Nationalstaatsgedanken in Deutschland

Dieser Artikel befasst sich mit dem Nationalstaatsgedanken in Deutschland, der im Hinblick auf die Revolution von 1848/1849 geäußert wurde. Denn bevor die Revolution entfachte, gab es eine Phase, in der die Forderungen nach einem einheitlichen Deutschland immer größer wurden. In diesem Artikel erklären wir dir, wie sich dieser Zeitabschnitt der deutschen Geschichte entwickelte und gehen auf alle nötigen theoretischen Hintergründe ein, die das Konzept der Nation stützen.

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    Nationalstaat – einfach erklärt

    Um den Nationalstaatsgedanken zu verstehen, müssen erst einmal die Konzepte der Nation und des Nationalismus verstanden werden, daher stellt sich die Frage: Was ist eine Nation?

    Wir haben dir hier einige Merkmale aufgelistet, die häufig für die Entstehung einer Nation wichtig waren:

    • Sprache: Nutzung einer gemeinsamen Sprache(es gibt Ausnahmen, wie in der Schweiz, hier gibt es mehrere Landessprachen)
    • Kultur: Eine gemeinsame Kultur verbindet, wenn auch nur theoretisch, da sich eine Kultur schwer charakterisieren lässt
    • Ethnie: Betonung auf die gemeinsame Herkunft
    • Bürgerschaft: Definition für das Recht des "Bürgersein", z. B. durch die Eltern oder durch die Identifikation mit der Nation
    • Geschichte: Berufung auf die gemeinsame Geschichte und Konstruktion von "Gründungsmythen"
    • Religion: Gemeinsame Religion als Identifikationsmittel der Bürger
    • Territorium: Eingrenzung und teilweise konfliktreiche Eroberung des Staatsgebiets
    • Werte: Identifikation mit gemeinsamen Werten und Vorstellungen

    Somit bezieht sich der Begriff "Nation" vorallem auf die Menschen, die diese bilden, also die Volksgemeinschaft.

    Nationen als "vorgestellte" Gemeinschaften

    Das Konzept "Nation" ist ein wenig abstrakt, deshalb ist es wichtig, dass du einige geläufige Definitionen kennst.Dazu zählt auch die Definition des amerikanischen Politikwissenschaftlers Benedict Anderson. Er stellt Nationen mit "imagined communities" (dt.: "vorgestellten Gemeinschaften") gleich. Dabei kritisiert Anderson zunächst einmal, dass Nationen nur vorgestellt sind, denn selbst im kleinsten Staat kennt niemand jedes andere Mitglied der Nation. Somit besteht zwar die Idee der Gemeinschaft durch die Zugehörigkeit zu einer Nation, aber die Realität sieht anders aus. Außerdem wird die Nation als idealistisch stilisiert, da Ungleichheiten und Ausbeutung in der Vorstellung ignoriert werden.

    Nationalismus vor der Nation

    Auch der Historiker Eric Hobsbawm hat ein Konzept zu Nationen erstellt. Er argumentiert, dass Nationen nicht naturgegeben sind, sondern erst konstruiert werden. Erst durch nationalistische Bewegungen wird die Idee der Nation proklamiert und gefestigt. Somit bedarf es erst des Nationalismus, bevor eine Nation entsteht, da diese vom Nationalismus konstruiert wird. Hobsbawm betont ebenfalls, dass die Identifikation mit der Nation andere Identifikationen nicht ausschließt. Außerdem können nationale Identifikationen und ihre Werte sich mit der Zeit verändern, so Hobsbawm.

    Nationalismus

    Um den Begriff Nationalismus kursieren verschiedene Definitionen. Zum einen wird damit eine starke Erkenntnis über die Bedeutung der eigenen Nation beschrieben. Zum anderen beschreibt der Begriff auch eine Ideologie, die Wert auf die Identifikation und den Zusammenhang aller Bürger einer Nation liegt. Dabei soll der Zusammenhalt und die Solidarität durch einen souveränen Staat gefördert werden. In jedem Fall verherrlicht der Nationalismus die eigene Nation und wertet sogar andere Nationen ab.

    Nationenbildung in 5 Phasen

    Die Nationenbildung in Europa wird meistens mit der Einteilung in fünf chronologischen Phasen unterteilt. Dennoch sind diese Phasen nicht für alle Nationen zutreffend und auch nicht immer eindeutig anwendbar.

    Phase 1

    • Gegen Ende des 18. Jahrhunderts oder zu Beginn des 19. Jahrhunderts
    • Gemeinsamkeiten der Menschen wurden herausgestellt oder konstruiert – meistens durch Intellektuelle
    • Auch "romantische" Phase genannt, da der Fokus kulturell und literarisch war (kaum politische Auswirkungen)
    • Beispiel Deutschland: Die Sammlung von Volksmärchen durch die Brüder Grimm

    Phase 2

    • Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
    • Proklamation der "nationalen Idee" durch Vorkämpfer und militante Wortführer
    • Referenz zur historischen Vergangenheit der "Nation"
    • Forderung der Wiedergeburt oder Wiedererweckung der "Nation"
    • Historische Grenzen und Merkmale der "Nation" jedoch nicht wirklich definiert
    • Beispiel Deutschland: ca. ab 1813 durch Burschenschaften

    Phase 3

    • Mitte des 19. Jahrhunderts und zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
    • Nationalismus wurde populär
    • Einbezug der unteren Schichten in die "Nation"
    • Gegebenes Territorium stimmte selten mit den geforderten Staatsgrenzen überein, daher kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, um das beanspruchte Territorium zu erreichen
    • Beispiel Deutschland: von 1848 bis zur Reichsgründung 1871

    Phase 4

    • Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, zwischen den beiden Weltkriegen
    • Extremer Nationalismus gepaart mit Rassismus
    • Betonung der Stärke der eigenen Nation
    • Beispiel Deutschland: Aufstieg des Nationalsozialismus zur Zeit der Weimarer Republik bis hin zu Hitlers Diktatur

    Phase 5

    • In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, nach Ende des Zweiten Weltkrieges
    • Nationalismus auf dem Rückzug
    • Bildung übernationaler Institutionen
    • Vermeidung internationaler Konflikte
    • Beispiel: Europäische Union

    Was ist mit Nationalstaatsgedanke gemeint?

    Grundsätzlich beschreibt der Nationalstaatsgedanke die Motivation, die hinter den Nationalbewegungen des 19. Jahrhunderts steckte. Das Ziel der Nationalbewegungen war es, eine einheitliche Nation zu definieren und zu gründen. Im deutschen Fall kamen Nationalstaatsgedanken erstmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf, nachdem die Zerstörung durch die Napoleonischen Kriege eine Neuordnung Europas gefordert war. Denn auch deutsches Gebiet war von Napoleon erobert worden und Napoleon hatte erste Regionen vereint, wie zum Beispiel den Rheinbund.

    Daher behandeln unsere Artikel zu der Entstehung der Nationalstaatsgedanken zunächst die Neuordnung Europas nach den Befreiungskriegen durch den Wiener Kongress. Nach dem Wiener Kongress wurde der Nationalstaatsgedanke in Deutschland vor allem durch Intellektuelle und Studenten getragen, wie die Burschenschaften und das Hambacher Fest zeigen. Diese Ereignisse lassen sich in der ersten und zweiten Phase der Nationenbildung einteilen.

    Den Höhepunkt erreichte der Nationalstaatsgedanke in Deutschland mit der Nationalversammlung in Frankfurt. Denn Ziel dieser Versammlung war die Vereinigung Deutschlands durch die Gestaltung einer Verfassung, der Paulskirchenverfassung.

    Dennoch endete der Nationalstaatsgedanke damit. Denn die Nationalversammlung in Frankfurt scheiterte und dadurch entstand keine geeinigte Nation. Erst mit der Entstehung des Deutschen Kaiserreichs begann in Deutschland die dritte Phase der Nationenbildung und der Nationalstaatsgedanke entfachte wieder. Das Deutsche Kaiserreich ist auch der Zeitpunkt, zu dem Deutschland erstmals eine Nation war.

    Nationalstaatsgedanken in Deutschland - Das Wichtigste auf einen Blick!

    • Eine Nation ist eine Volksgemeinschaft mit gemeinsamen Werten, wie Sprache, Kultur, Geschichte etc.
    • Nationalismus beschreibt die übersteigerte Identifikation und Solidarisierung mit der eigenen Nation
    • Nationsbildung wird in 5 Phasen eingeteilt
    • Nationalstaatsgedanke in Deutschland lässt sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts einteilen
    • Nationalstaatsgedanke zunächst durch Intellektuelle fortgetragen
    • Höhepunkt des Nationalstaatsgedanken: Paulkirchenverfassung

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    Welches Merkmal ist im Bezug auf die Entstehung einer Nation nicht wichtig?

    Wann spielt sich die zweite Phase der Nationsbildung in einigen europäischen Staaten ab?

    In wie viele Phasen wird die Nationalbildung eingeteilt? 

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