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Die Tat von Prometheus soll die erste prosoziale und altruistische Handlung der Menschheitsgeschichte sein.
Prosoziales Verhalten in der Sozialpsychologie – Definition und Merkmale
Schon seit der Antike versuchen die Menschen das Phänomen der Hilfsbereitschaft zu erklären. Zu dieser Zeit wurde prosoziales Verhalten noch unter dem Begriff der Menschenfreundlichkeit zusammengefasst. Von den Philosophen der damaligen Zeit wurde der Menschenfreund dann als Philanthropos bezeichnet. Vielleicht kennst Du die deutsche Bezeichnung Philanthrop. Ein Philanthrop handelt uneigennützig und ist stets hilfsbereit.
Oft wird das prosoziale Verhalten auch mit dem Begriff Altruismus gleichgesetzt. Wenn Du mehr über den Altruismus und die Unterschiede zum prosozialen Verhalten erfahren willst, dann schau doch mal im Fach Biologie vorbei! Dort findest Du eine ausführliche Erklärung zu dem Thema.
Besonders im Rahmen der Sozialpsychologie untersucht man die Entwicklung von prosozialem Verhalten und versucht der Frage nachzugehen, warum Menschen sich überhaupt prosozial verhalten. Die Sozialpsychologie definiert den Begriff prosoziales Verhalten wie folgt:
Prosoziales Verhalten beschreibt freiwillig durchgeführte Handlungen, die anderen Personen oder Personengruppen helfen oder nutzen.
Wenn Du mehr darüber erfahren willst, mit welchen Themen sich die Sozialpsychologie beschäftigt, dann lies Dir die Erklärung zur "Sozialpsychologie" durch.
Die Definition lässt unter Sozialpsycholog*innen noch eine Frage unbeantwortet. Welches Motiv muss eine handelnde Person haben, damit sie prosozial handelt? Eine Person kann nämlich so handeln, dass es anderen Menschen und auch ihr selbst nützt, also so, dass sie auch einen Vorteil von ihrer Verhaltensweise hat. In diesem Fall wäre das Motiv damit der eigene Gewinn. Allerdings könnte die Person auch aus uneigennützigen Motiven handeln. Also sie könnte das Ziel haben, anderen Menschen zu helfen, ohne dafür selbst etwas zu bekommen. Dass eine augenscheinlich selbstlose Handlung auch andere Motive haben kann, zeigt Dir folgendes Beispiel.
Tabea steht an der U-Bahn und wartet wie jeden Tag auf den Zug. Plötzlich sieht sie, wie eine Frau neben ihr einen 50-Euro-Schein verliert. Die Frau bemerkt gar nicht, dass ihr das Geld aus der Tasche gefallen ist. Tabea läuft ihr schnell nach, schnappt sich das Geld und bringt es der Frau zurück, die Tabea dafür sehr dankbar ist.
Auf den ersten Blick wirkt diese Handlung selbstlos und die meisten Menschen würden Tabea selbstlos nennen. Aber hat Tabea wirklich selbstlos gehandelt oder hat sie bewusst oder unbewusst vielleicht doch ein anderes Ziel verfolgt? So hat sie eventuell gedacht, dass andere Leute sie beobachten und es merken würden, wenn sie das Geld einfach einsteckt oder vielleicht hatte sie zumindest mit einem kleinen Finderlohn von der Frau gerechnet.
Viele Forschende gehen davon aus, dass das Gehirn unterbewusst die Kosten und den Nutzen miteinander abwägt und dann entscheidet, ob eine Handlung ausgeführt wird oder nicht. Ob das wirklich der Fall ist oder ob es Menschen gibt, die einfach wirklich hilfsbereit und selbstlos handeln, wird wohl noch einige Zeit ungeklärt bleiben, denn man kann die wahren inneren Motive von Menschen nun mal nicht von außen sehen. Fest steht aber, wie vieles im Leben muss auch das soziale Handeln erst gelernt und entwickelt werden.
Prosoziales Verhalten – Entwicklung in der Kindheit und Förderung
Die Grundlage für jede prosoziale Handlung liegt in der Empathie. Denn nur, wenn ein Mensch die Gefühle von anderen erkennen und verstehen kann, ist er auch in der Lage auf deren Bedürfnisse einzugehen und prosozial zu handeln.
Empathie ist die menschliche Fähigkeit, die Gefühle und Emotionen anderer Menschen zu erkennen und nachfühlen zu können.
Die ersten Anzeichen für Empathie und Mitgefühl (traurige Kinder ablenken, eigenes Spielzeug teilen) zeigen Kinder in der Regel im Alter von ca. eineinhalb Jahren. Ab dem Alter von zwei Jahren sind Empathie und Mitgefühl dann so weit entwickelt, dass sich erste prosoziale Verhaltensweisen zeigen.
Prosoziales Verhalten bei Kindern
Das prosoziale Verhalten entwickelt sich bei Kindern im Alter zwischen zwei und vier Jahren. In dieser Zeit lernen Kinder drei Formen von prosozialem Verhalten:
- Trösten
- Helfen
- Teilen
Helfen und Trösten entwickeln sich fast zeitgleich, während das Teilen erst etwas später zeigt. In der folgenden Tabelle findest Du die Fähigkeiten, die ein Kind benötigt, um die jeweilige Form von prosozialem Verhalten zu zeigen.
Verhaltensweise | benötigte Fähigkeiten |
Trösten |
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Helfen |
|
Teilen |
|
Wie ein Kind ein anderes Kind trösten kann, zeigt die Situation von Timo und Robert.
Timo und Robert sitzen in der Spielecke und spielen mit ihren Tierfiguren "Zoo". Als Timo etwas zu fest mit den Figuren umgeht, fällt seinem Lieblingselefanten der Rüssel ab. Timo fängt an, zu weinen und zu schluchzen. Robert schaut erst ein wenig verunsichert zwischen dem Elefanten und Robert hin und her. Dann steht er auf, geht zu seinem Rucksack und holt ein neues Rennauto heraus, das seine Eltern ihm zum Spielen mitgegeben haben. Er geht zu Timo und fragt ihn, ob er vielleicht mit seinem Auto spielen möchte. Nach ein paar Minuten spielen die beiden wieder glücklich zusammen mit Timos Rennauto.
Wenn Du wissen willst, wie Emotionen reguliert werden können, dann schau Dir doch die Erklärung "Emotionsregulation Psychologie" an.
Bei Karina kannst Du sehen, wie die ersten helfenden Verhaltensweisen aussehen können.
Karina sitzt auf dem Boden und spielt mit ihrem Stoffhund, während ihr Vater am Tisch sitzt und die letzten E-Mails von Arbeit beantwortet. Durch eine Handbewegung fällt ihm der Kugelschreiber runter. Karina steht auf, greift nach dem Stift und reicht ihn ihrem Vater.
Leonard und seine Mutter sind ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Kind mit der Mutter teilt.
Leonard und seine Mutter sind im botanischen Garten und beschließen, auf einer Bank eine Pause einzulegen. Seine Mutter holt eine Brotdose mit Butterkeksen raus und hält sie Leonard hin. Er nimmt einen Keks, überlegt kurz und reicht in dann seiner Mutter. Die nimmt den Keks an und bedankt sich bei Leonard. Erst dann nimmt er sich selbst einen Keks.
Die drei Formen des prosozialen Verhaltens sind bei genauerer Betrachtung komplexe Vorgänge, die durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Empathie, Emotionsregulation und körperliche sowie geistige Voraussetzungen sind nötig, damit sich das prosoziale Verhalten entwickeln kann. Auch die Eltern und nahe Bezugspersonen haben Einfluss auf die soziale Entwicklung von Kindern und können das prosoziale Verhalten der Kleinsten bis zu einem gewissen Grad fördern.
Für die Entwicklung von prosozialen Verhalten ist es wichtig, dass Kinder in die psychischen Zustände von anderen Personen hineinversetzten können. Diese Fähigkeit wird in der Literatur meistens unter dem Begriff Theory of Mind zusammen gefasst.
Wenn Du mehr über die Theory of Mind erfahren willst, dann lies Dir die Erklärung "Theroy of Mind and Empathie" durch.
Prosoziales Verhalten fördern
Das prosoziale Verhalten wird vor allem durch die Kultur, in der ein Kind aufwächst und durch seine Erziehung beeinflusst. Prosoziales Verhalten kommt in allen Kulturen vor, jedoch hat es in manchen Kulturen, wie bspw. in Japan, einen höheren Stellenwert als z. B. in westlichen Ländern, wie Deutschland. Entscheidend für die Entwicklung des sozialen Verhaltens sind dementsprechend auch gesellschaftliche Normen und Regeln. Das prosoziale Verhalten entwickelt sich schließlich nicht von allein, sonders es muss anerzogen werden.
In der japanischen Kultur steht die Gemeinschaft an erster Stelle. Japaner*innen sind immer darauf bedacht, anderen zu helfen und immer freundlich und zuvorkommend zu sein. Unhöfliches Verhalten oder jemandem nicht zu helfen ist in Japan verpönt, deswegen hat auch das prosoziale Verhalten in Japan einen sehr hohen Stellenwert.
Mit dem Alter lernen Kinder, was richtig und was falsch ist und passen ihr Verhalten dem entsprechen an. Dieser Lernprozess kann durch drei Verhaltensweisen gefördert werden:
- Lob
- Tadel
- die Übertragung von Verantwortung
Wie viele Lernprozesse beruht auch die Entwicklung des prosozialen Verhaltens auf Lob und Tadel. Wenn positives Verhalten, also Hilfsbereitschaft, das Trösten oder auch das Teilen gelobt wird und das gegensätzliche Verhalten getadelt, dann lernen Kinder schnell, was sich gehört und was nicht.
Außerdem müssen Kinder die Chance bekommen prosoziales Verhalten zu zeigen, das wird am besten erreicht, wenn Kinder Verantwortung bekommen und in möglichst viele Alltagssituationen einbezogen werden. Denn nur wenn sie etwas tun, können sie auch lernen, ob es richtig war oder nicht. Bei Kindern, die Probleme mit dem prosozialen Verhalten haben, kann es sinnvoll sein, den Entwicklungsstand des prosozialen Verhaltens zu messen.
Prosoziales Verhalten messen
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, prosoziales Verhalten zu messen. Das liegt daran, dass die verschiedenen Methoden verschiedene Aspekte des Verhaltens untersuchen. So kann eine Untersuchung darauf abzielen herauszufinden, ob eine Handlung altruistisch, also rein selbstlos motiviert ist und eine andere Untersuchung beschäftigt sich damit, welche anderen Motive hinter prosozialen Verhalten stecken können. Das prosoziale Verhalten von Menschen wird in der Ökonomie und der Neurowissenschaft und in der Sozialpsychologie gemessen. Dabei werden z. B. Fragebögen, spielerische Methoden oder auch Computersimulationen genutzt.
Wegen der relativ einfachen Durchführung werden in den meisten Fällen Fragebögen genutzt, um das prosoziale Verhalten zu untersuchen. Die Fragen beziehen sich dann auf verschiedenen Aspekte, wie Vertrauen, die Bereitschaft zu teilen oder Großzügigkeit. Bei einer Studie des Max-Planck-Institutes kam allerdings heraus, dass Fragebögen wenig geeignet sind, um das prosoziale Verhalten zu messen, weil sie eher zeigen, wie die Personen sich gern sehen und weniger, wie sie sich wirklich verhalten.
Prosoziales Verhalten – Bedeutung im Alltag
Wenn prosoziales Verhalten biologisch betrachtet wird, dann machen prosoziale Handlungen auf den ersten Blick keinen Sinn. Schließlich entstehen aus reinen, selbstlosen Handlungen oft auch Nachteile für die handelnde Person.
Dennoch gibt es gerade für Menschen einen Grund, der die Existenz von prosozialen Verhaltensweisen plausibel macht. Menschen sind soziale Wesen und leben in Gesellschaften. Und überall, wo es Gesellschaften gibt, gibt es auch Altruismus.
Ein Grund dafür sind schon gesellschaftliche Normen und Regeln bzw. auch Gesetze. Ein Zusammenleben ist nur möglich, wenn Menschen einander unterstützen und Rücksicht aufeinander nehmen. Ohne ein solches Verhalten würden Gesellschaften früher oder später auseinanderbrechen bzw. wären sie vermutlich auch nie entstanden. Damit der Mensch aber überleben kann, benötigt er andere Menschen und somit hat auch diese Rücksichtnahme wieder das Ziel, das eigene Überleben und das eigene Wohlbefinden zu sichern.
Prosoziales Verhalten – Das Wichtigste
- Prosoziales Verhalten beschreibt freiwillig durchgeführte Handlungen, die anderen Personen oder Personengruppen helfen oder nutzen.
- Die Grundlage für prosoziales Verhalten ist die Fähigkeit zur Empathie.
- Das prosoziale Verhalten entwickelt sich bei Kindern ab dem Alter von ca. zwei Jahren bis zu einem Alter von ca. vier Jahren.
- Es gibt drei Formen des prosozialen Verhaltens, die sich in der Kindheit ausbilden:
- Trösten
- Teilen
- Helfen.
- Die Entwicklung des prosozialen Verhaltens wird durch die Kultur, in der ein Kind aufwächst und durch die Erziehung beeinflusst.
- Prosoziales Verhalten kann durch das richtige Einsetzten von Lob und Tadel und durch das Übertragen von Verantwortung gefördert werden.
Nachweise
- quarks.de. Warum Altruismus sinnvoll ist. (19.05.2022)
- lexikon.strangl.eu: prosoziales Verhalten (09.06.2022)
- Kärtner (2013). Komm, ich helfe Dir!. uni-muenster.de (09.06.2022)
- mpg.de. Hilfsbereitschaft ist gezielt messbar. (13.07.2022)
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Prosoziales Verhalten
Was ist prosoziales Verhalten?
Prosoziales Verhalten ist, wenn Menschen freiwillig Handlungen durchführen, die anderen Personen oder Personengruppen helfen oder nutzen.
Wie kann man prosoziales Verhalten fördern?
Prosoziales Verhalten kann durch den richtigen Einsatz von Lob, Tadel und durch die Übertragung von Verantwortung gefördert werden.
Was sind altruistische Motive?
Altruistische Motive sind die Gründe, wegen denen Menschen altruistisch handeln. Oft sind das Ruhm und Ehre. Aus biologischer Sicht ist die Weitergabe von Genen und das Überleben Motive für altruistische Handlungen.
Was ist Prosozialität?
Prosozialität umfasst Handlungen, die das Ziel haben, das Wohlergehen von anderen Menschen zu fördern.
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