Aufgabe 1)
Betrachte ein Quantensystem, das durch die Zustände \(\left| \phi_1 \right>\) und \(\left| \phi_2 \right>\) beschrieben wird. Das System befindet sich anfangs in einer Superposition dieser Zustände, gegeben durch \( \left| \psi(0) \right> = c_1 \left| \phi_1 \right> + c_2 \left| \phi_2 \right> \) mit den Koeffizienten \(c_1\) und \(c_2\), wobei \(\left| c_1 \right|^2 + \left| c_2 \right|^2 = 1\).
a)
Finde den Zustand des Systems \(\left| \psi(t) \right>\) zu einem späteren Zeitpunkt \(t\), wenn die Eigenenergien der Zustände \(\left| \phi_1 \right>\) und \(\left| \phi_2 \right>\) \(E_1\) bzw. \(E_2\) betragen. Verwende die Zeitentwicklungsoperator.
Lösung:
Um den Zustand des Systems \(\left| \psi(t) \right>\) zu einem späteren Zeitpunkt \ t \ zu finden, müssen wir den Zeitentwicklungsoperator anwenden. Der Zeitentwicklungsoperator für einen Zustand mit einer festen Eigenenergie \ E \ ist gegeben durch:
\[ e^{-iEt/\hbar } \]
- Der anfängliche Zustand des Systems ist:
- \( \left| \psi(0) \right> = c_1 \left| \phi_1 \right> + c_2 \left| \phi_2 \right> \)
- Nun verwenden wir den Zeitentwicklungsoperator auf jeden Zustand:
- Für den Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) mit Eigenenergie \( E_1 \):\[ e^{-iE_1t/\hbar } \left| \phi_1 \right> \]
- Für den Zustand \( \left| \phi_2 \right> \) mit Eigenenergie \( E_2 \):\[ e^{-iE_2t/\hbar } \left| \phi_2 \right> \]
Der Gesamtzustand zu einem späteren Zeitpunkt \( t \) ergibt sich dann als Summe der beiden Zustände nach der Zeitentwicklung:Der Zustand \( \left| \psi(t) \right> \) zu einem späteren Zeitpunkt \( t \) ist daher:
\[ \left| \psi(t) \right> = c_1 e^{-iE_1t/\hbar } \left| \phi_1 \right> + c_2 e^{-iE_2t/\hbar } \left| \phi_2 \right> \]
b)
Diskutiere den Einfluss von Phasenunterschieden auf die Kohärenz des Systems. Was passiert, wenn das System einer externen Störung ausgesetzt wird, die zu einer Phasendifferenz zwischen \(\left| \phi_1 \right>\) und \(\left| \phi_2 \right>\) führt? Beschreibe den Prozess der Dekohärenz.
Lösung:
Der Einfluss von Phasenunterschieden auf die Kohärenz eines Quantensystems ist ein wichtiger Aspekt in der Quantenmechanik. Im gegebenen System ist der anfängliche Zustand:
\( \left| \psi(0) \right> = c_1 \left| \phi_1 \right> + c_2 \left| \phi_2 \right> \)
Hierbei sind die Koeffizienten \( c_1 \) und \( c_2 \) komplexe Zahlen, die Informationen über die Amplituden und Phasen der jeweiligen Zustände tragen.
- Phasenunterschiede und Kohärenz:
- In einem kohärenten Quantensystem sind die Phasen der Zustände \( \left| \phi_1 \right> \) und \( \left| \phi_2 \right> \) fest miteinander gekoppelt, was bedeutet, dass ihre relative Phase stabil bleibt.
- Ein externer Einfluss könnte jedoch eine Phasendifferenz \( \Delta \phi \) zwischen den beiden Zuständen verursachen. Angenommen, das System wird durch eine Störung beeinflusst, die die Phasen wie folgt moduliert:
\( \left| \phi_1 \right> \rightarrow e^{i\theta_1} \left| \phi_1 \right> \)
\( \left| \phi_2 \right> \rightarrow e^{i\theta_2} \left| \phi_2 \right> \)
- Dann ändert sich der Gesamtzustand zu:
\( \left| \psi(0) \right> = c_1 e^{i\theta_1} \left| \phi_1 \right> + c_2 e^{i\theta_2} \left| \phi_2 \right> \)
Die relative Phase ist \( \Delta \phi = \theta_1 - \theta_2 \).
- Wenn das System einer externen Störung (zum Beispiel durch ein Messgerät, ein Hitze-Reservoir oder ein Magnetfeld) ausgesetzt wird, die zu einer Phasendifferenz führt, kann dies den Prozess der Dekohärenz einleiten.
- Dekohärenz tritt auf, wenn die relative Phase \( \Delta \phi \) zwischen den Zuständen \( \left| \phi_1 \right> \) und \( \left| \phi_2 \right> \) zufällig oder unkontrolliert schwankt.
- Dies führt dazu, dass die Interferenzterme in der Dichtematrix, die für die Kohärenz verantwortlich sind, verschwinden. Die Dichtematrix \( \rho \) eines reinen Zustands \( \left| \psi \right> \) ist:
\( \rho = \left| \psi \right> \left< \psi \right| \)
Wenn \( \Delta \phi \) zufällig schwankt, wird der Erwartungswert der Dichtematrix zum gemischten Zustand
\( \rho_{gemischt} = \left| c_1 \right|^2 \left| \phi_1 \right> \left< \phi_1 \right| + \left| c_2 \right|^2 \left| \phi_2 \right> \left< \phi_2 \right| \)
Dies bedeutet, dass die kohärenten Superpositionszustände in eine statistische Mischung übergehen, und das System verliert seine kohärenten Eigenschaften. Dies ist der Prozess der Dekohärenz.
Zusammengefasst:
- Phasenunterschiede können durch externe Einflüsse entstehen und die relative Phase \( \Delta \phi \) zwischen den Zuständen \( \left| \phi_1 \right> \) und \( \left| \phi_2 \right> \) beeinflussen.
- Diese Phasenunterschiede verursachen Dekohärenz, indem sie die Interferenzterme in der Dichtematrix auslöschen, was zu einem Übergang vom reinen Zustand zum gemischten Zustand führt.
c)
Berechne die Wahrscheinlichkeit, das System im Zustand \(\left| \phi_1 \right>\) zu finden, wenn zu Beginn \(\left| c_1 \right| = \frac{1}{\sqrt{2}}\) und \(\left| c_2 \right| = \frac{1}{\sqrt{2}}\) gesetzt wird. Wie verändert sich diese Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit?
Lösung:
Um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, wenn \( \left| c_1 \right| = \frac{1}{\sqrt{2}} \) und \( \left| c_2 \right| = \frac{1}{\sqrt{2}} \) gesetzt werden, gehen wir wie folgt vor:
- Der anfängliche Zustand des Systems ist:
- \( \left| \psi(0) \right> = c_1 \left| \phi_1 \right> + c_2 \left| \phi_2 \right> \)
- Die Wahrscheinlichkeitsamplitude, das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, ist der Koeffizient \( c_1 \).
- Da \( \left| c_1 \right| = \frac{1}{\sqrt{2}} \) gegeben ist, berechnen wir die Wahrscheinlichkeit \( P_1 \), das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, als:
\[ P_1 = \left| c_1 \right|^2 = \left( \frac{1}{\sqrt{2}} \right)^2 = \frac{1}{2} \]
- Nun betrachten wir die zeitliche Entwicklung des Zustands:
- Der Zustand des Systems zu einem späteren Zeitpunkt \( t \) ist:
\[ \left| \psi(t) \right> = c_1 e^{-iE_1 t/\hbar} \left| \phi_1 \right> + c_2 e^{-iE_2 t/\hbar} \left| \phi_2 \right> \]
- Die Wahrscheinlichkeitsamplitude, das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, ist weiterhin der Koeffizient vor \( \left| \phi_1 \right> \), also:
\[ c_1 e^{-iE_1 t/\hbar} \]
- Die Wahrscheinlichkeit \( P_1(t) \), das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, ist dann:
\[ P_1(t) = \left| c_1 e^{-iE_1 t/\hbar} \right|^2 \]
- Da die Zeitentwicklung lediglich eine komplexe Phase hinzufügt, die den Betrag nicht ändert, gilt:
\[ P_1(t) = \left| c_1 \right|^2 = \frac{1}{2} \]Zusammengefasst:
- Die Wahrscheinlichkeit, das System im Zustand \( \left| \phi_1 \right> \) zu finden, ist bei \( t = 0 \) und im Laufe der Zeit konstant und beträgt \( \frac{1}{2} \), da die komplexe Phase keinen Einfluss auf den Betrag des Koeffizienten hat.
Aufgabe 2)
Gegeben: Ein quantenmechanisches System wird durch die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung beschrieben:
- Differentialgleichung: \[ i\frac{\text{d}}{\text{d}t} |\text{Ψ}(t)\rangle = \text{H} |\text{Ψ}(t)\rangle, \]
- \( |\text{Ψ}(t)\rangle \): Zustandsvektor (Wellenfunktion)
- \( \text{H} \): Hamiltonoperator (Gesamtenergie des Systems)
- \( i \): Imaginäre Einheit
- Lösungsansatz: \[ |\text{Ψ}(t)\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\text{Ψ}(0)\rangle, \]
- \( \text{ħ} \): Plancksches Wirkungsquantum \( (\text{ħ} = h/2\text{π}) \)
Betrachten wir nun ein speziell aufgestelltes quantenmechanisches System. a)
a) Angenommen, der Hamiltonoperator \( \text{H} \) eines Systems hat zwei Eigenzustände \( |\psi_1\rangle \) und \( |\psi_2\rangle \) mit den entsprechenden Eigenwerten \( E_1 \) und \( E_2 \). Der Anfangszustand \( |\text{Ψ}(0)\rangle \) sei eine Linearkombination dieser Eigenzustände, d.h. \[ |\text{Ψ}(0)\rangle = a |\psi_1\rangle + b |\psi_2\rangle \] mit \( a \) und \( b \) als komplexen Konstanten. Bestimme den zeitabhängigen Zustand \( |\text{Ψ}(t)\rangle \).
Lösung:
Gegeben: Ein quantenmechanisches System wird durch die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung beschrieben:
- Differentialgleichung: \(i\frac{\text{d}}{\text{d}t} |\text{Ψ}(t)\rangle = \text{H} |\text{Ψ}(t)\rangle\)
- \(|\text{Ψ}(t)\rangle\): Zustandsvektor (Wellenfunktion)
- \(\text{H}\): Hamiltonoperator (Gesamtenergie des Systems)
- \(i\): Imaginäre Einheit
- Lösungsansatz: \(|\text{Ψ}(t)\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\text{Ψ}(0)\rangle\)
- \(\text{ħ}\): Plancksches Wirkungsquantum (\(\text{ħ} = h/2\text{π}\))
Betrachten wir nun ein speziell aufgestelltes quantenmechanisches System.
Solve the following subexercise:
a) Angenommen, der Hamiltonoperator \(\text{H}\) eines Systems hat zwei Eigenzustände \(|\psi_1\rangle\) und \(|\psi_2\rangle\) mit den entsprechenden Eigenwerten \(E_1\) und \(E_2\). Der Anfangszustand \(|\text{Ψ}(0)\rangle\) sei eine Linearkombination dieser Eigenzustände, d.h.
\[ |\text{Ψ}(0)\rangle = a |\psi_1\rangle + b |\psi_2\rangle \]
mit \(a\) und \(b\) als komplexen Konstanten. Bestimme den zeitabhängigen Zustand \(|\text{Ψ}(t)\rangle\).
Lösungsschritte:
- Wir wissen, dass der Zeitentwicklungsoperator \(e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}}\) auf die Eigenzustände des Hamiltonoperators wie folgt wirkt: \(\text{H}|\psi_n\rangle = E_n |\psi_n\rangle\) führt zu \(e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\psi_n\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}}E_n} |\psi_n\rangle\)
- Wenden wir den Zeitentwicklungsoperator auf den Anfangszustand \(|\text{Ψ}(0)\rangle\) an:
- \[|\text{Ψ}(t)\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\text{Ψ}(0)\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} (a |\psi_1\rangle + b |\psi_2\rangle)\]
- Durch die Linearität des Operators ergibt sich:
- \[|\text{Ψ}(t)\rangle = a e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\psi_1\rangle + b e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\psi_2\rangle\]
- Anwendung der Wirkung des Zeitentwicklungsoperators auf die Eigenzustände:
- \[|\text{Ψ}(t)\rangle = a e^{-\frac{it}{\text{ħ}} E_1} |\psi_1\rangle + b e^{-\frac{it}{\text{ħ}} E_2} |\psi_2\rangle\]
Der zeitabhängige Zustand \(|\text{Ψ}(t)\rangle\) ist somit
\[|\text{Ψ}(t)\rangle = a e^{-\frac{i E_1 t}{\text{ħ}}} |\psi_1\rangle + b e^{-\frac{i E_2 t}{\text{ħ}}} |\psi_2\rangle\]
b)
b) Berechne für den Zustand \( |\text{Ψ}(t)\rangle \) aus Teilaufgabe a) die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Messung der Energie der Eigenwert \( E_1 \) festgestellt wird.
Lösung:
Gegeben: Ein quantenmechanisches System wird durch die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung beschrieben:
- Differentialgleichung: \( i\frac{\text{d}}{\text{d}t} |\text{Ψ}(t)\rangle = \text{H} |\text{Ψ}(t)\rangle \)
- \( |\text{Ψ}(t)\rangle \): Zustandsvektor (Wellenfunktion)
- \( \text{H} \): Hamiltonoperator (Gesamtenergie des Systems)
- \( i \): Imaginäre Einheit
- Lösungsansatz: \( |\text{Ψ}(t)\rangle = e^{-\frac{it}{\text{ħ}} \text{H}} |\text{Ψ}(0)\rangle \)
- \( \text{ħ} \): Plancksches Wirkungsquantum (\( \text{ħ} = h/2\text{π} \))
Betrachten wir nun ein speziell aufgestelltes quantenmechanisches System.
Solve the following subexercise:
b) Berechne für den Zustand \( |\text{Ψ}(t)\rangle \) aus Teilaufgabe a) die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Messung der Energie der Eigenwert \( E_1 \) festgestellt wird.
Lösungsschritte:
- Aus Teilaufgabe a) wissen wir, dass der Zustand \( |\text{Ψ}(t)\rangle \) gegeben ist durch:\[ |\text{Ψ}(t)\rangle = a e^{-\frac{i E_1 t}{\text{ħ}}} |\psi_1\rangle + b e^{-\frac{i E_2 t}{\text{ħ}}} |\psi_2\rangle \]
- Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Messung den Eigenwert \( E_1 \) zu erhalten, ist gegeben durch das Betragsquadrat des Skalarprodukts des Zustandsvektors \( |\text{Ψ}(t)\rangle \) mit dem Eigenzustand \( |\psi_1\rangle \). Das bedeutet:\[ \text{Wahrscheinlichkeit} = |\langle \psi_1 | \text{Ψ}(t) \rangle|^2 \]
- Berechne das Skalarprodukt \( \langle \psi_1 | \text{Ψ}(t) \rangle \):\[ \langle \psi_1 | \text{Ψ}(t) \rangle = \langle \psi_1 | (a e^{-\frac{i E_1 t}{\text{ħ}}} |\psi_1\rangle + b e^{-\frac{i E_2 t}{\text{ħ}}} |\psi_2\rangle) \]
- Da die Zustände \( |\psi_1\rangle \) und \( |\psi_2\rangle \) orthonormal sind, gilt \( \langle \psi_1 | \psi_2 \rangle = 0 \) sowie \( \langle \psi_1 | \psi_1 \rangle = 1 \). Somit vereinfacht sich das Skalarprodukt zu:\[ \langle \psi_1 | \text{Ψ}(t) \rangle = a e^{-\frac{i E_1 t}{\text{ħ}}} \]
- Die Wahrscheinlichkeit ist damit:\[ \text{Wahrscheinlichkeit} = |\langle \psi_1 | \text{Ψ}(t) \rangle|^2 = |a e^{-\frac{i E_1 t}{\text{ħ}}}|^2 \]
- Da der Betrag eines Exponentialterms der Form \( e^{ix} \) immer 1 ist, vereinfacht sich der Ausdruck zu:\[ \text{Wahrscheinlichkeit} = |a|^2 \]
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Messung der Energie der Eigenwert \( E_1 \) festgestellt wird, ist somit \(|a|^2\).
Aufgabe 3)
Bell'sche Ungleichungen spielen eine entscheidende Rolle in der Überprüfung des lokalen Realismus gegen die Vorhersagen der Quantenmechanik. Sie zeigen fundamentale Unterschiede zwischen der Quantenmechanik und der klassischen Physik auf und werden durch Experimente bestätigt, die die Verletzung dieser Ungleichungen und somit die Quantenverschränkung unterstützen. Der lokale Realismus geht davon aus, dass die Eigenschaften von Teilchen unabhängig von Messungen existieren und dass keine Signalübertragung schneller als das Licht möglich ist. Mathematisch werden Bell'sche Ungleichungen häufig in folgender Form dargestellt:
- E(a,b) bezeichnet die Korrelationen der Messungen an den Teilchen mit den Parametern und .
- Das EPR-Paradoxon und die Quantenverschränkung sind eng mit diesen Ungleichungen verbunden.
a)
a) Erkläre den Begriff des lokalen Realismus und dessen Bedeutung im Zusammenhang mit den Bell'schen Ungleichungen. Warum ist der lokale Realismus von zentraler Bedeutung in der Diskussion über die Quantenmechanik?
Lösung:
a) Lokaler Realismus:
- Der Begriff des lokalen Realismus setzt sich aus zwei Hauptannahmen zusammen: Lokalität und Realismus.
- Lokalität: Diese Annahme besagt, dass Informationen nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden können. Das bedeutet, dass Ereignisse oder Einflüsse, die an einem Punkt im Raum stattfinden, nur diejenigen Ereignisse an einem anderen Punkt beeinflussen können, wenn genügend Zeit für die Lichtgeschwindigkeit besteht, um die Information zu übertragen.
- Realismus: Diese Annahme legt fest, dass physikalische Eigenschaften von Systemen eine eigenständige Realität haben, unabhängig davon, ob sie gemessen oder beobachtet werden. Das heißt, dass Teilchen definierte Eigenschaften (wie Ort, Geschwindigkeit, Spin etc.) haben, die unabhängig von unseren Messungen existieren.
Bedeutung des lokalen Realismus im Zusammenhang mit den Bell'schen Ungleichungen:
- Die Bell'schen Ungleichungen sind mathematische Beziehungen, die im Kontext von Messungen an verschränkten Quantensystemen auftreten.
- Unter der Annahme des lokalen Realismus sollten diese Ungleichungen IMMER erfüllt sein. Das bedeutet, wenn die Natur tatsächlich lokal und real ist, dann sollten die Korrelationen der Messungen an verschränkten Quantensystemen diese Ungleichungen nicht verletzen.
- Die Quantenmechanik jedoch sagt voraus – und zahlreiche Experimente haben dies bestätigt – dass diese Ungleichungen verletzt werden können. Diese Verletzung der Bell'schen Ungleichungen deutet auf Phänomene hin, die nicht durch den lokalen Realismus erklärt werden können.
- Das bedeutet, dass entweder die Eigenschaften von Teilchen nicht unabhängig von den Messungen existieren (Verletzung des Realismus) oder dass Informationen instantan (schneller als Lichtgeschwindigkeit) übertragen werden können (Verletzung der Lokalität) – oder möglicherweise beides.
- Dies stellt auch das EPR-Paradoxon in den Mittelpunkt, das von Einstein, Podolsky und Rosen formuliert wurde, um die Quantenmechanik zu hinterfragen.
Warum ist der lokale Realismus von zentraler Bedeutung in der Diskussion über die Quantenmechanik?
- Die Diskussion um lokalen Realismus versus Quantenmechanik zeigt grundlegende Unterschiede in den Weltanschauungen der klassischen Physik und der Quantenphysik auf.
- Durch das Testen der Bell'schen Ungleichungen können wir experimentell bestätigen, ob die Welt, in der wir leben, durch die Prinzipien der klassischen Physik beschrieben werden kann oder ob die Phänomene der Quantenmechanik eine vollständig neue Erklärung des Universums erfordern.
- Die Konsequenzen der Verletzung des lokalen Realismus haben tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Auffassung der Naturgesetze und erfordern möglicherweise völlig neue physikalische Theorien und Technologien, die die seltsamen Eigenschaften der Quantenwelt ausnutzen können.
b)
b) Zeige mathematisch, wie man zu der Bell'schen Ungleichung soweit und wie diese bestimmungsgemäß verletzt werden können. Welche Konsequenzen hat dies für den lokalen Realismus?
Lösung:
b) Mathematische Herleitung der Bell'schen Ungleichung:
Eine der bekanntesten Formen der Bell'schen Ungleichungen ist die Clauser-Horne-Shimony-Holt (CHSH) Ungleichung. Diese kann mathematisch wie folgt hergeleitet werden:
Definition von Korrelationen:
- Betrachte zwei verschränkte Teilchen, die durch zwei Experimentatoren, Alice und Bob, gemessen werden. Alice hat die Wahl zwischen zwei Messparametern, sagen wir a und a'. Bob hat die Wahl zwischen b und b'.
- E(a, b) bezeichnet die Korrelationen der Messungen an den Teilchen mit den Parametern a und b. Das bedeutet, dass E(a, b) der Erwartungswert ist, den Alice und Bob von der Messung der etablierten Korrelation erhalten.
CHSH Ungleichung:
Die CHSH Ungleichung lautet:
.
Schrittweise Herleitung:
- Betrachte die Kombination von Korrelationen:
.
- Nach dem lokalen Realismus sollten diese Korrelationen Begrenzungen unterliegen: Jeder Ausdruck sollte Werte im Intervall [-1, 1] annehmen.
Die CHSH Ungleichung ergibt sich also zu:
.
- Wenn jedoch Quantenmechanik berücksichtigt wird, kann diese Grenze nahezu regelmäßig überschritten werden:
.
Wie können Bell'sche Ungleichungen verletzt werden?
.
Konsequenzen für den lokalen Realismus:
- Die Verletzung der Bell'schen Ungleichung deutet darauf hin, dass die Prinzipien des lokalen Realismus nicht vollständig zutreffen:
- Das bedeutet entweder, dass nicht alle Eigenschaften der Teilchen unabhängig von den Messungen existieren (Realismus verletzt), oder dass Informationen schneller als das Licht übertragen werden können (Lokalität verletzt) – oder möglicherweise beides.
- Diese Ergebnisse bestätigen das EPR-Paradoxon und die Quantenverschränkung und zeigen, dass eine vollständig neue Auffassung der Realität, wie sie durch die Quantenmechanik angenommen wird, notwendig ist.
- Die klassischen physikalischen Beschreibungen sind nicht ausreichend, um die Phänomene der Quantenwelt zu erklären, was tiefgreifende Implikationen für unsere Auffassung der Naturgesetze hat.
c)
c) Diskutiere das EPR-Paradoxon und seine Beziehung zu den Bell'schen Ungleichungen. Inwiefern liefert das EPR-Paradoxon ein Argument gegen die Vollständigkeit der Quantenmechanik?
Lösung:
c) Diskussion des EPR-Paradoxons und seine Beziehung zu den Bell'schen Ungleichungen:
- Das EPR-Paradoxon wurde 1935 von Einstein, Podolsky und Rosen (EPR) formuliert und zielt darauf ab, die Vollständigkeit der Quantenmechanik zu hinterfragen. Sie argumentierten, dass die Quantenmechanik nicht vollständig ist, da sie Phänomene wie Quantenverschränkung nicht vollständig erklären kann.
Schlüsselpunkte des EPR-Paradoxons:
- Realität: Das Paradoxon basiert auf der Vorstellung des „lokalen Realismus“, der besagt, dass physikalische Eigenschaften (z.B. Position oder Impuls eines Teilchens) unabhängig von einer Messung existieren.
- Vollständigkeit: EPR argumentierten, dass eine physikalische Theorie nur dann vollständig ist, wenn jede physikalische Eigenschaft eines Systems auch ohne Messung definierte Werte hat.
- Verschränkung: In einem verschränkten Zustand haben zwei Teilchen korrelierte Eigenschaften, selbst wenn sie räumlich voneinander getrennt sind. Eine Messung an einem Teilchen beeinflusst augenblicklich das andere Teilchen, was der Idee der Lokalität widerspricht.
Beispiel:
- Betrachte zwei Elektronen in einem verschränkten Zustand. Wenn die Spin-Eigenschaft des ersten Elektrons gemessen wird, ist der Spin des zweiten Elektrons augenblicklich bekannt, selbst wenn die Elektronen weit voneinander entfernt sind.
Beziehung zu den Bell'schen Ungleichungen:
- Bell'sche Ungleichungen wurden von John Bell in den 1960er Jahren formuliert, um das EPR-Paradoxon zu untersuchen. Bell zeigte, dass es bestimmte Ungleichungen gibt, die für jede Theorie, die auf lokalem Realismus basiert, gelten müssen.
- Quantenmechanische Vorhersagen können diese Bell'schen Ungleichungen jedoch verletzen. Dies bedeutet, dass entweder der Realismus oder die Lokalität (oder beide) verlassen werden müssen, um die Quantenmechanik zu erklären.
- Das Experiment von Alain Aspect in den 1980er Jahren und viele nachfolgende Experimente haben gezeigt, dass die Bell'schen Ungleichungen tatsächlich verletzt werden, was die Argumente von EPR gegen die Vollständigkeit der Quantenmechanik infrage stellt.
Warum das EPR-Paradoxon ein Argument gegen die Vollständigkeit der Quantenmechanik liefert:
- EPR argumentierten, dass die Quantenmechanik nicht alle physikalischen Realitäten eines Systems beschreibt. Sie sahen die Quantenmechanik als eine unvollständige Theorie, die einigen Elementen der Realität nicht gerecht wird.
- Das EPR-Paradoxon unterstreicht, dass die Quantenmechanik lediglich die Wahrscheinlichkeit von Ergebnissen beschreibt und bei Verschränkungen direkte Einflüsse vermissen lässt.
- Die Verletzung der Bell'schen Ungleichungen durch die Quantenmechanik fordert jedoch diese Ansicht heraus und zeigt, dass unsere klassischen Intuitionen von Realismus und Lokalität nicht ausreichen, um die Natur der Quantenwelt zu beschreiben.
Zusammenfassung:
- Das EPR-Paradoxon stellt den lokalen Realismus und die Vollständigkeit der Quantenmechanik infrage.
- Durch die Verletzung der Bell'schen Ungleichungen wird gezeigt, dass mindestens eine dieser Annahmen aufgegeben werden muss, was die Quantenmechanik zu einer notwendigerweise nicht-lokalen oder nicht-realistischen Theorie macht.
- Dies revolutioniert unser Verständnis der physikalischen Realität und zwingt uns, neue Theorien und Interpretationen der Quantenmechanik zu betrachten.