlüsselte Nachricht an Guillaume gesendet. Nicht ahnend, dass der westdeutsche Geheimdienst diese bereits als Geburtstagsgrüße für den engen Vertrauten des Kanzlers entschlüsselt hatte. Nachdem Guillaumes Name mehrfach in Zusammenhang mit verhafteten DDR-Spionen gebracht wurde, wurde seine Akte wiederholt geprüft. Es war schlussendlich sein Geburtsdatum, dass ihn verriet – der 1. Februar 1927.
Nach der Verhaftung des Agenten versuchten die Oppositionsparteien, die Ostverträge mit der Spionage Guillaumes in Verbindung zu bringen. Aber nicht nur seine politischen Erfolge, auch Brandts Privatleben wurden durch den Spionagefall gefährdet. Medien fingen an, über scheinbar enthüllte Affären und Drogenkonsum des Kanzlers zu berichten.
Der Verfassungsschutzpräsident Günther Nollau und auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner rieten Brandt zum Rücktritt. Lediglich die FDP ging davon aus, die Situation unter Kontrolle bringen zu können. Am Abend des 6. Mai 1974 gab Brandt seinen Rücktritt als Bundeskanzler bekannt und übernahm dabei außerdem Verantwortung für die Guillaume Affäre.
Willy Brandt – Das Wichtigste
- Willy Brandt war ein SPD-Politiker und von 1969 bis 1974 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
- Sein politischer Fokus lag auf dem „Wandel durch Annäherung“ zwischen dem Ostblock und den westlichen Ländern.
- Für seine Verdienste wurde er mit einem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
- Er trat infolge der Guillaume Affäre als Bundeskanzler zurück.
Nachweise
- willy-brandt.de: Biografie Willy Brandt 1913–1992. Deutscher, Europäer, Weltbürger (27.08.2022)
- hdg.de: LeMO Biografie Willy Brandt. (27.08.2022)
- ndr.de: DDR-Spion Günter Guillaume bringt Willy Brandt zu Fall. (27.08.2022)
- Abbildung 1: Amtsantritt von Bundeskanzler Willy Brandt 1969 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F030285-0013,_Bonn,_Amtsantritt_Bundeskanzler_Willy_Brandt.jpg) by Bundesarchiv, B 145 Bild-F030285-0013 / Wegmann, Ludwig licensed by CC-BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)
- Abbildung 2: Kniefall von Warschau (https://www.flickr.com/photos/136879256@N02/23820503889) Public Domain
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Willy Brandt
Wer war Willy Brandt?
Willy Brandt war ein SPD-Politiker und Bundeskanzler der BRD.
Was bedeutete der Kniefall von Willy Brandt?
Der Kniefall in Warschau wurde ein Symbol der Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen.
Wie lange dauerte die Amtszeit von Willy Brandt?
Willy Brandt war von 1969 bis 1974 Bundeskanzler der BRD.
Wann ist Willy Brandt gestorben?
Willy Brandt starb am 08. Oktober 1992.
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