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Straftaten – Definition
Zunächst einmal wollen wir dir erklären, was Straftaten überhaupt sind.
Eine Straftat ist eine gesetzlich verbotene Handlung, die mit Strafe bedroht ist und für die der Täter weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgründe hat.
Aus dieser Definition lassen sich im Ergebnis drei Voraussetzungen ableiten, die eine Handlung erfüllen muss, um als Straftat eingeordnet zu werden:
- Erfüllung eines gesetzlichen, strafbewährten Tatbestands
- Rechtswidrigkeit der Handlung
- Schuld des Täters
Auf die einzelnen Voraussetzungen gehen wir im nächsten Abschnitt noch genauer ein.
Die meisten Straftaten sind in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Darüber hinaus finden sich Straftatbestände auch im Betäubungsmittelgesetz, im Waffengesetz und im Versammlungsgesetz.
Straftaten in Deutschland
Welche Straftaten wie häufig begangen werden, kann man in Deutschland in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nachlesen. Dort finden sich auch Angaben zur Aufklärungsquote von Straftaten.
Die Aufklärungsquote gibt den Anteil der aufgeklärten Fälle im Verhältnis zu den polizeilich registrierten Straftaten an. Dabei gilt eine Straftat im Sinne der PKS als aufgeklärt, sobald ein Tatverdächtiger namentlich ermittelt werden konnte.
Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden 2020 insgesamt 5.310.621 Straftaten registriert. Davon konnten 58,4 % aufgeklärt werden.
Für die Verfolgung von Straftaten sind in Deutschland die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Dazu gehören Polizei und Staatsanwaltschaft.
Straftaten – Beispiele
Die am häufigsten registrierten Straftaten in Deutschland waren 2020 Diebstahl (31,7 %), Straßenkriminalität (19,3 %), Vermögens- und Fälschungsdelikte (19,1 %), Betrug (15,2 %), sogenannte Rohheitsdelikte und Delikte gegen die persönliche Freiheit (14,4 %). Die folgende Tabelle gibt dir einen kurzen Überblick über die einzelnen Kategorien und veranschaulicht diese anhand eines kleinen Beispiels.
Straftatenkategorie | Anteil in absoluten Zahlen/Prozent | Erklärung/Beispiel |
Diebstahlsdelikte | 1.682.610 / 31,7 % | Hierunter fallen zum Beispiel der einfache Ladendiebstahl genauso wie die schwere Form des Diebstahls, z. B. der Wohnungseinbruchsdiebstahl. |
Straßenkriminalität | 1.023.791 / 19,3 % | Straßenkriminalität sind alle Straftaten, die typischerweise auf öffentlichen Plätzen begangen werden. Beispiele:
|
Vermögens- und Fälschungsdelikte | 1.015.312 / 19,1 % | Ein klassisches Beispiel ist hier die Urkundenfälschung. Wenn jemand seinen Uniabschluss nicht bestanden hat, sich ein gefälschtes Abschlusszeugnis besorgt und damit eine gut bezahlte Stelle bekommt, hat derjenige eine Urkunde gefälscht und gleichzeitig seinen Arbeitgeber um Geld betrogen. Schließlich hätte er einem Angestellten ohne Abschluss weniger Lohn bezahlt. |
Betrugsdelikte | 808.074 / 15,2 % | Beim Betrug werden falsche Tatsachen vorgegeben, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Ein einfaches Beispiel wäre folgender Fall:Du siehst im Geschäft zwei T-Shirts, das eine kostet 10€, das andere 50€. Dir gefällt das teure besser, du möchtest aber nur 10€ bezahlen. Also tauschst du einfach die beiden Preisschilder, gehst damit zur Kasse. Das Verkaufspersonal bemerkt den Tausch nicht und verkauft dir das T-Shirt tatsächlich billiger. Du hast hier also jemanden über den wahren Preis getäuscht und einen Betrug begangen. |
Rohheitsdelikte und Delikte gegen die persönliche Freiheit | 766.262 / 14,4 % | In diesen Fällen gehen die Täter besonders brutal vor. Ein klassisches Beispiel wäre hier eine Entführung. Das Opfer wird dabei meist mit Gewalt überwältigt und anschließend eingesperrt, also seiner Freiheit beraubt. |
Die oben genannten Kategorien können sich teilweise auch überschneiden. Eine doppelte Zuordnung einer Straftat passiert jedoch nicht, da der Schwerpunkt der Tat entscheidend ist.
Im obigen Beispiel mit dem gefälschten Uniabschluss liegt sowohl eine Urkundenfälschung als auch ein Betrug vor. Theoretisch könnte diese Tat also bei beiden Kategorien gezählt werden. Allerdings ist der Betrug erst durch die Urkundenfälschung möglich, sodass diese Straftat nur bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten gezählt wird.
Besonders schwere Straftaten
Bei besonders schweren Straftaten können deutsche Gerichte eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängen.
Lebenslang bedeutet in Deutschland mindestens 15 Jahre Gefängnis. Erst nach dieser Zeit kann die lebenslange Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann in Deutschland unter anderem bei folgenden Delikten verhängt werden:
- Mord, § 211 StGB
- Totschlag in besonders schweren Fällen, § 212 Abs. 2 StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge, § 176d StGB
Voraussetzungen für das Vorliegen einer Straftat
Sehen wir uns nun etwas genauer an, wann überhaupt eine Straftat vorliegt. Wir erklären dir, was ein gesetzlicher Tatbestand ist, wann jemand rechtswidrig handelt und wann eine Straftat entschuldigt werden kann.
Die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands
Zunächst muss ein gesetzlicher Straftatbestand erfüllt werden.
Ein Tatbestand ist die Summe aller Merkmale bzw. Voraussetzungen, die nach dem Gesetz erfüllt sein müssen, damit eine bestimmte Rechtsfolge eintritt.
Der Tatbestand gibt also vor, unter welchen Umständen im Falle einer Straftat die Verhängung einer Strafe überhaupt denkbar ist.
Diebstahl steht in Deutschland nach § 242 StGB unter Strafe. Danach kann jemand mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden, der eine fremde, bewegliche Sache vorsätzlich und mit Zueignungsabsicht wegnimmt.
Die Rechtsfolge ist die Freiheitsstrafe. Damit dies eintreten kann, müssen die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt werden. Diese sind:
- fremde, bewegliche Sache
- Wegnahme
- Vorsatz
- Zueignungsabsicht
Das Beispiel zeigt auch, dass der Tatbestand bei Straftaten zweigeteilt ist. Es müssen sowohl objektive Merkmale, die sich auf die Tat selbst beziehen, als auch subjektive Merkmale, die die Einstellung des Täters widerspiegeln, erfüllt sein.
Objektiver Straftatbestand
In einem ersten Schritt muss beim Tatbestand überprüft werden, ob die objektiven Merkmale erfüllt sind.
Objektive Tatbestandsmerkmale sind solche, die von außen erkennbar sind. Das ist bei allen Merkmalen der Fall, die die Tat selbst betreffen.
So gibt es bei fast jeder Straftat einen Täter, eine Tathandlung und einen Taterfolg bzgl. eines Tatobjekts. Auch wenn man nicht von Anfang weiß, wer der Täter ist, so weiß man doch, dass es jemanden geben muss, der die Straftat begangen hat. Das Beispiel einer Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB soll dir das nochmal verdeutlichen.
§ 303 StGB Sachbeschädigung
(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Paula und Simone gehen in eine Klasse und können sich seit dem ersten Tag nicht ausstehen. Eines Tages lässt Simone ihr neues iPhone kurz unbeaufsichtigt, als sie zur Toilette geht. Paula nutzt die Gelegenheit und wirft das Smartphone aus dem Fenster im Erdgeschoss. In der Folge bleibt das Handy zwar funktionsfähig, allerdings ist das Display gesprungen.
In diesem Fall setzt sich der objektive Tatbestand wie folgt zusammen:
- Täter = Paula
- Tathandlung = Werfen des iPhones aus dem Klassenzimmerfenster
- Tatobjekt = iPhone: es gehört Simone und nicht Paula, daher handelt es sich aus Paulas Sicht um eine fremde Sache
- Taterfolg = Beschädigung des iPhones in Form eines gesprungenen Displays
Im Strafrecht wird der Wortlaut eines Tatbestandsmerkmales immer erst definiert. In unserem Fall mit der Sachbeschädigung müssten die Begriffe "fremde Sache", "beschädigen" und "zerstören" definiert werden.
Begriff | Definition |
fremde Sache |
|
Beschädigung | eine Handlung, die auf den Gegenstand derart einwirkt, dass die Substanz erheblich verletzt wird (Substanzverletzung) oder die Brauchbarkeit stark eingeschränkt wird (Brauchbarkeitsminderung) |
Zerstörung | Der Gegenstand wird so beschädigt, dass die Brauchbarkeit vollkommen aufgehoben ist. |
Subjektiver Straftatbestand
Wie das Beispiel des Diebstahls oben gezeigt hat, spielen auch subjektive Merkmale eine Rolle bei der Frage, ob eine Handlung einen Straftatbestand erfüllt. Im Falle des Diebstahls nennt das Gesetz explizit die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen. Bei der Sachbeschädigung und vielen weiteren Straftaten ist das nicht der Fall. Hier greift § 15 StGB.
§ 15 StGB Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
Damit der Tatbestand einer Straftat erfüllt ist, muss der Täter also grundsätzlich vorsätzlich handeln.
Mit Vorsatz handelt, wer bei der Begehung der Tat weiß, welcher Tatbestandserfolg eintreten kann und diesen Erfolgseintritt auch möchte oder wenigstens billigend in Kauf nimmt. Man spricht hier vom sogenannten Wissen und Wollen der Tatbegehung.
Der Täter muss bei der Begehung der Tat demnach wissen, was er tut und was er damit bewirkt. Sehen wir uns dazu noch einmal das Beispiel mit Paula und Simone an.
Paula hat Simones Smartphone genommen und aus dem Fenster geworfen, um ihrer Lieblingsfeindin zu schaden. In dem Moment, als sie das Handy geworfen hatte, wusste sie, dass das Display dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit zerspringen wird. Diese Tatsache hat sie auf jeden Fall billigend in Kauf genommen, wenn nicht gar gewollt. Andernfalls hätte sie das Handy nicht geworfen. Dementsprechend handelte Paula vorsätzlich im Sinne des § 15 StGB.
Manchmal kann eine Handlung aber auch dann strafbar sein, wenn kein Vorsatz auf Seiten des Täters gegeben ist. Dies ist beispielsweise bei der fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB der Fall:
§ 222 StGB Fahrlässige Tötung
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Das bedeutet, dass der/die Täter*in die Verwirklichung des Straftatbestands zwar nicht will, seine/ihre Handlung aber sorgfaltspflichtwidrig war. Oder anders gesagt: Hätte die Tatperson aufmerksamer aufgepasst (wozu sie auch in den konkreten Umständen im Stande war), wäre der Taterfolg nicht eingetreten.
Um das ganze nochmal etwas anschaulicher darzustellen, haben wir ein kleines Beispiel für dich vorbereitet.
Bruno Braunbär fährt mit seinem Auto gerade die Münchner Straße entlang, als er einen Anruf auf sein Handy bekommt. Er blickt kurz zu seinem Beifahrersitz, greift nach dem Handy und nimmt den Anruf entgegen. In dieser Zeit bemerkt er nicht, dass die Ampel vor ihm auf rot gesprungen ist.
Heino Hase will gerade, als Bruno auf ihn zufährt, die grüne Ampel überqueren. Bruno sieht Heino zu spät und überfährt ihn, woraufhin Heino verstirbt.
Hier hat Bruno Braunbär den Tatbestand des § 222 StGB erfüllt. Er wollte ganz bestimmt nicht den Tod von Heino Hase. Er hat sich aber durch das Telefonieren am Steuer pflichtwidrig verhalten und somit fahrlässig den Tod eines anderen Menschen herbeigeführt.
Rechtswidrigkeit
Grundsätzlich ist eine Straftat als rechtswidrig anzusehen. In Ausnahmefällen kann der Täter aber auch gerechtfertigt sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er sich selbst oder andere vor Schaden schützen muss. Die wichtigsten Rechtfertigungsgründe sind im deutschen Strafrecht die Notwehr (§ 32 StGB) und der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB). Für dich reicht es, wenn du in der Schule grob weißt, worum es bei der Notwehr geht. Daher erläutern wir diesen Fall der Rechtfertigung anhand eines Beispiels.
§ 32 StGB Notwehr
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden
Das Gesetz gibt vor, dass eine Handlung nicht rechtswidrig ist, wenn sie zur Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs erforderlich und geboten ist.
Erforderlich bedeutet hier, dass die Handlung geeignet ist, den Angriff abzuwehren, und kein anderes, milderes Mittel zur Verteidigung zur Verfügung steht ("nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen").
Geboten ist eine Handlung dann, wenn sie nicht rechtsmissbräuchlich vorgenommen wird.
Zur Veranschaulichung haben wir auch hier ein konkretes Beispiel für dich.
Du beobachtest, wie ein Straßendieb einer älteren Dame neben dir die Handtasche klauen möchte. Um ihn davon abzuhalten, haust du ihm die Glasflasche über den Kopf, aus der du gerade trinken wolltest. Weil du ihn auch als denjenigen erkennst, der dir vor 2 Monaten dein Fahrrad zerstört hat, schlägst du besonders fest zu. Der Dieb geht bewusstlos zu Boden und muss zum Nähen der Platzwunde ins Krankenhaus.
Der Diebstahl der Handtasche war ein rechtswidriger Angriff auf die ältere Dame. Dass nicht du selbst angegriffen wurdest, schließt die Notwehr nicht aus, weil du auch anderen Menschen helfen darfst. Eine Notwehrlage war also gegeben.
Dein Schlag mit der Flasche hat den Diebstahl auch verhindert, war somit geeignet, den Angriff abzuwehren. Allerdings hättest du den Dieb auch einfach zur Seite stoßen können. Dann wäre er erst einmal abgelenkt gewesen und die Dame hätte ihre Handtasche sichern können. Unter Beobachtung hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keinen erneuten Versuch gestartet und du hättest den Diebstahl verhindert, ohne den Dieb zu verletzen. Insofern war dein Angriff mit der Flasche schon nicht erforderlich.
Dass du mit besonders viel Kraft zugeschlagen hast, um dich für dein zerstörtes Fahrrad zu rächen, war außerdem rechtsmissbräuchlich. Deine Handlung war also auch nicht geboten. Damit warst du nicht durch Notwehr gerechtfertigt.
Weitere Beispiele zur Notwehr findest du auch in unserem Artikel zum Strafrecht.
Schuld
Die letzte Voraussetzung für das Vorliegen einer Straftat ist die Schuld.
Schuld bedeutet, dass die Straftat dem Täter individuell vorwerfbar ist. Dies setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der Tat schuldfähig war.
Die Schuldfähigkeit kann aus zweierlei Gründen ausgeschlossen sein:
- aus Gründen des Alters
- bei Vorliegen einer psychischen Störung oder Krankheit
In beiden Fällen muss das Alter beziehungsweise die psychische Erkrankung dazu führen, dass der Täter das Unrecht seiner Tat nicht einsehen kann (Einsichtsfähigkeit).
Die wichtigsten Altersgrenzen bei der Schuldfähigkeit sind:
- unter 14 Jahren: Kinder unter 14 Jahren gelten grundsätzlich als schuldunfähig und können sich nicht strafbar machen (Strafunmündigkeit).
- zwischen 14 und 18 Jahren: Jugendliche ab 14 gelten als bedingt schuldfähig. In dieser Altersgruppe geht man davon aus, dass die nötige Einsichtsfähigkeit grundsätzlich vorliegt. Sie kann aber bei Entwicklungsverzögerungen auch ausgeschlossen werden.
- ab 18 Jahren: Ab 18 gilt man in Deutschland als erwachsen und damit auch als voll strafmündig und schuldfähig. In bestimmten Ausnahmefällen kann aber das Gericht die Anwendung des Jugendstrafrechts bis 21 anordnen.
Mehr zur Anwendung des Jugendstrafrechts erfährst du in unserem Artikel Besonderheiten des Jugendstrafrechts.
Die Schuldunfähigkeit aufgrund einer psychischen Störung ist in § 20 StGB geregelt.
§ 20 StGB Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hier ist wichtig, dass dieser Zustand der seelischen Störung nicht zwangsläufig dauerhaft sein muss. Es reicht aus, wenn dadurch die Einsichtsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat gefehlt hat.
Lara geht gerne in die Disko. Eines Abends mischt ihr jemand unbemerkt Aufputschmittel in ihren Drink. In ihrem Rauschzustand zertrümmert sie die Bar und schlägt willkürlich auf andere Gäste ein.
Sie hat zwar keinerlei dauerhafte psychische Krankheit. Die Drogen haben aber eine Bewusstseinsstörung ausgelöst und ihre Wahrnehmung getrübt. Sie wusste nicht, was sie tat, und ihr war auch nicht bewusst, dass ihr Handeln unrecht war. Somit war sie nach § 20 StGB schuldunfähig.
Bei den dauerhaften seelischen Erkrankungen sind im Rahmen der Schuldfähigkeit vor allem solche relevant, die die geistige Entwicklung betreffen. Wer zwar nach Alter erwachsen ist, psychisch aber immer auf dem Stand eines Grundschülers bleiben wird, kann nicht als voll schuldfähig eingestuft werden.
Ein klassisches Beispiel wäre hier ein junger Mann, der als Kind noch gesund war, dann aber beinahe in einem See ertrunken wäre und durch den Sauerstoffmangel nicht mehr in der Lage war, sich geistig weiterzuentwickeln. Begeht er im Erwachsenenalter eine Straftat, muss er dennoch als schuldunfähig behandelt werden.
Straftaten und ihre Strafen
Da Straftaten den Frieden in einer Gesellschaft stören, werden sie sanktioniert. Wird ein Täter ermittelt, entscheidet ein Gericht darüber, welche Strafe verhängt werden soll. Die Tatbestände des Strafgesetzbuches geben dabei einen Strafrahmen vor, an dem sich die Richter orientieren.
Für eine Körperverletzung nach § 223 StGB muss der Täter mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre rechnen. Wie hoch die Strafe tatsächlich ausfällt, entscheidet das Gericht.
Die Höhe der Strafe wird nach den Grundsätzen der Strafzumessung bestimmt. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Interessen des Opfers (möglichst harte Bestrafung des Täters)
- Interessen des Täters (möglichst schnelle Wiedereingliederung in die Gesellschaft)
- Interessen der Allgemeinheit (Abschreckung anderer Täter)
Die Strafen, die das Gesetz direkt beim jeweiligen Tatbestand vorsieht, werden als Hauptstrafen bezeichnet. Daneben kann das Gesetz aber noch weitere Sanktionen anordnen. Dies können Nebenstrafen wie etwa der Entzug der Fahrerlaubnis sein oder auch Auflagen, die der Entschädigung des Opfers dienen sollen.
Außerdem können Maßregeln zur Sicherung und Besserung verhängt werden, die vor allem zukünftige Straftaten verhindern sollen. Die schwerste Maßregel ist die Sicherungsverwahrung, die die Gesellschaft vor besonders gefährlichen Tätern schützen soll.
Wenn du mehr über die Rechtsfolgen von Straftaten erfahren möchtest, besuche doch unseren Artikel zum Strafrecht. Dort erfährst du auch noch einiges zu den Grundsätzen der Strafzumessung und darüber, warum wir Straftäter überhaupt bestrafen.
Straftaten – Verjährung
Eine Bestrafung des Täter ist aber nicht unbegrenzt möglich. Ist eine Straftat verjährt, kann der Täter nicht mehr wegen dieser Tat belangt werden. Das bedeutet, dass nach einer bestimmten Zeit keine Strafe mehr verhängt werden darf. In diesem Fall spricht man von Verfolgungsverjährung.
§ 78 StGB
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus.
Wann eine Tat verjährt, hängt im Strafrecht von der zu erwartenden Höchststrafe, also von der Rechtsfolge ab. Die folgende Tabelle gibt dir einen Überblick über die Fristen für die Verjährung von Straftaten.
zu erwartende Höchststrafe | Verjährungsfrist |
Freiheitsstrafe unter einem Jahr oder Geldstrafe | Verjährung nach drei Jahren |
ein bis fünf Jahre Freiheitsstrafe | Verjährung nach fünf Jahren |
bis zehn Jahre Freiheitsstrafe | Verjährung nach zehn Jahren |
mehr als zehn Jahre Freiheitsstrafe | Verjährung nach 20 Jahren |
lebenslange Freiheitsstrafe | Verjährung nach 30 Jahren |
Ein Mord nach § 211 StGB verjährt nie. Das wird explizit in § 78 Abs. 2 StGB geregelt.
Deinem Nachbarn wurde im Januar 2016 das Mountain Bike gestohlen. Im Februar 2022 findet die Polizei per Zufall heraus, dass der vorbestrafte Linus Langfinger das Fahrrad mitgenommen und weiterverkauft hat.
Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat (hier mit dem Ansichnehmen des Fahrrads), in diesem Fall also im Januar 2016. Die Höchststrafe für Diebstahl beträgt fünf Jahre. Die Tat ist folglich im Januar 2021 verjährt und Linus kann dafür nicht mehr bestraft werden.
Die Verjährung im Strafrecht gibt es deshalb, weil, je nach Schwere der Tat, eine Strafverfolgung als nicht mehr sinnvoll erscheint. Je geringer das Delikt (einfache Sachbeschädigung vs. Totschlag), desto schneller nimmt das Bedürfnis nach einer Bestrafung ab.
Neben der Verfolgungsverjährung gibt es noch die Vollstreckungsverjährung. Hier kann eine rechtskräftig verhängte Strafe nach einer gewissen Zeit nicht mehr vollstreckt werden. Ein verurteilter Täter muss dann nicht mehr in Gefängnis oder seine Geldstrafe bezahlen. Hier hängt die Frist von der tatsächlichen Höhe der verhängten Strafe ab. Die obige Tabelle gilt hier entsprechend. Sicherungsverwahrung und lebenslange Freiheitsstrafe verjähren jedoch nie.
Berühmte Straftaten und ihre Urteile
Jetzt weißt du so einiges über Straftaten in Deutschland. Wo Menschen zusammenleben, gehören diese leider zur Tagesordnung, wie man an der polizeilichen Kriminalstatistik ablesen kann. Manche Straftaten waren aber so Aufsehen erregend, dass sich die Leute auch noch Jahre später daran erinnern können. In diesem Abschnitt geben wir dir einen kurzen Einblick in zwei bekannte deutsche Kriminalfälle und verraten natürlich auch, welche Urteile diese berühmten Straftäter bekommen haben.
Dagobert der Kaufhaus-Erpresser
Der Name Arno Funke sagt den meisten wahrscheinlich nicht gleich etwas. Spricht man aber vom Kaufhaus-Erpresser Dagobert, können sich doch wieder einige an den Fall der späten 1980er und frühen 1990er Jahre erinnern. Funke erpresste zwischen 1988 und 1994 das Berliner KaDeWe und die Handelskette Karstadt um insgesamt 1,9 Millionen D-Mark. Dafür ließ er in den entsprechenden Kaufhäusern selbst gebaute Bomben detonieren, um so seine Forderung zu unterstreichen.
Dagobert, wie er sich selbst nannte, wurde 1994 bei einem erneuten Erpressungsversuch in einer Berliner Telefonzelle festgenommen. Er wurde 1995 wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt.
Der Kannibale von Rotenburg
Armin Meiwes wurde bekannt als der Kannibale von Rotenburg. Er suchte ab 1999 im Internet gezielt nach Kontakten, die sich von ihm verspeisen lassen wollten. Im Jahr 2001 traf er sich schließlich mit seinem Opfer, einem Ingenieur aus Berlin. Nach der Abtrennung dessen Penis ließ Meiwes sein Opfer ausbluten und stellte anschließend dessen Tod mit einem Stich in den Hals sicher. Der Täter zerlegte sein Opfer und verspeiste die Leichenteile nach und nach.
Der Kannibale von Rotenburg wurde zunächst vom Landgericht Kassel zu achteinhalb Jahren Gefängnis wegen Totschlags verurteilt. Später hob der BGH dieses Urteil auf und gab den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht Frankfurt am Main. Das erneute Urteil lautete lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes und Störung der Totenruhe. Armin Meiwes sitzt seine Strafe in der JVA Kassel ab.
Straftaten - Das Wichtigste
- Straftaten sind gesetzlich verbotene Handlungen, die mit Strafe bedroht sind und für die der Täter keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe hat.
- In Deutschland werden begangene Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst:
- häufigste registrierte Straftat 2020: Diebstahl
- Aufklärungsquote der registrierten Straftaten 2020: 58,4%
- Die schwersten Straftaten werden mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet. Diese sind:
- Mord, § 211 StGB
- besonders schwerer Fall des Totschlags, § 212 Abs. 2 StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge, § 176d StGB
- Voraussetzungen für das Vorliegen einer Straftat:
- Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestands
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- objektiver Tatbestand: alle Merkmale, die mit der Tat zu tun haben und von außen erkennbar sind
- subjektiver Tatbestand: Einstellung des Täters zur Tat
- grundsätzlich muss der Täter vorsätzlich handeln, also mit Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung
- manchmal stellt das Gesetz auch die fahrlässige Begehung einer Straftat unter Strafe
- wichtige Rechtfertigungsgründe:
- Notwehr, § 32 StGB
- Notstand, § 34 StGB
- Notwehrhandlung muss hinsichtlich der Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs erforderlich und geboten sein.
- erforderlich: zur Abwehr geeignetes und mildestes zur Verfügung stehendes Mittel
- geboten: nicht rechtsmissbräuchlich
- wichtige Entschuldigungsgründe:
- Schuldunfähigkeit aufgrund des Alters, § 19 StGB
- Schuldunfähigkeit aufgrund einer psychischen Störung oder Erkrankung
- Rechtsfolgen einer Straftat:
- Straftaten werden von den Gerichten mit Strafen sanktioniert.
- Das Gericht kann bei Straftaten auch Auflagen und Maßregeln zur Besserung und Sicherung verhängen.
- Je nach Höhe der Strafe verjähren Straftaten nach 3, 5, 10, 20 oder 30 Jahren.
- Mord verjährt nie.
- Berühmte Straftaten in Deutschland:
- Kaufhaus-Erpresser Dagobert, 1988–1994
- Kannibale von Rotenburg, 2001
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Straftaten
Wer verfolgt Straftaten?
Für die Verfolgung von Straftaten sind in Deutschland die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Dazu gehören Polizei und Staatsanwaltschaft.
Was sind Beispiele für eine Straftat?
Straftaten sind in Deutschland zum Beispiel Diebstahl, Betrug, Raub oder Freiheitsberaubung. Zu den schwersten Straftaten gehören Mord und Totschlag.
Wie viel Prozent aller Straftaten werden aufgeklärt?
In Deutschland wurden 2020 insgesamt 5.310.621 Straftaten registriert. Davon konnten 58,4% aufgeklärt werden.
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