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Visuelle Wahrnehmung – Definition
Unter visueller Wahrnehmung wird die Aufnahme von optischen Reizen aus der Umwelt über das Auge und die Verarbeitung der wichtigsten Informationen durch das Gehirn bezeichnet. Die Informationen werden nach ihrer individuellen Relevanz für den Menschen gefiltert und mit bereits bestehenden Erinnerungen verglichen.
Wenn im Alltag von visueller Wahrnehmung gesprochen wird, ist damit meist das Sehen gemeint. Dabei ist die visuelle Wahrnehmung viel mehr als ein rein körperlicher Vorgang, denn auch die Bewertung durch die Psyche spielt bei diesem Prozess eine wichtige Rolle. Sie hilft dem Menschen im Alltag dahin gehend, dass er durch das Sehen wichtige Informationen über seine Umgebung, über Bewegungen und über die Identität und Stimmung von anderen Personen aufnimmt. Somit kann die visuelle Wahrnehmung in zwei Bereiche unterteilt werden.
Neben der visuellen Wahrnehmung gibt es viele weitere Arten der Wahrnehmung. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, dann sie Dir etwa die Erklärung "Auditive Wahrnehmung" an oder beschäftige Dich mit den "Sinnesorganen".
Die visuelle Wahrnehmung im Auge
Jeder Gegenstand, der beleuchtet ist, reflektiert einen Teil des Lichts, das auf ihn trifft. Die visuelle Wahrnehmung des Menschen beginnt mit dem Auge, indem reflektierte Lichtstrahlen durch die Linse auf die Netzhaut und damit auf die sich dort befindenden Fotorezeptoren (Zapfen und Stäbchen) treffen.
Die Strahlen werden von den Fotorezeptoren in elektrische Energie verwandelt, über den Sehnerv räumlich und zeitlich geordnet und an die Sehrinde weitergeleitet. Sie befindet sich im menschlichen Gehirn im Occipitallappen.
Mehr Informationen über das menschliche Auge findest Du im Fach Biologie.
Die visuelle Wahrnehmung im Gehirn
Der Occipitallappen befindet sich im hinteren Bereich des menschlichen Gehirns und ist in verschiedene Areale aufgeteilt, die jeweils unterschiedliche Aufgaben bei der Auswertung der verschiedenen Informationen übernehmen. Dazu gehören auch der Temporallappen und der Parietallappen. Die verschiedenen Bereiche müssen zusammenarbeiten, um eine möglichst gute visuelle Wahrnehmung zu erreichen.
Wie viele unterschiedliche Identifikationsschritte bei der visuellen Wahrnehmung im Gehirn ablaufen, kannst Du an jedem beliebigen Alltagsgegenstand erkennen. Nimm beispielsweise einmal Dein Handy zur Hand und beobachte, wie viele Faktoren Du dort finden und bewerten kannst:
Licht/Kontraste: Das Licht erzeugt stärkere oder schwächere Beleuchtung und Schatten und sorgt damit dafür, dass es vom Hintergrund und anderen Objekten abgegrenzt werden kann.
Form: Es ist flach und rechteckig.
Größe: Es ist etwa 15 cm hoch und sieben cm breit.
Position: Es liegt etwa 50 cm entfernt auf Deiner rechten Seite in Reichweite.
Farbe: Es ist Schwarz und hat eine grüne Hülle.
Dimensionen: Es ist dreidimensional. Es ist daher nicht einfach ein Rechteck, sondern ein flacher Quader.
Bewegung: Es bewegt sich nicht von selbst, kann jedoch bewegt werden.
Verwendung: Es wird zum Telefonieren, Chatten, Fotografieren und für soziale Medien verwendet.
Benennung: Es ist ein Handy.
Einheiten: Es ist ein Handy, das auf einem Tisch liegt.
Persönliche Beziehung: Es sieht aus wie das Handy, dass Du vor einem Jahr gekauft hat, da es eine alte grüne Hülle besitzt.
Die einzelnen Schritte der visuellen Wahrnehmung geschehen im Gehirn innerhalb weniger Millisekunden für viele verschiedene Gegenstände gleichzeitig und über den ganzen Tag verteilt. Das Gehirn ist außerdem dazu fähig, die Wahrnehmung des Auges zu vervollständigen. Wenn Du also ein zweidimensionales Bild von einem Handy siehst, weißt Du dennoch, dass es sich dabei normalerweise um einen dreidimensionalen Gegenstand handelt.
Somit arbeiten die beiden Bereiche der visuellen Wahrnehmung, also das Auge und das Gehirn, zusammen, um ein Bild von der Wirklichkeit zu erzeugen.
Die räumlich visuelle Wahrnehmung
Die visuelle Wahrnehmung hängt stark mit der Fähigkeit zur räumlichen Wahrnehmung des Menschen zusammen. Durch sie wird es möglich, zu erkennen, wo sich welche Gegenstände befinden, wie weit sie entfernt sind und wie schnell sie sich bewegen. Auch beim Lesen spielt die räumliche Vorstellung eine wichtige Rolle, da die Anordnung der Wörter korrekt zugeordnet werden muss.
Die räumlich visuelle Wahrnehmung kommt auch zum Einsatz, wenn mentale Bilder und Räume, wie im folgenden Beispiel, gedanklich erstellt werden.
Stell dir vor, du befindest dich an einem Strand. Hinter dir ragen die Felsen steil in den Himmel, nur ein schmaler Weg führt die Steilküste nach oben. Vor dir liegt das Meer und die Wellen rollen ruhig und gleichmäßig an den Strand. Unter dir spürst du den außergewöhnlich weißen Sand zwischen deinen Zehen, während du am Horizont betrachtest, wie die Sonne in kräftigen Rot-, Orange- und Gelbtönen untergeht. Direkt vor der untergehenden Sonne springt ein Delfin aus dem Wasser, sodass du ihn als schwarzen Schemen erkennen kannst und über dir fliegt eine Möwe einsam entlang.
Und, hast Du ein gedankliches Bild im Kopf?
Auch wenn Du an vergangene Orte denkst, hilft Dir die räumlich visuelle Wahrnehmung dabei, Dich richtig an die Landschaft zu erinnern. Informationen, die uns über die Sprache erreichen, werden ebenfalls in ein gedankliches Bild umgewandelt.
Die visuelle Wahrnehmung bei Kindern
Die visuelle Wahrnehmung bei Kindern unterscheidet sich besonders in den ersten Lebensmonaten von Erwachsenen. Folgende Tabelle zeigt Dir die unterschiedlichen Kompetenzen, die in bestimmten Altersabschnitten erworben werden.
Alter | Erworbene Kompetenzen |
Geburt | erst 25 Prozent der möglichen Sehschärfe von Erwachsenen |
zwei Monate | Unterscheidung von Helligkeitsstufen und Farben |
sechs Monate | Interpretation verschiedener Formen |
ein Jahr | Erreichen der visuellen Fähigkeit Erwachsener |
Während der Entwicklung der visuellen Wahrnehmung können Kinder aktiv unterstützt werden. Spielzeuge können dafür die ideale Basis bilden. Durch verschiedene Farben, Texturen und Formen wird es Kindern durch die vielen unterschiedlichen Reize möglich, ihre Wahrnehmung zu verbessern. Gleichzeitig sollte darauf geachtet werden, keine Reizüberflutung herbeizuführen. Zu viele Farben und Bewegungen gleichzeitig, wie beim Fernsehen, können kontraproduktiv sein.
Doch nicht nur die visuelle Wahrnehmung von Kindern kann gefördert werden. Auch Erwachsene können ihre Kompetenzen in dieser Hinsicht trainieren.
Trainieren und Fördern der visuellen Wahrnehmung durch Übungen
Während die visuelle Wahrnehmung bei Kindern auch zur Unterstützung der Entwicklung gefördert wird, wird die visuelle Wahrnehmung bei Erwachsenen hauptsächlich trainiert, wenn eine Wahrnehmungsstörung vorliegt. Bei visuellen Wahrnehmungsstörungen treten Symptome, wie Orientierungsschwierigkeiten, und Probleme bei der Unterscheidung ähnlicher Gegenstände auf, obwohl keine Schädigung des Auges nachgewiesen werden kann. Das kann zum Beispiel bei einem Schlaganfall geschehen, wenn die Sehrinde geschädigt wurde. Dadurch kann eine teilweise Erblindung im Gesichtsfeld entstehen, die durch Training ein wenig verbessert werden kann.
Generell gibt es eine große Anzahl an therapeutischen und pädagogischen Fördermaßnahmen bei Wahrnehmungsstörungen. Deren Ziel ist es, die verschiedenen Bereiche der visuellen Wahrnehmung, wie die räumliche Wahrnehmung oder die Visuomotorik, zu verbessern.
Bei der Visuomotorik handelt es sich um Bewegungen, die mit dem menschlichen Sehen in Verbindung stehen, also die Hand-Augen-Koordination. Das ist bei den meisten motorischen Bewegungen der Fall, unter anderem, wenn eine sehende Person nach einem Gegenstand greift.
In der Behandlung werden verschiedene Übungen mit den Patient*innen durchgeführt. Dazu gehören beispielsweise Werf- und Fangspiele, das Puzzeln oder Sortierarbeiten. Die visuelle Wahrnehmung lässt sich durch häufige Wiederholung von Reizen, die mit der visuellen Wahrnehmung zu tun haben, also fördern.
Beispiele der visuellen Wahrnehmung
Das Gehirn verbindet verschiedene visuelle Eindrücke und hilft dem Menschen dabei, logische Muster zu erkennen. Dies lässt sich beispielhaft an den Gestaltprinzipien der visuellen Wahrnehmung darstellen, die in den 1920er-Jahren von deutschen Psychologen aufgestellt wurden.
In der Erklärung "Gestaltgesetze" wird genauer auf alle sieben gängigen Gestaltprinzipien eingegangen. Sieh sie Dir an und lerne mehr!
Die Gestaltgesetze spielen vorwiegend in der Mediengestaltung eine wichtige Rolle. Webseiten und Zeitschriften versuchen durch die richtige Anordnung der Überschriften, Texte und Bilder einen guten Überblick zu verschaffen. Aber auch auf der Computertastatur kannst Du den Einsatz von Gestaltprinzipien erkennen.
Welche Gestaltprinzipien Du bei der Computertastatur erkennen kannst, erfährst Du in der folgenden Tabelle.
Gestaltgesetz | Erklärung | Beispiel Tastatur |
Gesetz der Nähe | Elemente, die näher beieinander liegen als andere Elemente, werden als eine Einheit wahrgenommen. | Die verschiedenen Tasten, die nebeneinander liegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. |
Gesetz der Ähnlichkeit | Ähnliche Elemente werden als Einheit angesehen. | Zahlen auf der Tastatur werden zu einem Block zusammengefasst. |
Gesetz der guten Fortsetzung | Elemente, die die sanfteste Linie ergeben, werden als Einheit betrachtet. | Reihe F1 bis F12 ergeben auf der Tastatur eine zusammengehörige Reihe |
Die Gestaltprinzipien sind also ein Teil der visuellen Wahrnehmung, bei der das Gehirn verschiedene Interpretationen vornimmt. Auch während des Lesens des Textes hast Du diese gedankliche Leistung vollbracht, und neben dem Lernen von Informationen über die visuelle Wahrnehmung, auch Deine visuelle Wahrnehmung selbst trainiert.
Visuelle Wahrnehmung – Das Wichtigste
- Die visuelle Wahrnehmung ist die Aufnahme von optischen Reizen aus der Umwelt über das Auge und die Verarbeitung der wichtigsten Informationen durch das Gehirn.
- Durch das Sehen erhält der Mensch wichtige Informationen über seine Umgebung, über Bewegungen und über die Identität und Stimmung von anderen Personen.
- Für die visuelle Wahrnehmung wandern reflektierte Lichtstrahlen durch das Auge bis zur Sehrinde im Gehirn.
- Unterschiedliche Bereiche des Occipitallappens sind für die Auswertung der verschiedenen Informationen im Gehirn verantwortlich.
- Die visuelle Wahrnehmung lässt sich besonders gut bei Kindern fördern.
Nachweise
- Funke; Frensch (2006). Handbuch der allgemeinen Psychologie - Kognition. Hogrefe Verlag.
- Thier (2006). Visuelle Wahrnehmung. Springer Medizin Verlag.
- Sczepek (2011). Visuelle Wahrnehmung: Eine Einführung in die Konzepte Bildentstehung, Helligkeit und Farbe, Raumtiefe, Größe, Kontrast und Schärfe. Books on Demand.
- Abb. 3 - "Tastatur" by Oona Räisänen (https://en.wikipedia.org/wiki/User:Mysid) on Wikimedia (www.wikimedia.org) licensed under Public Domain
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Visuelle Wahrnehmung
Was fördert die visuelle Wahrnehmung?
Die visuelle Wahrnehmung fördert der Einsatz verschiedener Übungen. Dazu gehören Werf- und Fangspiele, Puzzles und Sortierarbeiten.
Was ist eine visuelle Wahrnehmungsstörung?
Eine visuelle Wahrnehmungsstörung ist eine Beeinträchtigung, bei der teilweise Blindheit, Orientierungs- und Unterscheidungsschwierigkeiten auftreten können. Die Symptome treten auf, obwohl im Auge keine Schädigung nachgewiesen werden kann.
Welche Bereiche der visuellen Wahrnehmung gibt es?
Es gibt zwei Bereiche der visuellen Wahrnehmung. Es wird zwischen der Wahrnehmung des Auges und der Verarbeitung im Gehirn unterschieden.
Wie kann ich meine Wahrnehmung verbessern?
Du kannst Deine Wahrnehmung verbessern, indem Du regelmäßig Übungen, wie Werf- und Fangspiele, Puzzles oder andere Sortierarbeiten, durchführst.
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