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Ganzheitspsychologie einfach erklärt
Es gibt viele verschiedene Strömungen in der Psychologie, eine davon ist die Ganzheitspsychologie. Die Ganzheitspsychologie stellt den ganzen Menschen in den Vordergrund. Felix Krueger und die Leipziger Schule gehören zu den Vertretern der Sichtweise des ganzheitlichen Erlebens.
Der Ansatz der Ganzheitspsychologie setzt, wie der Name schon sagt, auf die Ganzheit des menschlichen Organismus und das Zusammenspiel kognitiver, emotionaler und somatischer Aspekte. Das bedeutet, in der Ganzheitspsychologie wird nicht davon ausgegangen, dass die psychischen Funktionen des Menschen isoliert betrachtet werden können. Erlebnisse eines Menschen dürfen nicht als eine Aneinanderreihung von Reaktionen und Empfindungen betrachtet werden, sondern müssen im Ganzen gesehen werden.
Somatisch bedeutet "den Körper betreffend" oder "zum Körper gehörig". Krankheiten werden z. B. als somatisch bezeichnet, wenn sie sich auf körperlicher Ebene bemerkbar machen.
Ganzheitspsychologie – humanistische Psychologie
Die Ganzheitspsychologie zeigt Parallelen zur humanistischen Psychologie, beide zeigen sich als Gegenpol zu behavioristischen oder tiefenpsychologischen Annahmen.
Ganzheitspsychologie und humanistische Psychologie haben ähnliche Ansätze zum Thema Verhalten und Erleben des Menschen. In beiden Ansichten ist der Mensch mehr als sein erlerntes Verhalten und mehr als ein ausschließlich triebgesteuertes Wesen. Der Behaviorismus dagegen erklärt das Verhalten allein durch Lernerfahrungen und die Tiefenpsychologie sieht die Basis des Verhaltens in unbewussten Trieben. Bei diesen beiden Strömungen geht es also um isolierte psychische Elemente oder Reize, die das Verhalten und Erleben steuern.
Wenn Du Dich für die weiteren Strömungen der Psychologie interessierst, dann schau Dir die Erklärungen zu "Behaviorismus", "Psychoanalyse & Tiefenpsychologie" und "Hauptströmungen der Psychologie" an. Auch eine detailliertere Erklärung zur Ganzheitspsychologie findest Du unter "Ganzheits- und Gestaltpsychologie".
Sowohl in der humanistischen als auch in der Ganzheitspsychologie wird von einem komplexen Zusammenspiel von verschiedenen Einheiten ausgegangen, die den Menschen zu einem Ganzen machen. Diese Einheit ergibt sich aus Körper, Geist und Seele. Auch beim Thema Selbstbestimmtheit stimmen die beiden Ansätze überein. Dem Menschen wird in beiden Fällen Selbstbestimmtheit zugesprochen.
Die Ganzheitspsychologie begründet das mit den Prozessen der Selbstaktualisierung und dem Zusammenspiel verschiedenster psychischer Einheiten. Das heißt, dass eine körperliche Erfahrung einen Einfluss auf die Seele, den Geist und die Emotionen eines Menschen hat, sich dort abspeichert und sich in Unterebenen aktualisiert.
Der Unterschied zwischen Ganzheitspsychologie und humanistischer Psychologie liegt darin, dass sich die Ganzheitspsychologie stärker auf das Zusammenwirken der einzelnen Einheiten konzentriert. In der humanistischen Psychologie wird dagegen mehr Wert auf die persönliche Entfaltung der eigenen Potenziale gelegt. Hier wird der Mensch als aktives Wesen betrachtet, dessen oberstes Ziel ist, sich selbst zu verwirklichen. Währenddessen wird in der Ganzheitspsychologie eher die Dynamiken zwischen verschiedenen Phänomenen zu erklären versucht. Hier wird der Art der Zusammensetzung, das heißt neben Persönlichkeit, Erfahrungen und dem sozialen Umfeld auch der Wahrnehmung, eine große Bedeutung zugeschrieben.
Ganzheitspsychologie – Grundannahmen
Die Ganzheitspsychologie entwickelte sich als eine Gegenbewegung zur Elementenpsychologie bzw. des Assoziationismus. Ihre Grundannahmen sind daher sehr verschieden. Die Elementenpsychologie und der Assoziationismus gingen von der Annahme aus, das Ganze sei nicht durch die Summe seiner Teile oder durch die Zergliederung in seine Elemente erklärbar. Die Ganzheitspsychologie hingegen beschäftigt sich mit dem Erscheinungsbild der psychologischen Ganzheit auf allen Gebieten des seelischen Lebens.
Anders als es in anderen Strömungen der Psychologie der Fall ist, wird in der Ganzheitspsychologie davon ausgegangen, dass der Mensch nicht vollständig verstanden werden kann, indem nur kognitive, emotionale oder biologische Prozesse betrachtet werden. Es wird davon ausgegangen, dass es darüber hinaus noch so etwas wie ein menschliches "Wesen" gibt, das sich erst aus der Zusammenfügung dieser einzelnen Prozesse ergibt, aber nicht durch sie beschreibbar ist.
In der psychologischen Denkweise der Ganzheitspsychologie geht es um drei Grundprinzipien:
- Emergenz
- Selbstorganisation
- Selbststabilisierung
Emergenz
Unter Emergenz ist die Beziehung einzelner Teile zu verstehen, die erst zusammen ein Ganzes bilden. Also, dass aus vielen einfachen Dingen ein komplexes System entsteht. Biespielsweise kann aus einzelnen Straßen und Häusern eine Stadt entstehen. Dieses System, die Gesamtheit aller Teile, nennt man auch Ganzheit. Eine Ganzheit kann Eigenschaften haben und entwickeln, die über die Summe der Einzelteile hinausgeht – sogenannte emergente Eigenschaften. Emergenz beschreibt also das Entstehen neuer Eigenschaften in einem komplexen System (Ganzheit) durch das Zusammenspiel einfacher Elemente nach bestimmten Regeln.
Selbstorganisation
Das Zusammensetzen der einzelnen Teile ergibt sich von selbst, wird als automatischer Prozess angesehen und ist von außen nicht aufzuhalten. Da Ganzheiten in der Lage sind, ihre Strukturen spontan zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, ist ein Einfluss von außen weder nötig noch möglich. Wenn Du hier an das Beispiel der Stadt denkst, kannst Du Dir z. B. vorstellen, dass mit jedem Unternehmen und jeder Person, die in die Stadt zieht, sich neue Strukturen organisieren und Straßen entstehen.
Selbststabilisierung
Das System strebt nach Zusammenhalt. Es entwickelt von allein eine Ordnung, bei der ein dynamischer Ausgleichsprozess stattfindet, wodurch es sich durchgehend selbst in einem ausgeglichenen Zustand halten. Auf das Beispiel der Stadt angewandt kannst Du Dir das so vorstellen, dass die ganze Stadt nicht zusammenbricht, wenn z. B. eine Straße nicht befahrbar ist oder ein Teil der Schienen für die Trambahn nicht benutzbar ist. In diesem Fall wird ein Schienenersatz angeboten. Das System Stadt stabilisiert sich also selbst.
Ganzheitspsychologie – Menschenbild
Das Menschenbild der Ganzheitspsychologie ist dem der humanistischen Psychologie sehr ähnlich. In der Theorie handelt der Mensch aus eigenem Antrieb, selbstbestimmt und wird nicht von außen gesteuert. Dieser Antrieb kommt ganz allein durch das Zusammenwirken der einzelnen psychischen Prozesse eines Individuums.
Der Ausgangspunkt für diesen Antrieb ist die innere psychische Struktur. Sie reagiert auf die Umwelt und dessen Reize, die wiederum integriert werden. Gleichzeitig läuft ein stetiger Prozess der Selbstaktualisierung ab, was wiederum zu einer Weiterentwicklung und Veränderung der psychischen Strukturen führt. Die Ganzheit des Menschen fügt sich dabei aus unterschiedlichen Faktoren zusammen, darunter z. B.:
- Kognitionen
- Emotionen
- Körper
- Geist
Alle Faktoren sind miteinander verbunden und stehen in ständiger Wechselwirkung zueinander. Denk hierbei an die drei Grundprinzipien der Ganzheitspsychologie. Das Ganzheit des menschlichen Systems setzt sich aus vielen einzelnen Teilen der inneren psychischen Struktur zusammen und diese reagiert auf äußere Reize, indem sie sich weiterentwickelt und verändert.
Ganzheitspsychologie – Persönlichkeit
Jeder Mensch hat eine individuelle Persönlichkeit, die ihn einzigartig macht. In der Psychologie haben sich schon die unterschiedlichsten Wissenschaftler*innen mit diesem Thema beschäftigt und damit, welche Eigenschaften die Persönlichkeit eines Menschen beeinflussen. Einig sind sich Psycholog*innen darüber, dass sich die Persönlichkeit durch individuelle Gefühle, Handlungen und Denkmuster auszeichnet. Definiert wird die Persönlichkeit in der Psychologie wie folgt:
Die Persönlichkeit ist als die Gesamtheit aller Eigenschaften einer Person zu verstehen, die über einen langen Zeitraum andauern und die eine Person ausmachen.
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedenste Ansichten über die Persönlichkeit entwickelt. Einer der ersten Psychologen, der den Menschen als ganzheitliches Wesen betrachtet hat, war Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie und Schüler Freuds. Seiner Theorie nach ist der Mensch ein ganzheitliches und einzigartiges Wesen. Somit hat Adler mit seiner Individualpsychologie einen ersten Grundstein für die Ganzheitspsychologie gesetzt.
Die Ganzheitspsychologie geht davon aus, dass sich der ganze Mensch nicht aus den einzelnen Komponenten (wie Persönlichkeit, Erfahrungen oder dem sozialen Umfeld) ergibt, sondern dass vielmehr die Art der Zusammensetzung der Komponenten der Persönlichkeit von Bedeutung ist.
Wenn Du mehr über die Ansichten Alfred Adlers und seine Verbindung zu Sigmund Freud erfahren möchtest, dann schau Dir die Erklärung "Adler und Jung" an. Auch über das Thema "Persönlichkeit" erfährst Du mehr in der Erklärung dazu.
Ganzheitspsychologie – Wahrnehmung
Der Fokus in der Ganzheitspsychologie liegt auf der Rolle der Emotionen bei der Wahrnehmung. Sie geht von einer kompletten Wahrnehmung aus, das bedeutet, dass die menschliche Wahrnehmung sich nicht nur aus einzelnen Elementen zusammensetzt. Viel mehr sind es Erfahrungen, Kontext, Haltungen und Gefühle, die die Wahrnehmung beeinflussen.
Ein Reiz ist dementsprechend nicht entscheidend für die darauffolgende Reaktion, sondern das damit einhergehende Gefühl. Je nach Gefühlslage kann sich auch die Wahrnehmung eines Sachverhalts dementsprechend ändern. Die Wahrnehmung wird von den kontextabhängigen Gefühlen beeinflusst und setzt sich erst nach und nach zu einem ganzheitlichen Bild zusammen.
Ganzheitspsychologie – Verhalten
In der Betrachtung der Ganzheitspsychologie wird der Mensch nicht nur als sein erlerntes Verhalten oder ein rein triebgesteuertes Wesen angesehen. Vielmehr werden auch hier Kontext und Emotionen in den Fokus gesetzt. Die Ganzheitspsychologie konzentriert sich in diesem Punkt stark auf das Zusammenwirken einzelner Einheiten und versucht dabei die verschiedenen Phänomene zu erklären. So auch das Verhalten. In der Ganzheitspsychologie wird das Verhalten in dem Kontext der Emotionen und Umstände betrachtet und nicht als reine Reaktion auf einen Reiz oder ein Ereignis. Wenn z. B. ein betrunkener Mann um sich schlägt, dann wird aus ganzheitspsychologischer Sicht nachgefragt, warum. Z. B.: Warum ist er betrunken? Hat er vielleicht gerade seine Frau und seinen Job verloren? Warum ist er wütend? Hat ihn vielleicht jemand angerempelt und beleidigt? Wie kommt es zu dieser Wut? Wie viel Alkohol hat er getrunken? Warum ist er gerade in dieser Straße? Auf wen richtet sich eigentlich seine Wut?
Die Persönlichkeit aus ganzheitspsychologischer Sicht - Das Wichtigste
- Die Ganzheit des Menschen fügt sich zusammen aus:
- Kognitionen
- Emotionen
- Körper
- Geist
Alles ist miteinander verbunden und steht im in ständiger Wechselwirkung zueinander
Die Ganzheitspsychologie zeigt Parallelen zur humanistischen Psychologie
Die Ganzheitspsychologie steht im Gegensatz zu den Annahmen des Behaviorismus und der Tiefenpsychologie.
Sowohl in Bezug auf die Wahrnehmung, auch das Verhalten betrachtet die Ganzheitspsychologie auch immer die Emotionen und den dazugehörigen Kontext.
Für die Persönlichkeit ist in der Ganzheitspsychologie die Art der Zusammensetzung von Bedeutung.
Nachweise
- sciodoo.de: Ganzheitspsychologie. (26.07.22)
- Dorsch.de: Ganzheitspsychologie. (27.07.22)
- Onma.de: Ganzheitspsychologie. (26.07.22)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Ganzheitspsychologie
Was versteht man unter Ganzheitspsychologie?
Unter Ganzheitspsychologie versteht man einen Ansatz der Psychologie. Sie setzt auf die Ganzheit des menschlichen Organismus und das Zusammenspiel kognitiver, emotionaler und somatischer Aspekte.
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