In dieser Erklärung wird der Begriff "Volk" meist in Anführungszeichen aufgeführt. Das liegt daran, dass die Bezeichnung "Volk" im Nationalsozialismus besonders ausschlaggebend bei der Diskriminierung verschiedener Menschengruppen und Minderheiten war sowie generell eine rassistische Bedeutung mit sich trug. Somit ist das Wort "Volk" in diesem Kontext Teil des Nazi-Jargons und wird daher nur in Anführungszeichen verwendet.
Volk und Nation im Nationalsozialismus Definition
Im Folgenden findest du eine allgemeine Begriffserklärung zu "Volk" und "Nation" :
Als Volk wird eine Gemeinschaft von Menschen bezeichnet, die durch ihre gemeinsame Kultur, Sprache und Geschichte miteinander verbunden ist.
Eine Nation kann zum einen den Staat oder das Staatswesen bezeichnen oder aber auch für eine große, geschlossen siedelnde Gemeinschaft stehen, die sich die gleiche Sprache, Geschichte, Abstammung und Kultur teilt.
Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Begriffe simpel und vor allem auch ähnlich. Wichtig beim Betrachten von genauen Wortbedeutungen ist immer der Kontext – in der Geschichte also, in welcher Epoche/Ära und welchem Land das Wort verwendet wurde. Diese Aspekte können nämlich einen erheblichen Einfluss auf die jeweilige Definition des Begriffs haben.
Bedeutung "Volk" im Dritten Reich
Wie in der Einleitung bereits angedeutet, hatten die Konzepte "Volk" und "Nation" eine besondere Relevanz und dadurch auch veränderte Bedeutung im NS-Regime. Wie sehen also die Begriffsdefinitionen beider Worte im Feld des Nationalsozialismus aus?
Abb. 1: Wochenspruch der NSDAP, 16. Februar 1941
Im Nationalsozialismus wurde ein Volk durch seine "blutmäßige" Verbundenheit definiert.
Der Rassegedanke der NS-Ideologie beinhaltete die Idee eines "arischen Volkes", welches durch seine genetische Abstammung miteinander verbunden sein soll. Sprache, Kultur oder Religion spielten hier keine ausschlaggebende Rolle bei der Bestimmung des "Volkes".
Der Begriff "Nation" im Wandel
Der Begriff "Nation" stand seit der Französischen Revolution vor allem für die Abkehr von der Monarchie und Fürstenherrschaft. Es bezeichnete eine Gemeinschaft, die durch eine sogenannte nationale Volkssouveränität charakterisiert war. Das bedeutet, die Menschen verfügten über die Möglichkeit der Selbstbestimmung und waren Träger der Staatsgewalt. Eine Nation war eine Gemeinschaft von Menschen, die von totalitären, monarchischen Herrschaftsverhältnissen emanzipiert war.
Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es jedoch zu einer Wende und die politisch eher links orientierte Idee von "Nation" schwang zu einer rechten um. "Nation" bekam nun eine neue Bedeutung zugeordnet, die die eigene Nation als höchstes Gut allem anderen, vor allem nach Außen, voranstellte.
Nach der Reichsgründung 1871 etablierte sich die Reichsnation, welche zwar noch an der Idee der Selbstbestimmung festzuhalten versuchte, das Deutschtum und die deutsche Nation jedoch bereits als vergleichsweise sittlichere, höherwertige Kulturnation ansah. Des Weiteren ist fraglich, ob im Rahmen der preußischen Militärmonarchie von der Grundidee der Volkssouveränität einer Nation gesprochen werden kann.
Volk und Nation im Nationalsozialismus Zusammenfassung
Doch welchen Stellenwert hatten die beiden Konzepte in der NS-Ideologie?
Volk und Volksgemeinschaft im Nationalsozialismus
Das NS-Regime propagierte insbesondere den Begriff "Volksgemeinschaft". Zu dieser gehörten nach Vorstellung der Nationalsozialisten nur regimetreue, nationalsozialistisch denkende, "deutsche" Reichsbürger. Sie sollte die Einheit der Deutschen hervorheben und wurde in Massenveranstaltungen, wie den Reichsparteitagen der NSDAP oder dem Erntedankfest, inszeniert und zelebriert.
Als Volksgemeinschaft gilt die Gemeinschaft eines Volkes, die durch ein starkes Bewusstsein des Zusammenhalts gekennzeichnet ist. Der Begriff ist vor allem nationalsozialistisch geprägt.
Die Idee der "Volksgemeinschaft" trug dazu bei das "Volk" beisammenzuhalten und unerwünschte Personen(gruppen) auszuschließen. Wer sich nicht regimekonform verhielt oder nicht als "Deutsche/r" galt, wurde aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen. Dies konnte auch aufgrund ihrer "rassenbiologischen" Merkmale geschehen. Wer aus der "Volksgemeinschaft" wegen Ungehorsams ausgeschlossen wurde, galt als "Volksschädling". Das konnte unter anderem zur Inhaftierung in einem Konzentrationslager führen.
Parolen, wie "Du bist nichts, dein Volk ist alles!", sollten den Menschen dabei ihre Rolle in der "Volksgemeinschaft" des NS-Regimes verdeutlichen. Man sollte jederzeit dafür bereit sein, sich für "Volk und Führer" aufzuopfern. Das strenge Konzept der "Volksgemeinschaft" wurde in allen Bereichen des öffentlichen und Teilen des privaten Lebens propagiert und als Instrument der Einschüchterung und Diskriminierung genutzt – aber auch um das Wir-Gefühl der überzeugten Nationalsozialisten und Mitglieder der "Volksgemeinschaft" zu stärken.
Zudem spielte der "rassenbiologische" Gedanke eine wichtige Rolle bei der Formung des "Volkes". Menschen, die nicht den rassistischen Ansprüchen des Regimes gerecht wurden, wurden von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Durch "rassenhygienische" Maßnahmen wurde dafür gesorgt, dass sich "kranke" Menschen möglichst nicht fortpflanzten. Dafür wurden hunderttausende Sterilisierungen vorgenommen, aber etliche "Kranke" wurden auch im Rahmen der NS -"Euthanasie" ermordet.
Nation und Nationalismus
Der Stellenwert der Nation im Nationalsozialismus ist hier ein besonders wichtiges Stichwort.
Abb. 2: Flugblatt 1937 in Aschersleben
Nationalismus ist eine politische Ideologie, die (meist abwertend) ein übermäßiges Nationalbewusstsein beschreibt.
Nationalisten sind also im Grunde davon überzeugt, dass ihre Nation anderen deutlich übergeordnet ist und sind bereit dafür einzustehen und sie zu verteidigen. Der Nationalsozialismus ist eine besonders extreme, mit rassistischen Ideologien durchzogene Ausprägung des Nationalismus.
Es war unter anderem Ziel Adolf Hitlers, die deutsche Nation nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wieder zu stärken und in eine internationale Machtposition zu stellen. Er und seine Anhänger setzten alles daran, eine "germanische" Nation zu erschaffen, die die nationalsozialistische Ideologie verinnerlicht hatte und den utopischen Ansprüchen eines "arischen Volkes" gerecht wurde.
Zudem war der Nationalstolz von hoher Bedeutung. Wer nicht stolz auf die eigene deutsche Nation war, galt automatisch als Feind/Verräter des NS-Regimes und seiner Ideologie. Daher wurde in Propagandaaktionen, Massenveranstaltungen sowie Organisationen, wie der Hitler-Jugend, viel Wert darauf gelegt, beim "Deutschen Volk" Stolz auf die eigene Nation zu verinnerlichen.
Volk und Nation im Nationalsozialismus Merkmale
Im Folgenden findest du eine Zusammenfassung der Merkmale des "Volks" und der "Nation" im Nationalsozialismus:
"Volk"
- Zusammenhalt durch "Volksgemeinschaft"
- Ausschluss von "Volksschädlingen"
- Ausschluss von "Nicht-Ariern"
- "Deutsche" sollten nicht für sich, sondern für "Volk" leben und arbeiten
- Sollte durch "rassenhygienische Maßnahmen" "rein" gehalten und aufgewertet werden
"Nation"
- Deutsche Nation wurde als überlegen gesehen
- sollte durch Konzept des "Volks" und der "Volksgemeinschaft" zusammengehalten werden
Volk und Nation im Nationalsozialismus - Das Wichtigste
- Zugehörigkeit zum "Deutschen Volk" und der "Volksgemeinschaft" wichtiger Aspekt der NS-Ideologie.
- "Volksgemeinschaft" als Instrument zur Stärkung des Wir-Gefühls und Diskriminierung von unerwünschten Personen(gruppen).
- "Deutsches Volk" sollte ideologisch, sowie "rassenbiologisch" aufgewertet werden.
- Deutsche Nation sollte nach verlorenem Ersten Weltkrieg gestärkt und in internationale Vormachtstellung gebracht werden.
- Nationalstolz sollte ständig gestärkt werden.
Nachweise
- Abb. 1 - "Wochenspruch der NSDAP, 16. Februar 1941" published by NSDAP (https://research.calvin.edu/german-propaganda-archive/wochenspruch-4.htm) licensed under Public Domain
- Abb. 2 - "Flugblatt 1937 in Aschersleben" by Laureander (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=User:Laureander&action=edit&redlink=1) licensed under Attribution-Share Alike 4.0 International (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)
Wie stellen wir sicher, dass unser Content korrekt und vertrauenswürdig ist?
Bei StudySmarter haben wir eine Lernplattform geschaffen, die Millionen von Studierende unterstützt. Lerne die Menschen kennen, die hart daran arbeiten, Fakten basierten Content zu liefern und sicherzustellen, dass er überprüft wird.
Content-Erstellungsprozess:
Lily Hulatt ist Digital Content Specialist mit über drei Jahren Erfahrung in Content-Strategie und Curriculum-Design. Sie hat 2022 ihren Doktortitel in Englischer Literatur an der Durham University erhalten, dort auch im Fachbereich Englische Studien unterrichtet und an verschiedenen Veröffentlichungen mitgewirkt. Lily ist Expertin für Englische Literatur, Englische Sprache, Geschichte und Philosophie.
Lerne Lily
kennen
Inhaltliche Qualität geprüft von:
Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
Lerne Gabriel
kennen