Varianzanalyse

In der psychologischen Forschung werden oft große Gruppen von Menschen miteinander verglichen, um festzustellen, ob die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ein bestimmtes Merkmal beeinflusst. Ein typisches Beispiel sind Altersgruppen. Du kannst damit leichter vergleichen, ob sich Menschen in einem bestimmten Alter hinsichtlich eines Merkmals von anderen Altersgruppen unterscheiden. Um diese Vergleiche statistisch sinnvoll auswerten zu können, wurde eine Methode entwickelt: die Varianzanalyse.

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    In dieser Erklärung geht es um die Varianzanalyse aus der psychologischen Perspektive. Also darum, was eine ANOVA ist, und wann sie in der psychologischen Forschung verwendet wird. Wenn Du genauer wissen willst, wie eine ANOVA funktioniert und durchgeführt wird, haben wir im Fach Mathematik noch eine detaillierte Erklärung für Dich.

    Varianzanalyse ANOVA Grundlagen

    Der Begriff ANOVA ist eine Abkürzung für das englische Wort Analysis Of Variances und bedeutet auf Deutsch Varianzanalyse. Varianzanalysen werden verwendet, um die Mittelwerte von verschiedenen Gruppen miteinander zu vergleichen. Damit wird versucht, Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen festzustellen und zu prüfen, ob diese Unterschiede statistisch signifikant sind.

    Die Varianzanalysen gehören also zu den Signifikanztests. ANOVAS vergleichen dabei nicht zwei Datenpunkte miteinander, sondern die Gesamtdaten vorher festgelegter Kohorten/Gruppen. Wie der Name Varianzanalyse nahelegt, ist der Untersuchungsgegenstand, der verglichen wird, die Varianz innerhalb der Gruppen.

    Varianz ist eine Maßeinheit in der Statistik. Die Varianz gibt an, wie stark die einzelnen Datenpunkte aus einer Gruppe von Daten voneinander abweichen.

    Es gibt verschiedene Arten von Varianzanalysen. Welche ausgewählt werden muss, um statistisch sinnvolle Ergebnisse herauszubekommen, hängt von dem jeweiligen Datensatz ab. Es gibt jedoch einige allgemeine Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um eine ANOVA durchführen zu können.

    Voraussetzungen – Varianzanalyse

    Damit die Ergebnisse einer Varianzanalyse belastbar sind, muss im Vorfeld geprüft werden, ob bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, wird beim Testen zwar ein Ergebnis erhalten, es kann sich aber nicht darauf verlassen, ob dies auch richtig ist. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Verwendung einer Varianzanalyse sind:

    1. Die unabhängige Variable (die Gruppen) sollte ein kategoriales Skalenniveau besitzen.
    2. Die abhängige Variable sollte Kardinalskalenniveau besitzen.
    3. Varianzhomogenität: Die Varianzen der einzelnen Gruppen sollten ungefähr gleich sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kannst Du mit dem Levene-Test überprüfen
    4. Normalverteilung: Die Ausprägungen in den untersuchten Gruppen sollten etwa normalverteilt sein. Die Normalverteilung kann mit dem Shapiro-Wilk Test überprüft werden.
    5. Die abhängige Variable sollte möglichst keine Extremwerte enthalten.

    Abhängige Variablen hängen sind Variablen, die von mindestens einer unabhängigen Variable abhängen. Das Konzept von abhängigen und unabhängigen Variablen ist in der psychologischen Forschung essenziell, da Forschende selten das messen können, was sie eigentlich wollen.

    Konzepte, die in der psychologischen Forschung untersucht werden (z. B. Intelligenz, Angstneigung, Konzentrationsfähigkeit), sind oftmals nicht direkt beobachtbar. Forschende müssen daher in der Regel Rückschlüsse ziehen. Soll etwa die Konzentrationsfähigkeit einer Person gemessen werden, so kann ein Konzentrationstest genutzt werden. Das Testergebnis ist in diesem Fall die abhängige Variable, die von der Konzentrationsfähigkeit (die eigentlich gemessen werden soll, abhängt).

    Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kannst Du davon ausgehen, dass die Ergebnisse der Varianzanalyse auch interpretierbar sind.

    Sowohl den Levene-Test als auch den t-Test kannst Du mit Excel oder SPSS durchführen.

    Varianzanalyse – Arten

    Der Hintergrund der Varianzanalyse bleibt immer der gleiche. Du verwendest eine Varianzanalyse, wenn Du mehrere Gruppen miteinander vergleichen möchtest. Je nachdem, was genau Du vergleichen möchtest, gibt es aber unterschiedliche Arten von Varianzanalysen:

    1. die einfaktorielle Varianzanalyse
    2. die mehrfaktorielle Varianzanalyse
    3. die Varianzanalyse mit Messwiederholung

    Einfaktorielle Varianzanalyse

    Die einfaktorielle Varianzanalyse oder einfaktorielle ANOVA wird verwendet, um zu prüfen, ob sich mehr als zwei Gruppen hinsichtlich eines Merkmals statistisch signifikant voneinander unterscheiden. Möchtest Du nur zwei Gruppen vergleichen, kannst Du auch einen t-Test verwenden. Sieh Dir dafür auch das folgende Beispiel an:

    Du möchtest herausfinden, ob die Filme, die Menschen am liebsten sehen, etwas über ihre Konzentrationsfähigkeit aussagen. Daher befragst Du Deine Versuchspersonen, was ihre Lieblingsgenres sind und führst danach einen Konzentrationstest mit ihnen durch.

    Du prüfst zuerst, ob die Voraussetzungen für eine Varianzanalyse erfüllt sind. Die unabhängige Variable Lieblingsgenre ist kategorial skaliert, da Du nur feststellen kannst, ob die Eigenschaft bei zwei verschiedenen Personen gleich oder ungleich ist, aber nicht, ob eine besser als das andere ist.

    Die abhängige Variable Konzentrationsfähigkeit ist kardinal skaliert. Du kannst feststellen, ob zwei Untersuchungsteilnehmer hinsichtlich dieser Variable gleich sind und auch ein Verhältnis dazwischen herstellen. Du kannst also sagen, dass eine Person die eineinhalbfache Konzentrationsleistung von einer anderen Person hat.

    Mit den Ergebnissen der Varianzanalyse erfährst Du, ob es einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen gibt. Was Du aber dadurch nicht weißt, ist, wo der Unterschied liegt. Es könnte also sein, dass sich die Konzentrationsfähigkeit von Fans von Horrorfilmen und Actionfilmen signifikant von der von Liebesfilmfreunden unterscheidet, aber die Konzentrationsfähigkeit zwischen Horror- und Actionfilmfans nicht.

    Um das herauszufinden, müssen die einzelnen Gruppen noch einmal in Zweiergruppen miteinander verglichen werden.

    Die einfaktorielle ANOVA untersucht allerdings nur eine abhängige Variable. Möchtest Du mehr als eine abhänge Variable untersuchen, kannst Du die mehrfaktorielle Varianzanalyse verwenden.

    Wenn Du mehr über statistische Verfahren, die in der psychologischen Forschung genutzt werden, lernen willst, klick Dich in die Erklärungen "Statistik Psychologie", "Deskriptive Statistik" oder "Inferenzstatistik" rein!

    Mehrfaktorielle Varianzanalyse

    Eine mehrfaktorielle ANOVA untersucht mehr als eine abhängige Variable. Eine mehrfaktorielle Varianzanalyse wird auch multivariate Varianzanalyse oder multivariate ANOVA genannt. Wenn zwei abhängige Variablen untersucht werden, wird sie auch zweifaktorielle ANOVA genannt.

    Die mehrfaktorielle ANOVA unterscheidet sich von einer anderen Form von Signifikanztest, der MANOVA dahin gehend, dass bei der mehrfaktoriellen ANOVA die mehreren Variablen abhängige Variablen sind, während bei der MANOVA mehrere unabhängige Variablen miteinander verglichen werden.

    Wie genau eine mehrfaktorielle Varianzanalyse aufgebaut ist, und was sie von einer MANOVA unterscheidet, zeigt das folgende Beispiel:

    Bei der Konzeption deiner Untersuchung fällt dir ein, dass ja nicht alle Leute gleich oft Filme sehen. So könnten manche Menschen ein bestimmtes Genre bevorzugen, aber trotzdem nur kaum Filme ansehen. Deswegen beschließt du, eine zusätzliche Frage in deine Untersuchung aufzunehmen. Zusätzlich zum Lieblingsgenre fragst du noch, wie häufig die Versuchspersonen im Schnitt pro Woche Filme sehen.

    Nun hast du zwei abhängige Variablen (Ergebnis im Konzentrationstest und Häufigkeit mit der Filme angesehen werden). Beide sind kardinal skaliert. Du kannst jetzt mit einer multivariaten ANOVA untersuchen, ob es signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen im Hinblick auf beide Merkmale gibt.

    Wenn Du mehr darüber erfahren willst, wie genau eine "MANOVA" funktioniert, schau Dir die Erklärung dazu an!

    Varianzanalyse mit Messwiederholung

    Eine besondere Form der Varianzanalyse ist die Varianzanalyse mit Messwiederholung. Diese Form der Varianzanalyse kannst Du immer dann verwenden, wenn Du eine Gruppe zu verschiedenen Zeitpunkten befragst. Sie unterscheidet sich also von der einfaktoriellen oder mehrfaktoriellen Varianzanalyse dahingehend, dass jeweils nur eine Gruppe untersucht wird. Wie genau der Unterschied aussieht, zeigt das folgende Beispiel:

    Für deine Untersuchung, welche Einflüsse Filme auf die Konzentrationsfähigkeit haben, fällt dir ein neues Untersuchungsdesign ein. Dich interessiert jetzt, wie das Ansehen eines bestimmten Filmes sich auf die Konzentrationsfähigkeit auswirkt. Für diese Untersuchung wählst du einen Film aus, und lässt deine Versuchspersonen je einen Konzentrationstest, vor dem Film, direkt nach dem Film und eine Stunde nach dem Film machen.

    Nun hast du lediglich eine Gruppe, aber drei verschiedene Messzeitpunkte. Du kannst sie daher mit einer ANOVA mit Messwiederholung vergleichen.

    Varianzanalyse – Beispiel

    Nachdem Du so viel über Varianzanalysen gelesen hast, kannst Du Dir vielleicht schon einige Forschungsbereiche vorstellen, in denen Varianzanalysen benutzt werden. Am Beispiel der berühmten Bobo-Doll-Studie (auch Bobo-Doll-Experiment genannt) zum Modelllernen kannst Du sehen, wofür Varianzanalysen in der Forschung wichtig sind.

    Die Bobo-Doll-Studie wurde von dem Psychologen Albert Bandura durchgeführt. Er wollte damit seine Hypothese, dass Kinder auch durch bloßes Beobachten lernen können, unterstreichen. In seinem Experiment ließ er 72 Jungen und Mädchen im Alter zwischen 35 und 69 Monaten in sechs Gruppen aufteilen. Alle Gruppen bekam einen Film zu sehen, in dem eine Person auftrat und eine Puppe (die namensgebende Bobo-Doll) erst beleidigte und später körperlich angriff. Die Person beleidigte die Puppe dabei auch mit Fantasieschimpfwörtern.

    Vielleicht kannst Du schon erahnen, warum in diesem Studiendesign eine ANOVA ein wichtiges Instrument zur Untersuchung sein könnte. Bandura hatte insgesamt sechs Gruppen, die miteinander zu vergleichen waren. Diese Gruppen bestanden aus Jungen und Mädchen, die je unterschiedlich alt waren. Im folgenden Abschnitt des Beispiels siehst Du, wie die unabhängige Variable in Banduras Experiment aussah.

    Bei drei Gruppen war die Person männlich und bei drei Gruppen weiblich. Alle Gruppen sahen den Teil des Filmes, in dem die Puppe angegriffen und beleidigt wurde. Den Gruppen wurden aber unterschiedliche Enden gezeigt:

    1. Eine zweite Person kommt hinzu und belohnt die erste Person mit Süßigkeiten.
    2. Eine zweite Person kommt hinzu und bestraft die erste Person mit Drohungen und Schlägen.
    3. Keine Person kommt hinzu. Der Film endet.

    Die unabhängige Variable in dem Experiment war der Film und sein Ende. Jede der Gruppen bekam ein anderes Ende des Filmes zu sehen. Das Verhalten der Kinder ist die abhängige Variable. Wie es aussah, siehst Du im nächsten Beispiel:

    Als der Film beendet war, wurden die Kinder einzeln in einen Raum geführt, der genau so eingerichtet war, wie der Raum aus dem Film. In dem Raum befand sich ebenfalls eine Bobo-Doll. Dort durften Sie spielen. Ihr Verhalten wurde durch einen Einwegspiegel beobachtet, sodass die Kinder nicht wussten, dass sie beobachtet wurden.

    Das Verhalten der Kinder ist die abhängige Variable. Wenn Du Dich an die Voraussetzungen für die Durchführung einer ANOVA zurückerinnerst, ist eine davon, dass die abhängige Variable kardinal skaliert ist. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, musste Bandura seine Beobachtung etwas anpassen. Er konzentrierte sich weniger darauf, wie genau die Kinder sich aggressiv verhielten, sondern auf die Menge an aggressivem Verhalten. Dafür ließ er die Beobachter*innen in fünf-Sekunden Abständen notieren, ob die Kinder:

    1. aggressives Verhalten aus dem Film imitierten
    2. aggressives Verhalten teilweise imitierten
    3. aggressives Verhalten zeigten, dass nicht aus dem Film stammte, oder
    4. kein aggressives Verhalten zeigten.

    Wie Du siehst, war es für das Experiment so wichtig, eine kardinalskalierte abhängige Variable zu bilden, dass das Experiment sogar gezielt daraufhin angepasst wurde. Mit dieser Anpassung konnte Bandura mit mehreren einfaktoriellen ANOVAS berechnen, ob sich die Menge an aggressivem Verhalten hinsichtlich

    • des Filmendes oder
    • des Geschlechts unterschied.

    Da das Experiment viele Variablen hatte, zeigte es auch viele Ergebnisse:

    • Kinder, die gesehen hatten, wie die Person im Film belohnt wurde, zeigten am meisten aggressives Verhalten.
    • Kinder, die gesehen hatten, wie die Person im Film bestraft wurde, zeigten am wenigsten aggressives Verhalten.
    • Kinder, bei denen keine Person im Film auftrat, waren kaum weniger aggressiv, als Kinder die, die gesehen hatten, wie die Person belohnt wurde.

    Damit konnte Bandura seine These belegen, dass Kinder durch die Beobachtung von Verhalten lernen.

    Wenn Du mehr über das Bobo-Doll-Experiment und das Modelllernen erfahren willst, klick Dich in die Erklärung "Konstruktivismus" rein. Viel Spaß!

    ANOVA - Das Wichtigste

    • ANOVA ist die Abkürzung für Analysis of Variances und wird auch Varianzanalyse genannt.
    • Varianzanalysen vergleichen Mittelwertsunterschiede zwischen Gruppen, um statistisch signifikante Unterschiede zu erkennen. Sie sind damit Signifikanztests.
    • ANOVAS werden verwendet, um mehr als zwei Gruppen miteinander zu vergleichen.
    • Es gibt verschiedene Arten von ANOVAs, welche verwendet wird, hängt von den jeweiligen Umständen ab:
      • einfaktorielle ANOVA: vergleicht Gruppen im Hinblick auf eine abhängige Variable miteinander
      • mehrfaktorielle ANOVA: vergleicht Gruppen im Hinblick auf mehrere abhängige Variablen miteinander
      • ANOVA mit Messwiederholung: vergleicht eine Gruppe über mehrere Messzeitpunkte mit sich selbst
    • Die Ergebnisse einer ANOVA zeigen nur, ob ein statistisch signifikanter Mittelwertsunterschied zwischen den Gruppen besteht. Um herauszufinden, wo genau er liegt, müssen sog. post-hoc-Tests durchgeführt werden.

    Nachweise

    1. Rasch et al. (2014). Quantitative Methoden 1: Einführung in die Statistik für Psychologen und Sozialwissenschaftler. Springer.
    2. Bandura et al. (1961) Influence of models reinforcement contingencies on the acquisition of imitative response. Journal of Personality and Social Psychology.
    Häufig gestellte Fragen zum Thema Varianzanalyse

    Wie funktioniert eine ANOVA? 

    Eine ANOVA funktioniert, indem sie die Varianzen der jeweiligen Gruppen um ihren Mittelwert herum miteinander vergleicht

    Was ist eine Varianzanalyse? 

    Die Varianzanalyse ist eine statistische Methode, die verwendet wird, um Mittelwertsunterschiede zwischen mehr als zwei Gruppen herauszufinden. Sie funktioniert, indem Varianzen statistisch miteinander verglichen werden. 

    Wann verwendet man welche Varianzanalyse? 

    Welche Varianzanalyse man wann verwendet, hängt von der Anzahl und der Art der Variablen ab:

    • eine unabhängige und eine abhängige Variable: einfaktorielle ANOVA
    • eine unabhängige und mehrere abhängige Variablen: mehrfaktorielle ANOVA
    • eine Gruppe, eine abhängige Variable, eine unabhängige Variable, mehrere Messzeitpunkte: ANOVA mit Messwiederholung
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