Vertiefung Rechtspsychologie I: Kriminalpsychologie - Cheatsheet
Psychologische Theorien kriminellen Verhaltens
Definition:
Psychologische Theorien kriminellen Verhaltens untersuchen die mentalen, emotionalen und sozialen Prozesse, die zur Begehung krimineller Handlungen führen.
Details:
- Sozialkognitive Theorie: Kriminelles Verhalten erlernt durch Beobachtung und Nachahmung.
- General Theory of Crime (Selbstkontrolltheorie): Niedrige Selbstkontrolle führt zu impulsivem und risikoreichem Verhalten.
- Psychodynamische Theorie: Unbewusste Konflikte und frühkindliche Erfahrungen beeinflussen kriminelles Verhalten.
- Biologische Theorien: Genetische und neurobiologische Faktoren können kriminelles Verhalten prädisponieren.
- Theorie der differentiellen Assoziation: Kriminelles Verhalten erlernt durch Interaktion mit anderen Personen, die kriminelle Werte vermitteln.
- Anomietheorie: Kriminalität als Anpassung an strukturelle Spannungen und soziale Ungleichheit.
Einfluss von Sozialisation und Umwelt auf kriminelles Verhalten
Definition:
Einfluss von Sozialisation und Umwelt auf kriminelles Verhalten beschreibt, wie Familieneinflüsse, Bildung, soziale Beziehungen und gesellschaftliche Umstände das Risiko für kriminelle Handlungen erhöhen oder verringern können.
Details:
- Sozialisation: Erziehung, Wertevermittlung, Vorbilder innerhalb der Familie
- Bildung: Schulbildung, Ausbildung, Zugang zu Wissen
- Soziale Beziehungen: Freunde, Peer-Groups, Gemeinschaften
- Umweltfaktoren: Wohngegend, wirtschaftliche Verhältnisse, soziale Schicht
- Theorien: Sozialkognitive Lerntheorie, Differenzieller Assoziation, Anomietheorie
Biologische und genetische Faktoren in der Kriminalität
Definition:
Untersuchung der Rolle von erblichen und biologischen Einflüssen auf kriminelles Verhalten.
Details:
- Genetik: Untersuchung von Zwillings- und Adoptionsstudien, um Erblichkeit von kriminellem Verhalten zu bestimmen.
- Neurobiologie: Analyse von Hirnstrukturen und -funktionen, die mit kriminellem Verhalten in Verbindung stehen, z.B. Amygdala, präfrontaler Kortex.
- Biochemie: Erforschung von Neurotransmittern (z.B. Serotonin, Dopamin) und Hormonen (z.B. Testosteron) und ihre Einflüsse auf aggressives Verhalten.
- Epigenetik: Untersuchung, wie Umweltfaktoren (z.B. Traumata) genetische Expression beeinflussen können.
- Kritik: Reduktionismus-Vorwurf, ethische Bedenken bezüglich Prädiktion und Stigmatisierung.
Verhaltensmuster und psychologische Merkmale von Tätern
Definition:
Identifikation und Analyse von Verhaltensweisen sowie psychologischen Eigenschaften, die häufig bei Straftätern gefunden werden. Ziel: Verstehen von Tathintergründen, Präventionsmöglichkeiten und Ermittlungsunterstützung.
Details:
- Verhaltensmuster: Regelmäßigkeiten im Verhalten von Tätern, z.B. Tatortwahl, Vorgehensweise.
- Psychologische Merkmale: Persönlichkeitsmerkmale, psychische Störungen, Motivationen.
- Profiling: Erstellen von Täterprofilen auf Basis der Verhaltensmuster und psychologischen Merkmale.
- Wiederholungstäter: Analyse von Mustern bei Serien- oder Mehrfachtätern.
- 3-M-Theorie: Motivation, Mittel, Möglichkeit (Motiv, Means, Opportunity).
- Big Five: Modell der Persönlichkeit (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus).
- Psychopathie-Checkliste: Diagnose-Tool zur Einschätzung von Psychopathie (PCL-R von Hare).
Forensische Interview- und Befragungstechniken
Definition:
Systematische Methoden zur Sammlung von Informationen im kriminalpsychologischen Kontext.
Details:
- Vertrauensaufbau: Wichtig für die Kooperation des Befragten.
- Kognitive Befragung: Verbesserung der Gedächtnisleistung durch Kontextwiederherstellung und diverse Fragetypen.
- Strategische Gesprächsführung: Steuerung des Gesprächsverlaufs durch gezielte Fragetechniken.
- Kinetische Taktiken: Beobachtung und Interpretation nonverbaler Kommunikationssignale.
- Vermeidung suggestiver Fragen: Minimierung des Risikos falscher Erinnerungen.
- Dokumentation: Detaillierte Aufzeichnung des Gesprächsverlaufs und der Aussagen.
Zweck und Erstellung rechtspsychologischer Gutachten
Definition:
Zweck ist die Unterstützung juristischer Entscheidungsprozesse durch psychologisch fundierte Analysen und Einschätzungen.
Details:
- Analysieren und Bewerten von Aussagen und Verhaltensweisen
- Erstellung durch qualifizierte Rechtspsychologen
- Grundlagen: Psychologische Theorien, rechtliche Rahmenbedingungen
- Anwendungsbereiche: Glaubwürdigkeitsgutachten, Prognosegutachten, Schuldfähigkeitsbeurteilungen
- Methoden: Interviews, psychometrische Tests, Verhaltensbeobachtungen
Statistische Methoden zur Rückfallvorhersage
Definition:
Verfahren, um die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Straftatverhaltens für verurteilte Straftäter vorherzusagen.
Details:
- Wichtig für Bewährung, Entlassungsentscheidungen und Rehabilitationsmaßnahmen.
- Verwendet statistische Modelle wie logistisches Regressionsmodell:
- \[ P(y=1|X) = \frac{1}{1 + e^{-(\beta_0 + \beta_1 X_1 + \beta_2 X_2 + ... + \beta_p X_p)}} \]
- Beinhaltet Variablen wie vorherige Straftaten, sozioökonomischer Status und psychologische Bewertungen.
- Weitere Modelle: Survival-Analyse, maschinelles Lernen (Random Forest, Neuronale Netze).
- Liefert Wahrscheinlichkeiten und Risikoeinstufungen.
- Voraussetzung: Validität und Reliabilität der Daten.
Ethik und rechtliche Rahmenbedingungen in der Forensik
Definition:
Ethik und rechtliche Rahmenbedingungen in der forensischen Psychologie; betrifft sowohl die moralischen Grundsätze als auch die gesetzlichen Vorschriften, die das Handeln von Psychologen in der Forensik beeinflussen.
Details:
- Wahrung der Menschenwürde und Rechte aller Beteiligten
- Vertraulichkeit und Datenschutz gemäß DSGVO
- Objektivität und Unparteilichkeit bei Gutachten und Untersuchungen
- Einhaltung der Schweigepflicht
- Kenntnis und Anwendung relevanter Gesetze und Verordnungen (z. B. StGB, BGB)
- Berufsordnungen und ethische Richtlinien (z. B. der BDP)