Gestalttherapie

Das veraltete, dennoch in der Gesellschaft verbreitete Bild von Therapiestunden, bei denen der/die Patient*in auf der Couch liegt, während der/die Therapeut*in mitschreibt, wird immer mehr durch eine realistische Ansicht ersetzt: Die Psychotherapie ist viel breiter gefächert und beinhaltet unzählige Behandlungsmethoden, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Die verschiedenen Therapiearten unterscheiden sich unter anderem durch ihre Methoden, Ziele, aber auch die Kosten, die Betroffene selbst zahlen müssen. Eine dieser Therapieformen ist die Gestalttherapie, die durch die humanistische Psychologie geprägt ist.

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Team Gestalttherapie Lehrer

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    Gestalttherapie – Definition

    Die Definition für die Gestalttherapie lautet wie folgt:

    Die Gestalttherapie ist eine Form der humanistischen Psychotherapie, in welcher der/die Therapeut*in versucht, mithilfe von Gesprächen und Übungen (z. B. Rollenspielen) zu verstehen, wie der/die Patient*in die Welt wahrnimmt und weshalb er/sie diese auf eine bestimmte Weise betrachtet. Der/Die Patient *in wird dabei nicht als Opfer seiner/ihrer Vergangenheit betrachtet. Auch kommt es nicht zu dem Versuch, vergangene Erlebnisse zu deuten.

    Gestalttherapie – humanistische Psychologie

    Die Gestalttherapie ist eine Art der humanistischen, erfahrungsorientierten und erlebnisaktivierenden Psychotherapie, die ihren Ursprung Mitte des 20. Jahrhunderts hat. Der deutsch-US-amerikanische Psychiater Fritz Perls, die deutsche Psychologin Laura Perls und der US-amerikanische Autor Paul Goodman gelten als Begründer dieser Therapieform. Die drei Grundpfeiler der Gestalttherapie werden im Folgenden erläutert:

    • Humanistische Psychologie:
      • psychologische Schule oder Hauptströmung
      • Ziel: Ausbildung gesunder, sich selbst verwirklichender und schöpferischer Persönlichkeiten
      • Wachstumspotenzial gesunder Menschen wird betont
      • psychische Schwächen stehen nicht im Mittelpunkt
      • Mensch wird als Ganzes betrachtet (mitsamt seinen Lebensumständen, früheren Erfahrungen, seinen Bedürfnissen und seinem sozialen Umfeld)
    • Erfahrungsorientierung:
      • erlernte Inhalte (z. B. neue Verhaltensweisen) werden mit realem Leben verbunden
      • Ziel: Schaffung neuer Erfahrungen durch geänderte Denk- oder Verhaltensweisen
      • Anknüpfen an bereits bestehende Erfahrungen
    • Erlebnisaktivierung:
      • Methode der Psychotherapie
      • Ziel: Entwicklung von neuen Lösungen, Kompetenzen, Denk- und Verhaltensweisen
      • In der Therapiestunde werden erlebnisaktivierende Situationen geschaffen (z. B. durch Rollenspiele, in denen Probleme im Alltag dargestellt und nachgespielt werden).

    Gestalttherapie – Methoden

    In der Gestalttherapie werden hauptsächlich kreative Methoden eingesetzt. Dazu gehören etwa Rollenspiele. Dabei sollen Patient*innen Konflikte bearbeiten, indem sie Dialog mit Personen, mit denen ein Konflikt besteht, nachspielen. Andere Personen können dabei durch einen leeren Stuhl repräsentiert werden.

    Patient*innen sollen sich während des Rollenspiels in beide Positionen versetzen und einmal den Stuhl der eigenen und einmal den der anderen Person einnehmen. Die Rollenspiele sollen Patien*innen helfen, bestehende Probleme besser zu verstehen und erlernte Kommunikationsweisen auf tatsächliche Konfliktsituationen zu übertragen.

    Um mögliche Probleme zu erkennen, beobachten Therapeut*innen auch die Körpersprache der Patient*innen. Wie das ablaufen kann, zeigt Dir das folgende Beispiel:

    Der Therapeut Herr Lessler stellt fest, dass der Betroffene Jens, wenn er über Familientreffen spricht, mit den Beinen zappelt. Herr Lessler leitet Jens an, beim familienbezogen Themen auf seine eigenen Verhaltensweisen und sein Gefühlsleben zu achten. Sobald Jens dadurch selbst erkennt, dass dieses Thema bei ihm mit Anspannung behaftet ist, versucht der Therapeut zusammen mit Jens zu hinterfragen, welche Gründe die Anspannung hat und wie man diese lösen könnte.

    Therapeut*innen sollen die Verhaltensweisen der Patient*innen nicht interpretieren, sondern lediglich die Aufmerksamkeit der Patient*innen darauf richten. So können Betroffene selbst ein tieferes Verständnis für sich entwickeln.

    Eine weitere Methode, die in der Gestalttherapie angewandt wird, ist die analytische Traumarbeit. Das bedeutet, dass der/die Patient*in mit dem/der Therapeut*in über die Inhalte seiner/ihrer Träume spricht. Gemeinsam werden die sich im Traum abgespielten Szenarien durchgegangen und analysiert.

    Gestalttherapie – Übungen

    Übungen, die innerhalb der Gestalttherapie zum Einsatz kommen, sind beispielsweise:

    • Awarenessbungen: Bei diesen Übungen soll Patient*innen sich intensiv in ihre Probleme einfühlen. Dabei werden sie auch aufgefordert, sich das Problem noch extremer vorzustellen, als es ist. Patient*innen halten diesen Zustand in Absprache mit dem/der Therapeut*in so lang wie möglich aus und besprechen im Anschluss die daraus hervor getretenen Gefühle und Gedanken mit dem/der Behandler*in.
    • Imaginationsübungen: Zu den Imaginationstechniken gehören z. B. Fantasiereisen, meditative Entspannungsübungen oder das Beantworten von "Was wäre, wenn?"-Fragen.
    • Sprachspiele: Bei Sprachspielen geht man davon aus, dass sich hinter jeder Formulierung ein inneres Deutungsmuster steckt. Hat man negative Denkmuster in Formulierungen erkannt, sollen diese Ausdrucksweisen situationsangemessen neu formuliert werden. Das soll dabei helfen, negative Gedanken in positive umzuwandeln.

    Gestalttherapie – Kinder

    Ziel der Gestalttherapie bei Kindern und Jugendlichen ist es hauptsächlich, die Entwicklung der Persönlichkeit zu unterstützen. Dabei sollen Kinder verdrängte oder nicht erlaubte Emotionen wiederentdecken und den Ausdruck dieser Gefühle wieder zu lassen. Bei Jugendlichen steht häufig die Begleitung durch Entwicklungs- und Beziehungskrisen im Vordergrund.

    Der/Die Therapeut*in möchte ein Kind während der Behandlung in dessen persönlichem Weg fördern und eine Möglichkeit zur Selbstregulation (und nicht die Regulation durch den/die Therapeut*in) bieten. Es geht weniger um die Behandlung von Krankheitsbildern, sondern das Eröffnen eines Raums, in dem sich Kontakt und positive Beziehungen entwickeln können.

    Die Selbstregulation beschreibt die Fähigkeiten, die eigene Aufmerksamkeit, die eigenen Emotionen und die eigenen Handlungen steuern.

    Die Gestalttherapie kann im Einzel- oder im Gruppensetting stattfinden. Auch bei der Gestalttherapie mit Kindern und Jugendlichen spielen kreative Methoden eine große Rolle. Dazu gehören z. B.:

    • Spielen mit Handpuppen
    • Rollenspiele
    • Malen
    • Arbeit mit Ton
    • Singen
    • Bauen

    Wenn Du noch mehr über das Thema der Entwicklung erfahren möchtest, lies Dir doch mal die Erklärungen "Entwicklungspsychologie" und "Entwicklungsphasen" durch.

    Gestalttherapie – Beispiele

    Am besten lässt sich die Gestalttherapie anhand von Beispielen nachvollziehen. Sieh Dir dazu die folgenden Beispiele zu den in der Gestalttherapie üblichen Übungen wie Awareness-Übungen oder die Umsetzung von Sprachbildern an.

    Beispiel Awareness-Übungen

    Der 40-jährige Herr Werner erzählt seiner Therapeutin Frau Benders während seiner Gestalttherapiestunde, dass seine Frau seit Neustem zweimal wöchentlich ins Fitnessstudio geht.

    Er halte es für eine gute Idee, wenn sie etwas an Gewicht abnehme. Außerdem sei es ja auch für die Gesundheit nicht schlecht. Während er das erzählt, rutscht Herr Werner unruhig auf seinem Stuhl hin- und her. Er verschränkt seine Finger ineinander und zieht die Schultern hoch. Die Therapeutin Frau Benders lenkt Werners Aufmerksamkeit auf seine Sitz- und Körperhaltung.

    Sie bittet ihn, zu beschreiben, was er gerade wahrnimmt. Anschließend soll Herr Werner die Anspannung bewusst verstärken und wieder darauf achten, was er wahrnimmt. Frau Benders beschreibt dabei, was sie an ihm beobachtet. Im Laufe der Therapiestunde wird Werner klar, dass die neue Freizeitaktivität seiner Frau bei ihm zu Verlustängsten führt.

    Er verbindet die Gedanken an den Fitnessstudiobesuch seiner Frau mit dem Gefühl, allein zu Hause zu bleiben. Frau Benders spielt mit Werner unterschiedliche Möglichkeiten durch, wie er mit dieser Situation umgehen könnte. Werner trifft die Entscheidung, ebenfalls einmal die Woche Sport im Basketballverein zu treiben. Außerdem möchte er einmal die Woche mit seiner Frau zusammen etwas unternehmen.

    Beispiel Umsetzung von Sprachbildern

    Die 30-jährige Patientin Mabel beschreibt ihre momentane Lebenssituation mit den Worten: "Ich sitze zwischen zwei Stühlen." Ihr Therapeut Herr Locarro fordert sie auf, sich zwei von den Stühlen, die sich im Behandlungsraum befinden, auszusuchen. Diese beiden Stühle soll sie nebeneinander stellen und sich dann zwischen die beiden Stühle setzen.

    Als Mabel ihren Platz auf dem Boden zwischen den beiden Stühlen eingenommen hat, bittet Herr Locarro sie, genau zu beschreiben, wie sie sich dabei fühlt. Empfindet sie die von ihr gewählte Position als bequem? Oder fühlt sie sich wie ein kleines Kind zwischen den großen Stühlen?

    Im Laufe der Stunde wird nimmt Mabel unterschiedliche Positionen ein, mal auf dem einen, mal auf dem anderen Stuhl. Am Ende nimmt sie die folgende Erkenntnis wahr: Egal für welche der Sitzmöglichkeiten sie sich entscheidet, sie hat stets die Möglichkeit, ihre eigene Haltung zu verändern, aufzustehen und weiterzugehen.

    Gestalttherapie – Kritik

    In der Gestalttherapie soll der/die Patient*in die volle Verantwortung für sein/ihr Denken und Verhalten übernehmen. Das kann dazu führen, dass sich Patient*innen überfordert fühlen. Befindet sich ein*e Patient*in etwa in einer schweren depressiven Episode, fällt es ihm/ihr schwer, körperlich und psychisch aktiv zu werden. Deshalb ist in manchen Fällen auch zunächst eine medikamentöse Behandlung notwendig oder eine andere Therapieform passender.

    Auch das Vorgehen, den Patienten/die Patientin immer wieder auf dessen/deren Widersprüche hinzuweisen und der konfrontative Stil dieser Therapieform wirkt sich nicht auf jede*n Patient*in positiv aus.

    Es gibt noch viele weitere Arten der psychotherapeutischen Behandlung. Wenn Du mehr darüber erfahren willst, dann klick Dich in die Erklärungen "Tiefenpsychologische Psychotherapie", "Psychoanalytische Therapie", "Kognitive Verhaltenstherapie" "Systemische Therapien" und "Allgemeine Psychotherapie".

    Gestalttherapie – Kosten

    Da die Gestalttherapie in Deutschland nicht zu den kassenärztlich anerkannten Therapieverfahren gehört, wird diese Therapie nicht von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt. Die Kosten für eine gestalttherapeutische Psychotherapie können meist durch eine private Kranken- oder Zusatzversicherung teilweise übernommen werden. Für Selbstzahler liegt der Preis einer psychotherapeutischen Sitzung (Dauer von 60 Minuten) bei etwa 75 Euro.

    Gestaltpsychotherapie - Das Wichtigste

    • Die Gestalttherapie ist durch die humanistische Psychologie geprägt, bei der insbesondere das Wachstumspotential des Menschen im Mittelpunkt steht und weniger seine Schwächen.
    • Meist werden in der Gestalttherapie Methoden wie Rollenspiele oder die analytische Traumarbeit zur Erlebnisaktivierung genutzt.
    • Des Weiteren nutzt die Gestalttherapie Übungen wie Awareness- oder Imaginationsübungen.
    • Wie die meisten Therapierichtungen erfährt auch die Gestalttherapie Kritik, beispielsweise kann die Verantwortungsabgabe an Patient*innen überfordernd sein.
    • Gestalttherapie-Kosten werden nicht von der gesetzlichen Krankenkasse, teilweise aber von privaten oder Zusatzversicherungen gezahlt.

    Nachweise

    1. Lehrbuch Psychologie (2014). Springer.
    2. Grundwissen Psychologie - Sekundarstufe II (2021). Cornelsen Verlag GmbH.
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Gestalttherapie

    Was macht man bei der Gestalttherapie? 

    In der Gestalttherapie macht man vor allem kreative Übungen wie Rollenspiele. Dabei interessiert sich der/die Therapeut*in dafür, wie der/die Patient*in die Welt sieht und warum er/sie diese auf eine bestimmte Weise wahrnimmt.  

    Was ist eine integrative Gestalttherapie? 

    Die integrative Gestalttherapie ist eine Form der Therapie. Dabei wird versucht, die Klient*innen so wahrzunehmen, wie sie sich geben, mit allen erkennbaren Phänomenen wie der Sprache, der Stimme, der Mimik und Gestik, der Körperhaltung und des Erscheinungsbilds. In dieser ganzheitlichen Wahrnehmung wird versucht, zu erfassen und zu verstehen, wie der/die Patient*in sich in seiner Lebenswelt im Lauf seiner/ihrer Geschichte entwickelt hat.

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