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Schmerzmedizin - Exam
Schmerzmedizin - Exam Aufgabe 1) Analysiere den Weg der Schmerzleitung vom Nozizeptor bis zur bewussten Schmerzempfindung im Gehirn. Nutze dabei die folgenden Schritte: Nozizeptoren, periphere Nerven, Spinalganglien, spinothalamische Bahn, Thalamus und Kortex. a) Beschreibe die Rolle der Nozizeptoren und peripheren Nerven bei der initialen Schmerzleitung. Wie werden Schmerzreize von der Peripherie...

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Schmerzmedizin - Exam

Aufgabe 1)

Analysiere den Weg der Schmerzleitung vom Nozizeptor bis zur bewussten Schmerzempfindung im Gehirn. Nutze dabei die folgenden Schritte: Nozizeptoren, periphere Nerven, Spinalganglien, spinothalamische Bahn, Thalamus und Kortex.

a)

Beschreibe die Rolle der Nozizeptoren und peripheren Nerven bei der initialen Schmerzleitung. Wie werden Schmerzreize von der Peripherie zum Rückenmark weitergeleitet?

Lösung:

Um den Weg der Schmerzleitung vom Nozizeptor bis zur bewussten Schmerzempfindung im Gehirn zu analysieren, müssen wir verschiedene Schritte und Strukturen betrachten. Im Folgenden wird die Rolle der Nozizeptoren und peripheren Nerven bei der initialen Schmerzleitung beschrieben, sowie die Weiterleitung der Schmerzreize von der Peripherie zum Rückenmark erläutert:

  • Nozizeptoren: Nozizeptoren sind spezialisierte sensorische Neuronen, die auf schädliche Reize wie extreme Temperaturen, mechanische Schäden oder chemische Substanzen reagieren. Sie sind in Haut, Muskeln, Gelenken und inneren Organen lokalisiert.
    • Nozizeptoren besitzen freie Nervenendigungen, die bei Aktivierung durch einen schädlichen Reiz depolarisieren und ein Aktionspotenzial erzeugen.
  • Periphere Nerven: Von den Nozizeptoren wird der Schmerzreiz über periphere Nerven zum zentralen Nervensystem weitergeleitet.
    • Die peripheren Nerven bestehen aus Axonen der sensorischen Neuronen, die die Aktionspotenziale von den Nozizeptoren weiterleiten.
    • Diese Axone verlaufen durch das Gewebe und münden in die Spinalganglien, die in der Nähe des Rückenmarks liegen.
  • Schmerzleitung von der Peripherie zum Rückenmark:
    • Die Axone der Nozizeptoren laufen in peripheren Nerven zusammen und leiten ihre Signale in die Spinalganglien, die entlang des Rückenmarks positioniert sind.
    • In den Spinalganglien befinden sich die Zellkörper der sensorischen Neuronen. Hier erfolgt die erste Weiterverarbeitung des Schmerzsignals.
    • Vom Spinalganglion aus projizieren die Axone weiter in das Rückenmark, wo sie in das Hinterhorn eintreten.
    Im Rückenmark wird das Schmerzsignal in die sekündäre Neuronen umgeschaltet und weiter über die spinothalamische Bahn in höhere Zentren des Gehirns geleitet.

b)

Erkläre den Übergang der Schmerzsignale von den Spinalganglien zur spinothalamischen Bahn. Welche Neurotransmitter sind in diesem Prozess wichtig und wie wirken sie?

Lösung:

Um den Weg der Schmerzleitung vom Nozizeptor bis zur bewussten Schmerzempfindung im Gehirn zu verstehen, ist es wichtig, den Übergang der Schmerzsignale von den Spinalganglien zur spinothalamischen Bahn zu erklären. In diesem Prozess spielen verschiedene Neurotransmitter eine wichtige Rolle. Hier ist eine detaillierte Beschreibung:

  • Übergang der Schmerzsignale von den Spinalganglien zur spinothalamischen Bahn:
    • Die Zellkörper der sensorischen Neuronen, die Schmerzsignale empfangen, befinden sich in den Spinalganglien. Diese Neuronen haben periphere Axone, die Signale von den Nozizeptoren übermitteln, und zentrale Axone, die Signale ins Rückenmark leiten.
    • Die zentralen Axone der sensorischen Neuronen treten über die Hinterwurzel in das Rückenmark ein und enden im Hinterhorn des Rückenmarks.
    • Im Hinterhorn des Rückenmarks bilden die sensorischen Neuronen Synapsen mit den zweiten Neuronen im Schmerzweg. Diese Neuronen leiten die Schmerzsignale weiter.
    • Die zweiten Neuronen kreuzen auf die gegenüberliegende Seite des Rückenmarks (kontralateral) und steigen dann im Vorderstrang des Rückenmarks als Teil der spinothalamischen Bahn auf.
  • Wichtige Neurotransmitter in diesem Prozess:
    • Glutamat: Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im Zentralnervensystem. Es wird von den sensorischen Neuronen im Hinterhorn des Rückenmarks freigesetzt und aktiviert postsynaptische Rezeptoren auf den zweiten Neuronen. Dadurch wird ein Aktionspotential in den zweiten Neuronen ausgelöst.
    • Substanz P: Substanz P ist ein Neuropeptid, das oft zusammen mit Glutamat freigesetzt wird. Es verstärkt die Wirkung von Glutamat und verlängert die Dauer des postsynaptischen Signals. Substanz P spielt eine wichtige Rolle bei der Verstärkung und Erweiterung der Schmerzsignale.
    • Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP): CGRP ist ein weiteres Neuropeptid, das in diesem Prozess beteiligt ist. Es wirkt gefäßerweiternd und kann ebenfalls die Sensibilität der Schmerzleitung erhöhen.

Die Koordination dieser Neurotransmitter sorgt dafür, dass das Schmerzsignal effektiv von den Spinalganglien über das Rückenmark zur spinothalamischen Bahn und schließlich ins Gehirn weitergeleitet wird, wo es zur bewussten Schmerzempfindung führt.

c)

Diskutiere die Funktion des Thalamus und des Kortex in der bewussten Schmerzempfindung. Wie erfolgt die Signalverarbeitung und Bewusstmachung des Schmerzes? Integriere in Deine Antwort die Gate-Control-Theorie und wie das Rückenmark die Schmerzsignale modulieren kann.

Lösung:

Die bewusste Schmerzempfindung erfordert die Integration und Verarbeitung von Schmerzsignalen durch verschiedene Gehirnstrukturen, insbesondere den Thalamus und den Kortex. Hier sind die Hauptfunktionen dieser Strukturen und wie die Signalverarbeitung und Bewusstmachung des Schmerzes erfolgt, sowie eine Integration der Gate-Control-Theorie:

  • Funktion des Thalamus:
    • Der Thalamus ist eine zentrale Schaltstelle im Gehirn, die sensorische Informationen, einschließlich Schmerzsignale, empfängt und an den Kortex weiterleitet.
    • Die Neuronen in der spinothalamischen Bahn enden im Thalamus, wo die Schmerzsignale auf thalamokortikale Neuronen umgeschaltet werden.
    • Der Thalamus filtert und moduliert die eintreffenden Schmerzsignale und kann deren Intensität und Relevanz bewerten.
  • Funktion des Kortex:
    • Der Kortex umfasst verschiedene Regionen, die an der bewussten Wahrnehmung und Interpretation von Schmerz beteiligt sind. Wichtig sind hierbei der somatosensorische Kortex, der präfrontale Kortex und der insuläre Kortex.
    • Der somatosensorische Kortex empfängt die Schmerzsignale und lokalisiert den Schmerz. Hier wird hauptsächlich die sensorische Dimension des Schmerzes verarbeitet, wie Intensität und Ort.
    • Der präfrontale Kortex ist an der emotionalen und kognitiven Bewertung von Schmerz beteiligt. Hier erfolgt die Beurteilung, wie stark der Schmerz als bedrohlich oder beunruhigend empfunden wird.
    • Der insuläre Kortex vermittelt das subjektive Erleben und die unangenehme Qualität des Schmerzes, also das „Gefühl“ des Schmerzes.
  • Gate-Control-Theorie:
    • Die Gate-Control-Theorie beschreibt, wie das Rückenmark die Weiterleitung von Schmerzsignalen modulieren kann. Diese Theorie wurde von Melzack und Wall in den 1960er Jahren vorgeschlagen.
    • Gemäß dieser Theorie existieren im Rückenmark neurale „Tore“ (Gate), die den Fluss von Schmerzsignalen zum Gehirn kontrollieren können. Diese Tore befinden sich im Hinterhorn des Rückenmarks.
    • Aktivität in nicht-schmerzleitenden Fasern (Aβ-Fasern) kann diese Tore „schließen“, während Aktivität in schmerzleitenden Fasern (Aδ- und C-Fasern) die Tore „öffnen“ kann.
    • Wenn die Tore geschlossen sind, wird das Schmerzsignal gehemmt und weniger stark oder gar nicht zum Gehirn weitergeleitet, was zu einer Reduktion der Schmerzempfindung führt.
    • Die Aktivierung von hemmenden Interneuronen im Rückenmark durch sensorische Input kann die Schmerzübertragung unterdrücken. Damit erklärt die Gate-Control-Theorie, warum z.B. das Reiben einer schmerzenden Stelle die Schmerzempfindung lindern kann.

Zusammengefasst erfolgt die bewusste Schmerzempfindung durch die integrative Arbeit des Thalamus und Kortex. Der Thalamus sendet gefilterte Schmerzsignale an den Kortex, wo diese bewusst wahrgenommen und interpretiert werden. Das Rückenmark kann durch Mechanismen der Gate-Control-Theorie die Intensität der Schmerzsignale modulieren und so die bewusste Schmerzempfindung beeinflussen.

Aufgabe 2)

Chronischer Schmerz und zentralisierte Schmerzsyndrome sind komplexe Zustände, die über die einfach periphere Schmerzverarbeitung hinausgehen. Chronischer Schmerz definiert sich durch das Andauern des Schmerzes über 3-6 Monate hinaus und kann selbst nach Heilung der ursprünglichen Ursache fortbestehen. Zudem beinhalten dieser Zustand oft Mechanismen der peripheren und zentralen Sensitivierung. Ein zentrales Schmerzsyndrom wie die Fibromyalgie zeigt sich häufig durch eine Überaktivierung von Netzwerken zur Schmerzverarbeitung im Gehirn, was ohne einen peripheren Auslöser zu starken Schmerzen führen kann. Sowohl chronischer Schmerz als auch zentralisierte Schmerzsyndrome haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und die psychische Gesundheit der Betroffenen und verlangen komplexe, multimodale Therapieansätze. Zu wichtigen Konzepten in diesem Zusammenhang gehören die Neuroplastizität, Hyperalgesie und Allodynie.

a)

Beschreibe die Mechanismen der peripheren und zentralen Sensitivierung bei chronischen Schmerzen. Wie tragen diese Mechanismen zur Persistenz von Schmerzen bei?

Lösung:

Mechanismen der peripheren und zentralen Sensitivierung bei chronischen Schmerzen:

  • Periphere Sensitivierung: Bei einer peripheren Sensitivierung kommt es zu einer erhöhten Empfindlichkeit und Reaktionsbereitschaft der peripheren Nervenfasern, die Schmerzen von der Peripherie (z.B. Haut, Muskeln) an das zentrale Nervensystem weiterleiten. Diese Sensitivierung kann durch Entzündungen oder Verletzungen ausgelöst werden und resultiert in:
    • Erhöhte Erregbarkeit der Nozizeptoren, was bedeutet, dass geringere Stimuli ausreichen, um Schmerzsignale zu erzeugen.
    • Verstärkte Freisetzung von Schmerzmediatoren wie Prostaglandinen und Zytokinen, die die Schmerzschwelle weiter senken.
  • Zentrale Sensitivierung: Die zentrale Sensitivierung bezieht sich auf Veränderungen im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark), die zu einer verstärkten Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzreizen führen. Dies beinhaltet:
    • Veränderungen in der synaptischen Übertragung, die zu einer verstärkten Übertragung von Schmerzsignalen führen.
    • Erhöhte Aktivität und Plastizität der Neuronen im Rückenmark und Gehirn, was zur Bildung von sogenannten Schmerzgedächtnissen führt.
    • Veränderungen und Überaktivierung der Schmerzverarbeitungsnetzwerke im Gehirn, was zu einer verstärkten Wahrnehmung von Schmerz ohne jeglichen peripheren Reiz führen kann.

Beiträge zur Persistenz von Schmerzen:

  • Durch die periphere Sensitivierung wird die Schmerzschwelle herabgesetzt, wodurch normale Reize als schmerzhaft empfunden werden können (Hyperalgesie).
  • Auch nach Abklingen der ursprünglichen Verletzung oder Entzündung können die durch zentrale Sensitivierung entstandenen mechanistischen Veränderungen bestehen bleiben und Schmerzsignale weiterhin fälschlicherweise generiert und wahrgenommen werden.
  • Die fortdauernde Aktivierung und Plastizität im zentralen Nervensystem können zu einer dauerhaften Schmerzempfindung führen, selbst in Abwesenheit eines peripheren Auslösers.
  • Kombiniert führen diese Mechanismen dazu, dass der Schmerz chronisch wird und die Lebensqualität sowie die psychische Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigt werden.

b)

Für die Behandlung zentralisierter Schmerzsyndrome wie Fibromyalgie werden häufig multimodale Therapieansätze eingesetzt. Erläutere die Bestandteile einer solchen Therapie und erkläre, warum ein multimodaler Ansatz vorteilhaft ist.

Lösung:

Bestandteile einer multimodalen Therapie zur Behandlung zentralisierter Schmerzsyndrome wie Fibromyalgie:

  • Medikamentöse Therapie: Diese kann Schmerzmittel, Antidepressiva und Antikonvulsiva umfassen, um Schmerzen zu lindern und die Stimmung sowie die Schlafqualität zu verbessern.
  • Physiotherapie: Durch gezielte Übungen werden die Muskeln gestärkt, die Beweglichkeit verbessert und Verspannungen gelöst. Manuelle Therapie und Techniken wie Massagen können ebenfalls Teil der Physiotherapie sein.
  • Psychologische Therapie: Maßnahmen wie kognitive Verhaltenstherapie (KVT) helfen den Patienten, mit den Schmerzen und den damit verbundenen emotionalen Belastungen umzugehen. Techniken zur Stressbewältigung, Achtsamkeit und Entspannung sind ebenfalls wichtige Bestandteile.
  • Ergotherapie: Diese hilft den Patienten, ihren Alltag besser zu bewältigen und Strategien zur Schmerzbewältigung in ihren täglichen Aktivitäten umzusetzen.
  • Patientenerziehung und Selbstmanagement: Patienten werden über die Natur ihrer Erkrankung aufgeklärt und lernen, wie sie aktiv an ihrer Behandlung mitwirken können. Dies umfasst z.B. Schulungen zu gesunder Lebensweise, Ernährung und Schlafhygiene.
  • Akupunktur und komplementäre Therapien: Akupunktur, Yoga, Tai Chi und andere alternative Methoden können zur Schmerzreduktion und Entspannung beitragen.

Warum ein multimodaler Ansatz vorteilhaft ist:

  • Ganzheitlicher Ansatz: Zentralisierte Schmerzsyndrome wie Fibromyalgie betreffen nicht nur körperliche, sondern auch psychische und soziale Aspekte des Lebens. Ein multimodaler Ansatz berücksichtigt all diese Dimensionen und bietet umfassende Unterstützung.
  • Individuelle Anpassung: Jeder Patient ist einzigartig, und eine Kombination verschiedener Therapieansätze kann individuell angepasst werden, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
  • Verbesserte Lebensqualität: Durch die Integration verschiedener Therapien können Patienten besser mit ihren Schmerzen umgehen, ihre Funktionalität verbessern und ihre Lebensqualität steigern.
  • Reduktion der Medikamentenabhängigkeit: Ein multimodaler Ansatz kann helfen, die Abhängigkeit von Schmerzmitteln zu verringern, indem alternative Therapien zur Schmerzlinderung genutzt werden.
  • Förderung des Selbstmanagements: Patienten werden ermutigt und befähigt, aktiv an ihrer Behandlung teilzunehmen und eigenständig Maßnahmen zur Verbesserung ihres Wohlbefindens zu ergreifen.

c)

Eine Patientin mit diagnostizierter Fibromyalgie berichtet, dass sie auch auf leichte Berührungen mit starken Schmerzen reagiert (Allodynie). Erkläre aus neurobiologischer Sicht, wie es zur Allodynie kommt, und diskutiere, welche Rolle die Neuroplastizität in diesem Prozess spielt.

Lösung:

Wie es zur Allodynie kommt:

  • Periphere Sensitivierung: Bei einer peripheren Sensitivierung reagieren die Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) in der Haut und anderen Geweben empfindlicher auf Reize. Dies kann durch Entzündungen oder Verletzungen geschehen, die die Schmerzschwelle herabsetzen und selbst leichte Berührungen als schmerzhaft registrieren.
  • Zentrale Sensitivierung: Zentrale Sensitivierung bezieht sich auf Veränderungen im zentralen Nervensystem (Rückenmark und Gehirn), die zu einer verstärkten Reaktion auf Reize führen. Beispiele hierfür sind:
    • Verstärkte synaptische Übertragung im Rückenmark, durch die harmlose somatosensorische Reize auf eine Weise verarbeitet werden, die normalerweise Schmerzen verursacht.
    • Veränderungen im neuronalen Netzwerk und neurochemische Anpassungen, die dazu führen, dass normale Berührungsreize als schmerzhaft wahrgenommen werden. Dies schließt die Überexpression von Rezeptoren und Neurotransmittern ein, die die Schmerzübertragung verstärken.

Rolle der Neuroplastizität in diesem Prozess:

  • Neuroplastizität: Neuroplastizität bezeichnet die Fähigkeit des Nervensystems, seine Struktur und Funktion als Antwort auf Erfahrungen oder Verletzungen zu verändern. Bei chronischem Schmerz und Allodynie spielt die Neuroplastizität eine Schlüsselrolle in der Sensitivierung des Schmerznervensystems.
  • Synaptische Plastizität: Wiederholte Schmerzreize können zu dauerhaften Änderungen in den synaptischen Verbindungen führen. Neue synaptische Verbindungen können entstehen oder bestehende Verbindungen können verstärkt werden, was die Schmerzwahrnehmung intensiviert.
  • Zelluläre Veränderungen: Chronische Schmerzen können zu Veränderungen in der Genexpression von Schmerzrezeptoren und Neurotransmittern führen. Dies kann die Sensitivität und Reaktionsfähigkeit der Neuronen im Rückenmark und Gehirn erhöhen.
  • Langzeitpotenzierung (LTP): LTP ist ein Prozess, bei dem die synaptische Übertragung zwischen zwei Neuronen durch wiederholte Aktivierung verstärkt wird. Dieser Mechanismus kann dazu führen, dass harmlose Berührungen verstärkt als Schmerz empfunden werden.
  • Erhöhte Netzwerkaktivität: Die wiederkehrende Aktivierung von Schmerzverarbeitungsnetzwerken im Gehirn kann zur Ausbildung von „schmerzhaften“ Netzwerken führen, die selbst bei nicht schmerzhaften Reizen aktiviert werden.

Zusammengefasst kommt es bei Allodynie durch eine Kombination aus peripherer Sensitivierung und zentraler Sensitivierung, unterstützt durch die Mechanismen der Neuroplastizität, zu einer gesteigerten Schmerzreaktion auf normalerweise harmlose Reize. Die anhaltenden Veränderungen im Nervensystem führen zu einer Fehlinterpretation harmloser Berührungen als schmerzhaft.

Aufgabe 3)

Molekulare Mechanismen der Schmerzmodulation involvieren die biochemischen Vorgänge, die das Schmerzempfinden entweder verstärken oder abschwächen können.

  • Endorphine reduzieren Schmerzempfinden
  • NMDA-Rezeptoren sind beteiligt an der Langzeitpotenzierung schmerzleitender Synapsen
  • Erhöhte Konzentrationen von Neurotransmittern wie Substanz P verstärken Schmerzen
  • Antagonisten von Schmerzmediatoren, wie zum Beispiel COX-Hemmer, dämpfen die Schmerzen
  • Serotonin und Noradrenalin werden bei einem Mangel an Monoaminoxidase-Hemmern vermehrt

a)

Erkläre, wie die Langzeitpotenzierung (LTP) an NMDA-Rezeptoren zur Verstärkung des Schmerzempfindens führt. Gehe dabei auf den Mechanismus ein, wie erhöhte Konzentrationen von Substanz P auf dieses System wirken und warum dies zu einer erhöhten Langzeitpotenzierung führen kann.

Lösung:

  • Langzeitpotenzierung (LTP) an NMDA-Rezeptoren: Die Langzeitpotenzierung ist ein langfristiger Anstieg der synaptischen Stärke, der ein wichtiger Mechanismus für das Lernen und Gedächtnis ist. Im Zusammenhang mit der Schmerzmodulation bedeutet dies, dass schmerzleitende Synapsen empfindlicher werden und somit das Schmerzempfinden verstärkt wird.
  • LTP an NMDA-Rezeptoren wird durch wiederholte und starke Aktivierung dieser Rezeptoren ausgelöst. Diese Aktivierung erfordert sowohl die Bindung des Neurotransmitters Glutamat an den Rezeptor als auch eine Depolarisation der postsynaptischen Membran, die Magnesiumionen aus dem Kanal des NMDA-Rezeptors entfernt. Dies ermöglicht den Einstrom von Calciumionen \(\text{Ca}^{2+}\) in die postsynaptische Zelle.
  • Der erhöhte Calcium-Einstrom aktiviert verschiedene intrazelluläre Signalwege, die zur Verstärkung der synaptischen Übertragung führen. Dies umfasst die Bildung von neuen Rezeptoren und die Verstärkung der Empfindlichkeit bereits vorhandener Rezeptoren.
  • Einfluss von Substanz P auf das System: Substanz P ist ein Neurotransmitter, der an der Übertragung von Schmerzsignalen beteiligt ist. Eine erhöhte Konzentration von Substanz P führt dazu, dass mehr Schmerzsignale übertragen werden und die Aktivität an den schmerzleitenden Synapsen steigt.
  • Substanz P trägt zur Verstärkung der Langzeitpotenzierung bei, indem es zusätzliche Rezeptoren aktiviert und die synaptische Übertragung weiter verstärkt. Dies führt dazu, dass die Synapsen empfindlicher auf Schmerzreize reagieren und das Schmerzempfinden insgesamt steigt.
  • Zusammengefasst: Die Langzeitpotenzierung an NMDA-Rezeptoren verstärkt das Schmerzempfinden, indem sie die synaptische Übertragung erhöht. Erhöhte Konzentrationen von Substanz P tragen zusätzlich zu einer erhöhten Langzeitpotenzierung bei, indem sie die Aktivität an den schmerzleitenden Synapsen steigern und somit das Schmerzempfinden weiter verstärken.

b)

Stelle mathematisch dar, wie die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin durch Hemmung der Monoaminoxidase verändert wird. Formuliere die Differentialgleichung, die die Änderung der Neurotransmitterkonzentration beschreibt. Berechne die Lösung der Differentialgleichung unter der Annahme, dass die Monoaminoxidase-Aktivität konstant ist.

Lösung:

  • Einleitung: Monoaminoxidase (MAO) ist ein Enzym, das für den Abbau von Monoaminen wie Serotonin (\(S\)) und Noradrenalin (\(N\)) verantwortlich ist. Durch die Hemmung der Monoaminoxidase wird der Abbau dieser Neurotransmitter reduziert, was zu einer höheren Konzentration dieser Stoffe führt.
  • Differentialgleichung formulieren: Wir können die Änderungsrate der Konzentration eines Neurotransmitters \(X\) (sei es Serotonin oder Noradrenalin) ohne Hemmung durch eine Differentialgleichung beschreiben. Dabei ist \(X(t)\) die Konzentration des Neurotransmitters zu einem gegebenen Zeitpunkt \(t\), und \(k\) ist die Konstante, die die Aktivität des Enzyms Monoaminoxidase repräsentiert:
  • Die Differentialgleichung lautet:
  • \( \frac{dX}{dt} = -k \cdot X \)
  • Wenn ein Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) eingeführt wird, reduziert sich die Abbaugeschwindigkeit. Zum Beispiel kann die neue Abbaukonstante als \( k' \) bezeichnet werden, wobei \( k' < k \) ist:
  • Die modifizierte Differentialgleichung lautet dann:
  • \( \frac{dX}{dt} = -k' \cdot X \)
  • Lösung der Differentialgleichung: Diese Differentialgleichung ist eine ganz normale erste Ordnung Differentialgleichung, die durch Trennung der Variablen oder anschauliche Prüfung gelöst werden kann. Die allgemeine Lösung für diese Art der Gleichung ist:
  • \( X(t) = X_0 e^{-k't} \)
  • Hierbei ist:
    • \( X_0 \) die Anfangskonzentration des Neurotransmitters bei \( t=0 \)
    • \( t \) die Zeit
    • \( k' \) die reduzierte Abbaukonstante aufgrund der Hemmung
  • Zusammenfassung: Durch die Hemmung der Monoaminoxidase (MAO) mit einem MAO-Hemmer wird die Abbaugeschwindigkeit der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin reduziert, was zu einer höheren Konzentration dieser Stoffe führt. Mathematisch wird dies durch die modifizierte Differentialgleichung \( \frac{dX}{dt} = -k' \cdot X \) illustriert, deren Lösung eine exponentielle Funktion ist: \( X(t) = X_0 e^{-k't} \).

Aufgabe 4)

Du sollst eine Patientin mit Verdacht auf neuropathische Schmerzen mittels Quantitativer Sensorischer Testung (QST) untersuchen. Die Patientin klagt über anhaltende Schmerzen im rechten Bein, die bei leichtem Berühren intensiver werden. Du hast Zugang zu allen erforderlichen Geräten: Thermode, Druckalgometer und Stimmgabel. Die Normwerte für die Schmerzschwellen und Sensitivität sind ebenfalls verfügbar.

a)

Erläutere den Ablauf der QST für diese Patientin. Beschreibe die Prüfmethoden für mechanische, thermische und elektrische Reize, die Du verwenden wirst, um den Beschwerden der Patientin nachzugehen. Erkläre, welche Parameter Du erfassen wirst und warum.

Lösung:

Bei der Quantitativen Sensorischen Testung (QST) verfolgen wir einen systematischen Ablauf, um die sensorische Funktionsweise der Patientin mit Verdacht auf neuropathische Schmerzen zu untersuchen. Dies geschieht durch die Bewertung von mechanischen, thermischen und elektrischen Reizen.

  • Thermische Reize: Ablauf: Wir verwenden eine Thermode, um die Wärme- und Kälteschwellen zu bestimmen. Die Thermode wird auf die Haut der Patientin aufgesetzt und die Temperatur wird in kontrollierten Schritten erhöht oder verringert, bis die Patientin den Reiz als schmerzhaft empfindet. Parameter:
    • Wärmeschwelle: Die niedrigste Temperatur, bei der die Patientin einen warmen Reiz als schmerzhaft empfindet.
    • Kälteschwelle: Die höchste Temperatur, bei der die Patientin einen kalten Reiz als schmerzhaft empfindet.
    Warum: Diese Parameter helfen dabei, thermische Überempfindlichkeiten (thermische Hyperalgesie) aufzudecken, die für neuropathische Schmerzen charakteristisch sein können.
  • Mechanische Reize: Ablauf: Wir verwenden ein Druckalgometer, um die mechanische Schmerzschwelle zu bestimmen, und eine Stimmgabel für Vibrationsempfindung. Für die mechanische Schmerzschwelle wird der Druck auf die Haut mit dem Algometer in kontinuierlich ansteigenden Schritten erhöht, bis die Patientin Schmerzen verspürt. Mit der Stimmgabel wird die Vibration an verschiedenen Punkten des Beins überprüft. Parameter:
    • Mechanische Schmerzschwelle: Der geringste Druck, der als schmerzhaft empfunden wird.
    • Vibrationsempfindung: Die Fähigkeit, Vibrationen wahrzunehmen und das jeweilige Empfindungsniveau.
    Warum: Diese Tests helfen dabei, mechanische Überempfindlichkeiten wie Allodynie (Schmerzempfinden bei normalerweise nicht schmerzhaften Reizen) und mechanische Hyperalgesie (verstärkte Schmerzempfindung bei mechanischen Reizen) zu erfassen.
  • Elektrische Reize: Ablauf: Elektrische Reize werden in der Regel nur bei speziellen Indikationen eingesetzt und sind nicht Teil des Routine-QST. Falls angewendet, werden niederfrequente elektrische Impulse über Elektroden an die Haut abgegeben und die Intensität langsam erhöht, bis Schmerz empfunden wird. Parameter:
    • Elektrische Schmerzschwelle: Die geringste Intensität des elektrischen Reizes, die als schmerzhaft empfunden wird.
    Warum: Die elektrische Schmerzschwelle kann zusätzliche Informationen über die Nervenfunktion liefern, insbesondere bei Verdacht auf elektrische Hypersensitivitäten.

Zusammengefasst hilft die QST, ein umfassendes Bild der sensorischen Funktionsweise der Patientin zu zeichnen, indem sie verschiedene sensorische Modalitäten und Schwellenwerte misst. Dies trägt zur differenzierten Diagnose von neuropathischen Schmerzen und der Entwicklung geeigneter Therapieoptionen bei.

b)

Angenommen, die ermittelten Schwellenwerte der Patientin liegen signifikant unter den Normwerten. Berechne die Differenz zur Norm, wenn die Druckschmerzschwelle der Patientin bei 2 N/cm² liegt und der Normwert bei 5 N/cm². Diskutiere die Bedeutung dieser Ergebnisse im Zusammenhang mit der Diagnose von Hyperalgesie.

Lösung:

Um die Differenz zwischen der Druckschmerzschwelle der Patientin und den Normwerten zu berechnen, verwenden wir folgende Werte:

  • Druckschmerzschwelle der Patientin: 2 N/cm²
  • Normwert der Druckschmerzschwelle: 5 N/cm²

Die Differenz berechnen wir folgendermaßen:

  • Differenz = Normwert - Patientenwert
  • Differenz = 5 N/cm² - 2 N/cm² = 3 N/cm²

Die Druckschmerzschwelle der Patientin liegt also 3 N/cm² unter dem Normwert.

Bedeutung der Ergebnisse im Zusammenhang mit der Diagnose von Hyperalgesie:

Eine signifikant niedrigere Druckschmerzschwelle, wie im vorliegenden Fall festgestellt, deutet auf eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit bei mechanischen Reizen hin. Dies kann als mechanische Hyperalgesie bezeichnet werden. Hyperalgesie beschreibt eine verstärkte Schmerzempfindlichkeit gegenüber Reizen, die normalerweise schmerzlos oder nur leicht schmerzhaft wären.

Die erhobenen Daten weisen darauf hin, dass bei der Patientin bei einem Druck von 2 N/cm² bereits Schmerzen auftreten, während bei gesunden Personen erst bei 5 N/cm² Schmerzen empfunden werden. Diese erhöhte Schmerzempfindlichkeit kann auf eine Schädigung oder Veränderung im Nervensystem hinweisen, wie sie bei neuropathischen Schmerzen vorkommt.

Die frühe Identifikation von Hyperalgesie ist entscheidend, da dadurch therapeutische Maßnahmen frühzeitig eingeleitet werden können, um die Lebensqualität der Patientin zu verbessern und das Fortschreiten der Schädigung zu verhindern.

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