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Unter empirischer Wissenschaft werden Forschungsarbeiten verstanden, deren Ergebnisse durch Erhebung, Auswertung und Interpretation von überprüfbaren Daten gewonnen werden. Empirischen Untersuchungen verwenden qualitative und quantitative Methoden, um diese Daten zu erlangen.
Die Hypothese als Grundlage einer empirischen Untersuchung
Bevor eine empirische Untersuchung durchgeführt wird, bestehen bereits Vermutungen darüber, wie der Ausgang der Forschung aussehen wird. Diese Vermutungen entstehen durch die vorangegangene Recherche der Forschenden über das Themengebiet und die Überprüfung des bisherigen Forschungsstandes. Die entstandenen Annahmen werden schließlich ausformuliert und damit zu einer sogenannten Hypothese aufgestellt.
Durch die Forschung wird dann versucht, die Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen, indem empirische Daten zur Überprüfung gesammelt werden. In der Regel trifft eine Hypothese eine Aussage darüber, ob ein Zusammenhang oder ein Unterschied zwischen zwei Faktoren besteht.
Eine Hypothese ist eine theoretische Annahme, die auf Beobachtungen von Vorgängen beruht und durch wissenschaftlich gewonnene, empirische Daten überprüft werden soll.
Während des Forschungsprozesses gilt die Hypothese als Bezugsrahmen, an dem sich die Wissenschaftler*innen über den gesamten Zeitraum der Forschung orientieren können. Eine Hypothese ist also der "rote Faden", mit dem Forscher*innen arbeiten, um stets ihr Ziel vor Augen zu haben. Man unterscheidet dabei auch zwischen einer gerichteten und einer ungerichteten Hypothese.
Bei einer ungerichteten Hypothese wird nur ein Zusammenhang zwischen zwei Variablen hergestellt.
Variablen sind unterschiedliche Merkmale, die in einer psychologischen Forschung miteinander in Verbindung gebracht werden.
Die Anzahl an Urlaubstagen und die Produktivität der Mitarbeiter*innen hängen miteinander zusammen.
Eine gerichtete Hypothese verdeutlicht dagegen, welche Art von Zusammenhang zwischen den beiden Variablen besteht. In diesem Fall würde die Hypothese folgendermaßen lauten:
Je mehr Urlaubstage die Mitarbeiter*innen haben, desto produktiver sind sie.
Auch im Alltag kannst Du mit Hypothesen in Berührung kommen. Häufig handelt es sich dabei um Vorurteile. Diese sogenannten Alltagshypothesen beruhen auf Behauptungen über bestimmte Zusammenhänge, die nicht überprüft, sondern ungefiltert von Umwelt und vereinzelten Erfahrungen aufgenommen werden.
Hypothesen der qualitativen und quantitativen Forschung
Sowohl in der qualitativen als auch in der quantitativen Forschung werden Hypothesen eingesetzt. Die Hypothesen unterscheiden sich jedoch minimal in der Herangehensweise. Während sich die qualitativen Hypothesen auf Einzelfälle beziehen, werden die quantitativen Hypothesen allgemeingültig formuliert.
Hypothesen der qualitativen Forschung
Qualitative Untersuchungen bilden häufig die Grundlage für die quantitative Forschung. Bei der qualitativen Forschung werden nicht repräsentative Stichproben untersucht. Das bedeutet, dass qualitative Hypothesen häufig auf einzelnen Fällen basieren. Sie werden deshalb auch Fallhypothesen genannt. Dabei wird nur eine bestimmte Person oder eine sehr kleine Personengruppe betrachtet. Diese Fallhypothesen werden dann im weiteren Verlauf zu weitergehenden Hypothesen, indem sie auf eine größere Personengruppe verallgemeinert werden. Das folgende Beispiel zeigt, wie die Fallhypothese für ein Merkmal auf eine größere Gruppe erweitert werden kann.
Die Schüler*innen einer zehnten Klasse in Hamburg werden untersucht. Es wird dabei versucht herauszufinden, ob sich die Aufmerksamkeit der Schüler*innen im Unterricht über das Schuljahr hinweg verändert. Hierbei handelt es sich um eine ungerichtete Fallhypothese. Die Hypothese ist ungerichtet, weil keine positive oder negative Veränderung vermutet wird. Es handelt sich wiederum um eine Fallhypothese, da nur eine kleine Gruppe (eine einzelne Klasse einer bestimmten Schule) untersucht wird.
Sollte die Untersuchung interessante oder unerwartete Ergebnisse zutage bringen – zum Beispiel, dass die Aufmerksamkeit besonders guter Schüler*innen im Laufe des Jahres abnimmt – wird versucht, zu überprüfen, ob es sich bei den Ergebnissen der Untersuchung um einen Zufall handelt. Dazu kann man die Hypothese auf alle Schüler*innen in zehnten Klassen in ganz Hamburg oder ganz Deutschland erweitern.
Hypothesen der quantitativen Forschung
Die quantitative Forschung fokussiert sich dagegen auf die Häufigkeit von Geschehnissen und den Zusammenhang zwischen verschiedenen Faktoren. Dabei werden verschiedene Arten von Hypothesen verwendet. Am häufigsten werden die Zusammenhanghypothese und die Unterschiedshypothese genutzt.
Eine Zusammenhanghypothese wird aufgestellt, wenn untersucht werden soll, ob zwei Merkmale bzw. Variablen miteinander in Verbindung stehen. Eine Unterschiedshypothese wird aufgestellt, wenn untersucht werden soll, ob sich zwei oder mehr Gruppen in bestimmten Merkmalen signifikant voneinander unterscheiden.
Funktionen und Ziele einer wissenschaftlichen Hypothese
Die Hypothesen innerhalb einer wissenschaftlichen Forschung beziehen sich in der Regel auf die Annahme, dass zwischen zwei oder mehreren Merkmalen, den sogenannten Variablen, ein Zusammenhang oder ein Unterschied existiert. Durch die empirische Forschung lässt sich eine Hypothese bestätigen oder widerlegen. Die Bildung von Hypothesen besitzt aber noch weitere Funktionen und Ziele:
- Klärung der richtigen Herangehensweise an die Untersuchung
- Fokussierung auf das Ziel der Forschung
- Strukturierung des Forschungsprozesses
- Strukturierung der Auswertung
Hypothesen aufstellen – Psychologie Anforderungsbereich
Eine Hypothese wird in der Wissenschaft verwendet, um methodisch gewonnenes Wissen zu generieren und darzustellen. Dabei ist es wichtig, zwischen Hypothesen, die im Alltag aufgestellt und Hypothesen, die in der Wissenschaft angewendet werden, zu differenzieren. Man kann dabei drei Arten von Hypothesen unterscheiden: Alltagshypothesen, wissenschaftlichen Hypothesen und wissenschaftlichen Theorien.
Alltagshypothesen
Die Alltagshypothesen sind in der Regel Stereotype, die auf Annahmen und Behauptungen beruhen und nicht wissenschaftlich geprüft werden. Sie entstehen durch einmalige Beobachtungen oder Übernahme von anderen Personen. Diese "Hypothesen" können in der Wissenschaft nicht eingesetzt werden, da sie keine begründeten Annahmen darstellen und nicht auf ausreichender Recherche beruhen.
Wissenschaftliche Hypothesen
Eine wissenschaftliche Hypothese stellt eine begründete Annahme über Sachverhalte oder Gesetzmäßigkeiten dar. Sie wird durch methodisch gewonnene Daten aufgestellt, indem zuvor Recherche betrieben wird. Im Anschluss wird die wissenschaftliche Hypothese durch die methodisch gewonnenen Forschungsdaten überprüft.
Wissenschaftliche Theorien
Wie auch die wissenschaftlichen Hypothesen werden die wissenschaftlichen Theorien durch methodisch gesammelte Daten aufgestellt. Eine Theorie stellt jedoch nicht nur eine begründete Annahme dar, sondern hat diese bereits bestätigt. Eine Theorie entsteht also auch durch die Überprüfung einer Hypothese und wird teilweise auch als "akzeptierte Hypothese" bezeichnet.
Auch wenn Theorien schon durch Daten bestätigt wurden, können Sie immer noch widerlegt werden. Das passiert beispielsweise dann, wenn neue Forschungsergebnisse nicht mit der Theorie vereinbar sind.
Hypothesen formulieren – Psychologie Beispiel
Um eine Hypothese aufzustellen, müssen bestimmte Voraussetzung erfüllt werden. Dazu gehören:
- Allgemeingültigkeit
- Aufbau als Konditionalsatz
- Falsifizierbarkeit
Voraussetzungen
Eine Hypothese muss einige Voraussetzungen erfüllen, damit sie als wissenschaftliche Hypothese in der Forschung zum Einsatz kommen kann. Neben der Messbarkeit der Aussage und der sachlichen, spezifischen Formulierung gehören die Allgemeingültigkeit, der Aufbau des Satzes und die Falsifizierbarkeit zu den Voraussetzungen.
Allgemeingültigkeit
Eine wissenschaftliche Hypothese muss eine allgemeingültige Aussage treffen, die nicht nur auf einen Einzelfall zutrifft. Indem Beobachtungen häufig gemacht werden oder eine Literaturrecherche die Häufung bestimmter Phänomene bestätigt, können Hypothesen als allgemeingültig formuliert werden. Die Allgemeingültigkeit bezieht sich jedoch nicht zwingend auf die gesamte Menschheit oder alle in einem Land lebenden Personen. Eine allgemeingültige Hypothese kann beispielsweise auch für junge Frauen im Alter von 15 bis 20 Jahren gelten, die in einem bestimmten Handwerksberuf arbeiten. Das folgende Beispiel erläutert Dir näher, wie eine allgemeingültige Aussage aussehen könnte:
"Wenn Teilnehmende eines Sprachkurses häufig Filme in einer anderen Sprache sehen, lernen sie die Sprache schneller." Hierbei lässt sich die Aussage auf alle Teilnehmenden eines Sprachkurses übertragen und bezieht sich nicht nur auf einzelne Personen in einer bestimmten Lerngruppe.
Aufbau als Konditionalsatz
Damit eine Hypothese als wissenschaftlich angesehen wird, muss sie in Form eines Konditionalsatzes aufgebaut sein. Unter einem Konditionalsatz versteht man einen "Wenn-dann-Satz" oder einen "Je-desto-Satz". Dieser Satzaufbau kommt dadurch zustande, dass in der Forschung versucht wird, einen Zusammenhang zwischen zwei Phänomenen herzustellen, indem zwei Variablen miteinander in Verbindung gesetzt werden. Das folgende Beispiel beinhaltet zwei mögliche Formulierungen einer Hypothese als Konditionalsatz:
Eine Hypothese kann als Wenn-dann-Satz formuliert werden: "Wenn Arbeitnehmer mehr Geld erhalten, dann sind sie produktiver."
Auch ein Je-desto-Satz für eine Hypothese ist möglich: "Je mehr Geld Arbeitnehmer erhalten, desto produktiver sind sie."
Falsifizierbarkeit
Eine wissenschaftliche Hypothese muss zudem falsifizierbar sein. Das bedeutet, dass die getroffene Annahme auch widerlegt werden kann. Eine Annahme, die nur eine Antwortmöglichkeit besitzt, kann in einer Forschung nicht verwendet werden. Was genau unter Falsifizierbarkeit verstanden wird, wird anhand des folgenden Beispiels deutlich:
Negative Beispiele für die Falsifizierbarkeit von Hypothesen lauten:
- "Wasser ist nass."
- "Es existieren außerirdische Lebewesen im Universum."
Die Gegenthese für das erste Beispiel müsste "Wasser ist nicht nass" lauten. Diese kann nicht bewiesen werden, da es sich dabei um eine allgemeingültige Wahrheit handelt.
Die Hypothese der außerirdischen Lebewesen kann nicht widerlegt werden, da die Menschen nach dem heutigen Stand nicht in der Lage sind, das gesamte Universum nach Leben abzusuchen. Aus diesem Grund kann also die Gegenthese "Es existieren keine außerirdischen Lebewesen im Universum" nicht aufgestellt werden.
Diese Aussagen können also nicht widerlegt werden und sind damit keine gültigen wissenschaftlichen Hypothesen.
Hypothesen aufstellen – Psychologie Forschung
Das Aufstellen einer Hypothese geschieht in vier Schritten. Auf die Recherche über den momentanen Forschungsstand folgt der Aufbau einer Fragestellung. Im Anschluss werden die Variablen bestimmt, bevor die Formulierung der Hypothese vorgenommen wird.
Hypothesen aufstellen Psychologie – Anforderungsbereich
Um eine Hypothese aufzustellen, muss ein bestimmter Anforderungsbereich erfüllt werden. Dazu gehören:
- Recherche
- Fragestellung
- Bestimmung der Variablen
- Formulierung der Hypothese
Recherche
Um eine wissenschaftliche Hypothese formulieren zu können, muss der momentane Forschungsstand des Interessengebiets ermittelt werden, in dem die Untersuchung stattfinden soll. Auch Themengebiete, die das Forschungsinteresse nur entfernt schneiden, können dabei hilfreich sein. Unter der Voraussetzung, dass ausreichend Kenntnis in dem Themengebiet vorhanden ist, kann schließlich eine sinnvolle Annahme über den Ausgang der Forschung getroffen werden. Das folgende Beispiel erläutert diesen Prozess noch einmal näher:
Du hast beschlossen, dass du mehr über das Lernen von Sprachen und den Einsatz von Medien erfahren möchtest. Deswegen besorgst du dir Literatur über Sprachentwicklung, Lernstrategien und Medieneinsatz im Unterricht.
Du stellst fest, dass viele Forschungsergebnisse darüber berichten, dass das regelmäßige Anhören von Hörverständnis-Aufgaben dazu führt, dass eine bessere Sprachkompetenz erreicht werden kann. Da du selbst sehr filmbegeistert bist, nimmst du an, dass auch das Ansehen von Filmen die Sprachkompetenz von Lernenden erhöhen könnte.
Indem Du also viele Informationen zu einem Thema sammelst, kannst Du eine gute Vorstellung darüber gewinnen, welche Ergebnisse Du selbst bei Deiner Forschung erzielen wirst. Diese Vermutung über den Ausgang Deiner Forschung formulierst Du schließlich mithilfe der Forschungsfrage.
Fragestellung
Um eine eigene Hypothese zu formulieren, wird nach der Recherche zunächst eine geeignete Forschungsfrage benötigt. Sie wird ermittelt, indem ein noch nicht oder nur wenig untersuchter Forschungsaspekt betrachtet wird, um neue Erkenntnisse darin zu erlangen. In der Regel besteht aufseiten der Forschenden ein persönliches oder berufliches Interesse an der Beantwortung der Forschungsfrage.
Nach deiner Recherche über den Einsatz von Hörverständnis-Aufgaben im Sprachunterricht stellst du dir die Frage, ob auch das Ansehen von Filmen die Sprachkompetenz von Lernenden erhöhen könnte. Deswegen formulierst du eine Fragestellung für deine Forschung: "Beeinflusst das Ansehen von fremdsprachigen Filmen die Sprachkompetenz?"
Nachdem Du Dich also dafür entschieden hast, was Du genau erforschen möchtest, formulierst Du die Forschungsfrage. In der Forschungsfrage werden schließlich die Variablen Deiner Untersuchung deutlich.
Bestimmung der Variablen
In der Forschungsfrage werden die Variablen für die Formulierung der Hypothese bereits deutlich. Die Variablen lassen sich aus der Forschungsfrage herauslesen, da hier zwei oder mehrere Faktoren genannt werden, die möglicherweise in Verbindung stehen könnten. Bei den Variablen handelt es sich um Merkmale einer Person, Personengruppe oder Organisation.
Durch deine Forschungsfrage "Beeinflusst das Ansehen von fremdsprachigen Filmen die Sprachkompetenz?" werden die Variablen deutlich, die bei deiner Forschung näher untersucht werden müssen. Du erkennst die Variablen "Ansehen von fremdsprachigen Filmen" und "Sprachkompetenz".
Bei den Variablen wird schließlich zwischen zwei verschiedenen Arten von Variablen unterschieden. Diese bezeichnet man als unabhängige und abhängige Variable:
Die unabhängige Variable wird in einem Experiment von den Wissenschaftler*innen beeinflusst bzw. manipuliert, um einen Zusammenhang mit der abhängigen Variable zu überprüfen.
Die abhängige Variable bezeichnet den Faktor, der von den Wissenschaftler*innen untersucht wird. Es wird dabei beobachtet, ob dieser Faktor von der unabhängigen Variable beeinflusst wird und ob die unabhängige und die abhängige Variable miteinander in einem Zusammenhang stehen.
Auch im Beispiel der Sprachkompetenz findet sich eine unabhängige und eine abhängige Variable:
Die unabhängige Variable deiner Forschung ist das regelmäßige Ansehen von Filmen im Sprachunterricht, um zu überprüfen, ob sich die Sprachkompetenz der Teilnehmenden verändert. In deinem Experiment wird die Variable manipuliert, indem in verschiedenen Gruppen häufiger oder weniger häufig fremdsprachige Filme angesehen werden.
Die abhängige Variable stellt dann die Sprachkompetenz der Sprachkurs Teilnehmenden dar, die durch das Ansehen von Filmen eine Veränderung erfahren kann.
Hypothesen bilden
Nachdem die verschiedenen Variablen durch die Forschungsfrage deutlich werden, erfolgt die Formulierung einer Hypothese. Die zuvor erfolgte Recherche gibt ebenfalls Hinweise darauf, wie die Hypothese zu formulieren ist. Die beiden Variablen werden miteinander in Verbindung gesetzt und durch einen Konditionalsatz zu einer Hypothese ausformuliert.
Hypothesenbildung – Beispiel
Bei der Formulierung der Hypothese muss darauf geachtet werden, keine langen und komplizierten Sätze zu verwenden. Denn die können dazu führen, dass Unklarheiten und Missverständnisse entstehen. Aus diesem Grund müssen auch Schachtelsätze, Umgangssprache und unpassende Begriffe vermieden werden.
Auch die Nachprüfbarkeit wird von der Hypothese beeinflusst. Subjektive und andere nicht messbare Formulierungen, wie der Begriff "schön", sind zu vermeiden. Statt diesen Bezeichnungen werden messbare Alternativen wie "beliebt" verwendet. Das veranschaulicht Dir das folgende Beispiel:
Durch deine Recherche weißt du, welcher Ausgang deiner Forschung wahrscheinlich ist. Deine Forschungsfrage hat dir dabei geholfen herauszufinden, was genau du erforschen möchtest und welche Variablen dafür genauer betrachtet werden müssen.
Auf dieser Basis formulierst du nun deine Hypothese: "Wenn Teilnehmende eines Sprachkurses häufig Filme in der zu lernenden Sprache sehen, lernen sie die Sprache schneller."
Umso genauer eine Hypothese auf das Themengebiet eingeht, desto besser kann sie in der Forschung verwendet werden. Sehr allgemeine Formulierungen sorgen dafür, dass nur oberflächlich mit einem Thema gearbeitet wird. Eine kurze, objektive und präzise Darstellung der Hypothese ist also wichtig, wie auch im folgenden Beispiel deutlich wird.
Ein Negativbeispiel für eine Hypothese lautet: "Die Sprachkompetenz von Sprachschüler*innen und der Konsum von fremdsprachlichen Filmen hängt zusammen."
Besser wäre: "Je öfter Filme in der zu lernenden Sprache konsumiert werden, desto besser entwickelt sich die Sprachkompetenz der Sprachschüler*innen."
Idealerweise wird die Hypothese sehr spezifisch formuliert: "Bei täglichem Konsum fremdsprachlicher Filme in der zu lernenden Sprache steigt die Sprachkompetenz der Sprachschüler*innen um 20 Prozent."
Hypothesen – Beispiele Psychologie
Wissenschaftliche Hypothesen wurden bei allen bekannten psychologischen Forschungen formuliert und als Mittel zur Strukturierung der Forschung eingesetzt. Auch wenn diese in der Beschreibung von Experimenten häufig nicht konkret erwähnt werden, ist es möglich, infrage kommende Hypothesen auch im Nachhinein zu formulieren. Anhand der folgenden Beispiele kannst Du dieses Vorgehen noch besser nachvollziehen.
Das Konformitätsexperiment von Solomon Asch
Das Konformitätsexperiment war eine Studienreihe, die von dem Psychologen Solomon Asch durchgeführt und veröffentlicht wurde. Der erste Versuchsaufbau des Experiments fand 1951 statt.
Bei dem Experiment saß die Versuchsperson mit anderen Personen, von denen behauptet wurde, sie wären ebenfalls Teilnehmende des Experiments, an einem langen Tisch. Alle sollten nun beantworten, welche von drei unterschiedlich langen Linien auf einer Karte identisch mit einer dargestellten Referenzlinie sei. Die Linien unterschieden sich dabei sehr stark, sodass die richtige Antwort leicht zu erkennen war.
Die Personen, die mit der Versuchsperson in einem Raum waren, sollten nun in sechs Durchläufen das richtige Ergebnis nennen, während in den restlichen zwölf Durchgänge das falsche Ergebnis genannt werden sollte.
Das Ziel des Experiments war es, zu beobachten, wie der Gruppenzwang eine einzelne Person dahin gehend beeinflusst, dass diese eine offensichtlich falsche Annahme als richtig einschätzt.
Aus der Kenntnis über dieses Ziel kann nun eine mögliche Hypothese formuliert werden:
"Wenn sich eine einzelne Person in einer großen Gruppe befinden, dann nimmt sie die Meinung dieser Gruppe an."
Der IKEA-Effekt durch Norton und Kollegen
Der IKEA-Effekt wurde bereits in den 1950er-Jahren beschrieben und schließlich durch den Psychologen und BWL-Professor Michael Norton und seine Mitarbeiter wissenschaftlich bestätigt. Dabei mussten Versuchspersonen bereits zusammengebaute Möbel betrachten und diese im Anschluss mithilfe einer Anleitung und fertigen Bausätzen selbst zusammenbauen. Danach mussten die Teilnehmenden des Versuchs die Möbel bewerten und auswählen, welches Möbelstück ihnen besser gefallen würde.
Das Ziel des Experiments war es, nachzuweisen, dass Gegenstände, in die eine Person selbst Arbeit investiert hatte, eine höhere Wertschätzung erlangen. Aus der Kenntnis über dieses Ziel kann folgende mögliche Hypothese formuliert werden: "Wenn ein Mensch Arbeit in eine Sache investiert, dann erhöht sich die Wertschätzung für diese."
Hypothesen aufstellen Psychologie – Hypothesentest
Um am Ende der Forschung herauszufinden, ob die Hypothese bestätigt oder widerlegt wurde, muss ein Hypothesentest durchgeführt werden. Zu diesem Zweck wird eine Nullhypothese (H0) oder eine Gegenhypothese (H1) verwendet.
Hypothesen aufstellen Psychologie – h0 h1
Bei einer Nullhypothese handelt es sich um eine Annahme, bei der davon ausgegangen wird, dass kein Zusammenhang zwischen den beiden Variablen besteht.
Ein mögliches Beispiel für eine Nullhypothese lautet:
Das Ansehen von fremdsprachlichen Filmen im Sprachunterricht hat keinen Einfluss auf die Sprachkompetenz der Teilnehmenden.
Die Gegenhypothese geht dagegen davon aus, dass ein direkter Zusammenhang zwischen den beiden Variablen existiert. Ein mögliches Beispiel für eine Gegenhypothese lautet:
Das Ansehen von fremdsprachlichen Filmen im Sprachunterricht hat einen Einfluss auf die Sprachkompetenz der Teilnehmenden.
Um einen Hypothesentest durchzuführen, werden nun die gewonnenen Daten aus der durchgeführten Forschung benötigt. Bei der Überprüfung werden die wichtigsten Ergebnisse der Forschungsarbeit zusammengefasst und auf den Zusammenhang von H0 und H1 überprüft. Schließlich wird mit Bezug auf den Ausgangspunkt dargestellt, ob die Hypothese bestätigt oder widerlegt wurde.
Auch wenn das Ergebnis der Forschung die Nullhypothese bestätigt und kein Zusammenhang zwischen den Variablen besteht, handelt es sich dabei um eine wissenschaftliche Erkenntnis.
Hypothesenbildung – Das Wichtigste
- Mithilfe einer Hypothese werden Untersuchungen strukturiert aufgebaut und durchgeführt.
- Eine Hypothese wird aufgrund von Beobachtungen aufgestellt und durch empirische Daten überprüft.
- Die Voraussetzungen für eine Hypothese sind Allgemeingültigkeit, der Aufbau des Satzes und die Falsifizierbarkeit.
- Durch den Hypothesentest werden die wichtigsten Ergebnisse der Forschung zusammengefasst und auf den Zusammenhang von H0 und H1 überprüft.
Nachweise
- Hopf (2016). Schriften zur Mehtodologie und Methoden qualitativer qualitativer Sozialforschung. Springer Verlag.
- Kromrey (2013). Empirische Sozialforschung: Modelle und Methoden der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung. Springer Verlag.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Hypothesen aufstellen Psychologie
Was macht man mit einer Hypothese?
Mit einer Hypothese macht man einen Bezugsrahmen, an dem sich Forscher*innen während des Forschungsprozesses orientieren können. Die Hypothese strukturiert die wissenschaftliche Untersuchung und hilft auch dabei, bei der Auswertung einen Überblick über die Daten zu behalten.
Was ist eine gute Hypothese?
Eine gute Hypothese ist ein Konditionalsatz, der kurz, objektiv und sehr präzise formuliert wird und alle wissenschaftlichen Standards erfüllt.
Wie werden Hypothesen überprüft?
Hypothesen werden durch Hypothesentests überprüft. Dabei werden aus den gewonnenen Daten Schlussfolgerungen gezogen und auf die zuvor formulierte Hypothese angewandt. Dadurch wird deutlich ob eine Hypothese widerlegt oder bestätigt wurde.
Wie ist eine Hypothese aufgebaut?
Die Hypothese ist in Form eines Konditionalsatzes aufgebaut. Unter einem Konditionalsatz versteht man einen Wenn-dann-Satz oder einen Je-desto-Satz. Dieser Satzaufbau kommt dadurch zustande, dass in der Forschung versucht wird, einen Zusammenhang zwischen zwei Phänomenen herzustellen, indem zwei Variablen miteinander in Verbindung gesetzt werden.
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