Anwendung statistischer Methoden im Risikomanagement von Finanzinstituten - Cheatsheet
Deskriptive Statistik und Datenanalyse
Definition:
Beschreibt und analysiert Daten, um Muster und Trends zu identifizieren.
Details:
- Lagemaße: Mittelwert (\(\bar{x}\)), Median, Modus
- Streuungsmaße: Varianz (\(s^2\)), Standardabweichung (\(s\)), Spannweite
- Visualisierung: Histogramme, Boxplots, Streudiagramme
- Korrelation: Pearson-Korrelation (\(\rho\)), Spearman-Rangkorrelation
- Datentransformation: Log-Transformation, Standardisierung
Value-at-Risk (VaR)
Definition:
Maß zur Quantifizierung finanzieller Risiken; gibt den maximalen Verlust an, der über einen bestimmten Zeitraum mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird.
Details:
- Formel: \[VaR_{\alpha}(X) = - \inf \{ x \in \mathbb{R} : F_X(x) > \alpha \}\]
- \(\alpha\): Vertrauensniveau, häufig 95% oder 99%
- Zeithorizont: meist 1 Tag, 10 Tage oder 1 Monat
- Methoden zur Berechnung: Historische Simulation, Varianz-Kovarianz-Methode, Monte-Carlo-Simulation
- Limitierungen: keine Aussage über Verluste jenseits des VaR
Grundprinzipien des Backtestings
Definition:
Backtesting: Retrospektive Überprüfung von Handelsstrategien anhand historischer Daten zur Bewertung ihrer Wirksamkeit und Robustheit.
Details:
- Vergleich der prognostizierten Risiken mit tatsächlichen Risiken
- Bestimmung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit von Modellen
- Wichtige Schritte: Datenauswahl, Modellbildung, Ergebnisauswertung
- Vergleich der zurückgerechneten Modell-Ergebnisse mit tatsächlichen Marktdaten
- Ergebnisse analysieren, um Anpassungen und Verfeinerungen vorzunehmen
- Vorsicht vor Overfitting: Das Modell soll auf neue Daten anwendbar sein
- Key Metriken: z.B. Sharpe-Ratio, Drawdown, Return
- Backtesting-Werkzeuge: Python, R, Matlab
- Berücksichtigung von Transaktionskosten, Slippage und Marktliquidität
Monte Carlo Simulationen im Risikomanagement
Definition:
Monte Carlo Simulationen: Stochastische Methoden zur Modellierung und Bewertung von Unsicherheiten und Risiken.
Details:
- Verwendung von Zufallszahlen zur Simulation verschiedener Ergebnisse (Szenarien).
- Wichtig für Evaluierung von Finanzrisiken und -renditen.
- Hilft bei der Berechnung von Value at Risk (VaR) und anderen Risikokennzahlen.
- Erfordert großes Sample, um statistisch signifikante Ergebnisse zu erzielen.
- Ergebnisse hängen von den Eingangsdaten und -annahmen ab; Sensitivitätsanalysen wichtig.
- Formel für VaR: \(VaR_{\alpha} = -\inf \{ x \in \mathbb{R} : F_X(x) > \alpha \}\), wobei \(F_X(x)\) die Verteilungsfunktion ist.
Basel III und IV
Definition:
Basel III und IV sind regulatorische Rahmenwerke zur Stärkung der Finanzstabilität durch erhöhte Kapitalanforderungen und andere Risikomanagement-Maßnahmen für Banken.
Details:
- Basel III:
- Erhöhung der Mindestkapitalanforderungen: CET1 auf mindestens 4,5% der RWA.
- Kapitalerhaltungspuffer: zusätzlich 2,5% CET1.
- Countercyclical Buffer: bis zu 2,5% CET1 während wirtschaftlicher Boomphasen.
- Liquidity Coverage Ratio (LCR): Banken müssen ausreichend liquide Mittel für 30 Tage halten.
- Net Stable Funding Ratio (NSFR): langfriste stabile Finanzierungsanforderungen.
- Basel IV:
- Verschärfung der RWAs (risk-weighted assets) Kalkulationsmethoden, z.B. stärkere Betonung standardisierter Ansätze.
- Behandlung des operationellen Risikos und größere Sensibilität gegenüber den zugrundeliegenden Risiken.
- Output-Floor: Untergrenze für interne Modelle auf 72,5% der standardisierten Ansätze.
Expected Shortfall
Definition:
Erwarteter Verlust (Expected Shortfall) bei einer festgelegten Wahrscheinlichkeit über dem Value at Risk (VaR).
Details:
- Berechnet wie folgt: \[ ES_{\alpha} = \frac{1}{1-\alpha} \int_{\alpha}^{1} VaR_{p} dp \]
- Risikomaß, das Extremverluste berücksichtigt und daher konservativer ist als VaR.
- Schließt Verluste ein, die über dem VaR liegen.
- Älterer Name: Conditional Value at Risk (CVaR).
Kovarianz und Korrelation
Definition:
Kovarianz: Maß für die gemeinsame Variabilität zweier Zufallsvariablen; Korrelation: standardisierte Kovarianz, misst die lineare Beziehung zwischen zwei Variablen.
Details:
- Kovarianz: \(\text{cov}(X, Y) = \frac{1}{n} \sum_{i=1}^{n}(X_i - \bar{X})(Y_i - \bar{Y})\)
- Positive Kovarianz: beide Variablen bewegen sich in die gleiche Richtung
- Negative Kovarianz: Variablen bewegen sich in entgegengesetzte Richtungen
- Korrelation (Pearson): \(\rho_{X,Y} = \frac{\text{cov}(X, Y)}{\text{σ}_X \text{σ}_Y}\)
- Bereich der Korrelation: \([-1, 1]\)
- 1/-1: perfekte positive/negative lineare Beziehung
- 0: keine lineare Beziehung
Modellvalidierung und -kalibrierung
Definition:
Prozesse zur Überprüfung und Anpassung von Modellen, um Genauigkeit und Konsistenz sicherzustellen.
Details:
- Modellvalidierung: Prüfen der Modellannahmen, Methoden und Ergebnisse.
- Modellkalibrierung: Anpassung der Modellparameter, um historische Daten bestmöglich widerzuspiegeln.
- Wichtige Methoden: Backtesting, Stresstests, Sensitivitätsanalysen.
- Häufig verwendete Metriken: MSE (Mean Squared Error), RMSE (Root Mean Squared Error).
- Gängige Tools/Software: R, Python, Matlab.
- Ziel: Sicherstellung der Modellzuverlässigkeit und -robustheit im Risikomanagement.