Organische Chemie 2 - Exam
Aufgabe 1)
SN1- und SN2-Reaktionsmechanismen und ihre AnwendungSN1- und SN2-Reaktionsmechanismen sind zwei Arten nukleophiler Substitutionsreaktionen in der organischen Chemie:
- SN1 (Substitution, nucleophil, unimolekular): zweistufig; der erste Schritt ist die langsame Bildung eines Carbokations, gefolgt von einem nucleophilen Angriff.
- SN2 (Substitution, nucleophil, bimolekular): einstufig; das Nucleophil und das abgehende Molekül greifen gleichzeitig an.
- SN1-Reaktionen bevorzugen tertiäre Halogenalkane (\textit{3°}), während SN2-Reaktionen primäre Halogenalkane (\textit{1°}) bevorzugen.
- Wichtige Faktoren: SN1-Reaktionen benötigen polare, protische Lösungsmittel; SN2-Reaktionen benötigen polare, aprotische Lösungsmittel.
- Beispiele in der Anwendung: Synthese von Alkoholen, Ethern und Aminen; Veresterung.
Aufgabe: Analysiere eine gegebene Reaktion und wähle den geeigneten Reaktionsmechanismus aus.
a)
Gegeben ist die Reaktion eines tertiären Halogenalkans (t-Butylchlorid) mit Wasser. Analysiere den Reaktionsmechanismus und begründe Deine Wahl. Zeichne die Reaktionsschritte und benenne alle Zwischenprodukte.
Lösung:
Analyse der Reaktion eines tertiären Halogenalkans mit Wasser
Gegebene Reaktion:
- Tertiäres Halogenalkan: t-Butylchlorid (\textit{tert-Butylchlorid})
- Nucleophil: Wasser
Analyse des Reaktionsmechanismus:
Bei der Reaktion eines tertiären Halogenalkans (t-Butylchlorid) mit Wasser handelt es sich um einen SN1-Reaktionsmechanismus. Die Wahl basiert auf den folgenden Gründen:
- Substrat: Tertiäre Halogenalkane bevorzugen den SN1-Mechanismus, weil sie stabilere Carbokationen bilden können.
- Lösungsmittel: Wasser ist ein polares, protisches Lösungsmittel, das den SN1-Mechanismus begünstigt, indem es die Bildung des Carbokations stabilisiert.
Reaktionsschritte und Zwischenprodukte:
- Schritt 1: Dissoziation des t-Butylchlorids zur Bildung eines Carbokations und Chloridions.
- t-Butylchlorid (\textit{tert-Butylchlorid}):
- Carbokation (\textit{tert-Butylkation}): \texttt{(CH3)3C+}
- Abgangsgruppe: Chloridion (\texttt{Cl-})
Schritt 2: Angriff des Nucleophils (Wasser) auf das Carbokation.- Wasser (\texttt{H2O}) greift das Carbokation (\texttt{(CH3)3C+}) an, um ein Oxoniumion zu bilden.
Schritt 3: Deprotonierung des Oxoniumions zur Bildung des Endprodukts.- Oxoniumion: \texttt{(CH3)3C-OH2+}
- Endprodukt: t-Butanol (\texttt{(CH3)3COH})
- Freigesetztes Proton (\texttt{H+})
Zusammenfassung:
Die Reaktion von t-Butylchlorid mit Wasser verläuft nach dem SN1-Mechanismus, da das tertiäre Carbokation stabil ist und das polare, protische Lösungsmittel (Wasser) die Bildung des Carbokations erleichtert. Die Reaktionsschritte umfassen die Dissoziation des t-Butylchlorids, den Angriff des Wassers auf das entstandene Carbokation und die anschließende Deprotonierung, um t-Butanol zu bilden.
b)
Beschreibe, welcher Reaktionsmechanismus für die Reaktion von 1-Brompropan mit Natriumiodid in Aceton bevorzugt wird. Erkläre, warum dieser Mechanismus vorliegt, und zeichne die Reaktionsschritte.
Lösung:
Analyse der Reaktion von 1-Brompropan mit Natriumiodid in Aceton
Gegebene Reaktion:
- Substrat: 1-Brompropan
- Nucleophil: Natriumiodid (\texttt{NaI})
- Lösungsmittel: Aceton
Analyse des Reaktionsmechanismus:
Bei der Reaktion von 1-Brompropan mit Natriumiodid in Aceton handelt es sich um einen SN2-Reaktionsmechanismus. Die Wahl basiert auf den folgenden Gründen:
- Substrat: 1-Brompropan ist ein primäres Halogenalkan (\textit{1°}), das bevorzugt nach dem SN2-Mechanismus reagiert.
- Lösungsmittel: Aceton ist ein polares, aprotisches Lösungsmittel, das den SN2-Mechanismus begünstigt, indem es das Nucleophil (Iodidion (\texttt{I-})) nicht solvatieren und somit reaktiver machen kann.
Reaktionsschritte:
- Schritt 1: Gleichzeitiger Angriff des Nucleophils (Iodidion (\texttt{I-})) und Abgang des Bromidions (\texttt{Br-}).
- Angriffendes Nucleophil: Iodidion (\texttt{I-})
- Substrat: 1-Brompropan
- Abgehende Gruppe: Bromidion (\texttt{Br-})
Schritt 2: Bildung des Endprodukts, 1-Iodpropan.Zusammenfassung:
Die Reaktion von 1-Brompropan mit Natriumiodid in Aceton verläuft nach dem SN2-Mechanismus. Dies liegt daran, dass 1-Brompropan ein primäres Halogenalkan ist, das bevorzugt nach dem SN2-Mechanismus reagiert, und dass Aceton ein polares, aprotisches Lösungsmittel ist, das den SN2-Mechanismus begünstigt. Die Reaktionsschritte umfassen den gleichzeitigen Angriff des Nucleophils (Iodidion) und das Abgehen des Bromidions (\texttt{Br-}), um 1-Iodpropan zu bilden.
c)
Berechne die Geschwindigkeitskonstante für die SN1-Reaktion, wenn die Konzentration des Halogenalkans 0.1 M ist und die Reaktionsgeschwindigkeit 2.0 x 10^-5 M/s beträgt.
Lösung:
Berechnung der Geschwindigkeitskonstante für die SN1-Reaktion
Gegebene Informationen:
- Konzentration des Halogenalkans: 0.1 M
- Reaktionsgeschwindigkeit: 2.0 x 10-5 M/s
Berechnung der Geschwindigkeitskonstante:
Der Geschwindigkeitsausdruck für eine SN1-Reaktion ist erster Ordnung bezüglich des Halogenalkans:
\(rate = k_{SN1} [Halogenalkan]\)
Hier ist \(rate\) die Reaktionsgeschwindigkeit, \(k_{SN1}\) die Geschwindigkeitskonstante und \([Halogenalkan]\) die Konzentration des Halogenalkans. Wir formen die Gleichung um, um \(k_{SN1}\) zu berechnen:
\(k_{SN1} = \frac{rate}{[Halogenalkan]}\)
Setzen wir die gegebenen Werte ein:
\(rate = 2.0 \times 10^{-5} \frac{M}{s}\)
\([Halogenalkan] = 0.1 M\)
Also:
\(k_{SN1} = \frac{2.0 \times 10^{-5}}{0.1}\)
\(k_{SN1} = 2.0 \times 10^{-4} \frac{1}{s}\)
Zusammenfassung:
Die Geschwindigkeitskonstante \(k_{SN1}\) für die gegebene SN1-Reaktion beträgt \(2.0 \times 10^{-4} s^{-1}\).
d)
Eine Synthese von Ethanollösung in einem polaren aprotischen Lösungsmittel wird durchgeführt. Erkläre, warum ein SN2-Mechanismus bevorzugt wird und beschreibe die spezifischen Vorteile eines solchen Lösungsmittels für diesen Mechanismus.
Lösung:
Synthese von Ethanollösung in einem polaren aprotischen Lösungsmittel
Analyse des Reaktionsmechanismus:
Die Synthese von Ethanollösung in einem polaren aprotischen Lösungsmittel deutet auf einen SN2-Mechanismus hin. Hier sind die Gründe für diese Präferenz:
- Substrat: Bei der Herstellung von Etanol (Ethylalkohol) betrachtet man oft primäre Halogenalkane, die typischerweise bevorzugt nach dem SN2-Mechanismus reagieren.
- Lösungsmittel: Ein polares, aprotisches Lösungsmittel begünstigt den SN2-Mechanismus, da es das Nucleophil nicht stark solvatisiert und somit dessen Reaktivität erhöht.
Erklärung der Präferenz für den SN2-Mechanismus und die Vorteile des polaren aprotischen Lösungsmittels:
- Im SN2-Mechanismus erfolgt der nucleophile Angriff und der Abgang der Abgangsgruppe gleichzeitig. Da das Nucleophil und das Substrat in einem Übergangszustand zusammenkommen, ist ein starkes und reaktives Nucleophil erforderlich.
- Polare aprotische Lösungsmittel wie Aceton, DMSO (Dimethylsulfoxid) oder DMF (Dimethylformamid) erhöhen die Reaktivität des Nucleophils, weil sie das Nucleophil nicht solvatisieren (umhüllen) und dessen negative Ladung abschwächen. Daher bleibt das Nucleophil stark und nucleophil genug, um das Substrat anzugreifen.
- Polare aprotische Lösungsmittel haben eine hohe Dielektrizitätskonstante, die dazu beiträgt, die Ionenpaare im Reaktionsgemisch zu trennen, ohne die Reaktivität des Nucleophils zu mindern. Dies ist von Vorteil für den SN2-Mechanismus, da die nucleophile Attacke effizienter und schneller ablaufen kann.
Zusammenfassung:
In der Synthese von Etanol in einem polaren aprotischen Lösungsmittel wird ein SN2-Mechanismus bevorzugt, weil:
- Primäre Halogenalkane bevorzugt nach dem SN2-Mechanismus reagieren.
- Polare aprotische Lösungsmittel das Nucleophil nicht stark solvatisieren und daher dessen Reaktivität erhöhen.
- Polare aprotische Lösungsmittel helfen, die Ionenpaare im Reaktionsgemisch zu trennen, was den SN2-Mechanismus begünstigt.
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass der SN2-Mechanismus der bevorzugte Reaktionsweg in dieser Synthese ist.
Aufgabe 2)
Bei der Synthese von Alkenen spielen E1- und E2-Eliminierungsreaktionen eine wesentliche Rolle. Beide Mechanismen sorgen für die Entfernung von Substituenten und bilden dabei eine Doppelbindung, aber auf verschiedene Weise:
- E1-Reaktion: Diese Reaktion fängt mit der Bildung eines Carbokations an und ist eine einstufige Reaktion, bei der die Geschwindigkeit nur von der Konzentration des Substrats abhängt.
- Mechanismus der E1-Reaktion:
- Schritt 1: Die Abgangsgruppe verlässt und es bildet sich ein Carbokation (langsamer Schritt).
- Schritt 2: Ein Proton wird von einer Base entfernt (schneller Schritt).
- Geschwindigkeitsgesetz der E1-Reaktion: Rate = k[Substrat]
- E2-Reaktion: Dies ist eine bimolekulare, konzertierte Reaktion, bei der Protonenabnahme und Abgang der Abgangsgruppe gleichzeitig ablaufen.
- Mechanismus der E2-Reaktion:
- Ein Proton und die Abgangsgruppe werden antiperiplanar gleichzeitig entfernt.
- Geschwindigkeitsgesetz der E2-Reaktion: Rate = k[Substrat][Base]
- Regioselektivität: Die Zaitsev-Regel erklärt, dass das stabilere Alken bevorzugt wird, kann jedoch durch sterische Hinderung beeinflusst werden.
- Stereochemie: Für die E2-Reaktion wird eine antiperiplanare Geometrie bevorzugt.
a)
1. Erkläre detailliert, warum die E1-Reaktion eine monomolekulare Reaktion ist und welche Faktoren die Stabilität des gebildeten Carbokations beeinflussen.
Lösung:
Die E1-Reaktion ist eine monomolekulare Reaktion, was bedeutet, dass die Geschwindigkeit der Reaktion nur von der Konzentration eines einzigen Reaktanten, des Substrats, abhängt. Dies liegt daran, dass die E1-Reaktion in zwei Hauptschritten abläuft:
- Schritt 1: Die Abgangsgruppe verlässt das Substratmolekül, wodurch ein Carbokation entsteht. Dieser Schritt ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt und daher langsam.
- Schritt 2: Ein Proton wird von einer Base entfernt, um das Alken zu bilden. Dieser Schritt erfolgt schnell.
Da der geschwindigkeitsbestimmende Schritt nur die Konzentration des Substrats umfasst, ist die Reaktion monomolekular und das Geschwindigkeitsgesetz lautet:
Die Stabilität des gebildeten Carbokations ist ein entscheidender Faktor für den Ablauf und die Effizienz der E1-Reaktion. Verschiedene Faktoren beeinflussen die Stabilität eines Carbokations:
- Alkylsubstitution: Carbokationen werden durch benachbarte Alkylgruppen stabilisiert. Ein tertiäres Carbokation (mit drei benachbarten Alkylgruppen) ist stabiler als ein sekundäres, das wiederum stabiler als ein primäres Carbokation ist. Dies liegt daran, dass Alkylgruppen eine Elektron-donierende Wirkung haben und dadurch die positive Ladung des Carbokations stabilisieren.
- Induktiver Effekt: Elektron-donierende Gruppen, wie alkylierte Gruppen, können durch den induktiven Effekt Elektronendichte zum Carbokation ziehen und so dessen positive Ladung verringern und stabilisieren.
- Hyperkonjugation: Stabile Carbokationen werden durch Hyperkonjugation weiter stabilisiert, d. h. durch die Wechselwirkung von benachbarten σ-Bindungen (C-H oder C-C Bindungen) mit der leeren p-Orbital am Carbokation.
- Resonanzstabilisierung: Carbokationen können besonders stabil sein, wenn die positive Ladung durch Mehrfachbindungen wie Doppel- oder Dreifachbindungen delokalisiert werden kann. Beispielsweise sind Benzyl- und Allylcarbokationen stabilisiert durch Resonanz.
- Solvatation: In Protic- oder polar-aprotischen Lösungsmitteln kann die Lösungsstruktur die Stabilität des Carbokations beeinflussen. Die Wechselwirkungen zwischen dem Lösungsmittel und dem Carbokation können die Stabilität erhöhen.
b)
2. Die E2-Reaktion erfordert eine antiperiplanare Geometrie der beteiligten Atome. Zeichne das Reaktionsprofil einer E2-Eliminierungsreaktion für das folgende Substrat: 2-Brom-2-methylbutan und erkläre, warum die Reaktionsgeschwindigkeit sowohl von der Konzentration des Substrats als auch der Base abhängt. Berechne die Reaktionsgeschwindigkeit für dieses Substrat, wenn k = 0,025 s-1 M-1, [Substrat] = 0,2 M und [Base] = 0,1 M.
Lösung:
Die E2-Reaktion erfordert eine antiperiplanare Geometrie zwischen dem zu entfernenden Proton und der Abgangsgruppe. Für das Substrat 2-Brom-2-methylbutan können wir das Reaktionsprofil wie folgt zeichnen:
Reaktionsprofil der E2-Eliminierungsreaktion
Das Molekül 2-Brom-2-methylbutan zeigt die antiperiplanare Anordnung:
H - C - C - C - Br H3C H3C CH3 H2 H H3C H3C CH3
Hier wird das Proton in der Beta-Position (dem Kohlenstoffatom benachbart, das die Bromatom-Gruppe trägt) von einer Base entfern. Das an das sekundäre Kohlenstoffatom gebundene Bromatom wird simultan entfernt, woraufhin eine Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffatomen entsteht.
Erläuterung der Reaktionsgeschwindigkeit
Die E2-Reaktion ist eine bimolekulare Eliminierungsreaktion. Das bedeutet, dass zwei Reaktanten gleichzeitig im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt beteiligt sind: das Substrat (2-Brom-2-methylbutan) und die Base. Daher ist die Reaktionsgeschwindigkeit abhängig von beiden Konzentrationen. Das Geschwindigkeitsgesetz für die E2-Reaktion lautet:
Rate = k[Substrat][Base]
Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt also direkt von der Konzentration des Substrats und der Base ab, da beide Reaktanten für den Übergangszustand benötigt werden.
Berechnung der Reaktionsgeschwindigkeit
Gegeben:
- k = 0,025 s-1 M-1
- [Substrat] = 0,2 M
- [Base] = 0,1 M
Die Reaktionsgeschwindigkeit (Rate) berechnet sich wie folgt:
Setzen wir die gegebenen Werte ein:
- Rate = 0,025 s-1 M-1 × 0,2 M × 0,1 M
Das ergibt:
Rate = 0,025 × 0,2 × 0,1 = 0,0005
Die Reaktionsgeschwindigkeit beträgt also 0,0005 M/s.
c)
3. Diskutiere die Regioselektivität von E1- und E2-Reaktionen mit Bezug auf die Zaitsev-Regel. Warum bevorzugt Zaitsev die Bildung des stabileren Alkenes und welche Ausnahmen können während einer E2-Reaktion auftreten? Verwende dafür das Beispiel 3-Chlor-3-methylpentan.
Lösung:
Regioselektivität von E1- und E2-Reaktionen: Die Zaitsev-Regel
Die Zaitsev-Regel spielt eine wesentliche Rolle bei der Bestimmung der Produktverteilung in E1- und E2-Reaktionen. Sie besagt, dass bei Eliminierungsreaktionen das stabilere, höher substituierte Alken bevorzugt gebildet wird.
Zaitsev-Regel Erklärt
Die Zaitsev-Regel erklärt, dass bei Eliminierungsreaktionen von Halogenalkanen das Alken bevorzugt gebildet wird, das die größte Anzahl an substituierten Alkylgruppen an den Kohlenstoffatomen der Doppelbindung aufweist.
Diese Regel ist darauf zurückzuführen, dass mehr substituierte Alkene thermodynamisch stabiler sind. Das bedeutet, dass sie weniger Energie besitzen und daher bevorzugt gebildet werden.
Regioselektivität bei der E1-Reaktion
In einer E1-Reaktion wird aufgrund der Carbokation-Zwischenstufe fast immer das stabilste Alken gebildet. Das Abgangsgruppenmolekül und die Abgabe eines Protons führen zur Bildung des stabileren Produkts. Die intermediäre Bildung des Carbokations erlaubt die Umgruppierung und Stabilisierung, was zur Folge hat, dass die Zaitsev-Regel gut befolgt wird.
Regioselektivität bei der E2-Reaktion
In einer E2-Reaktion bestimmt die Kinetik die Regioselektivität. Da die Reaktion konzertiert abläuft, also sowohl die Protonenabgabe als auch die Abgang der Abgangsgruppe gleichzeitig geschehen, wird meist das stabilere Alken gebildet. Die Reaktion läuft allerdings detailliert betrachtet über den Übergangszustand hinaus, was zwei parallel existente Mechanismen generieren kann.
Ausnahmen von der Zaitsev-Regel in der E2-Reaktion
Während der E2-Reaktion können einige Ausnahmen der Zaitsev-Regel auftreten:
- Sterische Hinderung: Wenn das Substrat stark sterisch behindert ist, wird das weniger substituierte Alken bevorzugt, weil der Übergangszustand weniger behindert ist. Das wird als Hofmann-Produkt bezeichnet.
Als Beispiel verwenden wir 3-Chlor-3-methylpentan :
Beispiel: 3-Chlor-3-methylpentan
Struktur:
CH3 CH3 | | H3C - C - C - CH2-CH3 | | Cl CH3
Für 3-Chlor-3-methylpentan könnte die Zaitsev-Regel zur Bildung des stabileren Alkenes führen:
CH3 CH3 | | H3C - C = C - CH2-CH3 | | CH3
Das stabilere, höher substituierte Alken (nach Zaitsev) wird bevorzugt.
Wenn jedoch Sterische Hinderungen bestehen, könnte das weniger substituierte Alken gebildet werden:
CH3 H | | H3C - C = C - CH2-CH3 | CH3 CH3
Dies würde in einer Reaktion resultieren, die das Hofmann-Produkt bevorzugt.
Aufgabe 3)
Eine Synthese erfordert die Transformation eines primären Alkohols in eine Carbonsäure. Du hast die folgenden Reagenzien zur Verfügung: Kaliumpermanganat, Jones-Reagenz, Lithiumaluminiumhydrid, Natriumborhydrid. Analysiere und erkläre die Schritte und Reagenzien, die notwendig sind, um diese Umwandlung durchzuführen.
a)
Beschreibe den Mechanismus der Oxidation eines primären Alkohols zu einem Aldehyd und anschließend zu einer Carbonsäure unter Verwendung von Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz. Gehe auf die Rolle jedes Reagenz ein.
Lösung:
- Einführung: Die Oxidation eines primären Alkohols zu einer Carbonsäure kann in zwei Schritten erfolgen: Zuerst wird der Alkohol zu einem Aldehyd oxidiert, und anschließend wird der Aldehyd weiter zu einer Carbonsäure oxidiert. In diesem Subexerzitium betrachten wir die Verwendung von Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz für diesen Prozess.
- Oxidation unter Verwendung von Kaliumpermanganat (KMnO4):
- Oxidation unter Verwendung von Jones-Reagenz:
- Schlussfolgerung: Beide Reagenzien, Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz, können effektiv primäre Alkohole zu Carbonsäuren oxidieren. Während Kaliumpermanganat ein starkes Oxidationsmittel ist und den Prozess direkt zum Endprodukt führt, erlaubt das Jones-Reagenz eine zweistufige Oxidation über den Aldehyd.
b)
Erkläre, warum du Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz nicht für die Reduktion eines Aldehyds zu einem primären Alkohol verwenden kannst. Welche Reagenzien würdest du statt dessen verwenden und warum?
Lösung:
- Einführung:In diesem Subexerzitium wird erläutert, warum Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz nicht für die Reduktion eines Aldehyds zu einem primären Alkohol geeignet sind, und welche Alternativreagenzien stattdessen verwendet werden können.
- Begründung:
- Kaliumpermanganat (KMnO4): Kaliumpermanganat ist ein starkes Oxidationsmittel, das häufig zur Oxidation von Alkoholen zu Carbonsäuren verwendet wird. Es besitzt keine reduzierenden Eigenschaften und kann daher nicht zur Reduktion eines Aldehyds zu einem primären Alkohol genutzt werden.
- Jones-Reagenz: Das Jones-Reagenz ist ein weiteres starkes Oxidationsmittel, das Chromtrioxid (CrO3) in verdünnter Schwefelsäure enthält. Auch dieses Reagenz wird verwendet, um Alkohole zu Aldehyden und Carbonsäuren zu oxidieren, und hat keine reduzierenden Eigenschaften, weshalb es ebenfalls ungeeignet für die Reduktion eines Aldehyds ist.
- Geeignete Reagenzien für die Reduktion: Um einen Aldehyd zu einem primären Alkohol zu reduzieren, benötigt man ein geeignetes Reduktionsmittel. Die verfügbaren Reagenzien Lithiumaluminiumhydrid (LiAlH4) und Natriumborhydrid (NaBH4) sind gängige Reduktionsmittel.
- Lithiumaluminiumhydrid (LiAlH4): LiAlH4 ist ein starkes Reduktionsmittel und kann Aldehyde effizient zu primären Alkoholen reduzieren. Es ist jedoch sehr reaktiv und muss unter strengen Bedingungen (oft in wasserfreiem Diethylether) verwendet werden.
R-CHO + 4 [H] → R-CH2OH
- Natriumborhydrid (NaBH4): NaBH4 ist ein milderes Reduktionsmittel im Vergleich zu LiAlH4, aber es ist ebenfalls effektiv zur Reduktion von Aldehyden zu primären Alkoholen. Es kann in protischen Lösungsmitteln wie Ethanol verwendet werden, sodass es einfacher in der Handhabung ist.
R-CHO + 2 [H] → R-CH2OH
- Schlussfolgerung: Kaliumpermanganat und Jones-Reagenz können aufgrund ihrer starken oxidierenden Eigenschaften nicht für die Reduktion eines Aldehyds zu einem primären Alkohol verwendet werden. Stattdessen sollten Reduktionsmittel wie Lithiumaluminiumhydrid oder Natriumborhydrid eingesetzt werden, da sie geeignete reduzierende Eigenschaften besitzen und die Umwandlung effizient durchführen können.
c)
Berechne die theoretische Ausbeute, wenn du 10 g eines primären Alkohols (Molekulargewicht = 60 g/mol) zu einer Carbonsäure (Molekulargewicht = 88 g/mol) oxidierst. Gehe davon aus, dass die Reaktion vollständig ist und keine Nebenprodukte entstehen.
Lösung:
- Einführung: In diesem Subexerzitium berechnen wir die theoretische Ausbeute der Oxidation von 10 g eines primären Alkohols zu einer Carbonsäure. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Reaktion vollständig ist und keine Nebenprodukte entstehen.
- Gegebene Daten:
- Masse des primären Alkohols: 10 g
- Molekulargewicht des primären Alkohols: 60 g/mol
- Molekulargewicht der Carbonsäure: 88 g/mol
- Schritte zur Berechnung:
- 1. Bestimmung der Stoffmenge des primären Alkohols: Die Stoffmenge () kann durch die Formel berechnet werden:
n = \frac{Masse}{Molekulargewicht}
Also:n_{Alkohol} = \frac{10 g}{60 g/mol} = \frac{1}{6} mol = 0.1667 mol
- 2. Bestimmung der Stoffmenge der Carbonsäure: Da die Reaktion vollständig ist und in einem molaren Verhältnis von 1:1 verläuft (ein Molekül Alkohol wird zu einem Molekül Carbonsäure oxidiert), ist die Stoffmenge der Carbonsäure gleich der Stoffmenge des primären Alkohols:
n_{Carbonsäure} = 0.1667 mol
- 3. Berechnung der Masse der Carbonsäure: Die Masse der gebildeten Carbonsäure kann durch die Formel berechnet werden:
Masse = n \times Molekulargewicht
Also:Masse_{Carbonsäure} = 0.1667 mol \times 88 g/mol = 14.6667 g
- 4. Theoretische Ausbeute: Somit beträgt die theoretische Ausbeute an Carbonsäure:
14.6667 g
- Schlussfolgerung: Wenn du 10 g eines primären Alkohols (Molekulargewicht = 60 g/mol) vollständig zu einer Carbonsäure (Molekulargewicht = 88 g/mol) oxidierst, beträgt die theoretische Ausbeute 14.6667 g Carbonsäure.
Aufgabe 4)
Wagner-Meerwein- und Beckmann-UmlagerungenDie Wagner-Meerwein-Umlagerung ist eine chemische Reaktion, bei der Alkylgruppen innerhalb eines Moleküls umgelagert werden. Diese Reaktion verläuft über Carbokationen, insbesondere Alkyl- und Arylverschiebungen. Ein typisches Beispiel ist die Umlagerung eines tertiären Carbonsäureesters zu einem Iso-Cabonian, wenn ein protonierter Alkohol reagiert:
- R-CH-CHR2 + H+ → R-C+-CHR2 → verschobenes Produkt.
Die Beckmann-Umlagerung wandelt Oximverbindungen in Amide um. Diese Reaktion kann durch Säuren (z.B. HCl, H
2SO
4) oder durch Reagenzien wie Phosphorpentachlorid (PCl
5) katalysiert werden:
a)
Frage 1:Erkläre den Mechanismus der Wagner-Meerwein-Umlagerung anhand der folgenden Verbindung: 2-Methyl-2-propanol (tert-Butanol).Zeichne und erkläre die Schritte von der Protonierung des Alkohols bis zur Bildung des stabileren Carbokations und schließlich des Endprodukts. Zeige ausführlich, warum das tertiäre Carbokation besonders stabil ist.
Lösung:
Frage 1:Erkläre den Mechanismus der Wagner-Meerwein-Umlagerung anhand der folgenden Verbindung: 2-Methyl-2-propanol (tert-Butanol).Zeichne und erkläre die Schritte von der Protonierung des Alkohols bis zur Bildung des stabileren Carbokations und schließlich des Endprodukts. Zeige ausführlich, warum das tertiäre Carbokation besonders stabil ist.Lösung:
- 1. Schritt: Protonierung des AlkoholsDer erste Schritt bei der Wagner-Meerwein-Umlagerung ist die Protonierung des tert-Butanol-Moleküls durch ein Proton (H+). Dabei bildet sich ein protonierter Alkohol.Strukturformel: (CH3)3C-OH → (CH3)3C-OH2+
- 2. Schritt: Abspaltung von Wasser (H2O)Im nächsten Schritt spaltet sich ein Wassermolekül (H2O) ab, wodurch ein tertiäres Carbokation entsteht. Diese Abspaltung ist aufgrund der Bildung eines stabilen tertiären Carbokations begünstigt.Strukturformel: (CH3)3C-OH2+ → (CH3)3C+ + H2O
- 3. Schritt: Bildung des stabilen tertiären CarbokationsDas entstandene tertiäre Carbokation ((CH3)3C+) ist besonders stabil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass tertiäre Carbokationen durch die elektronische Verteilung und Hyperkonjugation stabilisiert werden. Die Methylgruppen (CH3) können Elektronen zur Stabilisierung des positiven Kohlenstoffatoms delokalisieren, was die Stabilität des Carbokations erhöht.
- 4. Schritt: Umlagerung und Bildung des EndproduktsNachdem das stabile tertiäre Carbokation entstanden ist, kommt es zur Umlagerung, wodurch das Endprodukt gebildet wird. Bei dieser Reaktion handelt es sich im Grunde genommen um eine Rearrangierung, die zu einem stabileren Molekül führt.Reaktionsschema: (CH3)3C+ → Umlagerung → stabiles Endprodukt
Zusammenfassung:Die Wagner-Meerwein-Umlagerung von 2-Methyl-2-propanol (tert-Butanol) führt zur Bildung eines stabilen tertiären Carbokations, das durch Protonierung, Wasserabspaltung und anschließende Umlagerung entsteht. Die Stabilität des tertiären Carbokations wird durch Hyperkonjugation und Elektronenverteilung innerhalb der Methylgruppen gewährleistet.
b)
Frage 2:Die Beckmann-Umlagerung ist ein nützlicher Prozess in der organischen Chemie, insbesondere für die Synthese von Amiden. Dabei wird das Oxid von Ketonen oder Aldehyden zu Amiden umgelagert. Beginne mit der Verbindung Cyclohexanon-Oxim und zeige den vollständigen Mechanismus der Beckmann-Umlagerung unter Verwendung von Phosphorpentachlorid (PCl5) als Katalysator. Gib alle Zwischenschritte und Reaktionsprodukte an.
Lösung:
Frage 2:Die Beckmann-Umlagerung ist ein nützlicher Prozess in der organischen Chemie, insbesondere für die Synthese von Amiden. Dabei wird das Oxid von Ketonen oder Aldehyden zu Amiden umgelagert. Beginne mit der Verbindung Cyclohexanon-Oxim und zeige den vollständigen Mechanismus der Beckmann-Umlagerung unter Verwendung von Phosphorpentachlorid (PCl5) als Katalysator. Gib alle Zwischenschritte und Reaktionsprodukte an.Lösung:
- Ausgangsverbindung:Die Ausgangsverbindung ist Cyclohexanon-Oxim.Strukturformel: C6H10=N-O-H (Cyclohexanon-Oxim)
- 1. Schritt: Aktivierung des OximsPhosphorpentachlorid (PCl5) reagiert mit Cyclohexanon-Oxim und aktiviert das Oxim, indem es einen Chloridionen-Transfer durchführt. Dies führt zur Bildung eines Chlorid-Oxim-Komplexes.Reaktion: C6H10=N-O-H + PCl5 → C6H10=N-O-Cl
- 2. Schritt: UmlagerungDer aktiviert Oxim-Komplex wird nun umgelagert. Bei der Beckmann-Umlagerung wird die N-Substituierte Gruppe vom Stickstoffatom auf das Kohlenstoffatom verschoben. Dies führt zur Bildung eines stabilen Carbenium-Ions.Reaktion: C6H10=N-O-Cl → (C6H10)N=O-Cl
- 3. Schritt: Bildung des Amin-ChloridsDas Carbenium-Ion reagiert weiter und formt das Amin-Chlorid.Reaktion: (C6H10)N=O-Cl → C6H10-N=O + Cl-
- 4. Schritt: HydrolyseDas gebildete Amin-Chlorid wird schließlich hydrolysiert, um das gewünschte Amid zu produzieren.Reaktion: C6H10-N=O + H2O → C6H11-NH2 + H2O
Zusammenfassung:Der Mechanismus der Beckmann-Umlagerung von Cyclohexanon-Oxim mit Phosphorpentachlorid (PCl
5) als Katalysator beinhaltet die folgenden Schritte: Aktivierung des Oxims durch PCl
5, Umlagerung des aktivierten Oxims, Bildung des Amin-Chlorids und schließlich Hydrolyse zur Bildung des Amids. Das Endprodukt ist hier Cyclohexylamin.