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Demagogenverfolgung – Definition
Als "Demagogenverfolgung" bezeichnete man die systematische Überwachung und Verfolgung liberaler und nationalistischer Anhänger (vor allem von Universitätsprofessoren) im Deutschen Bund zur Zeit des Vormärz.
Die "Demagogenverfolgung" war eine Folge der 1819 erlassenen "Karlsbader Beschlüsse", die zur Unterdrückung revolutionärer Bewegungen innerhalb der deutschen Bevölkerung dienten.
Demagogenverfolgung – Ursachen
Nach dem Ende der napoleonischen Ära in Europa kam es 1815 zum sogenannten "Wiener Kongress".
Dort wurde der "Deutsche Bund" gegründet, ein Verband aus souveränen Einzelstaaten, in denen die Fürsten nun wieder ihre Privilegien und ihre politischen Stellungen wie vor der Französischen Revolution innehatten ("Restaurationspolitik").
Diese Restauration der alten Machtverhältnisse geschah jedoch ganz zum Unmut der liberal und nationalistisch gesinnten Bevölkerung, denn diese strebte einen einheitlichen deutschen Nationalstaat an (anstelle des "Flickenteppichs" des Deutschen Bundes).
Da diese "revolutionären" Gedanken eine Gefahr für die machthabenden Fürsten bedeutete, solidarisierten sie sich untereinander, um die liberalen und nationalistischen Bestrebungen innerhalb des Deutschen Bundes zu unterdrücken.
Genaueres zum "Wiener Kongress" erfährst Du in der gleichnamigen Erklärung hier auf StudySmarter!
Demagogenverfolgung – Karlsbader Beschlüsse
Als am 23. März 1819 der Burschenschaftler Karl Ludwig Sand den antiliberalen Schriftsteller August von Kotzebue in Mannheim ermordete, erließ die deutsche Regierung sechs Monate später die "Karlsbader Beschlüsse". Die darin festgeschriebenen Gesetze richteten sich gezielt gegen die liberalen und nationalistischen Bewegungen und vor allem gegen die als Risikofaktor eingestuften Universitäten und Burschenschaften (Studentenverbindungen), die aus Sicht der Fürsten als "Verteiler" des revolutionären Gedankenguts galten. Presse- und Meinungsfreiheit wurden drastisch eingeschränkt, Zensur wurde zum Alltag genauso wie Überwachung und Verfolgung politische auffälliger Personen durch staatliche Behörden.
Wenn Du mehr über die "Karlsbader Beschlüsse" oder über die "Burschenschaften" wissen möchtest, dann wirf doch mal einen Blick in die gleichnamigen Erklärungen hier auch StudySmarter!
Demagogenverfolgung – Bedeutung
Die Karlsbader Beschlüsse sahen die Schaffung einer "Zentraluntersuchungskommission" vor, deren Aufgabe und Ziel es war, sogenannte "Demagogen" und demagogische Organisationen systematisch zu überwachen und zu verfolgen.
Der Begriff "Demagogie" ist eine abwertende Bezeichnung für (politische) Hetze.
Die reaktionäre deutsche Regierung setzte das Verbreiten liberalen und nationalistischen Gedankenguts mit politischer "Volksverhetzung" gleich. Und da es in den Augen der machthabenden Fürsten vor allem die liberalen und nationalistischen Universitätsprofessoren waren, welche die "Volksverhetzung" betrieben, wurden diese folglich als "Demagogen" bezeichnet und so politisch gebrandmarkt.
Der Begriff "Demagoge" war ein politisches Schlagwort der Regierung des Deutschen Bundes ab 1819, mit dem liberale und nationalistische Professoren an den Universitäten bezeichnet wurden.
In diesem Zusammenhang wurde der ursprünglich positiv konnotierte "Demagoge" (im alten Griechenland ein geschickter Redner) in der Zeit des Vormärz zu einem Synonym für "Volksverhetzer".
Auch wenn der Begriff Demagoge sich vornehmlich auf die Personengruppe der Professoren bezog beziehungsweise als Schlagwort für diese genutzt wurde, so konnten durchaus auch andere Anhänger von liberalen und nationalistischen Strömungen als Demagogen bezeichnet werden.
Doch warum stellten gerade die Professoren beziehungsweise das Umfeld "Universität" eine solche Bedrohung für die deutsche Regierung dar?
Die Professoren und auch ihre Studenten gerieten zunehmend in den Fokus der staatlichen Führungsriege, da vor allem in den gelehrten Kreisen über liberale und nationalistische Themen diskutiert und immer öfter Kritik am Staat laut wurde.
Zudem zogen die "revolutionären" Aktivitäten verschiedener Universitätsmitglieder in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit auf sich und schlugen große Wellen in der Bevölkerung, so zum Beispiel das Wartburgfest 1817 oder die Ermordung Kotzebues 1819.
Die Universitäten mit all ihren Mitgliedern und Verbindungen (Burschenschaften) wurden von den reaktionären Fürsten als politische Risikofaktoren und Unruheherde eingestuft. Die Aufgabe der "Zentraluntersuchungskommission" war es nun, die Demagogen und ihre Aktivitäten unter Kontrolle bringen, im Zuge dieses Vorhabens kam es zur systematischen "Demagogenverfolgung".
Wenn Du Genaueres über das Wartburgfest 1817 wissen möchtest, dann wirf doch mal einen Blick in die Erklärung "Wartburgfest" hier auf StudySmarter!
Demagogenverfolgung – Maßnahmen
Im Folgenden findest Du einen Überblick über einige der Maßnahmen, die im Zuge der Demagogenverfolgung in den verschiedenen deutschen Staaten ergriffen wurden:
- Universitäten sowie das Lehrpersonal wurden unter staatliche Überwachung gestellt.
- Die Lehrfreiheit der Professoren wurde stark eingeschränkt.
- Burschenschaften wurden offiziell verboten und als staatsfeindlich und verschwörerisch deklariert.
- Die Mitgliedschaft in den Burschenschaften wurde unter Strafe gestellt.
- Politisch auffällige Professoren oder Studenten wurden gezielt überwacht, beschattet und verfolgt.
- Politisch auffällige Personen, die mit demagogischen Aktivitäten in Verbindung zu stehen schienen, wurden aus den Universitäten entlassen und/oder verhaftet.
- Verdächtige durften sich nicht intern vor der Universität verantworten, sondern mussten vor ein staatliches Gericht.
- Nachweisliche Demagogen wurden mindestens mit einem Berufsverbot belegt (auch Haftstrafen waren üblich).
Demagogenverfolgung im Königreich Preußen
In Preußen wurde neben dem Karlsbader "Preßgesetz", das die Pressefreiheit sowieso schon drastisch einschränkte, zusätzlich das "Preußische Zensuredikt" erlassen, das sämtliche Publikationen von Professoren ausnahmslos zur Zensur verpflichtete.
Und auch die Studenten unterlagen starken Repressionen (Unterdrückungen). Die verbotenen Burschenschaften wurden mit politisch-verschwörerischen Geheimbünden gleichgesetzt und Verdächtige mussten sich nun nicht mehr vor der Universität verantworten, sondern vor einem Strafgericht. Bestand auch nur der Verdacht, ein Student wäre Teil einer illegalen Studentenverbindung, konnte er im Zweifelsfall sogar ohne offizielles Gerichtsverfahren bestraft werden.
Die Demagogenverfolgung wütete in den deutschen Staaten unterschiedlich stark, das Königreich Preußen ist ein Beispiel für eine sehr strenge und strikte Umsetzung des Ganzen.
Die Demagogenverfolgung ereignete sich in "Wellen", das heißt, es wechselten sich Phasen der starken, mit Phasen der eher schwachen Verfolgung ab.
Direkt nach den Karlsbader Beschlüssen beispielsweise wurde am vehementesten nach dem Volksverhetzer gefahndet – mit der Zeit ebbte die Verfolgung dann ab. Kam es jedoch irgendwo zu politischen und revolutionären Unruhen, gerieten die "Demagogen" wieder in den Fokus der "Zentraluntersuchungskommission" und die Verfolgungsaktivitäten nahmen wieder zu.
Beispiele für solche Ereignisse, nach denen die Repressionen wieder verschärft wurden, waren die Ausschreitungen im Zuge der Julirevolution 1830 oder das Hambacher Fest 1832.
Mehr zum "Hambacher Fest" erfährst Du übrigens in der gleichnamigen Erklärung hier auf StudySmarter!
Demagogenverfolgung – Folgen
Im Zuge der landesweiten Demagogenverfolgung kam es zu zahlreichen Verhaftungen, Gerichtsverfahren und Verurteilungen.
Die meisten der Verurteilten waren Studenten und Professoren. Diese erhielten im schlimmsten Fall nicht nur langjährige Haftstrafen, ihnen wurde auch die berufliche Zukunft verbaut, denn mit dem Verdacht der "Volksverhetzung" ging ein striktes Arbeitsverbot einher.
Und auch Personen außerhalb des universitären Umfeldes wurden Opfer der Verfolgung, so zum Beispiel liberale und nationalistische Schriftsteller.
Aufgrund der harten Repressionen sahen sich viele der revolutionären Anhänger und Aktivisten dazu gezwungen, sich aus der politischen Öffentlichkeit zurückzuziehen und ihre politischen Diskussionen fortan im Privaten zu führen.
Demagogenverfolgung – Ende
Die Demagogenverfolgung wurde zusammen mit den Karlsbader Beschlüssen, die den rechtlichen Grundstein für die Verfolgung bildeten, im Zuge der Märzrevolution von 1848 beendet.
Mehr zur Märzrevolution und ihren Auswirkungen erfährst Du in der Erklärung "Revolution 1848" hier auf StudySmarter!
Demagogenverfolgung - Einfach erklärt
Demagogen (liberale und nationalistische "Volksverhetzer"; hier: vorwiegend Professoren und Studenten) wurden gezielt überwacht, beschattet und verfolgt, um sie so bei vermeidlich demagogischen Aktivitäten zu ertappen oder mit solchen in Verbindung zu bringen. "Überführten" Demagogen wurde ein Berufsverbot auferlegt und im schlimmsten Fall wurden sie sogar verhaftete und mussten sich vor Gericht verantworten.
Ziel der reaktionären Regierung der Deutschen Bundes war es, die liberalen und nationalistischen Bewegungen, die vor allem im universitären Umfeld zu florieren schienen, mithilfe der Demagogenverfolgung endgültig zu unterbinden.
Demagogenverfolgung – Das Wichtigste
- Als "Demagogenverfolgung" bezeichnete man die systematische Überwachung und Verfolgung liberaler und nationalistischer Anhänger im Deutschen Bund zur Zeit des Vormärz.
- Die Demagogenverfolgung war eine Folge der 1819 erlassenen "Karlsbader Beschlüsse", welche zur Unterdrückung der liberalen und nationalistischen Bewegungen in der deutschen Bevölkerung dienten.
- Im Zentrum der Demagogenverfolgung standen die Professoren und Studenten der Universitäten, da diese in den Augen der Regierung maßgeblich an der Verbreitung des revolutionären Gedankenguts beteiligt waren.
- Im Zuge der Demagogenverfolgung wurden zahlreiche Professoren, Studenten, aber auch andere Personen(-gruppen), wie zum Beispiel liberale Schriftsteller mindestens mit einem Berufsverbot belegt, wenn nicht sogar verhaftet.
- Die Demagogenverfolgung endete erste 1848 im Zuge der Märzrevolution.
Nachweise
- Abbildung 1: Die Karikatur "Der Denker-Club" karikiert die beschnittene Meinungsfreiheit an den deutschen Universitäten nach den Karlsbader Beschlüssen (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bildarchiv_Preu%C3%9Fischer_Kulturbesitz.jpg) – Public Domain
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Demagogenverfolgung
Warum kam es im Vormärz zur Demagogenverfolgung?
Es kam zur Demagogenverfolgung, da die reaktionäre Regierung des Deutschen Bundes die liberalen und nationalistischen Bewegungen innerhalb der Bevölkerung unterbinden wollten – in den Fokus gerieten dabei die Universitäten mit den Professoren und den Studenten.
Was war die Demagogenverfolgung?
Als "Demagogenverfolgung" bezeichnete man die systematische Überwachung und Verfolgung liberaler und nationalistischer Anhänger (vor allem von Universitätsprofessoren) in den Staaten des Deutschen Bundes zur Zeit des Vormärz.
Wann war die Demagogenverfolgung?
Die Demagogenverfolgung begann 1819 nach dem Erlass der Karlsbader Beschlüsse und endete mit der Märzrevolution 1848.
Was bedeutet die Demagogenverfolgung?
Die Demagogenverfolgung bedeutete enorme Einschränkungen und Repressionen für die deutsche Bevölkerung, vor allem für Universitätsprofessoren und Studenten. Die systematische Überwachung und Verfolgung von Personen oder Personengruppen, die der politischen "Volksverhetzung" verdächtigt wurden, gehörten während der Demagogenverfolgung zum Alltag.
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