Aktienrecht - Exam
Aufgabe 1)
Die ABC GmbH plant, sich in eine Aktiengesellschaft (AG) umzuwandeln. Die Gesellschafter haben sich bereits auf die Höhe des Grundkapitals von € 100,000 geeinigt. Sie beauftragen Dich mit der Erstellung eines Satzungsentwurfs und der Durchführung aller weiteren Gründungsschritte, bis die Aktiengesellschaft schließlich im Handelsregister eingetragen ist. Ebenfalls möchten sie, dass Du sie über die organschaftliche Struktur der AG aufklärst und eingehender erläuterst, welche Funktionen die Hauptversammlung, der Vorstand und der Aufsichtsrat haben.
a)
Stelle einen Satzungsentwurf für die Gründung der AG zusammen. Achte dabei besonders auf die Formvorschriften nach § 23 AktG und erkläre die einzelnen Bestandteile.
Lösung:
Satzungsentwurf für die Gründung der ABC AG
Einleitung
Hier folgt der Satzungsentwurf für die Gründung der ABC AG. Dabei richten wir uns nach den Formvorschriften des § 23 Aktiengesetz (AktG). Dir wird jeder Bestandteil der Satzung erklärt, damit Du einen umfassenden Überblick erhältst.
§ 1 Firma und Sitz
(1) Firma: Die Gesellschaft führt den Namen ABC AG. (2) Sitz: Der Sitz der Gesellschaft ist in München, Deutschland.
§ 2 Gegenstand des Unternehmens
(1) Zweck: Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung eigenen Vermögens sowie der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien und Beteiligungen an anderen Unternehmen. (2) Geschäftstätigkeiten: Die Gesellschaft kann alle Geschäfte tätigen, die geeignet sind, den Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern. Dazu gehören auch die Gründung von Tochtergesellschaften und Niederlassungen im In- und Ausland.
§ 3 Grundkapital und Aktien
(1) Höhe des Grundkapitals: Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt € 100,000 (in Worten: Einhunderttausend Euro). (2) Aktien: Das Grundkapital ist eingeteilt in 100,000 auf den Namen lautende Stückaktien. Diese Aktien sind in Höhe von jeweils einem Euro pro Aktie eingeteilt.
§ 4 Geschäftsjahr
Das Geschäftsjahr der Gesellschaft ist das Kalenderjahr.
§ 5 Organe der Gesellschaft
(1) Hauptversammlung:
- Aufgaben: Die Hauptversammlung ist das oberste Organ der Gesellschaft. Sie beschließt unter anderem über die Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats, die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder und die Bestellung des Abschlussprüfers.
- Einberufung: Die Hauptversammlung wird vom Vorstand mindestens einmal im Jahr einberufen.
(2) Vorstand:
- Aufgaben: Der Vorstand leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich. Er besteht aus einer oder mehreren Personen und wird vom Aufsichtsrat bestellt.
- Vertretung: Die Gesellschaft wird durch zwei Mitglieder des Vorstands oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten.
(3) Aufsichtsrat:
- Aufgaben: Der Aufsichtsrat überwacht den Vorstand und ernennt dessen Mitglieder. Zudem prüft er den Jahresabschluss und den Lagebericht der Gesellschaft.
- Anzahl der Mitglieder: Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern.
§ 6 Bekanntmachungen
Die Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen im Bundesanzeiger.
§ 7 Gründungskosten
Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Betrag von € 5,000.
b)
Erläutere die Schritte, die nach der notariellen Beurkundung der Satzung folgen, bis die AG im Handelsregister eingetragen ist. Was muss dabei beachtet werden?
Lösung:
Schritte nach der notariellen Beurkundung der Satzung bis zur Eintragung der AG ins Handelsregister
Nachdem die Satzung notariell beurkundet wurde, sind mehrere wichtige Schritte erforderlich, um die Aktiengesellschaft (AG) erfolgreich im Handelsregister einzutragen. Folgende Schritte müssen dabei beachtet werden:
- 1. Bestellung des Vorstands Nach der Beurkundung muss der Aufsichtsrat den Vorstand der neuen AG bestellen. Der Vorstand wird verantwortlich sein für die Führung der Geschäfte der Gesellschaft.
- 2. Gründungsbericht und Gründungsprüfung Der Vorstand und der Aufsichtsrat erstellen einen Gründungsbericht. Die Gründung der AG wird durch eine unabhängige Stelle geprüft (Gründungsprüfer), um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind und das Grundkapital ordnungsgemäß eingezahlt wurde.
- 3. Leistung des Grundkapitals Die Gesellschafter müssen das Grundkapital in Höhe von € 100,000 vollständig einzahlen. Dies kann entweder in bar oder durch Sacheinlagen erfolgen. Der Nachweis der Einlage muss durch einen Kontoauszug oder ein Gutachten erfolgen.
- 4. Anmeldung zum Handelsregister Der Vorstand muss die AG zur Eintragung ins Handelsregister beim zuständigen Amtsgericht anmelden. Die Anmeldung muss von allen Vorstandsmitgliedern persönlich vor einem Notar unterschrieben werden. Folgende Dokumente sind erforderlich:
- Satzung der AG
- Bestellung des Vorstands
- Gründungsbericht und das Ergebnis der Gründungsprüfung
- Nachweis über die Einzahlung des Grundkapitals
- 5. Eintragung im Handelsregister Nach Prüfung der Unterlagen durch das Amtsgericht wird die AG in das Handelsregister eingetragen. Erst mit dieser Eintragung erlangt die AG ihre Rechtsfähigkeit.
- 6. Veröffentlichung der Eintragung Die Eintragung der AG in das Handelsregister wird im Bundesanzeiger veröffentlicht, was die formelle Gründung abschließt.
Wichtige Hinweise
- Notarielle Beurkundung: Die Satzung muss von einem Notar beurkundet werden.
- Korrekte Dokumentation: Alle erforderlichen Unterlagen müssen vollständig und korrekt sein, um Verzögerungen bei der Eintragung zu vermeiden.
- Einzahlung des Kapitals: Das Grundkapital muss auf ein Geschäftskonto der AG eingezahlt und nachgewiesen werden.
- Fristen beachten: Bestimmte Fristen müssen eingehalten werden, um rechtliche Nachteile zu vermeiden (z.B. Eintragung innerhalb von drei Monaten nach notarieller Beurkundung).
Durch die sorgfältige Beachtung dieser Schritte und Hinweise kann die Gründung der ABC AG reibungslos und erfolgreich abgeschlossen werden.
c)
Die Gründung erfordert die Einzahlung des Grundkapitals. Zeige mathematisch, wie der Wert der Aktien berechnet wird, wenn jede Aktie einen Nennwert von € 1,000 haben soll. Berücksichtige dabei, dass das Grundkapital bei € 100,000 liegt.
Lösung:
Berechnung des Aktienwerts bei einem Nennwert von € 1,000
Um die Anzahl der Aktien zu berechnen, die erforderlich sind, wenn jede Aktie einen Nennwert von € 1,000 haben soll und das Grundkapital € 100,000 beträgt, gehen wir wie folgt vor:
Formel zur Berechnung der Anzahl der Aktien
Die Anzahl der Aktien (\textit{A}) wird durch folgende Formel berechnet:
\[ A = \frac{GK}{N} \]
- Grundkapital (GK): € 100,000
- Nennwert pro Aktie (N): € 1,000
Durchführung der Berechnung
Setzen wir die gegebenen Werte in die Formel ein:
\[ A = \frac{100,000}{1,000} \]
Ergebnis:
\[ A = 100 \]
Zusammenfassung
Das bedeutet, dass bei einem Nennwert von € 1,000 pro Aktie insgesamt 100 Aktien ausgegeben werden müssen, um ein Grundkapital von € 100,000 zu erreichen.
Die Aktienverteilung sieht wie folgt aus:
- Grundkapital: € 100,000
- Nennwert pro Aktie: € 1,000
- Anzahl der Aktien: 100
Jede Aktie hat somit einen Nennwert von € 1,000, und es sind insgesamt 100 Aktien notwendig, um das gesamte Grundkapital von € 100,000 zu erreichen.
d)
Beschreibe die Rolle und die Aufgaben der Hauptversammlung, des Vorstands und des Aufsichtsrats in der AG. In Deiner Beschreibung sollten die gesetzlichen Grundlage aus dem AktG einbezogen werden.
Lösung:
Die organschaftliche Struktur der Aktiengesellschaft (AG)
Eine Aktiengesellschaft (AG) besteht aus drei Hauptorganen: der Hauptversammlung, dem Vorstand und dem Aufsichtsrat. Diese Organe sind gesetzlich im Aktiengesetz (AktG) geregelt und haben jeweils spezifische Rollen und Aufgaben. Im Folgenden werden diese Organe und ihre Aufgaben beschrieben.
1. Die Hauptversammlung
Die Hauptversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan der AG. Sie setzt sich aus den Aktionären zusammen und hat folgende Aufgaben gemäß dem Aktiengesetz (§§ 118–147 AktG):
- Beschlussfassung: Die Hauptversammlung beschließt über grundlegende Angelegenheiten der Gesellschaft. Dazu gehören insbesondere die Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder und des Abschlussprüfers.
- Änderung der Satzung: Änderungen der Satzung, wie zum Beispiel Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen, bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung.
- Strategische Entscheidungen: Beispiele sind die Zustimmung zu Unternehmensverkäufen, Fusionen oder Übernahmen.
- Einberufung: Die Hauptversammlung wird in der Regel mindestens einmal jährlich vom Vorstand einberufen.
2. Der Vorstand
Der Vorstand leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich und wird vom Aufsichtsrat bestellt (§§ 76–116 AktG). Zu den Hauptaufgaben des Vorstands gehören:
- Leitung der Gesellschaft: Der Vorstand führt die Geschäfte der AG und trifft sämtliche unternehmerischen Entscheidungen.
- Vertretung: Der Vorstand vertritt die Gesellschaft rechtlich nach außen.
- Berichtspflicht: Der Vorstand berichtet regelmäßig dem Aufsichtsrat über die Geschäftslage und die Entwicklung der Gesellschaft.
- Verantwortlichkeit: Der Vorstand ist für die Erstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts verantwortlich und muss sicherstellen, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.
3. Der Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat überwacht den Vorstand und wird von der Hauptversammlung und gegebenenfalls den Arbeitnehmervertretern gewählt (§§ 95–116 AktG). Seine Hauptaufgaben umfassen:
- Überwachung des Vorstands: Die Überwachung der Geschäftsführung und die Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gehören zu den wesentlichen Aufgaben des Aufsichtsrats.
- Ernennung und Abberufung des Vorstands: Der Aufsichtsrat ernennt die Mitglieder des Vorstands und kann sie bei Pflichtverletzungen auch abberufen.
- Prüfung des Jahresabschlusses: Der Aufsichtsrat prüft den Jahresabschluss und den Lagebericht der Gesellschaft sowie den Vorschlag des Vorstands zur Gewinnverwendung.
- Berichterstattung: Der Aufsichtsrat erstattet der Hauptversammlung Bericht über seine Überwachungstätigkeiten.
Gesetzliche Grundlagen
- Aktiengesetz (AktG): Das AktG regelt umfassend die Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft.
- §§ 76–116 AktG: Regelungen über den Vorstand.
- §§ 95–116 AktG: Regelungen über den Aufsichtsrat.
- §§ 118–147 AktG: Regelungen über die Hauptversammlung.
Durch diese klaren Rollen und Aufgabenverteilungen wird eine effektive Führung und Kontrolle der Gesellschaft ermöglicht.
Aufgabe 2)
Die XYZ Aktiengesellschaft (kurz XYZ AG) plant eine außerordentliche Hauptversammlung, in der über eine Kapitalerhöhung abgestimmt werden soll. Aktionärin Anna ist im Besitz von 10% der Aktien der XYZ AG. Die Kapitalerhöhung sieht die Ausgabe neuer Aktien im Verhältnis 3:1 vor, d.h. für 3 bestehende Anteile kann ein neuer Anteil erworben werden.
Anna hat sich über ihre Rechte und Pflichten als Aktionärin informiert und möchte wissen:
a)
A.) Teilnahme an Hauptversammlung: Inwiefern hat Anna das Recht, an der außerordentlichen Hauptversammlung teilzunehmen und wie kann sie ihre Stimme zur Kapitalerhöhung abgeben? Erläutere die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und die Bedeutung ihres Stimmrechts in diesem Kontext.
Lösung:
- Teilnahme an Hauptversammlung: Als Aktionärin der XYZ AG hat Anna das Recht, an der außerordentlichen Hauptversammlung teilzunehmen. Dieses Recht ist in Deutschland gesetzlich im Aktiengesetz (AktG) geregelt. Gemäß § 118 AktG hat jeder Aktionär das Recht, an der Hauptversammlung teilzunehmen und sein Stimmrecht auszuüben.
- Stimmberechtigung: Annas Stimmrecht ergibt sich aus ihrer Beteiligung an der XYZ AG. Da sie 10% der Aktien hält, hat sie entsprechend 10% der Stimmen. Das bedeutet, dass ihr Stimmrecht proportional zu ihrem Aktienbesitz ist.
- Abstimmung zur Kapitalerhöhung: Anna kann ihre Stimme entweder persönlich auf der Hauptversammlung abgeben oder sie kann einen Vertreter (z.B. einen Bevollmächtigten) schriftlich dazu ermächtigen, dies in ihrem Namen zu tun. Dieses Vertretungsrecht ist ebenfalls im AktG verankert und ermöglicht es Aktionären, ihre Rechte auch dann auszuüben, wenn sie nicht persönlich anwesend sein können.
- Bedeutung des Stimmrechts: Das Stimmrecht ist ein wesentliches Instrument für Aktionäre, um Einfluss auf wichtige Unternehmensentscheidungen zu nehmen. Bei einer Abstimmung zur Kapitalerhöhung ist es besonders wichtig, da die Erhöhung des Kapitals Auswirkungen auf den Wert der Aktien und die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft haben kann.
b)
B.) Dividendenanspruch: Angenommen die Kapitalerhöhung führt zu einem erhöhten Unternehmensgewinn, wie verändert sich Annas Dividendenanspruch? Berechne Annas Dividendenanspruch vor und nach der Kapitalerhöhung, wenn vor der Erhöhung das Unternehmen einen Gesamtertrag von €1.000.000 an seine Aktionäre auszahlt und nach der Kapitalerhöhung insgesamt 20% mehr Ausschüttung an alle Aktionäre vorgenommen wird.
Lösung:
- Dividendenanspruch vor der Kapitalerhöhung: Angenommen, das Unternehmen zahlt vor der Kapitalerhöhung einen Gesamtertrag von €1.000.000 an seine Aktionäre aus. Anna besitzt 10% der Aktien der XYZ AG. Ihr Dividendenanspruch vor der Kapitalerhöhung errechnet sich wie folgt:
- Gesamtausschüttung vor der Kapitalerhöhung: €1.000.000
- Annas Anteil an der Ausschüttung: 10%
- Dividendenanspruch vor der Kapitalerhöhung: \[0.10 \times €1.000.000 = €100.000\]
- Dividendenanspruch nach der Kapitalerhöhung: Nach der Kapitalerhöhung plant das Unternehmen insgesamt 20% mehr Ausschüttung an seine Aktionäre vorzunehmen. Der neue Gesamtertrag zur Verteilung beträgt:
- Erhöhung der Ausschüttung: 20%
- Neue Gesamtausschüttung: \[€1.000.000 \times 1.20 = €1.200.000\]
Die Kapitalerhöhung sieht die Ausgabe neuer Aktien im Verhältnis 3:1 vor. Das bedeutet, dass für alle drei bestehenden Aktien eine neue Aktie ausgegeben wird. Anna kann ihr Verhältnis proportional erhöhen. Nach der vollständigen Teilnahme an der Kapitalerhöhung würde Anna weiterhin 10% der Gesamtanteile besitzen. - Nach der Kapitalerhöhung führt der unveränderte Anteil von Annas Aktien (10%) zu einem entsprechenden Anteil an der neuen Gesamtausschüttung:
- Dividendenanspruch nach der Kapitalerhöhung: \[0.10 \times €1.200.000 = €120.000\]
- Zusammenfassung: Annas Dividendenanspruch erhöht sich von €100.000 vor der Kapitalerhöhung auf €120.000 nach der Kapitalerhöhung, unter der Annahme, dass sie an der Kapitalerhöhung im gleichen Verhältnis teilnimmt.
c)
C.) Bezugsrecht: Anna möchte ihr Bezugsrecht nutzen. Erkläre, was das Bezugsrecht in diesem Fall bedeutet und welche Optionen Anna hat, wenn sie ihr Bezugsrecht vollständig ausüben möchte. Welche Auswirkungen hätte es auf ihren Anteil und ihre Stimmrechte, wenn sie die neuen Aktien nicht bezieht? Berechne den neuen Aktienanteil von Anna nach der Kapitalerhöhung, wenn sie ihr Bezugsrecht vollständig wahrnimmt.
Lösung:
- Bezugsrecht:Das Bezugsrecht gibt bestehenden Aktionären das Recht, bei einer Kapitalerhöhung neue Aktien im Verhältnis zu ihren bisherigen Anteilen zu erwerben, um ihren prozentualen Anteil an der Gesellschaft zu bewahren. In diesem Fall bedeutet ein Verhältnis von 3:1, dass Anna für jede 3 bestehende Aktien 1 neue Aktie erwerben kann.
- Optionen für Anna:Wenn Anna ihr Bezugsrecht vollständig ausüben möchte, hat sie folgende Optionen:
- Anna kann alle neuen Aktien, die ihr zustehen, erwerben. Das bedeutet, für jede 3 bestehenden Aktien würde sie 1 neue Aktie kaufen.
- Sie könnte auch ihr Bezugsrecht verkaufen, falls sie die neuen Aktien nicht selbst erwerben möchte.
- Sie könnte darauf verzichten, ihre Bezugsrechte auszuüben.
- Auswirkungen, wenn sie die neuen Aktien nicht bezieht:Wenn Anna die neuen Aktien nicht bezieht, würde ihr prozentualer Anteil an der XYZ AG verwässert werden. Ihr Stimmrecht würde entsprechend sinken, da die Gesamtzahl der Aktien steigt.
- Vor der Kapitalerhöhung: Anna besitzt 10% der Aktien. Angenommen, XYZ AG hat insgesamt \( n \) Aktien vor der Kapitalerhöhung, besitzt Anna \( 0.10n \) Aktien.
- Nach der Kapitalerhöhung (wenn sie ihr Bezugsrecht nicht ausübt): Nach der Ausgabe der neuen Aktien wird die Gesamtzahl der Aktien \( n + \frac{n}{3} = \frac{4n}{3} \) betragen. Anna hätte immer noch \( 0.10n \) Aktien. Ihr neuer Anteilsprozentsatz würde dann sein:
\[ \text{Neuer Aktienanteil} = \frac{0.10n}{\frac{4n}{3}} = \frac{0.10 \times 3}{4} = \frac{0.30}{4} = 7.5\% \]
- Berechnung des neuen Aktienanteils, wenn sie ihr Bezugsrecht vollständig wahrnimmt: Wenn Anna ihr Bezugsrecht vollständig ausübt, wird sie für jede ihrer bestehenden 3 Aktien 1 neue Aktie erwerben können. Da sie 10% der Aktien besitzt, kann sie ihren Anteil proportional erhöhen. Nach vollständiger Nutzung des Bezugsrechts:
- Anzahl der bestehenden Aktien von Anna: \( 0.10n \)
- Anzahl neuer Aktien, die Anna erwerben kann: \( \frac{0.10n}{3} \times 1 = 0.0333n \)
- Gesamtzahl der Aktien, die Anna nach der Erhöhung besitzen wird:
\[ \text{Gesamtzahl der Aktien von Anna} = 0.10n + \frac{0.10n}{3} = 0.10n + 0.0333n = 0.1333n \]
Annas Anteil an der neuen Gesamtzahl der Aktien (\( \frac{4n}{3} \)):
\[ \text{Neuer Aktienanteil} = \frac{0.1333n}{\frac{4n}{3}} = \frac{0.1333 \times 3}{4} = 0.10 = 10\% \]
- Zusammenfassung: Wenn Anna ihr Bezugsrecht vollständig ausübt, bleibt ihr prozentualer Anteil und damit ihr Stimmrecht bei 10% der gesamten Anzahl der Aktien. Wenn sie es nicht tut, würde ihr Anteil und ihr Stimmrecht auf 7.5% sinken.
Aufgabe 3)
Die Verbraucher AG, eine große deutsche Einzelhandelskette, plant ihre Expansionsstrategie in der Europäischen Union zu erweitern. Bisher operierte das Unternehmen nur in Deutschland und in direkter Konkurrenz zu einem anderen deutschen Unternehmen, der Markt AG. Nun überlegt die Verbraucher AG, sich zur SE (Societas Europaea) umzuwandeln, was eine grenzüberschreitende Tätigkeit zu erleichtern scheint. Parallel dazu erwägt ein Teil des Managements, eine KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) zu gründen, um flexibler im internationalen Markt agieren zu können und eventuell die Haftung besser zu strukturieren. Denke daran, dass die Verbraucher AG eine stark zentrale Geschäftsführung pflegt und stets großen Wert auf Kontrolle und Entscheidungsgewalt legt.
a)
Erörtere, welche grundlegenden Änderungen in der Geschäftsführung und Kontrolle eintreten würden, wenn die Entscheidung zugunsten der Umwandlung in eine SE fällt. Berücksichtige dabei die dualistischen und monistischen Leitungssysteme und erkläre, welches besser zur Struktur der Verbraucher AG passen könnte.
Lösung:
- Duale und monistische Leitungssysteme:
- Das duale Leitungssystem besteht aus einem Vorstand und einem Aufsichtsrat. Der Vorstand führt die Geschäfte und wird vom Aufsichtsrat kontrolliert.
- Das monistische Leitungssystem hat nur ein leitendes Gremium (z.B. den Verwaltungsrat), welches sowohl die Geschäftsführungs- als auch die Überwachungsaufgaben übernimmt.
- Änderungen bei der Umwandlung zur SE:
- Die SE bietet die Flexibilität, zwischen einem dualistischen und monistischen Leitungssystem zu wählen.
- Duales System: Falls die Verbraucher AG das duale System wählt, würde dies der aktuellen Struktur ähneln, jedoch mit möglichen Anpassungen im internationalen Kontext. Der Vorstand würde weiterhin die Geschäfte führen, während der Aufsichtsrat die Kontrolle ausübt.
- Monistisches System: Bei Wahl des monistischen Systems würde ein Verwaltungsrat sowohl die Geschäftsführungs- als auch die Überwachungsaufgaben übernehmen. Dies könnte zu einer Verschmelzung von Entscheidungsprozessen führen.
- Geeignetheit für die Verbraucher AG:
- Angesichts der stark zentralisierten Geschäftsführung und des Wunsches nach Kontrolle könnte das duale System besser zur Verbraucher AG passen.
- Es erlaubt eine klare Trennung zwischen Geschäftsführung und Überwachung, was die Kontrollmechanismen stärkt.
- Das monistische System könnte die Entscheidungsprozesse flexibler gestalten, aber möglicherweise die strenge Kontrolle erschweren, was im Widerspruch zu den bisherigen Praktiken der Verbraucher AG stehen könnte.
b)
Berechne die wirtschaftlichen Auswirkungen der Haftungsbeschränkung, wenn die Verbraucher AG als KGaA umstrukturiert wird. Angenommen, der Komplementär haftet mit einem Kapital von 1 Million Euro und die Kommanditaktionäre bringen Einlagen im Wert von 10 Millionen Euro ein. Wie würde sich dies auf die Haftungsverteilung auswirken im Vergleich zur jetzigen Haftungssituation der GmbH?
Lösung:
- Grundlagen der Haftungsstruktur:
- In der GmbH haftet das Unternehmen mit seinem gesamten Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter haften jedoch nur in Höhe ihrer Stammeinlagen und nicht mit ihrem Privatvermögen.
- Bei einer KGaA gibt es zwei Arten von Gesellschaftern:
- Der Komplementär haftet persönlich und unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen.
- Die Kommanditaktionäre haften nur in Höhe ihrer Einlagen.
- Annahmen:
- Der Komplementär hat ein Kapital von 1 Million Euro.
- Die Kommanditaktionäre bringen Einlagen im Wert von 10 Millionen Euro ein.
- Haftungsverteilung in der KGaA:
- Gesamtvermögen der KGaA beträgt 11 Millionen Euro (1 Million Euro vom Komplementär und 10 Millionen Euro von den Kommanditaktionären).
- Der Komplementär haftet persönlich und unbeschränkt. Für die Berechnungen nehmen wir an, dass seine persönliche Haftung theoretisch unbegrenzt ist, obwohl sein Kapital 1 Million Euro beträgt.
- Die Kommanditaktionäre haften nur bis zu 10 Millionen Euro.
- Vergleich der Haftung:
- In der aktuellen GmbH-Struktur:
- Die Verbraucher AG haftet mit dem gesamten Gesellschaftsvermögen, sagen wir ebenfalls theoretisch 11 Millionen Euro, hier allerdings ohne persönliche Haftung eines Gesellschafters.
- Die Haftung der Gesellschafter ist auf ihre Einlagen beschränkt.
- In der KGaA-Struktur:
- Der Komplementär trägt das Risiko einer unbegrenzten persönlichen Haftung, aber hat nur 1 Million Euro an Kapital eingebracht.
- Die Kommanditaktionäre sind auf ihre Einlagen von 10 Millionen Euro beschränkt.
- Wirtschaftliche Auswirkungen:
- Komplementär: Eine potenziell höhere Haftung, die über das eingebrachte Kapital hinausgeht, erhöht sein persönliches Risiko.
- Kommanditaktionäre: Eine verringerte Haftung im Vergleich zur GmbH, da sie nur bis zu ihren Einlagen haften.
- Gesamtbetrachtung: Die Haftung und das Risiko des Komplementärs steigen stark an, während die Kommanditaktionäre eine geringere Haftung wahrnehmen, was möglicherweise ihre Investitionsbereitschaft erhöht.
Aufgabe 4)
Die XY AG hat vor Kurzem ihren Vorstand umstrukturiert. Dabei wurde Herr Schmidt als neuer Vorsitzender des Vorstands vom Aufsichtsrat bestellt. Die Bestellung erfolgte für eine Dauer von fünf Jahren. Im Zuge der Umstrukturierung wurde festgestellt, dass Herr Müller, ein weiteres Vorstandsmitglied, in den letzten Monaten ohne Zustimmung des Aufsichtsrats Geschäfte in eigenem Namen betrieben hat, die mit dem Geschäftszweck der XY AG konkurrieren. Des Weiteren fiel auf, dass die innerbetrieblichen Berichte, die an den Aufsichtsrat ergehen, häufig unvollständig oder verspätet sind, was teilweise negative Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats hatte.
a)
Prüfe, ob Herr Müller gegen das Verbot der Wettbewerbstätigkeit nach § 88 AktG verstoßen hat und welche möglichen Rechtsfolgen sich daraus ergeben.
Lösung:
Analyse des Falls Herr Müller und das Verbot der Wettbewerbstätigkeit nach § 88 AktG
- 1. Untersuchung des Verstoßes:Gemäß § 88 AktG ist es einem Vorstandsmitglied verboten, ohne Erlaubnis des Aufsichtsrats für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu betreiben, die in den Geschäftszweig der Gesellschaft fallen.
- Herr Müller ist ein Vorstandsmitglied der XY AG.
- Herr Müller hat laut Text Geschäfte in eigenem Namen betrieben.
- Diese Geschäfte stehen in Konkurrenz zum Geschäftszweck der XY AG.
- Es wird angegeben, dass diese Tätigkeit ohne Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgt ist.
- 2. Bewertung des Verstoßes:Wenn die oben genannten Punkte zutreffen, hat Herr Müller in der Tat gegen das in § 88 AktG geregelte Wettbewerbsverbot verstoßen.
- 3. Mögliche Rechtsfolgen:
- a. Schadensersatz: Herr Müller könnte verpflichtet sein, der Gesellschaft den durch seine unerlaubten Geschäfte entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 93 Abs. 2 AktG).
- b. Herausgabe des Gewinns oder der Geschäfte: Die Gesellschaft kann verlangen, dass Herr Müller die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für die Rechnung der Gesellschaft vorgenommen behandelt oder den daraus erzielten Gewinn an die Gesellschaft herausgibt (§ 88 Abs. 2 AktG).
- c. Abberufung: Der Aufsichtsrat könnte erwägen, Herrn Müller wegen seines Verstoßes aus dem Vorstand abzuberufen (§ 84 Abs. 3 AktG).
- d. Kündigung des Dienstvertrags: Zudem könnte die Gesellschaft ggf. den Dienstvertrag von Herrn Müller kündigen, da sein Verhalten einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB darstellen könnte.
b)
Erörtere, ob und unter welchen Voraussetzungen Herr Schmidt und die anderen Vorstandsmitglieder bei Pflichtverletzungen bezüglich der Berichterstattung an den Aufsichtsrat nach § 93 AktG persönlich haftbar gemacht werden können.
Lösung:
Analyse der Haftung von Vorstandsmitgliedern nach § 93 AktG bei Pflichtverletzungen bezüglich der Berichterstattung
- 1. Überblick über § 93 AktG:Gemäß § 93 Abs. 1 AktG müssen Vorstandsmitglieder bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwenden. Verletzen sie diese Pflicht, haften sie der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.
- 2. Pflichten der Berichterstattung:Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, den Aufsichtsrat regelmäßig, umfassend und unverzüglich über alle für die Gesellschaft wesentlichen Angelegenheiten zu informieren (§ 90 AktG). Unvollständige oder verspätete Berichte können die Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats beeinträchtigen und stellen somit eine Pflichtverletzung dar.
- Im gegebenen Kontext wurde festgestellt, dass Berichte häufig unvollständig oder verspätet waren. Dies stellt potenziell eine Verletzung der Berichtspflicht dar.
- 3. Persönliche Haftung nach § 93 AktG:
- a. Sorgfaltspflichtverletzung: Es muss nachgewiesen werden, dass Herr Schmidt und andere Vorstandsmitglieder ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Dies könnte darin bestehen, dass sie die Berichterstattungspflichten nach § 90 AktG nicht erfüllt haben.
- b. Verschulden: Die Pflichtverletzung muss schuldhaft sein, d.h., zumindest fahrlässig geschehen. Ein fahrlässiges Verhalten liegt vor, wenn die Vorstandsmitglieder die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben.
- c. Schaden für die Gesellschaft: Es muss ein konkreter Schaden entstanden sein, der durch die Pflichtverletzung verursacht wurde. Dies könnte z.B. in falschen Entscheidungen des Aufsichtsrats begründet liegen, die aus unzureichender Information resultierten.
- d. Kausalität: Es muss ein Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden bestehen.
- 4. Mögliche Rechtsfolgen:
- a. Schadensersatz: Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, können Herr Schmidt und andere Vorstandsmitglieder persönlich haftbar gemacht werden und der Gesellschaft Schadensersatz leisten müssen.
- b. Entlastung durch Business Judgment Rule: Die Business Judgment Rule (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) könnte unter Umständen eine Haftungsentlastung bieten, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Entscheidung im besten Interesse der Gesellschaft und auf Grundlage angemessener Information getroffen wurde. Diese Regel findet jedoch nur bei unternehmerischen Entscheidungen Anwendung und weniger bei Berichterstattungspflichten.