Ballhausschwur

Die Französische Revolution begann in einer Turnhalle. Klingt verrückt, war aber tatsächlich so! Denn in einer solchen wurde 1789 der sogenannte "Ballhausschwur" geleistet, der als Auftakt für die Französischen Revolution gilt. 

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    Ballhausschwur – Definition

    Den "Ballhausschwur" gaben sich die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung am 20. Juni 1789 im Ballhaus von Versailles. Die Versammlung schwor, sich erst aufzulösen, wenn sie eine neue Verfassung für Frankreich ausgearbeitete hatten.

    Übrigens: Ballhaus ist eine alte Bezeichnung für eine Sport-/Turnhalle. Die Versammlung tagte also in einer Sporthalle von Versailles.

    Ballhausschwur – Ausgangslage

    Im Jahr 1789 befand sich Frankreich in einer finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Krise.

    Missernten sorgten immer wieder für Hungersnöte in der Bevölkerung und die Lebensmittelpreise stiegen so enorm an, dass sogar Grundnahrungsmittel für das einfache Volk fast unbezahlbar wurden. Die Bürger wurden zunehmend unzufriedener.

    Doch der Staat konnte den Problemen nicht entgegenwirken und keinen finanziellen Ausgleich schaffen, da er selbst kurz vor dem Bankrott stand. Durch die enormen militärischen Ausgaben im Siebenjährigen Krieg und durch den verschwenderischen Lebensstil am französischen Königshof waren Frankreichs Staatskassen nahezu leer.

    König Ludwig XVI. musste etwas unternehmen. Seine Idee war es, neue Steuern zu erheben. Bis dato musste nur der sogenannte "Dritte Stand" Steuerabgaben leisten, der reiche Adel und der Klerus hingegen waren von der Steuerpflicht befreit, und das wollte Ludwig XVI. jetzt ändern.

    Die französische Ständegesellschaft

    Im Frankreich des 18. Jahrhunderts war die Gesellschaft in drei Stände (Gesellschaftsschichten) aufgeteilt.

    An der Spitze stand der König als Souverän des Landes. Ihm folgten in der Rangordnung zuerst der Klerus (1. Stand), dann der Adel (2. Stand) und schließlich die Bürger und Bauern (3. Stand) nach.

    Klerus und Adel stellten nur rund 2–3 % der Bevölkerung, während 97–98 % der Bevölkerung dem Dritten Stand entstammten.

    Ballhausschwur 1789

    Um die Krise in den Griff zu bekommen, entschied sich Ludwig XVI. zu einem drastischen Schritt. Zum ersten Mal seit rund 175 Jahren berief er die sogenannten "Generalstände" ein.

    Das letzte Mal wurden die Generalstände 1614 von König Ludwig XIII. einberufen

    Die Einberufung der Generalstände

    Als "Generalstände" wurde die Versammlung von Vertretern aus allen drei Ständen der französischen Gesellschaft bezeichnet.

    Die Einberufung der Generalstände war notwendig, da Ludwig XVI. seine Steuerreform nur mit der Zustimmung der Stände hätte umsetzten können.

    Die Wahl der Abgeordneten

    Die Abgeordneten der Generalstände wurden gewählt. Der Klerus und der Adel konnten dabei jeweils 300 und der Dritte Stand 600 Abgeordnete stellen.

    Auch wenn der Dritte Stand so viele Vertreter wie Klerus und Adel zusammen hatte, so waren es umgerechnet auf den prozentualen Anteil an der französischen Bevölkerung verhältnismäßig wenige (2 % der Bevölkerung stellten genauso viele Abgeordnete wie 98 %).

    Der Dritte Stand bei den Generalständen

    Der Dritte Stand vertrat sowohl die Interessen der Stadtbürger und Stadtbürgerinnen als vor allem auch die der Bauern und Bäuerinnen. Doch der Großteil der Vertreter im Dritten Stand waren Juristen, Gelehrte, Ärzte oder große Kaufleute und stammten so aus der gehobenen Mittelschicht und dem vermögenden Bürgertum. Vertreter aus dem einfachen Bauernvolk suchte man bei den Generalständen vergebens.

    Wenn im Folgenden also vom Dritten Stand die Rede ist, so sind damit durchaus wohlhabende und gebildete Personen gemeint und nicht Mitglieder der ländlichen Bauernbevölkerung.

    Die Benachteiligung des Dritten Standes bei der Abstimmung

    Am 05. Mai 1789 wurden die Generalstände im Saal der Menus Plaisir in Versailles eröffnet. Bei der Versammlung waren die einzelnen Stände räumlich voneinander getrennt und konnten sich nicht untereinander beraten.

    Gut zu unterscheiden waren die Abgeordneten übrigens an ihrer Kleidung. Während die Vertreter des Dritten Standes vorwiegend Schwarz trugen, waren die Adligen an ihren ausgefallenen Kleidungsstücken und die Kleriker an ihren kirchlichen Gewändern in den Farben Rot und Violett zu erkennen.

    Ballhausschwur Einberufung Generalstände StudySmarter

    Abbildung 2: "Ouverture des États généraux à Versailles, 5 mai 1789" (Die Eröffnung der Generalstände in Versaill, 5. Mai 1789)

    Gemälde von Auguste Couder, 1839

    Der König trug den Abgeordneten sein Anliegen vor und forderte die Generalstände dazu auf, abzustimmen. Und nun sah sich der Dritte Stand mit einem großen Problem konfrontiert, denn es wurden nicht die Stimmen aller Vertreter einzeln ausgezählt, sondern jeder Stand zusammen hatte nur ein gemeinsames Votum zu vergeben. Insgesamt gab es also drei Stimmen – eine für den Klerus, eine für den Adel und eine für den Dritten Stand.

    Da der Adel und der Klerus sehr ähnliche Anliegen verfolgten und zudem die Leidtragenden der neuen Steuern gewesen wären, war es nicht verwunderlich, dass sie die Forderung des Königs ablehnten. Selbst wenn der Dritte Stand nun für die Reform gestimmt hätte, so konnte er mit seiner einzelnen Stimme die anderen beiden Stände nicht überstimmen. Faktisch hatte der Dritte Stand also keine Entscheidungsgewalt und konnte keinen politischen Einfluss ausüben. Aufgrund dieser "Scheinmacht" fühlte sich der Dritte Stand massiv benachteiligt und so beschlossen die Abgeordneten einen anderen Weg einzuschlagen.

    Die Forderung des Dritten Standes

    Der Dritte Stand forderte den König dazu auf, die Wahlmodalitäten neu festzulegen. Die Abgeordneten verlangten, dass sich alle Stände untereinander beratschlagen durften und dass am Ende jeder Vertreter ein eigenes Votum abgeben durfte. Somit gäbe es am Ende 900 statt nur 3 Stimmen.

    Da der Dritte Stand 600 Abgeordnete stellte, hätte dieser mit dem neuen System endlich einen repräsentativen Einfluss ausüben können. Das war dem König und den ersten beiden Ständen jedoch ein Dorn im Auge und so wies Ludwig XVI. die Forderungen zurück.

    Doch das ließ sich der Dritte Stand nicht länger gefallen.

    Die Nationalversammlung der Französischen Revolution

    Als Reaktion auf die Uneinsichtigkeit des Königs erklärte sich der Dritte Stand am 17. Juni 1789, auf Anregung des Priesters und Staatsmannes Emmanuel Joseph Sieyès, eigenmächtig zur "Nationalversammlung" (frz. Asamblèe nationale) und damit zur Volksvertretung aller französischen Bürger.

    Sieyès war zwar Priester, war aber als Abgeordneter des Dritten Standes und nicht des Klerus in die Generalstände gewählt worden.

    Auch Vertreter der ersten beiden Stände wurden dazu aufgerufen, sich der neuen Versammlung anzuschließen. Und tatsächlich traten auch einige Angehörige des Adels und des Klerus, die ebenfalls mit der Situation unzufrieden waren, dem Dritten Stand und damit der Asamblèe nationale bei.

    Oberstes Ziel der Nationalversammlung war es, eine neue Verfassung für Frankreich auszuarbeiten. Doch der König sah seine Stellung und seine uneingeschränkte Macht akut bedroht und ließ deshalb den Versammlungsraum des Dritten Standes, in dem nun die Nationalversammlung getagt hatte, absperren.

    Der Ballhausschwur

    Doch die Nationalversammlung dachte gar nicht daran, sich erneut zum Schweigen bringen zu lassen. Am 20. Juni 1789 versammelten sich die Mitglieder einfach an einem anderen Ort, nämlich im Ballhaus von Versailles (Jeu de paume). Dort schworen sie sich feierlich, die Versammlung erst aufzulösen, wenn eine neue Verfassung für Frankreich erarbeitet worden war, die allen Bürgern gleiche Rechte zusicherte – und genau das war der "Ballhausschwur".

    Damals war ein Schwur etwas Heiliges. Alle Personen, die den Schwur leisteten, verpflichteten sich, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ihr Ziel auch zu erreichen. Mit dem Ballhausschwur festigte die Nationalversammlung den Grundstein ihres Handelns.

    Ballhausschwur Bild StudySmarter

    Abbildung 3: "Le Serment du Jeu de paume" (Der Ballhausschwur)

    Federzeichnung von Jacques-Louis David, 1791

    Ballhausschwur – Folgen

    Am 23. Juni 1789 unternahm der König einen weiteren Versuch, die Nationalversammlung aufzulösen, indem er den Mitgliedern befahl, sich wieder in die einzelnen Stände aufzuteilen und nach alter Ordnung zu tagen. Doch die Asamblèe nationale widersetzte sich den königlichen Befehlen einfach und untergrub so die absolutistische Macht Ludwigs XVI. endgültig.

    Die Versammlung und der Ballhausschwur übten so großen Druck auf den König aus, dass diesem nichts anderes übrig blieb, als den Forderungen der Nationalversammlung am 27. Juni 1789 nachzugeben. Er erkannte die Abgeordnete offiziell als Vertreter des Volkes an und rief sogar die anderen beiden Stände auf, sich der Versammlung anzuschließen.

    Am 9. Juli 1789 wurde die Asamblèe nationale schließlich zur "Verfassungsgebende Nationalversammlung" (auch Konstituante genannt; frz. Assemblée nationale constituante ) erklärt.

    Zur selben Zeit verbreiteten sich aber Gerüchte in der Pariser Bevölkerung, dass Ludwig XVI. seine militärischen Truppen vor Paris stationierte. Die Stadtbewohner fürchteten, dass der König versuchen würde, die Nationalversammlung mit Gewalt aufzulösen. Als Folge kam es zu großen Unruhen in den Straßen von Paris, die schließlich am 14. Juli 1789 im Sturm auf die Bastille gipfelten. So griff die Revolution auch auf die Bevölkerung über.

    Mehr zum "Sturm auf die Bastille" erfährst Du in der dazugehörigen Erklärung hier auf StudySmarter!

    Schlussendlich unternahm der König aber nichts und die Konstituante bestand weiter fort. Am 03. September 1791 legte die Nationalversammlung dann die neue Verfassung vor und macht so aus Frankreich eine konstitutionelle Monarchie.

    Ballhausschwur – Bedeutung

    Der Ballhausschwur gilt als Schlüsselmoment der Französischen Revolution und wird nicht umsonst als "Auftakt der Revolution" bezeichnet. Noch nie zuvor hatte sich das einfache Volk dem absolutistischen König in einer solchen Form widersetzt. Als sich der Dritte Stand zur Nationalversammlung erklärte, stellten sie sich offen gegen Ludwig XVI. und standen für die Werte und Ziele all jener Franzosen ein, die bis dato unterrepräsentiert waren – das war revolutionär.

    Durch die Nationalversammlung erklärte sich das Volk zum Machthaber.

    Die Nationalversammlung und der Ballhausschwur legten den Grundstein für die Französische Revolution, die sich nach den Ereignissen im Juli 1789 in Paris schnell im ganzen Land ausbreitete.

    Wenn Du erfahren möchtest, wie es nach dem Ballhausschwur mit der Revolution weiterging, dann wirf gerne einen Blick in die weiteren Erklärungen hier im Unterset zur "Französischen Revolution"!

    Ballhausschwur – Das Wichtigste

    • Den "Ballhausschwur" gaben sich die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung am 20. Juni 1789 im Ballhaus von Versailles. Die Versammlung schwor, sich erst aufzulösen, wenn sie eine neue Verfassung für Frankreich ausgearbeitete hatten, die allen Bürgern gleiche Rechte zugestand.
    • Auslöser für den Schwur war die politische "Scheinmacht" des Dritten Standes gegenüber dem Adel und des Klerus bei der Versammlung der Generalstände bezüglich der Steuerreform am 05. Mai 1789. Der Dritte Stand forderte eine gemeinsame Beratschlagung aller Stände und eine Abstimmung nach Köpfen und nicht nach Ständen. König Ludwig XVI. lehnte dies ab.
    • Am 17. Juni 1789 erklärte sich der Dritte Stand zur "Nationalversammlung" und damit zur Volksvertretung aller französischen Bürger. Sie widersetzte sich den Befehlen des Königs und strebte an, eigenmächtig eine neue Verfassung zu erarbeiten.
    • Der Versuch des Königs, die Nationalversammlung aufzulösen, indem er ihren Versammlungsraum sperren ließ, scheiterte und die Abgeordneten versammelten sich kurzerhand im Ballhaus von Versailles, wo sie den Ballhausschwur leisteten.
    • Der König musste dem Druck der Nationalversammlung nachgeben und am 09. Juli 1789 wurde die Asamblèe nationale zur verfassungsgebenden Versammlung erklärt. Damit war die Alleinherrschaft des Königs beendet und seine Macht wurde eingeschränkt.

    Nachweise

    1. Schulin, Ernst (1989): Die Französische Revolution. Beck Verlag.
    2. Abbildung 2: "Ouverture des États généraux à Versailles, 5 mai 1789" (Die Eröffnung der Generalstände in Versaill, 5. Mai 1789) Gemälde von Auguste Couder, 1839 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Couder_Stati_generali.jpg) – Public Domain
    3. Abbildung 3: "Le Serment du Jeu de paume" (Der Ballhausschwur) Federzeichnung von Jacques-Louis David, 1791 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Le_Serment_du_Jeu_de_paume.jpg) – Public Domain
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    Häufig gestellte Fragen zum Thema Ballhausschwur

    Was versteht man unter Ballhausschwur?

    Unter dem Ballhausschwur versteht man den Schwur, den sich die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung am 20. Juni 1789 im Ballhaus von Versailles gaben. Die Versammlung schwor, sich erst aufzulösen, wenn sie eine neue Verfassung für Frankreich ausgearbeitete hatten.

    Wer gehörte zur Nationalversammlung?

    Der Nationalversammlung gehörten ursprünglich hauptsächlich Vertreter des Dritten Standes an. Doch schnell schlossen sich auch Abgeordnete der ersten beiden Stände (Adel und Klerus) der Versammlung an. 

    Was war am 17. Juni 1789?

    Am 17. Juni 1789 erklärte sich der Dritte Stand der französischen Generalstände eigenmächtig zur "Nationalversammlung" (frz. Asamblèe nationale) und damit zur Volksvertretung aller französischen Bürger. 

    Wo war der Ballhausschwur?

    Wie der Name verrät, fand der Ballhausschwur im "Ballhaus" von Versailles (auch: Jeu de paume) statt. Ballhaus ist ein altertümlicher Begriff vor eine Turn-/Sporthalle. 

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