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Bahndrehimpuls und die alte Quantentheorie
Die alte Quantentheorie begann mit der Energiequantelung. Darauf folgte das Bohrsche Atommodell.
Im Bohrschen Atommodell befinden sich die Elektronen eines Atoms in definierten Energieniveaus.
Da die Elektronen dabei um den Atomkern „kreisen“, besitzen sie auch einen Bahndrehimpuls, der sich auf unterschiedliche Weise im Raum orientieren kann:
Bekannt war bereits, dass eine – sich auf einer Kreisbahn bewegende – Ladung ein magnetisches Moment aufweist, das dem Drehimpuls entgegengesetzt gerichtet ist. Dabei wurde vermutet, dass diese Orientierungen nur in bestimmte Raumrichtungen erfolgen können – also quantisiert sind. Es fehlte nur noch ein experimenteller Nachweis dafür.
Stern-Gerlach-Experiment Quantenmechanik
Benötigt wurde also ein Versuchsaufbau, mit dem die Orientierung des Drehimpulsvektors gemessen werden kann. Dieser wurde 1921 von Otto Stern vorgestellt, der den Versuch im darauffolgenden Jahr gemeinsam mit Walther Gerlach durchführte. Das Stern-Gerlach-Experiment ist auch heute noch einer der beliebtesten Versuche für den experimentellen Nachweis quantenmechanischer Phänomene.
Stern Gerlach Versuch Aufbau und Durchführung
In einem Ofen werden Silberatome durch Verdampfen freigesetzt und beschleunigt. Daraufhin wird der Strahl durch eine Blende gebündelt, bevor er in das inhomogene Magnetfeld geleitet wird:
Das ursprüngliche Experiment wurde mit Silberatomen durchgeführt. Heutzutage wird stattdessen eher Kalium verwendet.
Um das Magnetfeld zu erzeugen, wurde im Originalexperiment ein Elektromagnet verwendet. Damit war es möglich – bei gleichem Versuchsaufbau – eine Messung ohne Magnetfeld und eine Messung im inhomogenen Magnetfeld zu machen.
Wie ein Elektromagnet genau funktioniert und wo er im Alltag eingesetzt wird, kannst Du in der entsprechenden Erklärung nachlesen!
Beim Austritt aus dem Magnetfeld trifft der Strahl auf eine Glasplatte, an der sich die Silberatome absetzen können. Je nachdem, welches Muster dabei auftritt, wird die Richtungsquantisierung vom Drehimpuls entweder bestätigt oder widerlegt.
Stern-Gerlach-Experiment Verteilung – Erwartung
Nach den Erwartungen der klassischen Physik ist der Drehimpuls nicht quantisiert. Demnach wird eine kontinuierliche Verteilung erwartet, die aus allen möglichen Orientierungen besteht. Hat die Quantenmechanik wiederum recht, so ist die Richtung vom Drehimpuls quantisiert und es ergibt sich eine diskrete Verteilung der magnetischen Momente:
Dabei wurden für den Fall der Quantisierung drei Orientierungen vorhergesagt, die durch die entsprechenden magnetischen Quantenzahlen \(m=+1\), \(m=0\) und \(m=-1\) beschrieben wurden.
Die quantenmechanische Vorhersage, wie sie damals aufgestellt wurde, ist jedoch nicht ganz richtig. Nach dem heutigen Wissensstand über die elektronische Besetzung vom Silberatom wäre nur eine Orientierung möglich. Dazu erfährst Du mehr in der Erklärung zur Hauptquantenzahl Nebenquantenzahl. Außerdem findest Du dort auch eine ausführliche Erklärung zur Drehimpulsquantisierung und wie Du die magnetische Quantenzahl bestimmen kannst.
Beobachtet wurde hingegen etwas ganz anderes.
Stern-Gerlach Aufspaltung
In ihrem Experiment beobachteten Stern und Gerlach, dass bei ausgeschaltetem Magnetfeld der Strahl geradlinig die Apparatur passierte, ohne abgelenkt zu werden. Bei eingeschaltetem Magnetfeld wurde der Atomstrahl hingegen in genau zwei Teilstrahlen aufgespalten:
Dass keine kontinuierliche Verteilung, sondern eine Aufspaltung beobachtet werden konnte, deutete bereits auf eine Quantisierung hin. Allerdings nicht auf die Art Quantisierung, die – wie auf der rechten Seite in Abbildung 3 gezeigt – vorhergesagt wurde. Was genau haben die beiden Wissenschaftler da also gemessen?
Stern Gerlach Experiment Erklärung
Die beobachtete Aufspaltung konnte erst 1927 durch die Uhlenbeck-Goudsmit-Hypothese erklärt werden. Diese beruht auf den Erkenntnissen von George Uhlenbeck und Samuel Goudsmit, die basierend auf ihren Arbeiten an Atomspektren im Jahr 1925 den Elektronenspin postulierten.
Stern Gerlach Experiment Spin
Uhlenbech und Goudsmit erkannten, dass sich Atomspektren genauer erklären lassen, wenn das Elektron selbst ein magnetisches Moment besitzt, das nicht durch den Bahndrehimpuls verursacht wird. Dieses magnetische Moment könnte nur durch einen „inneren Drehimpuls“ des Elektrons erklärt werden. Diesen nannten sie Spin.
Der Spin (abgekürzt durch s) ist eine intrinsische Eigenschaft von Elementarteilchen – ähnlich wie Ladung oder Masse. Du kannst ihn Dir wie einen inneren Drehimpuls vorstellen, der ein magnetisches Moment hervorruft.
Allerdings findet in der Realität keine Drehbewegung im Inneren des Elektrons statt. Deswegen ist die Vorstellung vom „inneren Drehimpuls“ eher als eine Denkhilfe zu verstehen, als eine physikalische Tatsache.
Schau doch bei den Spinquantenzahlen vorbei, wenn Dich dieses Thema näher interessiert!
Der Spin kann in Wirklichkeit nicht mit klassischen Prinzipien erklärt werden, weil es in der klassischen Physik kein Analogon dazu gibt. Es ist also ein rein theoretisches Konzept, dessen Auswirkungen – das magnetische Moment – jedoch auch experimentell nachgewiesen werden können.
Stern Gerlach Experiment magnetisches Moment
In der Theorie ist das magnetische Moment \(\mu\) dem Spin stets entgegengesetzt gerichtet:
Die Silberatome besitzen ein ungepaartes Außenelektron mit dem entsprechenden magnetischen Moment. Damit kannst Du sie Dir wie kleine Magnete vorstellen, die im Stern-Gerlach-Versuch durch das inhomogene Magnetfeld geschickt werden:
Die beobachtete Aufspaltung in zwei Teilstrahlen lässt sich dabei dadurch erklären, dass das magnetische Moment – und damit auch der Spin – nur zwei räumliche Orientierungen einnehmen kann.
Somit ist die räumliche Orientierung des Spins quantisiert.
Historisch werden die möglichen Orientierungen des Elektronenspins mit nach oben und nach unten gerichteten Pfeilen dargestellt und als up- (bzw. \(\alpha\)-) und down-Spin (bzw. \(\beta\)-Spin) bezeichnet.
Sowohl die Pfeildarstellung als auch die Bezeichnung mit up- und down-Spin stammt dabei aus der Aufspaltung im Stern-Gerlach-Versuch: Dem Teilstrahl, der nach oben abgelenkt wurde, wurde der up-Spin zugesprochen und der nach unten abgelenkte Strahl erhielt den down-Spin.
Jeder Teilstrahl besteht also aus Atomen mit derselben Orientierung. Weil die entsprechenden magnetischen Momente entgegengesetzt gerichtet sind, fliegen die Teilstrahlen auch in entgegengesetzte Richtungen.
Stern Gerlach Experiment Rechnung
Der quantenmechanische Drehimpuls setzt sich also aus einem Bahndrehimpuls – verursacht durch die Elektronenbewegung – und dem Spin – einer intrinsischen Eigenschaft von Elementarteilchen – zusammen. Beide verursachen wiederum jeweils ein magnetisches Moment, das zu einem gemeinsamen magnetischen Moment koppelt.
Das magnetische Moment \(\mu\) eines Atoms mit einem ungepaarten Elektron wird einerseits durch die magnetische Spinquantenzahl \(m_s\) bestimmt. Diese kann die Werte \(m_s=\pm\frac{1}{2}\) annehmen:
$$\mu=-m_s\cdot g_s\cdot \mu_B$$
Andererseits hängt er auch vom Landé-Faktor des Elektrons \(g_s\) und dem Bohrschen Magneton \(\mu_B\) ab.
Manchmal wird der Landé-Faktor auch gyromagnetischer Faktor – oder kurz g-Faktor genannt. Er gibt das Verhältnis vom gemessenen magnetischen Moment zum klassisch vorhergesagten magnetischen Moment an.
Wenn nur der Bahndrehimpuls berücksichtigt wird, so liegt der g-Faktor bei \(g=1\), da in diesem Fall das klassisch vorhergesagte mit dem gemessenen magnetischen Moment übereinstimmt. Wird hingegen der Spin berücksichtigt, so sprichst Du vom anomalen- oder dem Spin-g-Faktor.
Der Spin-g-Faktor \(g_s\) nimmt für verschiedene Systeme unterschiedliche Werte an. Für das Elektron gilt dabei:
$$g_s\approx 2$$
Das Proton hingegen hat einen Spin-g-Faktor von \(g_s\approx 5,6\), während er für das Neutron den Wert \(g_s\approx -3,8\) einnimmt.
Der Elektronenspin wird also durch \(m_s\) und \(g_s\) berücksichtigt. Der Bahndrehimpuls des Elektrons trägt wiederum durch \(\mu_B\) zum magnetischen Moment bei.
Das Bohrsche Magneton \(\mu_B\) gibt das magnetische Moment eines Elektrons mit der Nebenquantenzahl \(l=1\) an.
Es lässt sich aus der Elementarladung \(e=1,602\cdot10^{-19}\;C\), dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum \(\hbar = 1,054\cdot 10^{-34}\;J\cdot s\) und der Elektronenmasse \(m_e=9,109\cdot10^{-31}\; kg\) berechnen:
$$\mu_B=\frac{e\cdot \hbar}{2\cdot m_e}\approx 9,274\cdot 10^{-24}\;\frac{J}{T}$$
Das Bohrsche Magneton wurde viele Jahre vor dem Stern-Gerlach-Versuch postuliert und sein Wert bereits 1911 bestimmt. Heute wird das Bohrsche Magneton auch als Einheit für das magnetische Moment von Atomen oder Atomkernen verwendet.
Das magnetische Verhalten von Atomen und Atomkernen findet besondere Anwendung in der ESR- oder der NMR-Spektroskopie. Diese Verfahren werden zur Aufklärung von chemischen Verbindungen genutzt. Während im ESR-Verfahren Elektronenspins ausgerichtet werden, werden im NMR-Verfahren Kernspins betrachtet. Der Kernspin erhält zudem besondere Aufmerksamkeit in einem ganz anderen Teilgebiet: Darauf basiert nämlich die Magnetresonanztomografie – ein wichtiges, medizinisches Diagnostikverfahren.
Stern Gerlach Experiment – Das Wichtigste
- Die Richtungsquantisierung vom Drehimpuls wurde basierend auf dem Bohrschen Atommodell vorhergesagt. Diese sollte nun experimentell überprüft werden.
- Das Stern-Gerlach-Experiment sollte die Drehimpulsquantisierung entweder bestätigen oder widerlegen.
- Im Stern-Gerlach-Experiment wird ein Strahl Silberatome durch ein inhomogenes Magnetfeld geschickt und auf einer Glasplatte aufgefangen.
- klassische Erwartung: kontinuierliche Verteilung der Drehimpulse (keine Richtungsquantisierung)
- quantenmechanische Vorhersage: Der Strahl wird in drei Teilstrahlen aufgespalten (Richtungsquantisierung).
- Beobachtet wird hingegen eine Aufspaltung in zwei Teilstrahlen. Diese kann durch den Elektronenspin erklärt werden.
- Der Spin ist eine intrinsische Eigenschaft von Elementarteilchen.
- Er ist quantisiert und kann nur Richtungen annehmen, die durch die Spinquantenzahl \(m_s\) vorgegeben sind.
- Er ruft ein magnetisches Moment \(\mu\) hervor: $$\mu=-m_s\cdot g_s\cdot \mu_B$$ Dabei ist \(g_s\) der Landé-Faktor und \(\mu_B\) das Bohrsche Magneton.
- Der Landé-Faktor wird auch als Spin-g-Faktor bezeichnet, wenn der Spin berücksichtigt wird. Dieser kann je nach System unterschiedliche Werte annehmen.
- Das Bohrsche Magneton \(\mu_B\) gibt das magnetische Moment eines Elektrons mit der Nebenquantenzahl \(l=1\) an.
Nachweise
- W. Gerlach; O. Stern. (1922). Der experimentelle Nachweis der Richtungsquantelung im Magnetfeld. Zeitschrift für Physik.
- O. Stern. (1921). Ein Weg zur experimentellen Prüfung der Richtungsquantelung im Magnetfeld. Zeitschrift für Physik.
- Otto Stern (1946). The method of molecular rays. Nobel Lecure.
- Peter W. Atkins, Ronald S. Friedman (2011). Molecular Quantum Mechanics. Oxford University Press.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Stern Gerlach Experiment
Was ist das Stern Gerlach Experiment?
Im Stern-Gerlach Experiment wird ein Strahl Silberatome durch ein inhomogenes Magnetfeld geschickt. Ziel des Experiments war ursprünglich, die Quantisierung vom Drehimpuls nachzuweisen – oder zu widerlegen.
Wie berechnet man das Stern Gerlach Experiment?
Das magnetische Moment µ wird durch den Elektronenspin verursacht und hängt von der Spinquantenzahl ms ab und lässt sich mit dem Landé-Faktor gs und dem Bohrschen Magneton µB berechnen:
µ=-ms*gs*µB
Was zeigt das Stern Gerlach Experiment?
Im Stern-Gerlach-Versuch wird eine Aufspaltung in zwei Teilstrahlen beobachtet. Diese kann durch den Elektronenspin erklärt werden.
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