Dissoziative Identitätsstörung

Die dissoziative Identitätsstörung (kurz DIS), früher multiple Persönlichkeitsstörung genannt, ist eine Erkrankung, die oft in Büchern und Filmen aufgegriffen wird. In Filmen, wie "Split", werden Menschen mit DIS häufig als gefährliche Straftäter dargestellt. Studien aber zeigen, dass Erkrankte in der Realität nicht häufiger zu Straftaten neigen als Menschen ohne DIS. Die Krankheit ist also nicht wirklich das, was Hollywood zeigt.

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    Inhaltswarnung Thematisierung von Suizid, Gewalt, Rassismus und andere Formen von Diskriminierung, StudySmarter

    Dissoziative Identitätsstörung – Definition

    Die dissoziative Identitätsstörung (früher multiple Persönlichkeitsstörung genannt) ist eine psychische Störung, bei der zwei oder mehrere Identitäten innerhalb einer Person wechseln. In der Regel wissen die einzelnen Identitäten nichts voneinander. In den meisten Fällen dient die Abspaltung von der eigenen Persönlichkeit (und den damit verbundenen eigenen Erinnerungen) dazu, sich vor traumatischen Erinnerungen zu schützen.

    Bei einer dissoziativen Identitätsstörung spaltet sich das Ich einer Person in unterschiedliche Persönlichkeiten auf, die dann alle ein Eigenleben führen. Die Persönlichkeiten können unterschiedlichen Alters und Geschlechts sein, sowie über verschiedene Vorlieben, Fähigkeiten und Erinnerungen verfügen. 1

    Die multiple Persönlichkeitsstörung wurde im Jahr 2019 von der WHO (World Health Organisation) in die dissoziative Identitätsstörung umbenannt. Die Umbenennung wurde damit begründet, dass es sich bei der DIS nicht um eine Art der Persönlichkeitsstörung handelt, da Persönlichkeitsstörungen vor allem mit starren und extremen Ausprägungen von Persönlichkeitseigenschaften zusammenhängen. Im Gegensatz dazu äußert sich die DIS durch Abspaltungen von der eigenen Persönlichkeit (Dissoziation).

    Das bedeutet, dass die verschiedenen Persönlichkeitsanteile einer Person voneinander getrennt auftreten, aber ohne, dass die Anteile Symptome einer Persönlichkeitsstörung zeigen.

    Wenn Du Dich für das Thema der Persönlichkeiten noch mehr interessierst, dann sind die Erklärungen "Persönlichkeit" und "Persönlichkeitsstörungen" etwas für Dich.

    Bei der dissoziativen Identitätsstörung kommt es nicht selten zu Erinnerungslücken bei den betroffenen Personen, da diese sich oft nur an das Handeln der in dem Moment dominanten Persönlichkeit erinnern können. Häufig haben sie auch Probleme, sich an Informationen zu erinnern, an die sie sich normalerweise ohne Schwierigkeiten erinnern können müssten. Dazu gehören alltägliche Ereignisse, wichtige persönliche Informationen oder traumatische und belastende Erlebnisse. Es wird vermutet, dass das mit dem häufigen Wechsel zwischen verschiedenen Erinnerungen zusammenhängt, da jede Identität über eigene Erinnerungen verfügt.

    Die Erkrankung tritt bei etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung auf. Frauen und Männer sind fast gleich häufig davon betroffen. Im Durchschnitt wechseln bei Betroffenen zwei bis vier Identitäten untereinander. In den seltensten Fällen sind es sogar mehr als zwanzig Persönlichkeiten. In den meisten Fällen steht bei Erkrankten immer nur eine Identität im Vordergrund.

    Dissoziative Identitätsstörung – ICD-10, ICD-11 und DSM-5

    Die dissoziative Identitätsstörung ist in den internationalen Diagnosewerken ICD-11 (bzw. der älteren Fassung ICD-10) und DSM-5 unter den Konversionsstörungen bzw. dissoziativen Störungen gelistet. Sie gilt als die schwerste Form der dissoziativen Störungen.

    Bei Konversionsstörungen handelt es sich um psychische Störungen, die körperliche Leiden auslösen. Eine dissoziative Störung ist ein Sammelbegriff für bestimmte psychische Krankheiten, bei denen Betroffene auf sehr belastende Ereignisse mit der Abspaltung von Erinnerungen oder gar ganzen Persönlichkeitsanteilen reagieren. Dadurch lassen sich stark belastende und unerträgliche Erinnerungen ausblenden.

    Eine dissoziative Konversionsstörung ist eine neurotische Störung, die sich durch Symptome wie dem Verlust des Identitätsbewusstseins, Erinnerungsstörungen und neurologische Symptome wie Taubheit oder Lähmung äußern kann.

    Die ICD-11 ("International Statistical Classification of Diseases") ist das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen, das von der WHO ("World Health Organization") eingeführt wurde. Die Ziffer 11 in ICD-11 steht für die elfte Edition. Das ist die Edition, die derzeit verwendet wird.

    Das "Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen" (DSM, engl.: "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders") ist ein Klassifikationssystem der APA ("American Psychiatric Association"). Das DSM wird als Ersatz oder Ergänzung für das ICD-11 genutzt.

    Die aktuellste Fassung (also die ICD-11) enthält die neu eingeführte Diagnose "partielle dissoziative Identitätsstörung". Diese Diagnose wurde eingeführt, um Krankheitsbilder zu beschreiben, bei denen die Abspaltung der Persönlichkeitsanteile weniger stark ausgeprägt ist. Bei der partiellen DIS kommt es im Alltag kaum zu Erinnerungslücken. Dabei ist ein Persönlichkeitsanteil dominant und funktioniert normalerweise im Alltag, wird jedoch durch einen oder mehrere nicht dominante Persönlichkeitsanteile beeinflusst.

    Dissoziative Identitätsstörung – Arten

    Die dissoziative Identitätsstörung wird in zwei unterschiedliche Arten oder Formen unterteilt. Man unterscheidet die Besessenheitsform und die nicht mit Besessenheit zusammenhängende Form. In der folgenden Tabelle lernst Du die beiden Formen genauer kennen.

    Form der dissoziativen Identitätsstörung Beschreibung
    Besessenheit
    • Die verschiedenen Identitäten einer Person erscheinen, als wären es Außenstehende, die die Kontrolle über den/die Betroffene*n haben.
    • Diese Außenstehenden können im Kopf des/der Erkrankten übernatürliche Wesen (Geister, Dämonen oder eine Gottheit) sein, aber manchmal sind sie lediglich eine andere Person.
    • Die Betroffenen sprechen anders, als sie es normalerweise tun.
    • Die verschiedenen Identitäten werden von den Identitäten selbst nicht zwingend als Störung angesehen.
    keine Besessenheit
    • Diese Form ist für Außenstehende weniger offensichtlich.
    • Die Betroffenen können eine plötzliche Veränderung ihrer Selbstwahrnehmung spüren.
    • Dabei fühlen sie sich oft wie Beobachter*innen des eigenen Sprechens, Fühlens oder Verhaltens und nicht wie die aktiv handelnde Person.

    Partielle dissoziative Identitätsstörung

    Die partielle dissoziative Identitätsstörung ist eine eigene Diagnose, die der dissoziativen Identitätsstörung sehr ähnlich ist. Auch bei einer partiellen dissoziativen Identitätsstörung gibt es zwei oder mehr verschiedene Persönlichkeitszustände. Im Gegensatz zur dissoziativen Identitätsstörung gibt es jedoch einen eindeutig dominanten Persönlichkeitszustand.

    Dieser wird im Alltag hin und wieder von den anderen, nicht-dominanten Persönlichkeitszuständen gestört. Gelegentlich kann auch ein nicht-dominanter Persönlichkeitszustand die Kontrolle über Bewusstsein und Verhalten übernehmen. Dieser tritt dann aber nur über eine relativ kurze Zeit in den Vordergrund und übernimmt oft ganz bestimmte Aufgaben, wie das folgende Beispiel zeigt:

    Ein nicht-dominanter Persönlichkeitszustand kann beispielsweise immer in Situationen von starker Angst die Kontrolle übernehme, um den dominanten Persönlichkeitszustand davor zu schützen.

    Dissoziative Identitätsstörung – Symptome

    Die Symptome einer dissoziativen Identitätsstörung sind meist nicht nur psychischer, sondern auch körperlicher Art. Dennoch lernen viele betroffene Menschen mit ihrer Erkrankung gut zurechtzukommen und ein produktives Leben zu führen.

    Eine Diagnose einer dissoziativen Identitätsstörung wird anhand der Untersuchung folgender Symptome gestellt:

    • Betroffene besitzen mehr als eine Identität
    • Amnesie (Gedächtnisverlust)
    • sonstige Symptome, die die Lebensweise der Betroffenen beeinflussen und belasten (etwa sexuelle Funktionsstörungen oder starke Kopfschmerzen)

    In der folgenden Tabelle kannst Du Dir die einzelnen Symptome noch einmal genauer anschauen.

    Symptom BeschreibungBeispiele
    mehr als eine Identität
    • Betroffene sprechen und handeln in einer auffällig anderen Weise.
    • Sie handeln, als hätte jemand oder etwas anderes sie "übernommen".
    • Die eigentliche Identität rückt in den Hintergrund und die anderen Identitäten übernehmen die komplette Kontrolle, ohne dass die eigentliche Identität das mitbekommt oder sich im Nachhinein daran erinnern kann.
    • Die anderen Identitäten können unter anderem ein anderes Geschlecht, ein anderes Alter oder unterschiedliche Charakterzüge haben.
    • Andere Personen mit dissoziativer Identitätsstörung handeln nicht, als würde jemand anderes sie kontrollieren, sondern fühlen sich stattdessen von sich selbst losgelöst, als würden sie eine andere Person beobachten und nicht selbst handeln.
    • Ein Betroffener, der eigentlich ein 30 Jahre alter Deutscher ist, hat eine andere Identität als ein 15-jähriger Junge aus Italien.
    • Manche Erkrankte haben das Gefühl, ihre Handlungen von außen zu betrachten, als würden sie einen Film sehen. Sie fühlen plötzlich Dinge, die sie nicht kontrollieren können und die sonst nicht zu ihnen zu gehören. Zum Beispiel essen sie in diesem Moment gerne Sushi und tragen bunte Kleidung, obwohl sie sonst kein Sushi mögen und lieber dunkle Kleidung tragen.
    Amnesie
    • Betroffene können sich nicht an bestimmte Zeiträume in ihrer Kindheit oder Jugend erinnern.
    • Die Betroffenen vergessen beispielsweise vorübergehend, wie man Auto fährt, obwohl sie einen Führerschein haben und normalerweise Auto fahren können.
    • Nach einer Amnesie finden Erkrankte beispielsweise Notizen, die in ihrer Handschrift geschrieben sind und sie können sich nicht erinnern diese geschrieben zu haben.
    sonstige Symptome
    • Symptomen, die denen anderer psychischer Störungen ähneln
    • körperliche Symptome
    • starke Kopfschmerzen
    • tiefe Traurigkeit, wie bei einer Depression
    • Halluzinationen

    Oft wird in der umgangssprachlichen Nutzung des Wortes die dissoziative Identitätsstörung mit einer Schizophrenie verwechselt. Eine Schizophrenie ist jedoch keine Abspaltung der Persönlichkeit, sondern eine psychische Störung, bei der die Gedanken und Wahrnehmungen der Betroffenen verändert sind. Diese Störung des Denkens und der Gefühlswelt kann zu Realitätsverlust, Trugwahrnehmungen und Wahnvorstellungen führen. Mehr über das Thema findest Du in der Erklärung “Schizophrenie“.

    Dissoziative Identitätsstörung – Verlauf

    Der Verlauf einer dissoziativen Identitätsstörung ist oft chronisch. Im Gegensatz zu den meisten anderen dissoziativen Störungen, die oft nur kurze Zeit anhalten, bleibt eine dissoziative Identitätsstörung oft über Jahre, oder sogar das gesamte Leben der Betroffenen. Obwohl diese Störung sehr schwerwiegend ist, kann sie mit einer entsprechenden Therapie gut behandelt werden. Diese dauert meist mehrere Jahre. Betroffene können dabei lernen, mit der Störung zu leben und ein weitgehend normales Leben zu führen.

    Dissoziative Identitätsstörung – Ursachen

    Die Ursachen einer dissoziativen Identitätsstörung sind in der Regel schwerwiegende traumatische Erfahrungen in der Kindheit. Studien ergaben, dass etwa 90 Prozent der Betroffenen als Kinder schwer misshandelt (körperlich oder psychisch) wurden. Andere wurden nicht misshandelt, haben jedoch in früher Kindheit einen schweren Verlust erlitten oder hatten eine schwere Krankheit.

    Kommt es, während sich in der Kindheit oder Jugend die persönliche Identität entwickelt, zu einem traumatischen Ereignis, kann das dauerhafte Auswirkungen auf die Fähigkeit haben, eine einzige zusammenhängende Identität zu entwickeln. Außerdem beginnen Kinder, sich unter solchen Umständen immer mehr in ihre "eigene Welt zu flüchten“, um dem traumatischen Erlebnis zu entfliehen und sich in sich selbst zurückzuziehen. Dadurch kann es passieren, dass jedes traumatische Ereignis eine andere und schützende Identität hervorruft. Ein Beispiel dafür ist die Vernachlässigung durch Bezugspersonen und der Tod eines Elternteils:

    Als Johannes drei Jahre alt war, starb seine Mutter an einer Krebserkrankung. Sein Vater entwickelte danach ein Alkoholproblem und hatte häufig Schwierigkeiten, seine Wut zu kontrollieren. Immer öfter wurde er gegenüber Johannes aggressiv, bis es so weit kam, dass er ihn körperlich misshandelte. Johannes fühlte sich allein. Er hatte niemanden, an den er sich wenden konnte.

    Nach einiger Zeit kam es dazu, dass Johannes jeden Morgen mit blauen Flecken aufwachte, sich aber nicht daran erinnern konnte, dass sein Vater ihm am Abend vorher etwas angetan hat. Als Johannes in der Schule immer öfter in Schwierigkeiten geriet, weil er mit anderen Schülern Streitereien anfing, an die er sich nicht erinnern konnte, wurde er zu einem Psychotherapeuten geschickt.

    Im Laufe der Behandlung stellte sich heraus, dass Johannes an einer dissoziativen Identitätsstörung leidet. Er hat in seiner Verzweiflung die schützende Identität des älteren Jungen Thomas entwickelt, der nun immer dann aktiv ist, wenn Johannes mit traumatischen Erlebnissen konfrontiert wird, mit denen er selbst nicht zurechtkommt.

    Dissoziative Identitätsstörung – Behandlung

    Die Behandlung einer dissoziativen Identitätsstörung dauert oft mehrere Jahre. Die Erkrankung kann trotz ihrer Schwere oft so erfolgreich behandelt werden, dass die Patient*innen ein Leben ohne zu große Belastungen und Einschränkungen führen können.

    Ein wichtiger Teil der Behandlung ist die Psychotherapie (in den meisten Fällen die kognitive Verhaltenstherapie), bei der die verschiedenen Identitäten unter anderem miteinander verflochten werden sollen. Dabei können verschiedene Methoden innerhalb der Therapie angewendet werden:

    • Fantasiereisen
    • Hypnose
    • Lernen von Methoden und Strategien zur Stabilisierung starker Emotionen
    • Vermitteln der Beziehungen zwischen den Identitätszuständen
    • Aufarbeiten von traumatischen Erinnerungen
    • Prävention weiterer Opfersituationen

    Ein Beispiel für eine Behandlung durch Hypnose findest Du auch bei Johannes:

    Johannes hat durch Tod seiner Mutter und das gewalttätige Verhalten seines Vaters in seiner Kindheit eine dissoziative Identitätsstörung entwickelt. In der Therapie soll er durch Anwendung von Hypnose lernen, die Erlebnisse aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Er soll sich als Überlebender und nicht mehr als Opfer sehen und erkennen, dass er dieser schutzlosen Situation nicht weiter ausgeliefert ist. Schritt für Schritt soll er dadurch unempfindlicher gegenüber den Auswirkungen ihres Traumas zu werden.

    Eine medikamentöse Behandlung kann zwar einige der spezifischen Begleitsymptome wie Angst oder Depression abschwächen, hat jedoch keinen Effekt auf die Störung an sich.

    Das Ziel einer Therapie ist es, die Identitäten in eine einzige Persönlichkeit zu vereinen. Das ist jedoch nicht immer möglich. In solchen Fällen ist das Ziel, eine friedliche Interaktion zwischen den Identitäten zu erreichen, um den Betroffenen wieder in den Alltag einzuführen und ihnen diesen zu erleichtern.

    Wenn Du Dich für das Thema Psychotherapie noch mehr interessierst, dann lies Dir auch die Erklärungen "Diagnose und Therapie psychischer Störungen" und "Kognitive Verhaltenstherapie" durch.

    Dissoziative Identitätsstörung – Fallbeispiel

    Fallbeispiele veranschaulichen die Anzeichen, den Verlauf und die Therapie einer dissoziativen Identitätsstörung am besten. Beispiele zur DIS gibt es viele. Manche davon in Filmen, manche stammen von realen Fällen ab. Jedoch weichen die fiktiven Beispielgeschichten aus Hollywood meist stark von der Realität ab.

    Der nächste Absatz enthält Spoiler zu Filmen, die sich mit der Thematik der dissoziativen Identitätsstörung beschäftigen.

    Den Umgang mit der dissoziativen Identitätsstörung in Filmen kannst Du Dir an folgendem Beispiel ansehen:

    In dem Film "Das geheime Fenster" zieht sich der Schriftsteller Mort Rainey nach der dramatischen Trennung von seiner Ehefrau in ein abgelegenes Haus zurück. Auf einmal taucht ein merkwürdiger Mann namens John Shooter auf und wirft ihm vor, seine Erzählung "Das geheime Fenster" von ihm abgeschrieben zu haben. Shooter fordert Mort auf, im Laufe von drei Tagen Beweise vorzulegen, dass Mort die Geschichte nicht geklaut hat. Er droht Mort, dessen Hund zu töten und warnt ihn davor, die Polizei einzuschalten.

    Die Originalausgabe von Morts Geschichte, die im Haus seiner Ex-Frau liegt, wird jedoch zerstört, als das Haus unter ungeklärten Umständen in Flammen aufgeht. Und als er die Zweitausgabe von seinem Agenten anfordert, fehlen aus dieser die Seiten der Erzählung.

    Mort verspürt immer mehr ein Gefühl von Bedrohung. Die Polizei scheint ihm nicht helfen zu können, weswegen er den Privatdetektiv Ken Karsch kontaktiert. Während der Nachforschungen des Detektives, spitzt sich die Lage von Mort immer weiter zu und er hat Schwierigkeiten, die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Karsch und ein Nachbar (der Mort angeblich mit Shooter gesehen hat) werden von Shooter umgebracht.

    Am Ende der Geschichte findet man heraus, dass Mort selbst Shooter ist, und dass er, ohne dass es ihm bewusst war, die Rolle dieser von ihm selbst erfundenen Figur übernommen hat, um sich als Shooter an seiner ehemaligen Frau zu rächen, da Mort dazu selbst nicht in der Lage war. Mort hat also alle diese Morde begangen und auch das Haus seiner Ex-Frau in Brand gesteckt. Als diese ihn in seiner Hütte aufsucht, ermordet er sie und ihren neuen Partner Ted.

    Der Film zeigt zwar überzeugend auf, dass eine Person, die an einer dissoziativen Identitätsstörung erkrankt ist, diese meist an den Tag legt, um belastende Erinnerung, mit denen die eigene Identität nicht umgehen kann, zu umgehen oder zu verarbeiten und auch, dass dieser Vorgang meist unbewusst stattfindet. Jedoch sollte man beachten, dass eine dissoziative Identitätsstörung in den meisten Fällen durch ein schwerwiegendes Trauma in der Kindheit (nicht durch Trennungen im Erwachsenenalter) ausgelöst wird. Außerdem stehen Betroffene normalerweise nicht mit ihren weiteren Identitäten im Austausch und werden in seltenen Fällen durch die Erkrankung straffällig oder gewalttätig.

    Wie Du siehst, spiegeln die Darstellungen einer DIS Erkrankung in Filmen selten die Realität wider.

    Um besser zu verstehen, wie sich eine tatsächliche dissoziative Identitätsstörung im realen Leben äußern kann, wie sie verläuft und wie die Behandlung abläuft, schau Dir die beiden folgenden Fallbeispiele an.

    Fallbeispiel 1

    Als Sofia noch ein Kind war, geriet sie in einen Pädophilenring. Sie wurde gegen Geld für Sex verkauft. Sofia selbst hat kaum Erinnerungen an diese Zeit. Sie weiß nur das, was ihr andere erzählt haben. In ihrer Jugend befand sie sich oft aufgrund von Depressionen in Therapie. Als Sofia umzog und deswegen an eine neue Therapeutin geriet, wurde ihr die DIS diagnostiziert.

    Im Nachhinein kann gesagt werden, dass sie wahrscheinlich schon seit vielen Jahren an der Erkrankung litt, aber dies nie aufgefallen ist. Insgesamt leben in ihr 30 verschiedene Persönlichkeiten (eine ungewöhnlich hohe Zahl an Persönlichkeiten innerhalb einer DIS). Viele davon sind vermutlich circa um ihr zehntes Lebensjahr herum entstanden. Sie sind alle sehr unterschiedlich. Darunter befinden sich auch viele Kinder und Teenager.

    Öffnet Sofia ihren Kleiderschrank, findet sie darin Kleidung, die sie selbst nie gekauft hat. Manche Persönlichkeiten essen kein Fleisch. Sofia selbst isst sehr gerne Fleisch. Auch der Stil der Identitäten ist sehr unterschiedlich. Sie stylen ihre Haare anders, auch je nachdem, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt.

    Sofia hat aufgrund ihrer Erkrankung mit Einschränkungen zu kämpfen, aber alles in allem führt sie ein organisiertes Leben. Dank ihrer therapeutischen Behandlung hat sie ihre Krankheit soweit unter Kontrolle. Sie hat vier bis fünf Alltagspersönlichkeiten. Eine davon ist ein 30-jähriger Mann. Er geht arbeiten und kümmert sich um bürokratische Angelegenheiten. Eine Identität ist für das Kochen zuständig. Eine andere kümmert sich darum, die Wohnung sauber zuhalten. Jede Identität verfügt also über eigene Aufgaben.

    Fallbeispiel 2

    Alex hatte eine schwierige Kindheit ohne viel Geborgenheit und war oft Gewalt ausgesetzt.

    Daran kann er sich aber nur noch kaum erinnern. Um all das zu verkraften, entwickelte sein Selbst weitere Identitäten. Als er noch sehr jung war, erblindete er zusätzlich dazu. Seine Augen und Nerven sind intakt, aber die Weiterleitung der Information zur Sehrinde des Gehirns ist unterbrochen.

    Fünfzehn Jahre später konnte Alex auf einmal wieder sehen. Das passierte aufgrund einer seiner Persönlichkeiten, bei der die Weiterleitung der Informationen zur Sehrinde nicht gestört war. Die anderen Identitäten waren weiterhin blind. Dies konnten elektrophysiologische Untersuchungen (EEG) bestätigen, da sich nur bei dem Aufnehmen visueller Reize durch die erwähnte Persönlichkeit Aktivitäten im Gehirn zeigten.

    Bei Alex zeigten sich im Laufe seiner Therapie nach und nach zehn verschiedene Persönlichkeitsanteile. Unter ihnen waren Männer und Frauen, jüngere und ältere Person, manche sprachen Deutsch, aber auch französisch oder englisch. Die eine Persönlichkeit kann sich nie daran erinnern, was eine andere Persönlichkeit erlebt hat. In der Therapie müssen seine Identitäten lernen, sich die jeweiligen Erlebnisse gegenseitig mitzuteilen. So schafft Alex es sein Leben bis zu einem gewissen Grad geordnet zu führen und ohne, dass er ständig nicht weiß, was andere Persönlichkeitsanteile während seiner "Abwesenheit" getan haben.

    Im Zusammenhang mit der dissoziativen Identitätsstörung nennt man die verschiedenen Persönlichkeiten bzw. Identitäten auch Persönlichkeitsanteile.

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    Dissoziative Identitätsstörung - Das Wichtigste

    • Bei einer dissoziativen Identitätsstörung spaltet sich das Ich einer Person in unterschiedliche Persönlichkeiten auf, die dann alle ein Eigenleben führen.
    • Die Persönlichkeiten können unterschiedlichen Alters und Geschlechts sein.
    • Die dissoziative Identitätsstörung wird in zwei unterschiedliche Formen unterteilt:
      • Besessenheit
      • keine Besessenheit
    • Eine Diagnose einer dissoziativen Identitätsstörung wird anhand der Untersuchung dieser Symptome gestellt:
      • mehr als eine Identität
      • Amnesie
      • sonstige Symptome, die die Lebensweise der Betroffenen beeinflussen und belasten (etwa sexuelle Funktionsstörungen oder starke Kopfschmerzen)
    • Ursachen für eine dissoziative Identitätsstörung sind vorwiegend Traumata, die durch körperliche oder psychische Misshandlung entstehen.
    • Die Therapie einer dissoziativen Identitätsstörung dauert oft mehrere Jahre.
    • Die Erkrankung kann trotz ihrer Schwere oft so erfolgreich behandelt werden, dass die Patient*innen ein Leben ohne zu große Belastungen und Einschränkungen führen können. Bei der Behandlung kommt hauptsächlich eine kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz.

    Nachweise

    1. ICD-11 (2022). Hogrefe.
    2. Diagnostik von Traumafolgestörungen (2019). Hogrefe.
    3. Dissoziative Störungen (2016). Hogrefe.
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Dissoziative Identitätsstörung

    Wie erkennt man eine dissoziative Identitätsstörung?

    Man erkennt eine dissoziative Identitätsstörung anhand veränderter Wesenszüge und an Erinnerungslücken der Betroffenen.

    Wie viele Menschen sind von DIS betroffen?

    Ein bis drei Prozent der Gesamtbevölkerung sind von DIS betroffen.

    Wie fühlt sich eine dissoziative Identitätsstörung an?

    Eine dissoziative Identitätsstörung fühlt sich häufig an, als würde man neben sich selbst stehen und das eigene Denken und Handeln nur als Außenstehender beobachten.

    Ist dissoziative Identitätsstörung eine echte Persönlichkeitsstörung?

    Die dissoziative Identitätsstörung ist keine echte Persönlichkeitsstörung. Sie zählt zu den dissoziativen Konversionsstörungen.

    Was ist DIS?

    Die DIS (dissoziative Identitätsstörung, früher multiple Persönlichkeitsstörung genannt) ist eine psychische Störung, bei der zwei oder mehrere Identitäten innerhalb einer Person wechseln. In der Regel wissen die einzelnen Identitäten nichts voneinander. In den meisten Fällen dient die Abspaltung von der eigenen Persönlichkeit (und den damit verbundenen eigenen Erinnerungen) dazu, sich vor traumatischen Erinnerungen zu schützen.

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