Anorganische Chemie 2 - Exam
Aufgabe 1)
Das Periodensystem und die Periodizität der Elemente sind zentrale Konzepte in der Anorganischen Chemie. Die Ordnung der chemischen Elemente nach steigender Protonenanzahl zeigt periodische Trends in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften. Beachte die folgende Tabelle, um die Fragen zu beantworten.
- Perioden: horizontale Zeilen
- Gruppen: vertikale Spalten
- Hauptgruppen: 1-2 & 13-18
- Übergangsmetalle: Gruppen 3-12
- Lanthanide und Actinide: unterhalb des Hauptblocks
- Kernladungszahl zeigt Elementposition
- Periodizität sichtbar in Atomradien, Ionisierungsenergien, Elektronenaffinitäten, Elektronegativitäten
- Metalle, Halbmetalle, Nichtmetalle
a)
Erkläre, warum die Ionisierungsenergie innerhalb einer Periode von links nach rechts tendenziell zunimmt. Berechne die Ionisierungsenergie für ein hypothetisches Element, das in der zweiten Periode zwischen Lithium (1. Ionisierungsenergie: 520 kJ/mol) und Neon (1. Ionisierungsenergie: 2080 kJ/mol) liegt, unter der Annahme eines linearen Anstiegs.
Lösung:
Um zu erklären, warum die Ionisierungsenergie innerhalb einer Periode von links nach rechts tendenziell zunimmt, müssen wir die grundlegenden Konzepte der Elektronenanordnung und der Kernladung betrachten:
- Kernladung: Wenn wir uns innerhalb einer Periode nach rechts bewegen, nimmt die Protonenzahl (Kernladung) im Atomkern zu. Diese höhere positive Ladung zieht die Elektronen stärker an und erhöht somit die Ionisierungsenergie.
- Atomradius: Durch die stärkere Anziehungskraft des Kerns auf die Elektronen werden diese näher an den Kern gezogen, was den Atomradius verkleinert. Ein kleinerer Atomradius bedeutet, dass es mehr Energie erfordert, ein Elektron zu entfernen.
- Effektive Kernladung: Trotz der Zunahme der Elektronenzahl innerhalb der Periode bleibt die Abschirmung (Screening-Effekt) relativ konstant, sodass die effektive Kernladung, die jedes Elektron spürt, zunimmt. Dies führt ebenfalls zu einer höheren Anziehungskraft und somit zu einer höheren Ionisierungsenergie.
Nun zur Berechnung der Ionisierungsenergie für ein hypothetisches Element in der zweiten Periode. Angenommen, der Anstieg der Ionisierungsenergie von Lithium (Li) zu Neon (Ne) ist linear, könnten wir wie folgt vorgehen:
- Ermitteln der Steigung des Anstiegs:Die Differenz der Ionisierungsenergien beträgt:\( \Delta E = E_{Ne} - E_{Li} = 2080 \text{kJ/mol} - 520 \text{kJ/mol} = 1560 \text{kJ/mol} \)
- Berechnung der Anzahl der Schritte:Da die zweite Periode 8 Elemente umfasst (von Lithium bis Neon), gibt es 7 Schritte:\( \text{Anzahl der Schritte} = 7 \)
- Berechnung der Steigung:Die Steigung des Anstiegs pro Schritt beträgt:\( \text{Steigung} = \frac{1560 \text{kJ/mol}}{7} = 222.86 \text{kJ/mol pro Schritt} \)
- Anwendung der Berechnung auf das hypothetische Element:Angenommen, unser hypothetisches Element liegt zwischen den zweiten und dritten Positionen der Periode (nach Lithium und Beryllium), können wir die Ionisierungsenergie berechnen, indem wir die Steigung multiplizieren und zur Ionisierungsenergie von Lithium addieren:\( E_{hypothetisches} = E_{Li} + \text{Anzahl der Schritte} \times \text{Steigung} \)Beispiel:\( E_{hypothetisches} = 520 \text{kJ/mol} + 2 \times 222.86 \text{kJ/mol} = 965.72 \text{kJ/mol} \)
Diese Berechnung zeigt, dass das hypothetische Element, das sich zwischen Lithium und Neon in der zweiten Periode befindet, eine Ionisierungsenergie von etwa 965.72 kJ/mol hätte, unter der Annahme eines linearen Anstiegs.
b)
Betrachte die Elektronegativität und den Atomradius eines Elements in Gruppe 15 und vergleiche es mit einem Element in Gruppe 17 in derselben Periode. Diskutiere, wie sich diese Eigenschaften auf die Reaktivität und die Art der chemischen Bindungen auswirken könnten. Zeige dies anhand von Stickstoff (Gruppe 15, 2. Periode) und Fluor (Gruppe 17, 2. Periode).
Lösung:
Um die Elektronegativität und den Atomradius von Elementen in den Gruppen 15 und 17 in derselben Periode zu vergleichen, betrachten wir die Eigenschaften von Stickstoff (Gruppe 15, 2. Periode) und Fluor (Gruppe 17, 2. Periode):
- Elektronegativität: Die Elektronegativität ist ein Maß für die Fähigkeit eines Atoms, Elektronen in einer chemischen Bindung anzuziehen. Fluor hat die höchste Elektronegativität aller Elemente, da es in der Periodentabelle weit rechts und oben steht. Der Wert für Fluor beträgt etwa 3.98 auf der Pauling-Skala, während der Wert für Stickstoff ungefähr 3.04 beträgt. Dies bedeutet, dass Fluor viel stärker Elektronen anzieht als Stickstoff.
- Atomradius: Der Atomradius nimmt innerhalb einer Periode von links nach rechts ab, da die zunehmende Kernladung die Elektronen stärker anzieht und näher an den Kern heranzieht. Dementsprechend hat Stickstoff einen größeren Atomradius (etwa 70 pm) verglichen mit Fluor (etwa 50 pm).
Betrachtet man, wie diese Eigenschaften die Reaktivität und die Art der chemischen Bindungen beeinflussen, ergeben sich folgende Punkte:
- Reaktivität: Da Fluor eine höhere Elektronegativität und einen kleineren Atomradius hat, ist es reaktiver als Stickstoff. Fluor reagiert stark mit fast allen anderen Elementen, insbesondere mit den Metallen, um stabile Fluoridverbindungen zu bilden. Stickstoff ist ebenfalls reaktiv, jedoch weniger als Fluor. Stickstoff bildet stabile Verbindungen wie Ammoniak (NH3), Stickstoffdioxid (NO2) und Nitrate (NO3-).
- Art der chemischen Bindungen: Die hohe Elektronegativität von Fluor führt dazu, dass es tendenziell Elektronen von anderen Atomen anzieht, was die Bildung von Ionenverbindungen begünstigt. In vielen seiner Verbindungen, wie Natriumfluorid (NaF), übernimmt Fluor das Elektron von Natrium und bildet ein F--Ion. Stickstoff hingegen bildet meistens kovalente Bindungen, bei denen die Elektronen zwischen den Atomen geteilt werden. In Ammoniak (NH3) teilt Stickstoff Elektronenpaare mit Wasserstoffatomen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fluor aufgrund seiner hohen Elektronegativität und seines kleinen Atomradius sehr reaktiv ist und tendenziell ionische Bindungen bildet. Stickstoff ist weniger elektronegativ und reaktiv und bildet tendenziell kovalente Bindungen. Diese Unterschiede beeinflussen maßgeblich die chemischen und physikalischen Eigenschaften der beiden Elemente.
Aufgabe 2)
Ein Sauerstoffatom hat eine Elektronenkonfiguration von \textit{\texttt{1s$^2$ 2s$^2$ 2p$^4$}}. Sauerstoff verbindet sich leicht mit Wasserstoffatomen, um Wasser ($H_2O$) zu bilden. Analysiere die Elektronenkonfiguration und die chemische Bindung von Sauerstoff und erstelle die Struktur des Wassermoleküls mit allen relevanten Erklärungen.
a)
Beschreibe die Elektronenkonfiguration von Sauerstoff. Welche Regeln und Prinzipien musst Du beachten, um die Elektronenkonfiguration korrekt zu bestimmen? Erkläre, wie die Elektronenkonfiguration des Sauerstoffatoms zu seinem chemischen Verhalten beiträgt.
Lösung:
Elektronenkonfiguration von Sauerstoff
- Sauerstoff hat die Ordnungszahl 8, was bedeutet, dass es 8 Elektronen in seiner Elektronenhülle hat.
- Die Elektronenkonfiguration von Sauerstoff ist: 1s2 2s2 2p4.
Um die Elektronenkonfiguration korrekt zu bestimmen, musst Du folgende Regeln und Prinzipien beachten:
- Aufbauprinzip: Elektronen besetzen die Orbitale in der Reihenfolge zunehmender Energie. Das bedeutet, dass die niedrigenergetischen Orbitale zuerst gefüllt werden.
- Pauli-Prinzip: Jedes Orbital kann maximal zwei Elektronen mit entgegengesetztem Spin aufnehmen.
- Hundsche Regel: Orbitale gleichen Energieniveaus werden zuerst einzeln besetzt, bevor ein Orbital ein zweites Elektron erhält. Dies minimiert die Elektronenabstoßung innerhalb eines Unterschalen-Komplexes.
Beispielsweise erfolgt die Besetzung der Orbitale bei Sauerstoff wie folgt:
- 1s-Orbital: 2 Elektronen (1s2)
- 2s-Orbital: 2 Elektronen (2s2)
- 2p-Orbitale: 4 Elektronen (2p4)
Diese Konfiguration zeigt, dass das 2p-Orbital noch Platz für 2 weitere Elektronen hat, was die Reaktivität von Sauerstoff erklärt.
Sauerstoff strebt danach, seine 2p-Schale zu füllen und ist daher in der Lage, zwei weitere Elektronen aufzunehmen, um eine stabile Elektronenkonfiguration zu erreichen.
Beitrag der Elektronenkonfiguration zum chemischen Verhalten von Sauerstoff:
- Die unvollständige 2p-Schale macht den Sauerstoff hochreaktiv, besonders gegenüber Wasserstoff, um das Molekül $H_2O$ zu bilden.
- Die Elektronenpaarbindung zwischen Sauerstoff und Wasserstoff in einem Wassermolekül (H2O) ist ein Beispiel für eine kovalente Bindung, bei der Elektronenpaare geteilt werden, um die benötigte Elektronenoktettregel zu erfüllen.
- Sauerstoff wird in H2O zwei kovalente Bindungen mit zwei Wasserstoffatomen eingehen.
b)
Erkläre die Art der chemischen Bindung, die im Wassermolekül ($H_2O$) besteht. Wie kommt die Bindung zustande und welche Energieformen sind daran beteiligt? Gehe dabei auch auf das Konzept der Elektronegativität ein.
Lösung:
Art der chemischen Bindung im Wassermolekül (H2O)
Im Wassermolekül (H2O) herrscht eine kovalente Bindung, bei der zwei Wasserstoffatome jeweils eine Elektronenpaarbindung mit einem Sauerstoffatom eingehen.
Die kovalente Bindung entsteht durch das Teilen von Elektronenpaaren zwischen Atomen. Sauerstoff hat sechs Valenzelektronen (Elektronen in der äußersten Schale) und strebt danach, diese auf acht Elektronen zu erhöhen, um eine stabile Elektronenkonfiguration zu erreichen, die der Edelgaskonfiguration von Neon entspricht. Wasserstoff hat ein Elektron und strebt danach, zwei Elektronen zu haben, um die Energieniveaus des Heliums zu erreichen.
Wie die Bindung zustande kommt
- Sauerstoff hat die Elektronenkonfiguration 1s2 2s2 2p4 und benötigt zwei weitere Elektronen, um die 2p-Schale zu füllen.
- Jedes Wasserstoffatom hat ein Elektron und kann mit dem Sauerstoffatom eine Elektronenpaarbindung eingehen.
- Dies führt zur Bildung von zwei kovalenten Bindungen zwischen Sauerstoff und Wasserstoff, wodurch das Wassermolekül entsteht.
Energieformen, die beteiligt sind
Die bei der Bildung der kovalenten Bindungen im Wasser freigesetzte Energie ist die Bindungsenergie. Diese Energie wird frei, wenn die Elektronen von den Atomen gemeinsam genutzt werden, um energetisch stabile Bindungen zu bilden. Ein Teil der Energie wird benötigt, um die ursprünglichen Bindungen in den einzelnen Atomen zu brechen, während der Rest als resultierende Bindungsenergie freigesetzt wird.
Konzept der Elektronegativität
- Elektronegativität ist ein Maß für die Tendenz eines Atoms, gemeinsame Elektronenpaare in einer chemischen Bindung anzuziehen.
- Sauerstoff ist ein stark elektronegatives Element mit einem Elektronegativitätswert von etwa 3,44 auf der Pauling-Skala. Wasserstoff hat einen Elektronegativitätswert von etwa 2,20.
- Diese Elektronegativitätsdifferenz führt dazu, dass die Elektronen in den O-H-Bindungen mehr zum Sauerstoffatom hingezogen werden, wodurch eine partielle negative Ladung (δ-) am Sauerstoff und eine partielle positive Ladung (δ+) an jedem Wasserstoffatom entsteht. Diese Polarität verleiht H2O-Molekülen ihre einzigartigen Eigenschaften, wie z.B. die Fähigkeit, Wasserstoffbrückenbindungen zu bilden.
c)
Zeichne die Lewis-Struktur des Wassermoleküls und erkläre die Geometrie des Moleküls anhand des VSEPR-Modells. Berechne den Bindungswinkel im Wassermolekül und diskutiere, wie dieser von der Elektronenkonfiguration und den Bindungskräften beeinflusst wird.
Lösung:
Lewis-Struktur des Wassermoleküls
Die Lewis-Struktur des Wassermoleküls (H2O) zeigt die Verteilung der Valenzelektronen. Sauerstoff hat sechs Valenzelektronen und bildet zwei kovalente Bindungen mit zwei Wasserstoffatomen, wodurch acht Elektronen in der Valenzschale des Sauerstoffs erreicht werden. Die verbleibenden vier Valenzelektronen von Sauerstoff besetzen die beiden verbleibenden Plätze als nichtbindende Elektronenpaare (Lone Pairs).
Die Lewis-Struktur sieht wie folgt aus:
H | .. O .. | H
Geometrie des Wassermoleküls anhand des VSEPR-Modells
Das VSEPR-Modell (Valence Shell Electron Pair Repulsion) besagt, dass sich Elektronenpaare in der Valenzschale eines Atoms so weit wie möglich voneinander entfernen, um die Elektronenpaarabstoßung zu minimieren.
- Sauerstoff hat zwei Bindungselektronenpaare (mit Wasserstoff) und zwei nichtbindende Elektronenpaare (Lone Pairs).
- Diese vier Elektronenpaare streben nach einer tetraedischen Anordnung, um die Abstoßung zu minimieren.
- Da jedoch nur die Bindungspaare mit den Wasserstoffatomen sichtbar sind, resultiert die Molekülgeometrie in einer gebogenen (gewinkelten) Form.
Bindungswinkel im Wassermolekül
Im idealen tetraedischen Molekül beträgt der Bindungswinkel 109,5°. Aufgrund der Abstoßung durch die nichtbindenden Elektronenpaare ist der Bindungswinkel im Wassermolekül jedoch geringer.
Der experimentell bestimmte Bindungswinkel im H2O-Molekül beträgt etwa 104,5°.
Dieser Winkel wird durch folgende Faktoren beeinflusst:
- Elektronenkonfiguration: Die Anwesenheit der beiden nichtbindenden Elektronenpaare erhöht die Elektronenpaarabstoßung und verringert den Bindungswinkel zwischen den beiden Wasserstoffatomen.
- Bindungskräfte: Die kovalenten Bindungen zwischen dem Sauerstoff- und den Wasserstoffatomen sowie die Elektronegativität von Sauerstoff ziehen die gemeinsamen Elektronenpaare stärker an, was auch zur Verringerung des Bindungswinkels beiträgt.
Aufgabe 3)
Betrachten Sie einen oktaedrischen Übergangsmetallkomplex mit der allgemeinen Formel [ML_6]^n+, wobei M ein Übergangsmetall und L ein ein-zähniger Ligand ist:
a)
Bestimme die Koordinationszahl dieses Komplexes und erkläre kurz die Bedeutung der Koordinationszahl im Kontext der Koordinationschemie.
Lösung:
Bestimmung der Koordinationszahl und ihre Bedeutung
In einem oktaedrischen Übergangsmetallkomplex mit der allgemeinen Formel [ML
6]
n+, wobei M ein Übergangsmetall und L ein ein-zähniger Ligand ist, lassen sich folgende Punkte bestimmen:
- Koordinationszahl: Die Koordinationszahl dieses Komplexes beträgt 6, da der Übergangsmetallkern (M) von sechs ein-zähnigen Liganden (L) umgeben ist.
Bedeutung der Koordinationszahl:
In der Koordinationschemie bezeichnet die Koordinationszahl die Anzahl der Liganden, die sich direkt an das Zentralmetallatom binden. Es handelt sich dabei um eine wichtige Größe, die die Geometrie und die Stabilität des Komplexes stark beeinflusst. Im Falle einer Koordinationszahl von 6 weist der Komplex eine oktaedrische Geometrie auf, was häufig bei Übergangsmetallkomplexen vorkommt und stabile Verbindungen ermöglicht. Die Kenntnis der Koordinationszahl ist essenziell für das Verständnis der Struktur, Reaktivität und Eigenschaften eines Koordinationskomplexes.
b)
Beschreibe die Kristallfeldaufspaltung im oktaedrischen Feld. Zeichne das Energieniveauschema für die d-Orbitale und erkläre den Begriff \(\Delta_0\).
Lösung:
Kristallfeldaufspaltung im oktaedrischen Feld
In einem oktaedrischen Übergangsmetallkomplex [ML6]n+ beeinflussen die sechs Liganden die Energien der d-Orbitale des zentralen Metallions. Dies führt zu einer Aufspaltung der d-Orbitale in verschiedene Energieniveaus.
Zeichnung des Energieniveauschemas:
- Vor der Aufspaltung: Alle fünf d-Orbitale (dxy, dyz, dxz, dx^2-y^2, und dz^2) haben dasselbe Energieniveau.
- Nach der Aufspaltung im oktaedrischen Feld: Die d-Orbitale spalten sich in zwei Gruppen auf:
- dz^2 und dx^2-y^2: Diese beiden Orbitale liegen aufgrund ihrer direktionalen Wechselwirkung mit den Liganden auf einem höheren Energieniveau und bilden das eg-Set.
- dxy, dyz und dxz: Diese drei Orbitale liegen energetisch tiefer und bilden das t2g-Set.
Das Energieniveauschema lässt sich folgendermaßen darstellen:
Erklärung des Begriffs \(\Delta_0\):
\(\Delta_0\) (auch genannt Kristallfeldaufspaltung oder Ligandenfeldaufspaltung) bezeichnet die Energiedifferenz zwischen den aufgespaltenen eg- und t2g-Orbitalsätzen. Sie gibt an, wie stark die Liganden das elektronische Energiemuster des Zentralatoms beeinflussen. Diese Aufspaltung ist entscheidend für die Farbigkeiten, die magnetischen Eigenschaften und die thermodynamische Stabilität des Komplexes.
Die Elektronen in den d-Orbitalen verteilen sich unter Berücksichtigung dieser Aufspaltung. Diese Verteilung folgt den Hundschen Regeln und der Elektronenpaarungsenergie.
c)
Ein bestimmter oktaedrischer Komplex zeigt eine intensive Farbe im sichtbaren Bereich des Spektrums. Erkläre die Ursache dieser Farberscheinung unter Bezug auf d-d-Übergänge und Ligand-zu-Metall-Ladungstransfer (LMCT).
Lösung:
Farberscheinung in einem oktaedrischen Komplex
Ein oktaedrischer Übergangsmetallkomplex, der eine intensive Farbe im sichtbaren Bereich des Spektrums zeigt, kann seine Farberscheinung durch zwei Hauptmechanismen erklären: d-d-Übergänge und Ligand-zu-Metall-Ladungstransfer (LMCT).
d-d-Übergänge:
- Beschreibung: In einem Übergangsmetallkomplex sind die d-Orbitale des Metallions aufgrund des elektrischen Feldes der Liganden in verschiedene Energieniveaus aufgespalten. Im oktaedrischen Feld spalten sich die d-Orbitale in zwei Gruppen auf: das energetisch höherliegende eg-Set (dz^2 und dx^2-y^2) und das energetisch tieferliegende t2g-Set (dxy, dyz und dxz).
- Ursache: Wenn Licht im sichtbaren Bereich auf den Komplex trifft, können Elektronen von den energetisch tieferen t2g-Orbitalen in die energetisch höheren eg-Orbitale übergehen. Diese Übergänge werden als d-d-Übergänge bezeichnet. Die absorbierte Lichtenergie entspricht der Energiedifferenz zwischen den beiden Orbitalgruppen (\(\Delta_0\)).
- Beeinflussung der Farbe: Da verschiedene Übergangsmetalle und Liganden unterschiedliche Werte für \(\Delta_0\) haben, variiert die Wellenlänge des absorbierten Lichts, und somit die Farbe, die das Auge wahrnimmt. Die nicht absorbierten Wellenlängen werden reflektiert oder durchgelassen und geben dem Komplex seine Farbe.
Ligand-zu-Metall-Ladungstransfer (LMCT):
- Beschreibung: Beim Ligand-zu-Metall-Ladungstransfer (LMCT) werden Elektronen aus einem Orbital des Liganden in ein unbesetztes Metallorbital, oft ein d-Orbital, übertragen.
- Ursache: Dieser Prozess tritt auf, wenn das Ligandenorbital eine höhere Energie hat als das entsprechende Metallorbital. Lichtabsorption kann diesen Elektronentransfer anregen.
- Beeinflussung der Farbe: Da die Energieniveaus der Ligandenorbitale und der d-Orbitale des Metalls unterschiedlich sind, führt ein LMCT zu einer anderen Energieabsorption im sichtbaren Spektrum im Vergleich zu d-d-Übergängen. Dies kann ebenfalls zur Farberscheinung des Komplexes beitragen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Farberscheinung eines oktaedrischen Komplexes durch die absorbierte Lichtenergie bei d-d-Übergängen und Ligand-zu-Metall-Ladungstransfers erklärt werden kann. Beide Prozesse führen zur Absorption von Licht im sichtbaren Bereich und beeinflussen so die Farbe des Komplexes.
d)
Berechne die Kristallfeldaufspaltungsenergie (\(\Delta_0\)) für einen [ML_6]^n+ Komplex, wenn die absorbierte Lichtenergie einer Wellenlänge von 450 nm entspricht. Nutze die Beziehung, dass die Energie eines Photonens durch die Gleichung \(E= \frac{hc}{\text{Wellenlänge}}\) gegeben ist, wobei \(h\) das Plancksche Wirkungsquantum und \(c\) die Lichtgeschwindigkeit ist.
Lösung:
Berechnung der Kristallfeldaufspaltungsenergie (\(\Delta_0\))
Um die Kristallfeldaufspaltungsenergie (\(\Delta_0\)) für einen [ML6]n+ Komplex zu berechnen, wenn die absorbierte Lichtenergie einer Wellenlänge von 450 nm entspricht, verwenden wir die Beziehung:
Die Energie eines Photons wird durch die Gleichung
\[ E = \frac{hc}{\text{Wellenlänge}} \]
gegeben, wobei:
- \(h\): Das Plancksche Wirkungsquantum = 6,626 \times 10^{-34} \text{Js}
- \(c\): Die Lichtgeschwindigkeit = 3,0 \times 10^8 \text{m/s}
- Wellenlänge: 450 nm = 450 \times 10^{-9} \text{m}
Berechnung:
1. Setze die Werte in die Formel ein:
\[ E = \frac{(6,626 \times 10^{-34} \text{Js}) \cdot (3,0 \times 10^8 \text{m/s})}{450 \times 10^{-9} \text{m}} \]
2. Vereinfache den Ausdruck:
\[ E = \frac{(6,626 \times 10^{-34} \cdot 3,0 \times 10^8)}{450 \times 10^{-9}} \]
3. Berechne den Zähler und den Nenner:
Zähler:
\[ 6,626 \times 3,0 = 19,878 \times 10^{-34+8} \]
\[ 19,878 \times 10^{-26} \text{J} \]
Nenner:
\[ 450 \times 10^{-9} \text{m} = 4,5 \times 10^{-7} \text{m} \]
4. Führe die Division durch:
\[ E = \frac{19,878 \times 10^{-26}}{4,5 \times 10^{-7}} \]
Teile den Zähler durch den Nenner:
\[ E = 4,4173 \times 10^{-19} \text{J} \]
Ergebnis:
Die Kristallfeldaufspaltungsenergie (\(\Delta_0\)) für den [ML6]n+ Komplex, basierend auf der absorbierten Lichtenergie einer Wellenlänge von 450 nm, beträgt:
\(\Delta_0 = 4,4173 \times 10^{-19} \text{J} \)
Aufgabe 4)
Katalytische Eigenschaften von Übergangsmetallen:Übergangsmetalle sind entscheidend als Katalysatoren aufgrund ihrer Fähigkeit, unterschiedliche Oxidationsstufen und Koordinationsgeometrien einzunehmen und mit Reaktanten stabile und aktivierte Komplexe zu bilden.
- Übergangsmetalle zeigen variable Oxidationsstufen, was Redoxreaktionen ermöglicht.
- Hohe Komplexbildungstendenz durch d-Orbitale.
- Der Katalysemechanismus umfasst Schritte wie Adsorption, Reaktion und Desorption.
- Beispiele für katalytisch aktive Übergangsmetalle sind Pd, Pt, Ni und Au.
- Übergangsmetalle können sowohl in der heterogenen als auch in der homogenen Katalyse eingesetzt werden (z.B. Haber-Bosch-Verfahren, Kontaktverfahren; Wilkinson-Katalysator, Olefinmetathese).
a)
Erkläre detailliert, wie die katalytische Aktivität eines Übergangsmetalls durch seine d-Orbitale beeinflusst wird. Berücksichtige dabei die variable Oxidationsstufen und die hohe Komplexbildungstendenz der Übergangsmetalle. Zeige, wie diese Eigenschaften den Mechanismus der Adsorption, Reaktion und Desorption beeinflussen.
Lösung:
Katalytische Aktivität von Übergangsmetallen und der Einfluss der d-Orbitale:Übergangsmetalle besitzen einzigartige elektronische Eigenschaften, die ihre katalytische Aktivität stark beeinflussen. Insbesondere spielen die d-Orbitale eine entscheidende Rolle. Hier ist eine detaillierte Erklärung:
- Variable Oxidationsstufen: Übergangsmetalle zeigen eine Vielzahl von Oxidationsstufen, was sie besonders flexibel in Redoxreaktionen macht. Diese variablen Oxidationsstufen sind direkt auf die d-Orbitale zurückzuführen, da Elektronen aus den d-Orbitalen leicht abgegeben oder aufgenommen werden können. Dies ermöglicht es den Metallen, unterschiedliche Elektronenkonfigurationen und somit unterschiedliche chemische Reaktivitäten anzunehmen.
- Hohe Komplexbildungstendenz: Die d-Orbitale der Übergangsmetalle ermöglichen die Bildung stabiler Komplexe mit Reaktanten. Diese Fähigkeit, stabile und aktivierte Komplexe zu bilden, ist entscheidend für die Katalyse, da sie die Aktivierungsenergie der Reaktionen reduziert. Übergangsmetalle können mehrere Liganden koordinieren und dadurch die Struktur und Elektronendichte der gebildeten Komplexe beeinflussen.
- Katalysemechanismus:
- Adsorption: Die katalytische Aktivität beginnt oft mit der Adsorption der Reaktanten auf die Oberfläche des Katalysators (in der heterogenen Katalyse) oder der Bildung eines Übergangszustands (in der homogenen Katalyse). Die d-Orbitale der Übergangsmetalle bieten freie Orbitale zur Bindung der Reaktanten, was oft durch die variable Oxidationsstufen erleichtert wird. Durch die Adsorption wird die Bindung der Reaktanten destabilisiert, was die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht.
- Reaktion: Während der Reaktion bieten die d-Orbitale einen Raum zur Elektronentransfer sowie zur Stabilisierung der Übergangszustände. Dies eliminiert oder verringert die Notwendigkeit hoher Aktivierungsenergien. Variable Oxidationsstufen ermöglichen es dem Übergangsmetall, Elektronen vorübergehend aufzunehmen oder abzugeben, was entscheidend für viele katalytische Prozesse ist.
- Desorption: Nach der Reaktion müssen die Produkte von der Oberfläche des Katalysators desorbiert werden, um aktive Stellen freizugeben. Die Fähigkeit der Übergangsmetalle, ihre Oxidationsstufen zu ändern und komplexe Bindungen zu formen (oder zu lösen), ermöglicht eine effiziente Desorption der Produkte.
- Beispiele: Einige der gängigen katalytisch aktiven Übergangsmetalle sind Palladium (Pd), Platin (Pt), Nickel (Ni) und Gold (Au). Diese Metalle werden in wichtigen industriellen Prozessen wie dem Haber-Bosch-Verfahren für die Ammoniaksynthese, dem Kontaktverfahren für die Schwefelsäureproduktion sowie in der homogenen Katalyse wie dem Wilkinson-Katalysator und der Olefinmetathese verwendet.
Zusammengefasst sind die variable Oxidationsstufen und die hohe Komplexbildungstendenz der Übergangsmetalle, unterstützt durch ihre d-Orbitale, die Schlüssel zu ihrer effektiven katalytischen Aktivität. Diese Eigenschaften ermöglichen es den Metallen, die Reaktionsmechanismen durch Adsorption, Reaktion und Desorption zu beeinflussen und somit chemische Prozesse erheblich zu beschleunigen.
b)
Betrachte das Haber-Bosch-Verfahren, bei dem Eisen als Katalysator verwendet wird, um Ammoniak aus Stickstoff und Wasserstoff herzustellen.
- Schreibe die stöchiometrische Gleichung der Gesamtreaktion.
- Erkläre den Mechanismus der Reaktion unter Berücksichtigung der Rolle des Eisenkatalysators.
- Berechne die Aktivierungsenergie, die durch den Katalysator herabgesetzt wird, wenn die Aktivierungsenergie ohne Katalysator 250 kJ/mol und mit Katalysator 150 kJ/mol beträgt. Um welchen Faktor wird die Reaktionsgeschwindigkeit verändert, wenn die Reaktion bei 500 K abläuft? Nutze die Arrhenius-Gleichung: \[\frac{k_2}{k_1} = e^{\frac{-\triangle E}{RT}}\]
Lösung:
Haber-Bosch-Verfahren:
Zusammengefasst reduziert der Eisenkatalysator im Haber-Bosch-Verfahren die Aktivierungsenergie erheblich und erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit, wodurch die Synthese von Ammoniak bei relativ moderaten Bedingungen wirtschaftlich durchführbar wird.