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Die Nürnberger Prozesse umfassten eine Mehrzahl an Prozessen gegen die Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs. Zum einen wurde vom 20. November 1945 bis zum 01. Oktober 1946 ein Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher geführt – dieser fand in Nürnberg vor einem internationalen Militärgerichtshof statt. Zum anderen mussten sich Industrielle, Juristen, Ärzte etc. in zwölf Folgeprozessen bis 1949 vor einem US-Militärgericht verantworten.
Der internationale Militärgerichtshof war Vorläufer der sogenannten Ad-hoc Strafgerichtshöfe, also ein eingerichteter Staatsgerichtshof, um Kernverbrechen nach Verletzung von Menschen- und Völkerrecht aufzuklären.
Historischer Kontext der Nürnberger Prozesse
Schon während des Zweiten Weltkriegs gehörte es zu den Hauptzielen der Alliierten, die Verantwortlichen der NS-Verbrechen zu bestrafen. Zunächst einigten sich 1942 England, die USA und die Sowjetunion darüber, Kriegsverbrecher in den Staaten zu verurteilen, in denen sie den größten Schaden angerichtet hatten. Sogenannte Hauptverbrecher, deren Handlungen nicht auf einen Ort konzentriert geblieben sind, sollten von den Alliierten gemeinsam verurteilt werden.
Ab 1943 wurde von der United Nation War Crimes Comission angefangen, Beweismaterial für spätere Prozesse zu sammeln. Zudem sollten Konzepte für das juristische Vorgehen erarbeitet werden. Die Kommission konnte jedoch zu keinem Ergebnis kommen, da Winston Churchill und Franklin Roosevelt, als Oberhäupter des Vereinigten Königreichs, beziehungsweise den Vereinigten Staaten, der Kommission wenig Beachtung schenkten. Lediglich die Sowjetunion sprach sich klar für die juristische Aufarbeitung aus. Nach der Schlacht um Stalingrad und dem Barbarossa Feldzug, galt die Sowjetunion als Hauptopfer des Deutschen Reiches.
Der Barbarossa Feldzug beschreibt einen Angriffskrieg des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion, der den sowjetisch-deutschen Krieg während des Zweiten Weltkriegs eröffnete.
Am 12. September 1944 stimmten das Vereinigte Königreich und die USA einer kollektiven Erschießung der Hauptkriegsverbrecher zu, jedoch hielt Henry Stinson, Außenminister der USA, aus völkerrechtlichen Gründen dagegen und die Idee wurde verworfen. Man einigte sich auf Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher.
Harry Truman, als neuer Präsident der Vereinigten Staaten, setzte sich schnell für eine Zusammenarbeit der Alliierten ein, um die Pläne für diese Prozesse zu konkretisieren. Bei der Konferenz von San Francisco vom 25. April 1945 bis zum 26. Juni 1945 wurde der Entschluss gefasst, die Hauptkriegsverbrecher vor ein internationales Militärgericht der vier Siegermächte zu stellen.
Die Konferenz von San Francisco diente der Organisation der Aufrechterhaltung von internationalem Frieden. Zentral für die Konferenz war die Ausarbeitung des Gründungsvertrages der Vereinten Nationen.
Nürnberger Prozesse – Akteure
In den Prozessen standen sich die vier Siegermächte als Kläger und die Hauptkriegsverbrecher des Deutschen Reiches als Angeklagte gegenüber. Die Siegermächte wurden jeweils von einzelnen juristischen und politischen Persönlichkeiten vertreten, welche die Anklageschriften unterschrieben.
- Robert H. Jackson vertrat die USA.
- Roman Rudenko vertrat die Sowjetunion.
- Sir Hartley Shawcross vertrat das Vereinigte Königreich.
- François de Menthon und Auguste Champetier de Ribes vertraten Frankreich.
Mit einer Anklageschrift wird von der Staatsanwaltschaft eine Gerichtsverhandlung beantragt. Es wird die Klage eingereicht.
Nürnberger Prozesse – Angeklagte
Dadurch, dass unmittelbar nach Kriegsende, sowohl Adolf Hitler, als auch Joseph Goebbels und Heinrich Himmler Selbstmord begangen hatten, standen die Alliierten zunächst vor dem Problem, welche Personen anzuklagen waren. Es musste beschlossen werden, wie groß der Kreis der Angeklagten sein sollte und wer überhaupt verfügbar wäre. Denn viele der nationalsozialistischen Funktionäre befanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft.
Außerdem musste im Einzelnen ermittelt werden, inwiefern die Personen repräsentativ für die Hauptkriegsverbrechen waren. Am Ende wurde eine Liste von 24 Funktionären erstellt, aufgrund von Schwierigkeiten bei der Verhaftung konnten jedoch nur 21 angeklagt werden.
Name | Funktion | Urteil |
Martin Bormann | Leiter der Parteikanzlei | Hinrichtung, Hängen |
Karl Dönitz | Befehlshaber der U-Boote, Kriegsmarine | 10 Jahre Haft |
Hans Frank | Generalgouverneur in Polen | Hinrichtung, Hängen |
Wilhelm Frick | Reichsminister im Inneren | Hinrichtung, Hängen |
Hans Fritzsche | Reichspropagandaministerium | Freispruch |
Walther Funk | Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident | lebenslange Haft |
Hermann Göring | Reichsluftfahrminister | Hinrichtung, Hängen |
Rudolf Heß | Stellvertreter Hitlers | lebenslange Haft |
Alfred Jodl | Vorsitzender Wehrmachtführungsstab | Hinrichtung, Hängen |
Ernst Kaltenbrunner | Vorsitzender Sicherheitspolizei und Reichssicherheitshauptamt | Hinrichtung, Hängen |
Wilhelm Keitel | Oberbefehlshaber der Wehrmacht | Hinrichtung, Hängen |
Konstantin von Neurath | Reichsprotektor in Böhmen und Mähren | 15 Jahre Haft |
Franz von Papen | Vizekanzler | Freispruch |
Erich Raeder | Oberbefehlshaber der Kriegsmarine | lebenslange Haft |
Joachim von Ribbentrop | Reichsaußenminister | Hinrichtung, Hängen |
Alfred Rosenberg | Reichsminister östlicher Gebiete | Hinrichtung, Hängen |
Fritz Sauckel | General für Arbeitseinsatz | Hinrichtung, Hängen |
Hjalmar Schacht | Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident | Freispruch |
Baldur von Schirach | Reichsjugendführer | 20 Jahre Haft |
Arthur Seys-Inquart | Beauftragter der Reichszentrale, Verwaltung in Österreich, Niederlande | Hinrichtung, Hängen |
Albert Speer | Rüstungsminister | 20 Jahre Haft |
Julius Streicher | Herausgeber antisemitische Wochenzeitung "Der Stürmer" | Hinrichtung, Hängen |
Die Funktionäre wurden in den folgenden vier Anklagepunkten angeklagt:
- Verschwörung
- Verbrechen gegen den Frieden
- Kriegsverbrechen
- Verbrechen gegen die Menschenrechte, Völkerrechte
Nürnberger Prozesse – Verhandlung
Insgesamt richteten sich die Prozesse nach dem Modell des amerikanischen Strafprozesses. Damit wurden zunächst die einzelnen Anklagen verlesen und die Angeklagten jeweils aufgerufen, um sich schuldig oder unschuldig zu bekennen. Jeder, der Angeklagten sagte, er sei unschuldig. Danach wurde ein Kreuzverhör durchgeführt, wobei die Person im Zeugenstand allein durch die Staatsanwaltschaft oder den Strafverteidiger befragt wurde. Dabei konnten auch die Angeklagten selbst in den Zeugenstand treten.
Bis zum Ende der Prozesse wurden bis zu 240 Zeugen und Zeuginnen angehört und 300.000 eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Die Beweisdokumente und -unterlagen wurden jeweils in Englisch, Französisch, Russisch und Deutsch übersetzt. Auch die im Gerichtssaal getätigten Aussagen wurden in diese Sprachen gedolmetscht.
Mit einer eidesstattlichen Versicherung beteuern in den Zeugenstand gerufene Zeugen und Zeuginnen, dass ihre Aussagen der Wahrheit entsprechen.
Unter den Zeugen befanden sich einerseits verschiedene Funktionäre der NSDAP und der deutschen Wehrmacht, welche die Taten der Angeklagten unmittelbar bezeugen konnten. Auch Überlebende der Konzentrationslager oder Kriegsgebieten konnten eine solche Art von Zeugnis ablegen. Andererseits wurden auch Politiker und Experten aus dem Ausland befragt, die ihr Gutachten über die europaweite Nazifizierung und Verfolgung ablegten.
Die Verteidigung wurde sowohl von den Angeklagten selbst gewählt, als auch von dem internationalen Militärgerichtshof gestellt. Ein erster Schritt der Verteidigung war es, den Prozess und dessen rechtliche Grundlage an sich infrage zu stellen.
Es wurde hauptsächlich damit argumentiert, dass das „Entfesseln des ungerechten Krieges“, nur gegen das internationale Strafrecht verstößt, das erst nach dem Krieg formuliert worden war. Als die Tat also begangen wurde, war sie noch nicht strafbar. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch schnell ab, denn schon 1928 wurde beschlossen, dass der Krieg als politisches Werkzeug vermieden werden soll und bei Konflikten ausschließlich friedlich vorgegangen werden soll.
Am 27. August 1928 wurde in Paris der Briand-Kellog-Pakt beschlossen. Dabei haben sich 15 Staaten, unter anderem auch Deutschland, dazu verpflichtet, den Krieg als politisches Werkzeug zu ächten, um den Frieden nach dem Ersten Weltkrieg zu sichern.
Insgesamt wurden in dem Prozess 33 Zeugen und Zeuginnen durch die Kläger und 61 Zeugen und Zeuginnen durch die Verteidiger in den Zeugenstand gerufen.
Nürnberger Prozesse – Urteile
Nach knapp einem Jahr der Verhandlungen wurden am 30. September 1946 und 1. Oktober 1946 die Urteile der Richter ausgesprochen. Zwölf der Angeklagten, darunter Hermann Göring, wurden zum Tode, sieben zu einer langen, bis lebenslangen Haftstrafe verurteilt und der Rest der Angeklagten wurde freigesprochen.
Alle bis auf zwei der Verurteilten stellten ein Gnadengesuch, also eine Bitte an das Gericht, die Strafe zu mildern, oder aufzuheben. Keines der Gesuche wurde erhört.
Die Todesurteile wurden allesamt in der Sporthalle des Zellengefängnisses in Nürnberg vollstreckt, in dem die Verurteilten untergebracht waren. Nur bei Martin Bormann, dem ehemaligen Leiter der Partei-Kanzlei der NSDAP, wurde das Todesurteil isoliert vollzogen. Hermann Göring hatte sich kurz zuvor selbst das Leben genommen.
Die 12 Nachfolgeprozesse
Zunächst war ein zweiter Prozess vor dem internationalen Gerichtshof geplant, jedoch fand dieser aufgrund fehlender Ressourcen nicht statt. Lediglich wurden bis 1949 zwölf Nachfolgeprozesse auf dem amerikanischen Besatzungsgebiet abgehalten.
In der Anklage standen dabei Mitverantwortliche an verschiedensten Kriegsverbrechen, darunter vorwiegend deutsche Ärzte, Juristen, Polizeiführer der Sturmstaffel, Industrielle, Militär, Minister und Diplomaten. Von den 185 Angeklagten wurden 177 verurteilt, wobei 142 Haftstrafen und Todesurteile ausgesprochen worden sind.
Nürnberger Prozesse – Kritik
Die Nürnberger Prozesse wurden in der Öffentlichkeit sowohl seitens der Angeklagten, als auch seitens der Kläger kritisiert. Strafverteidiger der Angeklagten deklarierten die Prozesse als Siegerjustiz, um ihnen die Rechtmäßigkeit abzusprechen. Denn da die Richter und Juristen der Klägerseite aus den Reihen der Siegermächte ernannt worden sind, würden sie ihre Position ausnutzen, um die Angeklagten ungerecht zu verurteilen.
Seitens der Kläger wurde die Anzahl der Angeklagten kritisiert. Angesichts der Ausmaße der nationalsozialistischen Institutionen und Organisation seien zu wenige der Kriegsverbrecher zur Rechenschaft gezogen worden.
Außerdem wurde kritisiert, dass das Gericht lediglich eine Verletzung des Menschen- und Völkerrechts bestrafte, wenn diese in Verbindung mit einem Kriegsverbrechen stand. So wurden vor allem viele der Verbrechen gegen Juden und Jüdinnen, die vor dem Krieg stattfanden, missachtet.
Auch die Flächenbombardements des deutschen Angriffskriegs wurden aus dem Klageinhalt der Nürnberger Prozesse ausgeschlossen. Grund dafür war die Beteiligung von den Alliierten an Flächenbombardements, die Siegermächte wollten den Strafverteidiger in den Prozessen keinen Raum bieten, um ein Urteil aufgrund dessen anzufechten.
Nachklang der Nürnberger Prozesse
Da von den Prozessen öffentlich Bericht erstattet wurde, verbreitete sich nach Abschluss der Prozesse eine Art Schluss-Strich Mentalität unter den deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Indem es Ihnen ermöglicht wurde, Teilnahme an den Prozessen zu haben, wurde das Gefühlt vermittelt, dass mit dem Urteil eine kollektive Aufarbeitung der Verbrechen stattgefunden hat. Tatsächlich ist diese Reaktion nur ein Teil der Verdrängung der Verbrechen des eigenen Landes, die zu Teilen bis heute anhält.
Wenn Du näheres zum allgemeinen Umgang mit den Spuren des "Dritten Reiches" erfahren willst, kannst Du Dir den Artikel Entnazifizierung anschauen.
Nürnberger Prozesse – Das Wichtigste
- Die Nürnberger Prozesse fanden zwischen dem 20. November 1945 und 01. Oktober 1946 statt.
- Mit ihnen wurden die Hauptkriegsverbrecher unter NS-Funktionären ermittelt und verurteilt.
- Der internationale Militärgerichtshof ging aus den Reihen der alliierten Staaten hervor.
- Fast alle der Angeklagten wurden verurteilt, die Hälfte der Angeklagten wurde zum Tode verurteilt.
- Bis 1950 fanden Nachfolgeprozesse statt, um in die Verbrechen verwickelte Unternehmer zu verurteilen.
Nachweise
- hdg.de: LeMO Kapitel: Nürnberger Prozesse. (29.08.2022)
- lpb-bw.de: Die Nürnberger Prozesse im Überblick | LpB BW. (29.08.2022)
- Abb. 1: Bundesarchiv Bild 183-H27798, Nürnberger Prozess, Verhandlungssaal (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/67/Bundesarchiv_Bild_183-H27798%2C_N%C3%BCrnberger_Prozess%2C_Verhandlungssaal.jpg) by Deutsches Bundesarchiv, Unbekannt (https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Finden/Bilder/bilder.html) licensed under CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en).
- Abb. 2: Bundesarchiv Bild 183-V01057-3, Nürnberger Prozess, Angeklagte (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Bundesarchiv_Bild_183-V01057-3%2C_Nürnberger_Prozess%2C_Angeklagte.jpg) by Deutsches Bundesarchiv, Unbekannt (https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Finden/Bilder/bilder.html) licensed under CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en).
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Nürnberger Prozesse
Was versteht man unter Nürnberger Prozesse?
Die Nürnberger Prozesse waren Teil des alliierten Bestrafungsprogrammes gegen führende Akteure des Nazi-Regimes. Daher boten die Prozesse die Möglichkeit die Kriegsverbrechen der Nazis aufzuklären.
Wer wurde im Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt?
Insgesamt wurden 24 Männer bei den Nürnberger Prozessen angeklagt, von denen 12 zum Tode verurteilt wurden. Diese Angeklagten wurden zum Tode verurteilt: Martin Bormann, Hans Frank, Wilhelm Frick, Hermann Göring, Alfred Jodl, Ernst Kaltenbrunner, Wilhelm Keitel, Joachim von Ribbentrop, Alfred Rosenberg, Fritz Sauckel, Arthur Seyß-Inquart, Julius Streicher.
Wann waren die Nürnberger Prozesse?
Die Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher fanden vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 statt. Nachfolgeprozesse dauerten bis zum 14. April 1949 an.
Warum wurden die Nürnberger Prozesse kritisiert?
Die Nürnberger Prozesse wurden insofern kritisiert, als dass keine Trennung von Verfasser der Prozessordnung und Richter stattfand.
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