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In diesem Artikel lernst du die Methodik zur graphischen Lösung linearer Gleichungssysteme (kurz: LGS).
LGS grafisch lösen – Erklärung und Beispiele
Im Mathematikunterricht hast du es bestimmt schon einmal vom linearen Gleichungssystem gehört. Um später die graphische Lösung eines LGS reibungslos zu verstehen, findest du hier zunächst eine Wiederholung, was ein lineares Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und Variablen überhaupt ausmacht.
LGS - Definition
Betrachtest du ein lineares Gleichungssystem, ist es wichtig zu wissen, was es darstellt.
Betrachte zunächst folgendes Beispiel:
Im Unterricht lernt man je nach Vorliebe des Lehrers unterschiedliche Bezeichnungen für die einzelnen Gleichungen eines LGS. Wenn du I, II, III, IV etc. oder a), b), c) etc. als Bezeichnungen für lineare Gleichungssysteme gelernt hast oder noch ein anderes System zur Kennzeichnung verwendest, ist das selbstverständlich auch korrekt!
Ein lineares Gleichungssystem besteht in der in diesem Artikel behandelten Form aus zwei Gleichungen mit zwei Variablen, zumeist x und y. Die beiden Gleichungen sind aus mathematischer Sicht Geraden, denn sie ordnen jeder eingesetzten x-Stelle einen y-Wert zu.
Also: Für die Lösung eines linearen Gleichungssystems stellst du dir dieses als zwei Geraden vor. In der Abbildung 1 siehst du beide Graphen eingezeichnet.
Wir nehmen dazu wieder das obige Beispiel und zeichnen die beiden Gleichungen als Geraden in ein Koordinatensystem ein.
Abbildung 1: Die Graphen der Geraden i und ii im Koordinatensystem
Lineare Gleichungssysteme und ihre Lösungen
Um die graphische Lösung für lineare Gleichungssysteme sinnvoll zu erlernen und später anzuwenden, musst du dir erst einmal klar machen, was die Lösung eines linearen Gleichungssystems mathematisch zu bedeuten hat.
Eine Lösung eines linearen Gleichungssystems ist eine Kombination aus einem x-Wert und einem y-Wert, die, in beiden gegebenen Gleichungen eingesetzt, für eine wahre Aussage sorgt.
Mehr dazu findest du in unserem Artikel zu linearen Gleichungssystemen mit 2 Variablen.
Prinzipiell gibt es mehrere Herangehensweisen an das Lösen eines linearen Gleichungssystems, so sind das Additionsverfahren, das Gleichsetzungsverfahren und das Gauß-Verfahren die genauen, rechnerischen Wege zum Lösen, während der graphische Weg aufgrund zeichnerischer Ungenauigkeiten oft nur eine angenäherte Lösung bringt.
Aufgabe
Löse das im Beispiel oben benannte lineare Gleichungssystem rechnerisch:
Lösung
Mit den rechnerischen Verfahren zur Lösung von linearen Gleichungssystemen, wie z.B. dem Additionsverfahren oder dem Gleichsetzungsverfahren, die du in den zugehörigen Artikeln erlernen kannst, ergibt sich folgende Lösungsmenge:
Diese Kombination aus x- und y-Wert ergibt einen Punkt im Koordinatensystem, der auf beiden Geraden, die durch die Gleichungen definiert werden, liegt.
Wenn wir die im Beispiel errechnete Lösung nun im Koordinatensystem markieren, ergibt sich folgende Abbildung:
Abbildung 2: Gleichungen i und ii mit Schnittpunkt A
Die Lösungen eines Gleichungssystems entsprechen hier also dem gemeinsamen Punkten der beiden Geraden.
Nun bleiben noch die beiden Sonderfälle:
Wenn das lineare Gleichungssystem eine leere Lösungsmenge hat, bedeutet das: die Gleichungen haben keine gemeinsamen Punkte. Die Geraden der Gleichungen müssen parallel sein.Wenn das lineare Gleichungssystem unendlich viele Lösungen hat, bedeutet das: die Gleichungen haben unendlich viele gemeinsame Punkte. Die Geraden der Gleichungen müssen identisch sein; die Gleichungen sind hierbei immer Vielfache voneinander.
Gleichungssystem zeichnerisch lösen – Anleitung
Wie sieht nun also die graphische Lösung linearer Gleichungssysteme aus?
Mit den vorangestellten Erläuterungen ist die graphische Lösung in nur wenigen Schritten vollbracht.
Schritt 1 – Umformen der Gleichungen
Im ersten Schritt geht es darum, alle Gleichungen des linearen Gleichungssystems so umzuformen, dass sie in der allgemeinen Geradenform stehen. Kurz zur Wiederholung:
Allgemeine Geradengleichung:
Dies wird erreicht, indem du die Gleichung mithilfe von Äquivalenzumformungen nach y auflöst, also so umformst, dass nur noch genau ein y auf der einen Seite des Gleichheitszeichen steht und der Rest auf der anderen.
Die Schritt-für-Schritt-Erklärung wird für dich von einem Beispiel begleitet. Für das Beispiel werden wir dieses lineare Gleichungssystem verwenden:
Schritt 2 – Zeichnen der Graphen
Der zweite Schritt besteht daraus, alle Gleichungen des linearen Gleichungssystems in ein geeignetes Koordinatensystem zu zeichnen.
Hierzu zeichnest du zuerst den y-Achsenabschnitt der Gleichungen ein und dann die zugehörige Steigung.
Das wiederholst du für die zweite Gerade.
Abbildung 3: Graphen der Geraden i und ii
Wichtig ist, dass du bei diesem Schritt genau vorgehst. Achte darauf, dass das Koordinatensystem so skaliert ist, dass du einen Punkt ungefähr auf eine Stelle hinter dem Komma genau ablesen kannst. Achte auch unbedingt darauf, dass du die Geraden akkurat einzeichnest, damit du einen potentiellen Schnittpunkt im nächsten Schritt möglichst genau ablesen kannst.
Schritt 3 – Interpretation der Zeichnung
Der dritte Schritt ist der wichtigste: Hier interpretierst du die von dir geschaffene Visualisierung des linearen Gleichungssystems und löst es damit.
Wenn du an das vorher Gelernte zurückdenkst, weißt du, dass die gemeinsamen Punkte der Geraden die Lösungsmenge des Gleichungssystems ergeben. Das bedeutet also: Die Schnittpunkte deiner gezeichneten Geraden sind die Lösungen des Gleichungssystems.
Da du zwei Geraden gezeichnet hast, gibt es immer die folgenden Szenarien:
Die Geraden schneiden sich in einem Punkt
Die Geraden sind parallel und nicht identisch, dann gibt es keinen Schnittpunkt
Die Geraden liegen aufeinander, dann gibt es unendlich viele Schnittpunkte
Zurück zum Beispiel!
Für unser Beispiel lässt sich der Schnittpunkt A (1,6|-1,4) ablesen:
Abbildung 4: Graphen der Geraden i und ii mit ihrem Schnittpunkt A
Wenn 2 Geraden identisch sind, fällt das allerdings schon vor dem Zeichnen auf, da in diesem Fall auch die Gleichungen identisch sind, wenn man sie nach y vereinfacht. Genauso, wenn sie parallel sind und damit keinen Schnittpunkt haben: hierbei ist in komplett vereinfachter Form die Steigung m der beiden Geraden die gleiche.
Wenn es keinen Schnittpunkt gibt, sind die Geraden parallel und die Lösungsmenge leer.
Wenn die Geraden aufeinander liegen, sind sie identisch und die Lösungsmenge unendlich groß. Die Lösungsmenge entspricht hier der gegebenen Geraden. Jeder Punkt auf der Geraden ist eine mögliche Lösung.
Wenn die Geraden einen Schnittpunkt haben, dann ist dieser die einzige Lösung des Gleichungssystems.
Du musst ihn nur noch ablesen und hast deine Lösung graphisch ermittelt.
Ein wichtiger Tipp zur Vorgehensweise: mache dir schon nach Schritt 1 bewusst, mit wie vielen Lösungen du zu rechnen hast, indem du dir die Gleichungen anschaust. So kannst du schon vor dem Zeichnen genau sagen, wie die Geraden zueinander stehen und unnötige Fehler bei der Zeichnung vermeiden und dir in den beiden Sonderfällen die Zeichnung sogar ganz sparen.
Schritt 4 – Aufschreiben der Lösungsmenge
Obwohl durch die Zeichnung die Lösung schon eindeutig gezeigt ist, solltest du zur Sicherheit dennoch immer die Lösungsmenge notieren.
Das machst du genau so, wie du es in unserem Artikel zu linearen Gleichungssystemen mit 2 Variablen gelernt hast.
Denke im Falle eines Schnittpunktes daran, diesen zu markieren! Es muss ersichtlich sein, dass der Schnittpunkt die Lösung des linearen Gleichungssystems darstellt.
In unserem Beispiel würde das Notieren der Lösung folgendermaßen aussehen:
Erst unser graphisches Ergebnis:
Abbildung 5: Graphen der Funktionen i und ii mit ihrem Schnittpunkt A
Und dann eine Notation der Lösungsmenge:
Der Themenkomplex der Gleichungssysteme greift in mehreren Dimensionen noch tiefer als es lineare Gleichungssysteme tun.
So gibt es Gleichungssysteme mit höhergradigen Funktionen, mit mehr als zwei Gleichungen, mit mehr als zwei Variablen, aber auch Ungleichungssysteme oder Gleichungssysteme mit Betragsgleichungen.
Oftmals läuft es auf eine Kombination von allem heraus.
Die komplexeren Gleichungssysteme lassen sich allerdings auch alle graphisch lösen, da das Prinzip, nachdem sie funktionieren, immer sehr ähnlich ist: Es geht darum, die Schnittpunkte zu finden und deren Bedeutung zu interpretieren.
Ungleichungssysteme lassen sich fast nur graphisch lösen, da es hier fast immer um die Fläche zwischen zwei Funktionen beziehungsweise Flächenteilen zwischen zwei Schnittpunkten der Funktionen geht.
Die nachfolgende Grafik ist die Veranschaulichung des Ungleichungssystems iii (aus i und ii):
Die Ungleichung i beschreibt die gesamte Fläche "oberhalb" der Funktion:
Die Ungleichung ii beschreibt die gesamte Fläche "unterhalb" der Funktion:
Das Ungleichungssystem als Ganzes beschreibt also die Fläche, die sowohl oberhalb von f(x) liegt als auch unterhalb von g(x) liegt.
Zur Graphischen Lösung markiert man die beiden Flächen mit einer Farbe und die Flächenabschnitte, die mit beiden Farben markiert sind, ergeben die Lösungsmenge des Ungleichungssystems.
In diesem Beispiel und bei eigentlich jedem Ungleichungssystem ergeben die Schnittpunkte die Grenzen des Lösungsintervalls.
Abbildung 6: Graphische Lösung eines Ungleichungssystems mit den Graphen der Ungleichungen i (blau) und ii (orange)
LGS grafisch lösen – Anwendung und Aufgaben
Um dir eine Vorstellung von möglichen Aufgaben zur graphischen Lösung linearer Gleichungssysteme zu geben und dir eine Möglichkeit zum Üben zu schaffen, findest du in diesem Abschnitt 3 Übungsaufgaben mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad.
Aufgabe
Löse die folgenden linearen Gleichungssysteme graphisch und gib ihre Lösungsmenge an.
a)
b)
c)
Lösung
a) Die Gleichungen sind bereits nach y aufgelöst:
Zeichnet man sie in ein Koordinatensystem, ergibt sich ein Bild ähnlich wie in Abbildung 7.
Abbildung 7: Die Geraden i und ii des Gleichungssystems a) mit dem Schnittpunkt A
Aus der Abbildung lässt sich der Schnittpunkt A(3|6) ablesen. Daraus ergibt sich:
b) Zunächst löst du die Gleichungen nach y auf. Daraus folgen die Geradengleichungen:
und
Da die Steigung der beiden Geraden gleich ist, weißt du, dass die Geraden parallel sein müssen und daher eine leere Lösungsmenge haben. Zeichnet man sie trotzdem, ergibt sich folgendes Bild:
Abbildung 8: parallele Graphen der Gleichungen i und ii des Koordinatensystems b
Aus den vorangegangenen Überlegungen und der Abbildung 5 ergibt sich dann eine leere Lösungsmenge:
c) Nach Auflösung der Gleichungen nach y ergeben sich die Geradengleichungen:
und
Zeichnet man diese in ein geeignetes Koordinatensystem, ergibt sich folgendes Bild:
Der gemeinsame Punkt ist gerundet der Schnittpunkt A(0,3|0). Daraus ergibt sich die folgende Lösungsmenge:
Besonders aus diesem letzten Beispiel zeigt sich, dass die graphische Variante der Lösung von linearen Gleichungssystemen besonders in kleineren Skalierungen ungenau sein kann. Daher ist sie für Aufgaben, die genaue Ergebnisse benötigen, ungeeignet. Hier sollten die in unseren jeweiligen Artikeln erklärten rechnerischen Methoden zur Lösung linearer Gleichungssysteme verwendet werden, zum Beispiel das Additionsverfahren.
Graphische Lösung - Das Wichtigste auf einen Blick
- Lineare Gleichungssysteme lassen sich graphisch lösen.
- Vereinfache hierzu zuerst die Gleichungen, sodass das y einzeln steht.
- Die vereinfachten Gleichungen sind Geradengleichungen.
- Zeichne die Geradengleichungen in ein passend skaliertes Koordinatensystem.
- Die gemeinsamen Punkte der Geraden sind die Lösung(en) des linearen Gleichungssystems.
- Wenn die Geraden parallel sind, gibt es keine Lösung.
- Wenn die Geraden identisch sind, entspricht die Lösungsmenge jedem Punkt auf der Geraden.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema LGS Grafisch lösen
Wie kann man Gleichungssysteme zeichnerisch lösen?
Ein lineares Gleichungssystem löst man zeichnerisch, indem man seine Gleichungen zuerst nach y vereinfacht. Daraus ergeben sich Geradengleichungen. Diese zeichnet man in ein geeignetes Koordinatensystem ein, die gemeinsamen Punkte ergeben die Lösungsmenge des LGS.
Wann hat ein lineares Gleichungssystem eine Lösung?
Ein lineares Gleichungssystem hat genau eine Lösung, wenn sich die Geraden, die sich aus den beiden Gleichungen ergeben, genau ein Mal schneiden. Wenn die Geraden parallel sind, hat das LGS keine Lösung, wenn sie identisch sind unendlich viele.
Wie löse ich ein quadratisches Gleichungssystem graphisch?
Ein quadratisches Gleichungssystem löst man grafisch, indem man die einzelnen quadratischen Gleichungen nach y auflöst und in ein Koordinatensystem zeichnet. Nun kann man die Lösungen des Gleichungssystem markieren: sie sind die Punkte, die alle Graphen des Gleichungssystems teilen.
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