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Abwehrmechanismen – Bedeutung
Menschen verwenden Abwehrmechanismen ziemlich regelmäßig im Alltag, um sich selbst und ihre psychische Verfassung vor äußeren Einflüssen zu schützen, die ihnen schaden. Abwehrmechanismen werden allerdings meist unbewusst eingesetzt. Das zeigt auch die folgende Definition:
Abwehrmechanismen dienen der Regulierung von innerseelischen oder zwischenmenschlichen Konflikten, um der psychischen Verfassung einer Person Entlastung zu verschaffen.
Welche Abwehrmechanismen angewandt werden, hängt von der Persönlichkeit und Reife eines Menschen ab, aber auch davon, welcher Mechanismus für die jeweilige Situation am wirksamsten ist.
Abwehrmechanismen nach Freud
Unter anderem hat der österreichische Psychologe und Arzt Sigmund Freud den Begriff Abwehrmechanismus geprägt. Die Bedeutung des Wortes orientiert sich bei Freud an seinem Instanzenmodell. Abwehrmechanismen hängen laut Freud also mit den drei psychischen Instanzen des "Ichs", des "Es" und des "Über-Ichs" zusammen:
Abwehrmechanismen werden nach Freud definiert als eine Methode des "Ichs", den Bedürfnissen des "Es" entgegenzutreten, die vom Gewissen (dem "Über-Ich") sonst abgelehnt werden.
Das "Es" (Triebe), das "Ich" (bewusstes Handeln) und das "Über-Ich" (Moralvorstellungen) sind Teile des Strukturmodells der Persönlichkeit von Sigmund Freud.
Alle drei Anteile dieses Modells sind für die Bildung der Persönlichkeit und des Handelns entscheidend.
Mehr über Freud und das Strukturmodell lernst Du in den Erklärungen "Sigmund Freud" und "Instanzenmodell".
Abwehrmechanismen Psychologie – Hintergrund und Zweck
Meistens dienen Abwehrmechanismen als unbewusste Vorgänge, um Angst abzuwehren. Je nach Stärke und Art des individuellen Abwehrmechanismus kann es zu Selbsttäuschungen und somit zu einer Verzerrung der Realität führen. Am folgenden Beispiel kannst Du erkennen, wie diese sogenannte selektive Wahrnehmung aussehen kann:
Johanna trifft sich mit ihrer Schwester Sophia, um gemeinsam Essen zu gehen. Sophia bringt ihre beste Freundin Anna mit, die sich Johanna gegenüber eher abweisend verhält. Johanna ignoriert diese Abneigung jedoch, da der Gedanke, dass die beste Freundin ihrer Schwester sie nicht mag, verletzten würde.
Bei der selektiven Wahrnehmung werden nur bestimmte Aspekte der Umwelt aufgenommen. Andere Aspekte werden wiederum ausgeblendet.
Abwehrmechanismen dienen dazu, schmerzhafte, bedrohliche oder inakzeptable Situationen, Impulse oder Affekte zu verhindern. Damit können negative und schmerzhafte Gefühle auf ein verträgliches Maß reduziert oder sogar vollständig aus dem Bewusstsein verdrängt werden. Ein Abwehrmechanismus, um eine wütende Reaktion zu verhindern, ist zum Beispiel eine Reaktion mit Gleichgültigkeit:
Johanna ist mit ihrer Schwester Sophia und deren Freundin Anna gemeinsam essen. Während des Essens macht Anna immer wieder abfällige Kommentare über Johannas Kleidung. Johanna wird immer wütender, aber sie möchte sich nicht mit der Freundin ihrer Schwester streiten, also tut sie so, als würden sie die Aussagen von Anna gar nicht interessieren. Nach einiger Zeit flacht die Wut ab und Johanna reagiert auf jede negative Aussage von Anna nur noch mit Gleichgültigkeit.
Ein Affekt bezeichnet eine kurz andauernde und sehr intensive Gefühlsregung (z. B. starke Wut).
Arten von Abwehrmechanismen nach Freud
In seiner psychoanalytischen Theorie geht Freud von neun grundlegenden Abwehrmechanismen aus. Diese wurden im Laufe der Zeit durch weitere Abwehrmechanismen ergänzt. Jeder dieser Mechanismen äußert sich auf eine andere Art und Weise. In der nachfolgenden Tabelle kannst Du Dir die unterschiedlichen Mechanismen genauer anschauen:
Abwehrmechanismus | Verhaltensweisen |
Identifikation | Bei diesem Abwehrmechanismus identifiziert sich ein Mensch mit einer stärkeren Persönlichkeit, um die eigenen Selbstzweifel zu überdecken. |
Projektion | Hier projiziert eine Person das, was sie an sich selbst ablehnt, auf andere Personen.Unliebsame Eigenschaften an einem selbst werden in anderen Menschen erkannt, statt in einem selbst. |
Rationalisierung | Fehlverhalten wird mit vermeintlich rationalen Gründen entschuldigt. |
Reaktionsbildung | Inakzeptable Empfindungen wandeln sich ins Gegenteil (z. B. eine Person, die viele Vorurteile gegenüber Bürger*innen mit Migrationshintergrund hat, macht sich für ein Verbot rechtsradikaler Parteien stark). |
Regression | Rückfall in frühere, eigentlich bereits abgeschlossene Entwicklungsphasen |
Sublimation | Nicht erfüllbare Leistungen werden auf andere Leistungsbereiche des Lebens übertragen. |
Verdrängung | Unangenehme und schmerzhafte Empfindungen werden aus dem Bewusstsein verdrängt. |
Verschiebung | Negative Empfindungen werden nicht auf den/die Urheber*in gerichtet, sondern auf ein Ersatzobjekt. |
Widerstand | Verdrängte Inhalte können mitunter versuchen, sich ihren Weg in das Bewusstsein zurückzukämpfen. Der Versuch, sich dagegen zu wehren, wird als Widerstand bezeichnet. |
Wenn Du mehr über den Abwehrmechanismus der Verdrängung erfahren willst, dann schau Dir die Erklärung "Konflikt und Verdrängung" an.
Weitere Abwehrmechanismen
Neben den von Freud entdeckten Abwehrmechanismen existieren noch weitere, die im Laufe der Zeit entdeckt wurden. Dazu gehören z. B. die Fixierung, die Introjektion, das Ungeschehen machen und die Reversion. Diese lernst Du in der folgenden Tabelle genauer kennen:
Abwehrmechanismus | Verhaltensweisen |
Fixierung | Das Festhalten an und Fokussieren auf bestimmte Denk- oder Verhaltensweisen. |
Introjektion | Das Aufgreifen von Moralvorstellungen und Einstellungen von Menschen mit Vorbildfunktion. Deren Vorstellungen und Meinungen werden übernommen, ohne diese weiter zu überprüfen. |
Ungeschehen machen | Der/Die Betroffene tut so, als ob bestimmte Dinge nie passiert wären oder bestimmte Personen sowie Empfindungen nie existiert hätten (Art der Verdrängung). |
Reversion | Verhaltensweisen, die als untragbar empfunden werden, werden ins Gegenteil gewandelt, z. B. wird aggressives Verhalten in liebevolles und überfürsorgliches Verhalten abgewandelt. |
Abwehrmechanismen – Beispiele
Jeder der oben genannten Abwehrmechanismen kann im Alltag auftreten. Welcher Abwehrmechanismus auftritt, hängt sowohl von der betroffenen Person als auch von der aktuellen Situation ab. Im Folgenden findest Du ein paar Beispiele für die einzelnen Arten der Abwehrmechanismen:
Abwehrmechanismus | Beispiel |
Identifikation | Wenn Kinder oft von den Streitereien Ihrer Eltern betroffen sind, kann es sein, dass sie sich aus dem Bedürfnis nach Stärke und Sicherheit heraus beispielsweise mit einem Superhelden aus dem Fernsehen identifizieren. |
Projektion | Ein Schüler sucht bei einer schlechten Leistung, obwohl er selbst nicht genug gelernt hat, die Schuld für sein Versagen bei seinem Lehrer. |
Reaktionsbildung | Ein Mann hegt starke Gefühle für eine Frau. Diese werden jedoch nicht erwidert. Das Gefühl der Ablehnung kann dafür sorgen, dass sich seine Zuneigung in Abneigung wandelt. |
Regression | Ein Einzelkind, das ein Geschwisterkind bekommt und dadurch weniger Aufmerksamkeit erhält, verfällt in alte Entwicklungsphasen zurück, was sich zum Beispiel mit Daumennuckeln ausdrückt. |
Sublimation | Eine Person sehnt sich nach einer Beziehung, jedoch erfüllt sich dieser Wunsch nicht, weswegen sie nun ihre ganze Energie auf die Arbeit konzentriert. |
Abwehrmechanismen – Traumata
Ein Trauma ist eine sehr drastische Form eines Abwehrmechanismus. Dieser Mechanismus setzt jedoch nur in extremen Fällen, bei denen es zu übermäßiger psychischer Belastung kommt, ein. Der Begriff Trauma bezeichnet also eine starke seelische Verletzung einer Person:
Das Wort Trauma (griech.: "Wunde") beschreibt eine psychische Ausnahmesituation. Diese wird durch ein überwältigendes Erlebnis ausgelöst (z. B. Unfälle, Gewalttaten oder Kriege), das eine Bedrohung für das Leben oder die körperliche sowie geistige Unversehrtheit des/der Betroffenen oder einer nahestehenden Person darstellt.
Traumata äußern sich durch unterschiedliche (meist psychische) Symptome. Zu den am häufigsten auftretenden Symptomen gehören:
- Unruhe
- Hyperaktivität
- erhöhtes Erregungsniveau
- Gereiztheit
- körperliche Symptome wie Schweißausbruch, Rötungen, Blässe, Übelkeit, Kopfdruck, beschleunigte Herztätigkeit
- teilweise oder vollständige Erinnerungslücken (Amnesie)
Wenn Du mehr über Traumata lernen möchtest, lies Dir doch die Erklärung "Konflikt und Verdrängung" durch!
Abwehrmechanismen – Das Wichtigste
- Abwehrmechanismen sind Denkweisen, die dazu dienen, schmerzhafte, bedrohliche oder inakzeptable Situationen, Impulse oder Affekte (etwa Angst, Wut oder Schuld) zu verhindern.
- Freud definiert Abwehrmechanismen als eine Methode des "Ichs", den Bedürfnissen des "Es" entgegenzutreten, die vom Gewissen (dem "Über-Ich") sonst abgelehnt werden.
- Sigmund Freud geht in seiner psychoanalytischen Theorie von neun grundlegenden Abwehrmechanismen aus:
- Identifikation
- Projektion
- Rationalisierung
- Reaktionsbildung
- Regression
- Sublimation
- Verdrängung
- Widerstand
- Verschiebung
- Weitere Abwehrmechanismen, die später eingeführt wurden, sind z. B.:
- die Fixierung
- die Introjektion
- das Ungeschehen machen
- die Reversion
- Der Begriff Trauma bezeichnet eine psychische Ausnahmesituation. Traumata sind die drastischste Form eines Abwehrmechanismus.
Nachweise
- Grundwissen Psychologie - Sekundarstufe II (2021). Cornelsen Verlag GmbH.
- Lehrbuch Psychologie (2014). Springer.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Abwehrmechanismen
Welche Abwehrmechanismen gibt es?
Laut Sigmund Freud und seiner psychoanalytischen Theorie gibt es neun grundlegende Abwehrmechanismen. Diese wurden im Laufe der Zeit durch weitere Mechanismen ergänzt.
Es gibt zum Beispiel:
- Identifikation
- Projektion
- Rationalisierung
Was bedeutet Projektion in der Psychologie?
Projektion bedeutet in der Psychologie, dass man das, was man an sich selbst ablehnt, auf andere Personen projiziert. Unliebsame Eigenschaften an einem selbst werden in anderen Menschen erkannt, statt an sich selbst.
Was versteht Freud unter Abwehrmechanismen?
Sigmund Freud versteht unter Abwehrmechanismen eine Methode des "Ichs", den Bedürfnissen des "Es" entgegenzutreten, die vom Gewissen (dem "Über-Ich") sonst abgelehnt werden.
Was bedeutet Regression in der Psychologie?
Regression bedeutet in der Psychologie einen Rückfall in frühere, eigentlich bereits abgeschlossene Entwicklungsphasen.
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