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James-Lange-Theorie – Kurz erklärt
Ganz kurz gesagt beschreibt die James-Lange-Theorie, dass Gefühle und Emotionen nur Begleiterscheinungen von körperlichen Reaktionen sind und so erst durch einen körperlichen Reiz abgelöst werden. Wenn du also in einer bedrohlichen Situation bist, du etwa einem wilden Tier gegenüberstehst, fängst du an zu zittern. Die Körperreaktion des Zitterns löst dann erst die Emotion Angst aus.
James-Lange-Theorie – Emotion und Körperreaktionen
Die James-Lange-Theorie wurde von dem US-amerikanischen Psychologen William James und dem dänischen Psychologen Carl Lange entwickelt. James und Lange gingen davon aus, dass Gefühle nur Begleiterscheinungen von körperlichen Vorgängen, wie zittern bei Angst oder Wut oder weinen bei Trauer, seien.
Wenn ein Individuum einen Reiz wahrnimmt, der emotionsauslösend ist, treten Körperreaktionen auf. Diese Reaktionen lösen dann die eigentlichen Emotionen aus. Allerdings sind nur die Emotionen, die eine starke körperliche Komponente besitzen, also bspw. starke Körperreaktionen mit sich ziehen, dazu imstande. Zu diesen Emotionen zählen unter anderem:
- Zorn
- Liebe
- Furcht
- Freude
- Stolz
Ein Reiz ist eine innere (z. B. Schmerz, Hunger) oder äußere Veränderungen (z. B. Temperatur, Licht) auf ein Lebewesen. Reize werden durch die Sinnesorgane (z. B. Augen, Haut) wahrgenommen.
William James war ein US-amerikanischer Psychologe und Philosoph. Im 19. Jahrhundert und zu Anfang des 20. Jahrhunderts lehrte er an der Harvard University. James ist unter anderem als Begründer der Psychologie in den USA bekannt. 1884 entwickelte er die Theorie der Körperreaktionen.
Carl Lange war ein dänischer Psychologe und Physiologe. Er schrieb ein Buch darüber, dass Emotionen die Folge von Körperreaktionen seien, das 1885 veröffentlicht wurde.
Die beiden haben jedoch nicht gemeinsam an der Theorie der Körperreaktionen gearbeitet, sondern hatten parallel dieselbe Idee. Da beide aber die gleiche Theorie erarbeitet haben, wird sie bis heute James-Lange-Theorie genannt.
Die Reaktion, die James und Lange beschrieben, wurde von Carl Lange benannt. Er bezeichnete die ausgelöste Reaktion des Körpers als vasomotorische Reaktion. Der Begriff beschreibt, wie emotionale Situationen und Reize eine körperliche Reaktion und anschließend eine Emotion auslösen.
James ging zu Beginn der Theoriebildung davon aus, dass diese Reaktionen willkürliche motorische Reaktionen (wie Gestik und Mimik) waren. Später sprach er aber vermehrt den viszeralen Reaktionen, also unwillkürlichen Reaktionen der Organe, einen größeren Stellenwert innerhalb der Theorie zu.
Laut der Theorie der Körperreaktionen wird zuerst ein Reiz unbewusst wahrgenommen. Das führt zu einer reflexartigen (also automatischen), physiologischen Reaktion. Das Erleben der Körperreaktion führt wiederum unbewusst zum emotionalen Erleben.
Es kann also festgehalten werden, dass laut Lange und James hauptsächlich Umwelteinflüsse – äußere Einflüsse jeglicher Art – die Veränderungen in den Organen und der Skelettmuskulatur auslösen. Das kann sich zum Beispiel in Herzrasen, Anspannung oder Schweißausbrüchen zeigen. Durch solche körperlichen Reaktionen werden Emotionen hervorgerufen, die anschließend bewusst wahrgenommen werden.
Generell gibt es drei Annahmen, auf denen sich die James-Lange-Theorie begründet:
- Nur das Wahrnehmen eines erregenden Reizes ist eine hinreichende Bedingung für das Eintreten von Körperreaktionen.
- Veränderungen des Körpers lösen spezifische Emotionen aus, die unterschieden werden und unbewusst eintreten.
- Das bewusste Erleben einer Situation durch eine Körperreaktion wird als Emotion wahrgenommen.
James-Lange-Theorie – Beispiel
Durch bloße körperliche Prozesse werden emotionale Reaktionen ausgelöst. Aber auch durch die reine Vorstellung einer emotionsauslösenden Situation können Emotionen auftreten. Eine bekannte Situation hierfür ist etwa der Zahnarztbesuch:
Wenn du an den Zahnarzt denkst, kann es sein, dass du ein Angstempfinden hast. Vielleicht zieht sich dein Magen zusammen, du hast das Gefühl, dass deine Zähne und dein Zahnfleisch schmerzen, wenn du an den Bohrer denkst, und dein Körper spannt sich an. Obwohl du nicht in der Situation eines Zahnarztbesuchs bist, versetzt du dich nur beim Gedanken in sie hinein und empfindest daraufhin Angst und Abneigung.
Fight-or-Flight Reaktion
Die Fight-or-Flight Reaktion (Kampf-oder-Flucht-Reaktion) wird oft als Beispiel für die James-Lange-Theorie genutzt. Hierbei handelt es sich um eine Alarmreaktion. Wenn sich eine Person in einer Gefahrensituation befindet, wird ein Gefahrenreiz wahrgenommen. Ein solcher Gefahrenreiz kann etwa ein gefährliches Tier wie ein Bär sein.
Mittels eines Signals aus dem Gehirn wird Adrenalin im Körper als Reaktion auf den Reiz freigesetzt. Durch diese Reaktion findet eine Veränderung im Körper statt. Unter anderem erweitern sich die Pupillen, der Herzschlag erhöht sich und die Muskeln spannen sich an. Durch das sympathische System (Sympathikus) und das Adrenalin in der Blutbahn passt sich der Körper also an die Gefahrensituation an.
Der Sympathikus gehört zum vegetativen Nervensystem. Er sorgt dafür, dass Körperfunktionen aktiviert werden und sich die Leistungsbereitschaft erhöht. Wenn Du mehr zum Sympathikus erfahren möchtest, lies Dir die Erklärung "Sympathikus & Parasympathikus" dazu durch!
Adrenalin ist ein Hormon, das den Herzschlag und die Konzentrationsfähigkeit steigert, wenn es vermehrt ausgeschüttet wird. Das passiert hauptsächlich, wenn Du Angst hast.
Eine solche Fight-or-Flight-Reaktion erfolgt, wenn die körperliche Reaktion aufgrund einer bedrohlichen Situation auftritt. Durch den Anstieg von Adrenalin wird man leistungsfähiger und kann somit schneller weglaufen oder besser kämpfen. Doch das sind nicht die einzigen körperlichen Veränderungen, die während einer Fight-or-Flight-Reaktion stattfinden. Nachfolgend sind ein paar der typischen physischen Reaktionen aufgelistet:
- erhöhte Hormonausschüttung (Adrenalin)
- erhöhter Herzschlag
- erhöhte Atemfrequenz
- erhöhter Blutdruck
- gesteigerte Zunahme von Fett und Blutzucker
- erhöhte Blutgerinnung
- erweiterte Pupillen
- gesenkter Hautwiderstand
- gesteigerte Anspannung der Muskeln
Alle Funktionen des Körpers, die nicht für das unmittelbare Überleben notwendig sind, werden heruntergefahren oder ganz abgeschaltet. Durch diese Veränderung der Physiologie kann das Individuum schneller rennen und ist körperlich stärker. Auch Schmerzen werden in diesem Zustand als weniger stark empfunden.
Bei der Fight-or-Flight-Reaktion setzt die direkte Angstreaktion vor der Gefahr, wie einem Bären, mit der Körperreaktion ein. Nachdem die Reaktion vorbei ist und man sich aus der Gefahrensituation begeben hat, kommt es laut der Theorie der Körperreaktionen zur Realisierung des Geschehens. Das bedeutet, dass die Situation und gleichzeitig die Emotion verarbeitet und beurteilt wird.
James-Lange-Theorie – Kritik
Die Theorie der Körperreaktionen von James und Lange ist viel Kritik ausgesetzt. Die gravierendste Kritik bekam die Theorie von dem Physiologen und Psychologen Walter Cannon und dem Physiologen Philip Bard. Sie widerlegten die Theorie der Körperregionen auf folgender Basis:
- Dass auch gelähmte Lebewesen Emotionen haben, wies Walter Cannon durch ein Experiment mit Hunden und Katzen nach. Er durchtrennte das Rückenmark seiner Versuchstiere und konnte keine emotionale Veränderung/Reaktion beobachten. Somit hat eine Lähmung (Durchtrennung des Rückenmarks) keine Auswirkungen auf die emotionale Empfindung.
- Die inneren Organe sind nicht empfindlich und stark genug, um eine starke körperliche Reaktion auszulösen. Somit werden Emotionen nicht durch Körperreaktionen ausgelöst oder zumindest nicht nur. Es muss noch eine weitere Komponente geben.
- Veränderungen der inneren Organe sind nicht schnell genug, um eine plötzliche Emotion auszulösen. Die Veränderung des Körpers nimmt mehr Zeit in Anspruch als das Erleben einer Emotion. Das heißt, man empfindet die Emotion, bevor die inneren Organe reagieren.
- Viele Emotionen haben dieselben Muster der Erregung, daher gibt es keine spezifische Zuordnung von Körperreaktionen und emotionalem Erleben. Das bedeutet, dass bestimmte körperliche Reaktionen nicht bestimmte Emotionen auslösen. Welche Emotionen auftreten, ist also unabhängig von der körperlichen Reaktion.
- Emotionsauslösende Zustände haben keine wahrnehmbaren Emotionen zur Folge. Es kommt lediglich zu einem geringen Erregungszustand.
Cannon und Bard nutzten die Theorie der Körperreaktionen, um ihre eigene Theorie zu entwickeln. Sie boten somit eine Emotionstheorie an, die auch die Kritik an der James-Lange-Theorie bedachte.
Die Cannon-Bard-Theorie
Die Cannon-Bard-Theorie besagt, dass das Gehirn zwischen Eingangsreiz und Ausgangssituation vermittelt. Des Weiteren beschrieben Cannon und Bard, dass das emotionale Erleben unabhängig von dem physiologischen Erleben abläuft. Cannon und Bard gingen davon aus, dass die körperliche Reaktion und die Emotion zur selben Zeit ablaufen.
Sie beschreiben in ihrer Theorie, dass die Reaktionen des Sympathikus zu langsam seien. Laut der Cannon-Bard-Theorie entstehen Emotionen, da das Gehirn zwischen dem Reiz und der Reaktion vermittelt. Die Information wird vom Thalamus (Umschaltstelle des Gehirns) zu Bereichen des Gehirns weitergeleitet, die für Emotionen verantwortlich sind. Der Thalamus ordnet also die Information den Hirnarealen zu.
Die Emotionen sind in der Cannon-Bard-Theorie keine Folge von Körperreaktionen. Emotionen und Körperreaktionen sind laut Cannon und Bard Begleiterscheinungen voneinander. Sie also sind voneinander unabhängige Folgen eines Reizes.
Die Theorie besagt, dass unterschiedliche Emotionen von denselben Körperreaktionen begleitet werden können. So kann Herzklopfen bei Angst und Nervosität aufkommen. Die Cannon-Bard-Theorie widerlegt somit klar die James-Lange-Theorie. In der aktuellen psychologischen Forschung wird die Theorie von James und Lange also nicht mehr zur Erklärung von Emotionen und Körperreaktionen eingesetzt.
James Lange Theorie – Das Wichtigste
- Die James-Lange-Theorie der Körperreaktionen besagt, dass das Erleben der Emotionen einer Körperreaktion folgt: erst die körperliche Reaktion, dann das emotionale Erleben.
- Die Psychologen William James und Carl Lange haben die Theorie der Körperreaktionen entwickelt.
- Laut der Theorie der Körperreaktionen sind Emotionen nur Begleiterscheinungen, die durch körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Zittern ausgelöst werden
- Die Theorie der Körperreaktionen wurde allerdings stark kritisiert und auch durch die Cannon-Bard-Theorie widerlegt. Sie besagt, dass emotionales Erleben und körperliche Reaktionen gleichzeitig stattfinden, da der äußere Reiz erst einmal kognitiv verarbeitet wird.
Nachweise
- Hauptwerke der Emotionssoziologie (2013). Springer eBook Collection. Springer VS.
- Motivation und Emotion (2018). Springer Berlin Heidelberg.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema James Lange Theorie
Was besagt die James Lange Theorie?
Die James Lange Theorie besagt, dass Emotionen unbewusst durch Körperreaktionen ausgelöst werden.
Was sind kognitive Bewertungen?
Kognitive Bewertungen sind die Bewertungen und Interpretationen eines Reizes. Aus dieser Bewertungen und Interpretationen entsteht dann eine Emotion als Reaktion auf den Reiz.
Was sind viszerale Reaktionen?
Viszerale Reaktionen sind willkürliche Reaktionen der inneren Organe auf einen Reiz. Diese Reaktion lösen laut der James-Lange-Theorie unbewusst Emotionen aus.
Was sind physiologische Reaktionen?
Physiologische Reaktionen sind Reaktionen des Körpers auf einen Reiz.
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