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In diesem Artikel wirst Du lernen, was die Faktorproportionentheorie ist und wie sie hergeleitet werden kann.
Faktorproportionentheorie Definition
Bei dem Heckscher-Ohlin-Theorem oder Faktorproportionentheorie gibt es, anders als bei den klassischen Außenhandelstheorien nach Adam Smith und David Ricardo, neben dem Produktionsfaktor Arbeit, einen zweiten Produktionsfaktor: das Kapital. Das Modell wird auch 2x2x2 Modell genannt, weil man sich zwei Länder, zwei Güter und zwei Produktionsfaktoren anschaut.
Die verschiedenen Stärken und Handelsvorteile der Länder liegen in arbeitsintensiver oder kapitalintensiver Faktorausstattung. Wenn es in einem Land viele Arbeitskräfte relativ zum Kapital gibt, sind aufgrund von Nachfrage und Angebot die Lohnkosten niedrig. Es ist also ein Land mit arbeitsintensiver Faktorausstattung.
Wenn es in einem Land viel Kapital relativ zu den Arbeitskräften gibt, sind aufgrund von Nachfrage und Angebot die Lohnkosten hoch. Es ist also ein Land mit kapitalintensiver Faktorausstattung.
Arbeitsintensiv bedeutet, dass pro Produkt mehr Arbeit als Kapital investiert wird. Das ist vor allem im Handwerk und bei Dienstleistungen der Fall. Kapitalintensiv bedeutet, dass pro Produkt mehr Kapital als Arbeit investiert wird. Das ist vor allem bei innovativen Produkten, die in der Entwicklung sind und bei Industriegütern der Fall.
Der komparative Vorteil wird in diesem Fall einerseits durch die individuelle Ressourcenausstattung (relative Faktorausstattung der Volkswirtschaft) beeinflusst und andererseits durch die Ressourcenstärke (die relative Faktorintensität der Produktion).
Deutschland ist dafür bekannt, kostenintensive Arbeitskräfte zu haben. Deswegen werden oft Arbeitskräfte aus Osteuropa bei arbeitsaufwendigen Aufgaben in Deutschland eingesetzt, wie zum Beispiel bei der Spargelernte. Dafür lassen sich in Deutschland besser Tätigkeiten umsetzen, die mit großem Kapitaleinsatz verbunden sind. Hier ist ganz vorn unter anderem die Maschinenindustrie zu nennen. Deutschland hat also mehr Kapital als Arbeit. Deutschland ist somit ein kapitalintensiv ausgestattetes Land.
Länder exportieren die Güter, die sie am effizientesten und am meisten produzieren können. Das ist das Gut, das mit dem stark vorhandenen Faktor produziert wird. Länder importieren die Güter, bei deren Produktion der schwach vorhandene Produktionsfaktor genutzt wird.
Außenhandel entsteht also nach der Faktorproportionentheorie durch Ressourcenunterschiede.
Geschichte der Faktorproportionentheorie
Der Schwede Eli Heckscher legte die Basis für die Faktorproportionentheorie 1919 mit dem Artikel: The Effect of Foreign Trade on the Distribution of Income. Heckschers Schüler Bertil Ohlin fügte 1933 wichtige Teile hinzu und ergründete damit die Faktorproportionentheorie. Paul Samuelsen erweiterte das Modell mit dem Stolper-Samuelsen-Theorem von 1949 und 1953. Dieses besagt, dass bei einem Anstieg des Preises eines Guts der Lohn für den Arbeitenden desjenigen Produktionsfaktors steigt, der stärker in der Produktion verwendet wird. In den späten 1970ern erhielt Bertil Ohlin den Nobelpreis für seinen Beitrag zur internationalen Handelstheorie.
Faktorproportionentheorie – Herleitung
Wie kamen Heckscher und Ohlin auf ihre Theorie? Um vollumfänglich zu verstehen, wie die Faktorproportionentheorie funktioniert, wird sie im nächsten Abschnitt hergeleitet.
Annahmen zur Faktorproportionentheorien nach Heckscher und Ohlin
Annahmen des Heckscher-Ohlin-Theorems sind, dass es zwei Länder gibt (Inland und Ausland), die folgendes haben:
gleiche Technologien
gleiche Präferenzen
gleiche Produktionsfaktoren
Der Unterschied besteht lediglich in der verfügbaren Menge dieser Produktionsfaktoren.
Diese Produktionsfaktoren sind Kapital, Boden, Arbeit (auf unterschiedlichen Qualifikationsniveaus), Energie und Bodenschätze.
In dem folgenden Beispiel sind die Produktionsfaktoren Boden und Arbeit.Modell einer Volkswirtschaft mit zwei Faktoren anhand eines Beispiels
Das folgende Beispiel soll Dir die Herleitung der Faktorproportionentheorie verdeutlichen.
Auf einer Insel stehen die Produktionsfaktoren Boden (T) und Arbeit (L) zur Verfügung. Damit werden zwei Güter produziert: T-Shirts und Kokosnüsse.
Bei dem Heckscher-Ohlin-Theorem werden durch Einsatz von zwei Produktionsfaktoren zwei Güter hergestellt. Bei der Produktion von den Shirts und den Kokosnüssen werden jeweils beide Faktoren eingesetzt und die Faktoren sind natürlicherweise begrenzt.
1. Mögliche Faktoreinsatzkombinationen
Wie viel Arbeit und wie viel Boden für die Herstellung der beiden Güter gebraucht wird (Faktoreinsatz), ist abhängig davon, wie die relativen Kosten sind.
Wenn der Bodenpreis hoch und der Lohn niedrig ist, dann wird relativ viel Arbeit in die Produktion der Güter gesteckt und relativ wenig Boden genutzt. Wenn der Bodenpreis niedrig ist und der Lohn hoch, dann wird relativ wenig Arbeit in die Produktion der Güter gesteckt und relativ viel Boden genutzt.
Auf der Insel kostet das Pachten von einem Quadratkilometer Boden für eine Stunde 4 Euro. Der Stundenlohn beträgt 10 Euro. Deswegen wird für die Produktion der Güter mehr Boden genutzt als Arbeit.
2. Faktorpreise
Faktorpreise sind die Preise für die Produktionsfaktoren, die zur Herstellung der betrachteten Güter erforderlich sind. Ein Faktorpreis ist etwa der Preis, der auf dem Markt für 1 h Arbeit oder 1 qm Boden üblicherweise gezahlt wird.
In einer Welt mit zwei Gütern und zwei Faktoren (Arbeit und Boden) ist die Industrie des einen Gutes arbeitsintensiv, wenn der
3. Güterpreise
Jetzt wird deutlich, dass in der Kokosnussproduktion mehr von dem Faktor Boden genutzt wird und in der T-Shirt-Produktion mehr der Faktor Arbeit. Nun kommt die Frage auf: Wie sind denn nun die Preise der Güter? Für die Beantwortung dieser Frage werden noch einige Annahmen aufgestellt.
- Es gibt keine vollständige Spezialisierung der Volkswirtschaften. Das heißt, die Insel produziert sowohl Kokosnüsse oder als auch T-Shirts, nicht nur eines von beiden.
- Es gibt vollständigen Wettbewerb. Das bedeutet, dass es genügend Kunden und Produzenten gibt, sodass keiner den Preis der Güter selbst bestimmen kann. Die Preise sind also Angebot und Nachfrage ausgesetzt.
Da beide Industrien auf die beiden Faktoren zugreifen können, sind die Faktorpreise gleich. Die Faktorpreise können dadurch die Güterpreise bestimmen. Inwieweit die Faktorpreise die Güterpreise bestimmen können, ist abhängig davon, wie intensiv der Faktor eingesetzt wird.
Da Kokosnüsse stets mehr Boden in der Produktion brauchen als T-Shirts (weil sie bodenintensiv sind), hat der Faktorpreis des Bodens (Zins, r) einen größeren Einfluss auf den Preis von Kokosnüssen als auf den Preis von T-Shirts.
4. Faktor- und Güterpreise
Also gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Preis des Guts und dem Lohn-Zins-Verhältnis. Je höher der Preis von Arbeit, desto höher ist auch der relative Preis von arbeitsintensiven Gütern.
Faktorpreise und Güterpreise lassen sich durch den Stolper-Samuelsen-Effekt beschreiben:
Der Stolper - Samuelsen Effekt besagt: Wenn der relative Preis eines kapitalintensiven Gutes steigt, dann wächst das Realeinkommen des Faktors Kapital und es sinkt das Realeinkommen des Faktors Arbeit.
Wenn der relative Preis eines arbeitsintensiven Gutes steigt, dann wächst das Realeinkommen des Faktors Arbeit und es sinkt das Realeinkommen des Faktors Kapital.
Der Stolper-Samuelsen-Effekt bedeutet für das Inselbeispiel Folgendes: Wenn Kokosnüsse im Vergleich zu T-Shirts teurer werden, dann verdienen die Menschen, die ihren Boden verpachten, pro Quadratmeter mehr.
Wenn T-Shirts im Vergleich zu den Kokosnüssen teurer werden, dann verdienen die Menschen pro Stunde mehr, die ihre Arbeit für die T-Shirt-Produktion zur Verfügung stellen.
5. Ressourcenallokation und Produktionsmenge
Der Preis der Güter ist gegeben, ebenfalls ist das Faktorpreisverhältnis und der Faktoreinsatz bekannt. Durch die Annahme des vollkommenen Wettbewerbs werden alle Ressourcen vollständig genutzt. Da alle diese Elemente gegeben sind, kann auch die Menge der Güterproduktion bestimmt werden.
6. Änderung der Ressourcenausstattung
Wenn sich die Faktorausstattung ändert und die Insel noch eine kleine Insel erobert, wie ändern sich dann die Produktionsmengen? In dem Box-Diagramm wird die Seitenlänge der Seite Boden verlängert. Die Box gewinnt also an Höhe, wenn die Insel mehr Boden gewinnt.
Der Rybczynski-Effekt besagt:
Wenn der Bestand eines Produktionsfaktors (T oder L) zu nimmt, dann steigt das Angebot an dem Gut, in dessen Produktion dieser Faktor intensiv genutzt wird, während das Angebot an dem anderen Gut zurückgeht.
Wenn die Insel Boden dazu gewinnt, dann wird der Arbeits- und der Bodeneinsatz in der Textilindustrie nach dem Rybczynski Effekt geringer, da die T-Shirts arbeitsintensiv sind. Deswegen werden weniger T-Shirts produziert. Dafür gibt es mehr Einsatz in der Kokosnussproduktion und die Produktion der Kokosnüsse steigt überproportional.
Infolgedessen hat die Insel zu viele Kokosnüsse und zu wenig T-Shirts. Das Land fängt an, Außenhandel zu betreiben, um diese unterschiedliche Ausstattung auszugleichen.
Volkswirtschaften spezialisieren sich auf die Produktion von Gütern, die einen intensiven Einsatz derjenigen Faktoren erfordern, mit denen die Volkswirtschaft reichlich ausgestattet ist.
7. Einführung eines zweiten Landes
Die Ressourcenausstattung auf der Insel ist unausgeglichen und deswegen sollte sie Handel betreiben. Es gibt also nun nicht mehr nur das Inland, die Insel, sondern auch das Ausland. Das Ausland ist im Beispiel eine Großstadt. Sie haben die gleichen Güterpräferenzen und die gleichen Technologien wie die Insel. Nur die relative Ressourcenausstattung unterscheidet sich. Die Großstadt hat relativ viel Arbeit zur Verfügung und nur relativ wenig Boden. Sie ist also arbeitsreich.
Ein Land gilt als arbeitsreich, wenn es ein größeres Arbeits-Boden-Verhältnis gegenüber dem Ausland hat.
Im Folgeschluss gilt das andere Land dann relativ gesehen als bodenreich.Die Insel hat 5 Millionen Arbeiter und 100 Millionen m² Boden zur Verfügung. Die Großstadt hat 100 Millionen Arbeiter und 200 Millionen m² Boden zur Verfügung.
Die Großstadt ist also arbeitsreich und die Insel ist bodenreich.
9. Preisausgleich und Handelsstruktur
Das Inland exportiert nun Kokosnüsse in die Großstadt (Ausland) und das Ausland exportiert nun T-Shirts auf die Insel (Inland).
Durch den Außenhandel entsteht ein Weltmarktpreis. Das heißt, der relative Preis von T-Shirts sinkt im Inland und steigt im Ausland. Das liegt daran, dass die Produktionsmenge von Shirts im Ausland steigt und der Konsum fällt. Dadurch sinkt der Preis. Im Inland wird die Produktion von Kokosnüssen ausgeweitet und auch hier sinkt der Konsum.
Die Güter, bei deren Produktion die Faktoren intensiv verwendet werden, mit denen die Volkswirtschaft reichlich ausgestattet ist, werden exportiert.
10. Das Einkommen
Das passiert durch den Handel mit dem Einkommen: Wenn der Preis für T-Shirts im Inland sinkt, dann sinkt auch das Einkommen für Arbeiter (Nach dem Stolper -Samuelse-Effekt). Der relative Anstieg der Kokosnusspreise hingegen erhöht den Reallohn und damit das Einkommen der Grundbesitzer.
Im Ausland sind die Gewinne und Verluste andersherum. Die Besitzer der reichlich vorhandenen Faktoren gewinnen durch Außenhandel, die der knappen Faktoren haben Einbußen.
Bitte nicht vergessen, dass die Shirts und Kokosnüsse Beispiele sind. All das bezieht sich auf Güter, die entweder boden- oder arbeitsintensiv sind.
Faktorproportionentheorie Kritik
Es wurden Tests anhand von Daten von überall aus der Welt durchgeführt. Der US-amerikanische Professor Wassily Leontief stieß bei der Prüfung des Heckscher-Ohlin-Theorems auf einen Widerspruch. Dieser Widerspruch wird heute Leontief-Paradoxon genannt.
Er fand heraus, dass die Exporte der USA weniger kapitalintensiv sind als die Importe, obwohl die USA die kapitalreichste Nation der Welt ist. Außerdem haben sie in arbeitsintensiven Gütern einen Exportüberschuss. Eine Erklärung fand Leontief mit einem dritten Produktionsfaktor: Humankapital.
Die Faktorproportionentheorie mit Leontiefs drittem Produktionsfaktor wird heute auch Neo-Faktorproportionentheorie genannt. Denn die exportierten Güter benötigten viel Know-how, was in den USA stark zu finden sei. Seit Leontiefs Entdeckung wurde das Heckscher-Ohlin-Modell häufig kritisiert, da sich die Effekte in der Realität nicht wie beschrieben abbilden.
Unter der Kritik ist auch eine Studie von drei Wissenschaftlern (Bowen, Leamer, Sveikauskas), die das Leontief-Paradoxon international, und nicht nur auf die USA bezogen, bestätigte.
Selten lässt sich das Modell aber auch in der heutigen Welt finden. Wenn man sich den Handel zwischen der Nord- und der Südhalbkugel anschaut, dann lassen sich Situationen finden, in denen das Heckscher-Ohlin-Theorem aufgeht.
Man kann also festhalten, dass bei internationalen Tests die Faktorproportionentheorie nicht die Struktur des Außenhandels erklären kann. In der Wissenschaft wird davon ausgegangen, dass noch andere Faktoren, nicht nur allein die Ressourcenunterschiede, den Welthandel oder die internationalen Faktorpreise erklären können.
Hilfreich ist die Faktorproportionentheorie trotzdem, um den Einfluss des Außenhandels auf die globale Verteilung des Einkommens zu erklären.
Tatsächlich wird vor allem zwischen Industrieländern gehandelt. Mit der Frage, warum das so ist, beschäftigen sich die Neuen Außenhandelstheorien. Schau dir dazu doch unseren Artikel “Außenhandelstheorien” an.
Faktorproportionentheorie – Das Wichtigste
- Die Faktorproportionentheorie sieht die Handelsvorteile der Länder in arbeitsintensiver- oder kapitalintensiver Faktorausstattung.
- Ein Land exportiert das Gut, in dessen Herstellung sein reichlich vorhandener Produktionsfaktor intensiv genutzt wird, und importiert jenes Gut, in dessen Herstellung sein knapper Faktor intensiv genutzt wird.
- Dadurch führt Außenhandel zu Umverteilungseffekten im Inland: Vorteile ergeben sich für die Produzenten von Gütern des reichlich vorhandenen Faktors, während die Produzenten von Gütern des knappen Faktors Verluste erleiden.
- Obwohl die Faktorproportionentheorie bei der Betrachtung plausibel erscheint, ist es doch schwierig Beweise in der Realität zu finden. Zwar behauptet das Modell, dass industriell starke Länder mit Entwicklungsländern handeln würden, doch das ist nicht die Regel in der Realität.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Faktorproportionentheorie
Was bewirkt die Faktorproportionentheorie?
Die Faktorproportionentheorie erklärt den Handel zwischen zwei Ländern durch die unterschiedliche Ausstattung in ihren Produktionsfaktoren. Sie besagt, dass ein Land das Gut exportiert, bei dessen Produktion der reichlich vorhandene Produktionsfaktor intensiv genutzt wird.
Was ist die Faktorproportionentheorie?
Die Faktorproportionentheorie ist eine neoklassische Außenhandelstheorie, die mithilfe der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital erklärt, wieso und mit wem Außenhandel betrieben werden sollte.
Was ist der Unterschied zwischen dem Heckscher-Ohlin-Modell und der Faktorproportionentheorie?
Die Theorie mit den zwei Produktionsfaktoren hat verschiedene Namen. Darunter Heckscher-Ohlin-Modell, Faktorproportionentheorie und 2x2x2 Modell. Insofern gibt es keine Unterschiede zwischen dem Heckscher-Ohlin-Modell und der Faktorproportionentheorie.
Welche Kritik wird an der Faktorproportionentheorie geäußert?
In der Realität geht die Theorie selten auf, wodurch sie durch wenig Beweise gestützt ist. Dieses Phänomen entdeckte zuerst Wassily Leontief bei der Prüfung des Theorems.
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