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Selbstverpflichtung – Definition
Eine Selbstverpflichtung entsteht, wenn die Wirtschaft mit dem Staat verhandelt und sich verpflichtet, freiwillig zur Erreichung eines Ziels beizutragen. Im Gegenzug verzichtet der Staat auf eine rechtlich bindende, gesetzliche Verpflichtung. Die Unternehmen entscheiden sich also dazu, die notwendigen Anpassungsprozesse kooperativ mitzugestalten.
Dazu gehört es, Unternehmensabläufe zu ändern oder den Einsatz bestimmter Rohstoffe zu reduzieren oder zu unterlassen. In diesem Rahmen handeln Staat und Wirtschaft auch gemeinsam aus, wie die Einhaltung der Selbstverpflichtung im festgelegten Zeitraum kontrolliert werden soll.
Selbstverpflichtungen können unterschiedliche Rahmenbedingungen haben. So gibt es zum einen freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen, welche rechtlich nicht bindend sind. In anderen Fällen kann es auch dazu kommen, dass sie vertraglich ausgehandelt wird, wodurch eine rechtliche Bindung entstehen kann.
Daneben gibt es allerdings auch einseitige Selbstverpflichtungen, in denen es keinen Verhandlungspartner, wie den Staat, gibt. Stattdessen integrieren Unternehmen verschiedene Selbstverpflichtungen freiwillig in ihr eigenes Nachhaltigkeitskonzept. So können sie ihre Werte nach außen, zum Beispiel gegenüber Kunden, stärker betonen. Sie verpflichten sich also gegenüber der Gesellschaft zu nachhaltigem Handeln.
Selbstverpflichtungen wurden schon in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt. Am häufigsten findet man sie allerdings im Bereich der Umweltpolitik. Im Folgenden werden wir uns auf Selbstverpflichtungen konzentrieren, die umweltpolitische Ziele verfolgen.
Selbstverpflichtung – Gründe
Grundsätzlich sichern Unternehmen in den Verhandlungen mit dem Staat zu, spezifische Maßnahmen umzusetzen. Im Gegenzug verzichtet der Staat dann auf eine staatliche Regelung.
Veränderungen kommen unabhängig von einer Selbstverpflichtung
Oftmals ist allerdings schon vor der Verhandlung klar, dass wenn es zu keiner Einigung kommt, später auf jeden Fall eine gesetzliche Regelung kommen wird. Hier ist es also für das Unternehmen von Interesse zu verhandeln und die Maßnahmen mitzugestalten. So können sie vermeiden, dass der Staat sie vor vollendete Tatsachen stellt und Maßnahmen anordnet, die besonders große Investitionen, viele Veränderungen fordert und die sonst viel geringer ausgefallen wären.
Erhöhte unternehmerische Akzeptanz
Generell werden Veränderungen besser akzeptiert, wenn die Instanzen, die von der Veränderung betroffen sind, ein Mitgestaltungsrecht haben. Diese erhöhte Akzeptanz kommt auch dadurch zustande, dass Unternehmen die Kosten für die Anpassung besser abschätzen können und andere kosteneffizientere Vorschläge machen können.
Planungssicherheit
Durch die Absprachen und Mitgestaltung läuft der ganze Anpassungsprozess reibungsloser ab. Unternehmen wissen, was auf sie zukommt und konnten die bevorstehenden Veränderungen selbst prüfen. Große Investitionen können mit einer höheren Sicherheit und Planbarkeit getätigt werden, ohne dass der weitere Verlauf der Vereinbarung ausschließlich in den Händen des Staates liegt.
Wettbewerbsvorteil
Ein weiterer Grund, der für die Selbstverpflichtung spricht, ist, dass die Initiative, die das Unternehmen gegenüber der Umwelt zeigt, ein Wettbewerbsvorteil sein kann. Gerade in einer Zeit, in der sich die Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltverschmutzung vermehrt zeigen, achten viele Konsumenten auf Nachhaltigkeit und unternehmerische Selbstverpflichtungen.
Selbstverpflichtung – Vorteile
Durch die Kooperation mit den Unternehmen können Umweltziele nicht nur schneller erreicht werden, sondern werden durch den wirtschaftlichen Blickwinkel auch günstiger und flexibler umgesetzt. Seitens der Unternehmen herrscht automatisch eine höhere Akzeptanz und somit ein weiterhin kooperatives Verhalten im Gegensatz zu gesetzlichen Regelungen, welchen in manchen Fällen sogar rechtlich angefochten werden.
Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die Selbstverpflichtung der komplette parlamentarische Weg des Gesetzgebungsprozesses wegfällt und dementsprechend staatliche Ressourcen geschont werden.
Durch die Beteiligung der Unternehmen ist die Umsetzung der Anpassungsprozesse viel effizienter, denn die Unternehmen haben ihn durch das Mitgestalten ausreichend an die eigene Branche und Unternehmensprozesse angepasst.
Auf lange Sicht ist es auch von großem Vorteil, dass die Anpassung der Ziele im Rahmen einer Selbstverpflichtung viel einfacher ist, als die Anpassung einer gesetzlichen Regelung.
Selbstverpflichtung – Nachteile
Es gibt allerdings auch Unsicherheiten bei der Selbstverpflichtung, denn Unternehmen können die Verhandlungen über die Selbstverpflichtung beispielsweise nutzen, um gesetzliche Regelungen und daraus folgende teure Investitionen hinauszuzögern.
Gerade bei freiwilligen Verpflichtungen läuft der Staat Gefahr, dass sich manche Unternehmen darauf verlassen, dass andere Unternehmen, die sich ebenfalls verpflichtet haben, ihre Prozesse ausreichend anpassen und man selber nur das absolute Minimum umsetzt, da dies in einem Großteil der Fälle keine rechtlichen Konsequenzen hätte.
Es kann auch passieren, dass durch den Gestaltungsspielraum der Unternehmen die Ziele und der Weg dahin so sehr aufgeweicht und angepasst werden, dass die erzielten Vereinbarungen nicht mehr ausreichend wirksam sind.
So muss der Staat auch auf Greenwashing achten, da Unternehmen vielleicht versuchen sich nur dem Mindestmaß zu verpflichten, aber sich dennoch Wettbewerbsvorteile verschaffen wollen.
Beim Greenwashing geht es darum, dass ein Unternehmen versucht nach außen besonders nachhaltig zu erscheinen, ohne dabei diese Werte in ihrer Unternehmenspraxis implementiert zu haben. Sie geben damit eine falsche nachhaltige Unternehmensverantwortung vor.
Selbstverpflichtung – Beispiele
In den folgenden Abschnitten werden Beispiele für Selbstverpflichtungen veranschaulicht.
Kunststofftragetaschen
Ein Beispiel aus dem umweltpolitischen Bereich ist die Selbstverpflichtung, die im Juli 2016 wirksam wurde und zu der sich zum Start 260 Unternehmen verpflichteten, innerhalb von zwei Jahren 80 % der Kunststofftragetaschen kostenpflichtig zu machen. Diese „Vereinbarung zur Verringerung des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen“ wurde zwischen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und dem Handelsverband Deutschland getroffen und wird durch die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) überprüft.
Infolgedessen wurden in den darauffolgenden Jahren deutlich weniger Kunststofftragetaschen kostenlos herausgegeben Trotzdem folgte ab dem 1. Januar 2022 ein Verbot für Kunststofftragetaschen, die am Kassenbereich herausgegeben werden und dicker als 0,05 mm sind. Der Grund dafür ist, dass die Tüten, die dann noch herausgegeben werden dürfen, als Erstverpackungen für Obst und Gemüse dienen sollen und auch dann nicht dicker als 0,015 mm sind.
Nachdem durch diese Selbstverpflichtung zunächst alle Plastiktragetaschen kostenpflichtig wurden, werden nun alle Kunststofftragetaschen, die nicht der Hygiene oder der Verpackung von Obst und Gemüse dienen, eliminiert. So versucht der Staat über die ursprüngliche Selbstverpflichtung hinaus, den Umweltschutz weiter zu fördern und voranzutreiben.
Die Selbstverpflichtung hat also geholfen, den Übergang zu dem jetzigen Kunststofftragetaschen-Verbot einfacher zu machen. Unternehmen hatten bis zum Verbot einen gewissen Gestaltungsspielraum und vor allem Zeit, um sich an die Veränderung anzupassen.
FCKW
Eine weitere bedeutende Selbstverpflichtung ist die im Zuge des Montreal Protokolls 1987 von 196 Nationen und der EU geschlossenen Verpflichtung, FCKW-Gase zu reduzieren. Drei Jahre später erweiterten sie ihre Verpflichtung dahin gehend, dass in 10 Jahren kein FCKW mehr eingesetzt und produziert werden sollte. Der Grund für diese Entwicklung war die Entdeckung, dass diese Gase in bedeutendem Maße zur Entstehung des Ozonlochs beigetragen haben.
FCKW-Gase, auch Fluorchlorkohlenwasserstoffe, wurden in Haarsprays, zur Kühlung in Kühlschränken und anderen Gegenständen eingesetzt. Sie waren in vielen Wirtschaftsbereichen vertreten.
Die Ozonschicht fängt in unserer Atmosphäre die schädlichen UV-Strahlen ab und schützt uns Menschen vor Krankheiten, wie zum Beispiel Hautkrebs. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass durch eine chemische Reaktion zwischen dem FCKW und dem Sonnenlicht, das Ozon in der Ozonschicht Stück für Stück zerstört wird, was für uns Menschen eine große Gefahr darstellt.
Durch diese Selbstverpflichtung konnte 2012 das erste Mal festgestellt werden, dass das Ozonloch zu schrumpfen scheint. Forscher vermuten, dass der Schaden, der durch die FCKW-Gase ausgelöst wurde, bereits im Jahr 2070 aufgehoben sein könnte.
Selbstverpflichtung - Das Wichtigste
- Im Rahmen einer Selbstverpflichtung verpflichten sich Wirtschaft oder Verbände freiwillig zur Einhaltung bestimmter Abmachungen gegenüber dem Staat.
- Der Staat verzichtet im Gegenzug auf gesetzliche Regelungen.
- Man findet sie häufig in umweltpolitischen Themenbereichen.
- Durch die Selbstverpflichtung können Ziele schneller und effizienter erreicht werden.
- Häufig kommt es zu einer Selbstverpflichtung, da sonst auf jeden Fall eine gesetzliche Regelung zu erwarten wäre.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Selbstverpflichtung
Was ist Selbstverpflichtung?
Eine Selbstverpflichtung ist eine Abmachung zwischen Staat und Wirtschaft, in der sich die Wirtschaft freiwillig zur Einhaltung bestimmter Leitlinien verpflichtet, um ein (oftmals) umweltpolitisches Ziel zu erreichen. Im Gegenzug verzichtet der Staat auf eine rechtlich bindende, gesetzliche Regelung.
Was sind Beispiele für Selbstverpflichtungen?
Zwei sehr wichtige Beispiele sind:
- Die Selbstverpflichtung, dass Kunststofftragetaschen kostenpflichtig werden
- die Selbstverpflichtung, den Einsatz von FCKW-Gasen zu reduzieren
Was ist die Definition von freiwilliger Selbstverpflichtung?
Eine freiwillige Selbstverpflichtung ist eine Verpflichtung der Wirtschaft gegenüber dem Staat sich freiwillig und ohne rechtliche Bindung an bestimmten Maßnahmen und Leitlinien zu halten. Im Gegenzug verzichtet der Staat auf gesetzliche Regelungen, die rechtlich verpflichtend wären.
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