Einführung in die CISG - Exam
Aufgabe 1)
Kontext: Du bist ein junger Anwalt und musst deinen Mandanten, ein mittelständisches Unternehmen, über die Nutzung des CISG in ihren internationalen Kaufverträgen beraten. Dein Mandant möchte eine Reihe von spezifischen Fragen zur Anwendung des CISG beantwortet haben, um besser nachvollziehen zu können, wie es sich auf seine Geschäftsprozesse auswirkt.
a)
Erläutere die grundlegenden Voraussetzungen dafür, dass das CISG auf einen internationalen Kaufvertrag anwendbar ist. Gehe in deiner Antwort auf Art. 1 CISG sowie auf die Notwendigkeit der grenzüberschreitenden Natur des Geschäfts und die Vertragsstaateneigenschaft der beteiligten Staaten ein.
Lösung:
Grundlegende Voraussetzungen für die Anwendung des CISG
- Grenzüberschreitende Natur des Geschäfts: Das CISG (UN-Kaufrecht) ist auf internationale Kaufverträge über bewegliche Sachen anwendbar. Dies bedeutet, dass die Parteien in verschiedenen Staaten ansässig sein müssen. Der Vertrag muss also grenzüberschreitend sein.
- Vertragsstaateneigenschaft: Gemäß Art. 1 CISG ist das Übereinkommen anwendbar, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, und zwar unter der Bedingung, dass diese Staaten Vertragsstaaten des CISG sind. Auch wenn die Staaten nicht Vertragsstaaten sind, kann das CISG gelten, falls das Internationale Privatrecht auf das Recht eines Vertragsstaates verweist.
- Gegenstand des Kaufvertrags: Das CISG gilt für den Kauf und Verkauf von beweglichen Sachen (Waren). Es ist jedoch nicht auf alle kaufvertraglichen Waren anwendbar. Ausgenommen sind beispielsweise Käufe für den persönlichen Gebrauch, Auktionen, und besondere Vertragsarten wie Dienstleistungsverträge.
Zusammengefasst muss der Vertrag grenzüberschreitend sein, die beteiligten Staaten (oder einer von ihnen) müssen Vertragsstaaten des CISG sein, und der Vertrag muss den Kauf von beweglichen Sachen betreffen, um unter das CISG zu fallen.
b)
Dein Mandant hat von einem Vertragsabschluss mit einem Unternehmen in Australien gehört, fragt sich jedoch, ob das CISG auf diesen Vertrag anwendbar sein könnte. Analysiere die Situation und entscheide, ob das Übereinkommen greift. Berücksichtige in deiner Antwort, welche Bedeutung die Mitgliedschaft eines Staates in der UNCITRAL für die Anwendung des CISG hat.
Lösung:
Anwendbarkeit des CISG auf einen Vertrag mit einem australischen Unternehmen
Um die Anwendbarkeit des CISG (UN-Kaufrecht) auf den Vertrag mit einem Unternehmen in Australien zu klären, müssen wir mehrere Aspekte berücksichtigen:
- Grenzüberschreitende Natur des Geschäfts: Da der Vertrag zwischen zwei Unternehmen in verschiedenen Staaten (dein Mandant in Deutschland und das Unternehmen in Australien) geschlossen wird, handelt es sich um ein grenzüberschreitendes Geschäft.
- Vertragsstaateneigenschaft: Sowohl Deutschland als auch Australien sind Vertragsstaaten des CISG. Deutschland hat das CISG 1991 und Australien 1989 ratifiziert. Damit ist das CISG grundsätzlich auf Verträge zwischen Parteien in diesen Staaten anwendbar.
- Gegenstand des Kaufvertrags: Der Vertrag muss den Kauf und Verkauf von beweglichen Sachen betreffen. Dienstleistungen oder Immobilienkäufe fallen nicht unter das CISG.
Bezüglich der Mitgliedschaft in der UNCITRAL (United Nations Commission on International Trade Law): Diese hat zwar das CISG ausgearbeitet, aber die Mitgliedschaft eines Staates in der UNCITRAL ist für dessen Anwendbarkeit auf einen konkreten Vertrag irrelevant. Entscheidend ist, ob die Staaten das CISG ratifiziert haben.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das CISG auf den Vertrag mit dem australischen Unternehmen anwendbar ist, da beide Staaten Vertragsstaaten des CISG sind und der Vertrag grenzüberschreitenden Warenverkauf betrifft.
c)
Beschreibe die Vorteile, die sich aus der Anwendung des CISG für dein Unternehmen ergeben können. Gehe hierbei insbesondere auf die Harmonisierung und Vereinheitlichung des Rechts, die Reduzierung von Rechtsunsicherheiten und Rechtskosten sowie die Bedeutung und Akzeptanz des CISG im internationalen Handel ein.
Lösung:
Vorteile der Anwendung des CISG für Dein Unternehmen
Die Anwendung des CISG (UN-Kaufrecht) kann für Dein Unternehmen verschiedene Vorteile bieten. Im Folgenden werden diese detailliert erläutert:
- Harmonisierung und Vereinheitlichung des Rechts: Das CISG stellt ein einheitliches Regelwerk für internationale Kaufverträge über bewegliche Sachen bereit. Dadurch wird die Vergleichbarkeit und Kohärenz der Rechtsanwendung in verschiedenen Vertragsstaaten gewährleistet. Dies erleichtert das Verständnis der Rechtslage und reduziert potenzielle Konflikte, die sich aus den Rechtsunterschieden der beteiligten Staaten ergeben könnten.
- Reduzierung von Rechtsunsicherheiten: Durch die Anwendung des CISG auf internationale Kaufverträge wird eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, die sowohl Dein Unternehmen als auch die Vertragspartner in anderen Ländern kennen und verstehen. Dies minimiert Unsicherheiten hinsichtlich der Rechtsvorschriften, die auf den Vertrag anwendbar sind.
- Reduzierung von Rechtskosten: Wenn das CISG angewendet wird, entfallen häufig aufwendige und kostspielige Rechtsanalysen zur Bestimmung des anwendbaren nationalen Rechts und der möglichen Rechtsrisiken. Dadurch können auch die Kosten für juristische Beratung und Streitbeilegung gesenkt werden.
- Bedeutung und Akzeptanz im internationalen Handel: Das CISG wird von vielen Ländern weltweit anerkannt und angewendet, darunter auch wichtige Handelspartner wie die USA, China und Europa. Die weite Verbreitung und Akzeptanz des CISG erleichtert es Deinem Unternehmen, Verträge mit ausländischen Partnern zu schließen, da diese ebenfalls vertraut mit den Regelungen des CISG sind und dessen Anwendung als Standard im internationalen Handel akzeptieren.
Zusammengefasst kann die Anwendung des CISG für Dein Unternehmen erhebliche Vorteile bringen, insbesondere durch die Harmonisierung und Vereinheitlichung des Rechts, die Reduzierung von Rechtsunsicherheiten und Kosten sowie die hohe Akzeptanz des CISG im internationalen Handel.
Aufgabe 2)
Die Firma A aus Deutschland und die Firma B aus den USA schließen einen Kaufvertrag über 1000 Computer im Wert von 500.000 Euro. Beide Länder sind Vertragsstaaten des CISG. Einige Zeit nach der Lieferung der Computer stellt A fest, dass 200 der gelieferten Computer nicht den vereinbarten Spezifikationen entsprechen. A möchte die Mängelrüge erheben und ihren Anspruch gemäß dem CISG geltend machen.
a)
Erläutere, unter welchen Voraussetzungen das CISG auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Nenne die entsprechenden Artikel des CISG und prüfe, ob die Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
Lösung:
Um zu ermitteln, ob das CISG (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf) auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Die relevanten Artikel des CISG, die diese Voraussetzungen regeln, sind insbesondere Artikel 1 und Artikel 2.
- Internationalität: Nach Artikel 1 Absatz 1 CISG gilt das Übereinkommen für Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten haben. In diesem Fall hat Firma A ihre Niederlassung in Deutschland und Firma B in den USA – beide sind Vertragsstaaten des CISG.
- Warenverkauf: Das CISG regelt nach Artikel 1 Absatz 1 Kaufverträge über bewegliche Sachen. Die 1000 Computer, die verkauft wurden, sind als bewegliche Sachen anzusehen.
- Persönlicher Anwendungsbereich: Nach Artikel 2 CISG ist das Übereinkommen nicht auf Käufe für den persönlichen Gebrauch, Verkäufe auf Auktionen, durch Vollstreckung, Wertpapiere, Schiffe, Flugzeuge oder Elektrizität anwendbar. Diese Ausschlüsse treffen auf die vorliegende Situation nicht zu.
Zusammengenommen zeigen alle diese Punkte, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des CISG erfüllt sind.
b)
Diskutiere, ob A die Mängelrüge gemäß den Vorgaben des CISG geltend machen kann. Berücksichtige dabei insbesondere Art. 39 CISG und gehe auf die relevanten Fristen sowie auf die Pflichten des Käufers ein.
Lösung:
Um zu beurteilen, ob A die Mängelrüge gemäß den Vorgaben des CISG geltend machen kann, müssen wir Art. 39 CISG und die entsprechenden Pflichten des Käufers näher betrachten.
Art. 39 CISG regelt die Pflicht des Käufers, dem Verkäufer Mängel an den gelieferten Waren anzuzeigen und setzt dafür bestimmte Fristen:
- Untersuchungspflicht: Gemäß Art. 38 CISG ist der Käufer verpflichtet, die Ware innerhalb einer möglichst kurzen Frist nach Lieferung zu prüfen oder prüfen zu lassen. Wie kurz diese Frist ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab.
- Mängelanzeige: Nach Art. 39 Absatz 1 CISG muss der Käufer den Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem er den Mangel festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, über den Mangel informieren. Diese Frist darf zwei Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem die Ware tatsächlich dem Käufer übergeben wurde, nicht überschreiten, sofern keine längere Garantiefrist vereinbart wurde (Art. 39 Absatz 2 CISG).
- Inhalt der Mängelanzeige: Die Mängelanzeige muss den Mangel spezifizieren, damit der Verkäufer den Mangel erkennen und beheben kann. Eine allgemeine Beschwerde genügt nicht.
Im vorliegenden Fall hat A festgestellt, dass 200 der gelieferten Computer nicht den vereinbarten Spezifikationen entsprechen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Vorgaben muss A prüfen:
- Ob die Ware innerhalb einer möglichst kurzen Frist nach Erhalt untersucht wurde (gemäß Art. 38 CISG).
- Ob A den Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist über die Mängel informiert hat, nachdem die Mängel festgestellt wurden oder hätten festgestellt werden müssen (gemäß Art. 39 Absatz 1 CISG).
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann A die Mängelrüge gemäß den Vorgaben des CISG geltend machen. Sollte eine dieser Bedingungen nicht erfüllt sein, riskiert A, seine Ansprüche aus dem Mangel zu verlieren.
Aufgabe 3)
Nehmen wir an, dass die Unternehmen A aus Deutschland und B aus Frankreich einen internationalen Warenkaufvertrag über die Lieferung von Maschinen geschlossen haben. Beide Länder sind Vertragsstaaten des CISG. Aufgrund einer Streitigkeit über die Vertragsdurchführung erhebt A Klage gegen B und fordert Schadensersatz. Dabei stellt sich die Frage, ob der CISG oder das jeweilige nationale Kaufrecht zur Anwendung kommt.
a)
Prüfe, ob das CISG gemäß Art. 1(1) im vorliegenden Fall anwendbar ist. Gehe dabei insbesondere auf die Voraussetzungen ein, unter denen der CISG Anwendung findet.
Lösung:
Prüfe, ob das CISG gemäß Art. 1(1) im vorliegenden Fall anwendbar ist:
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) regelt internationale Warenkaufverträge. Gemäß Artikel 1(1) CISG findet das Übereinkommen Anwendung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Internationale Natur des Vertrags: Der Vertrag muss zwischen Parteien aus verschiedenen Vertragsstaaten geschlossen worden sein. In diesem Fall handelt es sich um Unternehmen A aus Deutschland und Unternehmen B aus Frankreich. Beide Länder sind Vertragsstaaten des CISG. Daher ist diese Voraussetzung erfüllt.
- Gewerblicher Kaufvertrag: Das CISG gilt nur für Verträge über den Verkauf von Waren zwischen Unternehmen, d.h. es handelt sich um einen gewerblichen Kaufvertrag und nicht um einen Verbrauchsgüterkauf. Da es sich hierbei um einen Vertrag über die Lieferung von Maschinen handelt, die vermutlich für einen gewerblichen Zweck vorgesehen sind, ist auch diese Voraussetzung erfüllt.
- Kein Ausschluss des CISG: Die Parteien dürfen das CISG nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben. Es wird vorausgesetzt, dass im vorliegenden Fall keine Abmachung zwischen den Parteien getroffen wurde, die das CISG ausschließt. Daher ist auch diese Voraussetzung erfüllt.
Da alle genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist das CISG gemäß Art. 1(1) im vorliegenden Fall anwendbar.
b)
Angenommen, die Parteien hätten in ihrem Vertrag ausdrücklich die Anwendung des deutschen Kaufrechts vereinbart. Erkläre, wie sich diese Vereinbarung auf die Anwendbarkeit des CISG gemäß Art. 6 auswirken würde.
Lösung:
Prüfe die Auswirkungen der Vereinbarung der Parteien, deutsches Kaufrecht anzuwenden, gemäß Art. 6 CISG:
Gemäß Art. 6 CISG haben die Parteien eines Vertrags die Möglichkeit, das Übereinkommen ganz oder teilweise auszuschließen. Das bedeutet, dass sie sich ausdrücklich auf die Anwendung eines anderen nationalen Rechts einigen können. In Deinem Fall haben Unternehmen A und Unternehmen B ausdrücklich die Anwendung des deutschen Kaufrechts vereinbart.
Folgende Punkte sind dabei wichtig zu berücksichtigen:
- Vorrang der Parteivereinbarung: Art. 6 CISG erlaubt den Parteien, das CISG abzuwählen und statt dessen anderes Recht zu wählen. In diesem Fall haben die Parteien sich entschieden, das deutsche Kaufrecht anzuwenden. Diese Vereinbarung hat Vorrang, da das CISG nur subsidiär zur Anwendung kommt.
- Gesamtausschluss oder Teilweiser Ausschluss: Die Parteien können das CISG vollständig oder nur teilweise ausschließen. Die Vereinbarung, deutsches Kaufrecht anzuwenden, deutet darauf hin, dass das CISG vollständig ausgeschlossen wird.
- Formulierung der Klausel: Es ist wichtig, dass die Vereinbarung klar formuliert ist, um Missverständnisse zu vermeiden. Angenommen, die Parteien hätten klar und eindeutig vereinbart, dass deutsches Kaufrecht gelten soll, so wird das CISG vollständig ausgeschlossen und das deutsche Kaufrecht findet Anwendung.
Da die Parteien also ausdrücklich die Anwendung des deutschen Kaufrechts vereinbart haben, wird das CISG gemäß Art. 6 ausgeschlossen und das deutsche nationale Kaufrecht findet Anwendung.
c)
Diskutiere die Rolle des nationalen Rechts im Zusammenhang mit dem CISG. Gehe dabei insbesondere auf die Bestimmungen des Art. 7(2) ein und erläutere, welche Themen vom CISG nicht geregelt werden und daher durch nationales Recht ergänzt werden müssen.
Lösung:
Diskussion der Rolle des nationalen Rechts im Zusammenhang mit dem CISG, insbesondere gemäß Art. 7(2):
Das CISG soll international einheitliche Regeln für den Warenkauf bereitstellen, regelt jedoch nicht alle möglichen Aspekte eines Kaufvertrags umfassend. Art. 7(2) CISG spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Ergänzung des CISG durch nationales Recht geht.
Gemäß Art. 7(2) CISG:
- „Fragen, die in diesem Übereinkommen geregelt werden, aber in beiden Konventionen direkt oder indirekt festgelegt sind, sind, soweit möglich, aufgrund der allgemeinen Grundsätze, auf denen das Übereinkommen beruht, zu entscheiden.”
- „In Fragen, die in diesem Übereinkommen nicht geregelt sind und die nicht nach den in Absatz 1 genannten Grundsätzen entschieden werden können, ist in Übereinstimmung mit dem auf den Vertrag anwendbaren Recht, einschließlich des internationalen Privatrechts, zu entscheiden.”
Die praktische Bedeutung von Art. 7(2) CISG ist die folgenden:
- Leitende Grundsätze: Zunächst sind die allgemeinen Grundsätze des CISG zu konsultieren, bevor nationales Recht hinzugezogen wird. Beispiele für solche Grundsätze sind Treu und Glauben oder die Förderung internationaler Harmonie.
- Ergänzung durch nationales Recht: Wenn keine allgemeinen Grundsätze angewendet werden können und das CISG eine spezifische Frage nicht regelt, muss das nationale Recht herangezogen werden. Dieses nationale Recht wird durch die Regeln des Kollisionsrechts bestimmt, insbesondere durch das Internationale Privatrecht.
Es gibt einige spezifische Bereiche, die typischerweise vom CISG nicht geregelt werden und daher durch nationales Recht ergänzt werden müssen:
- Gültigkeit des Vertrags: Fragen, die die Gültigkeit des Vertrags betreffen, wie Täuschung, Betrug oder Unmöglichkeit, werden durch nationales Recht geregelt.
- Eigentumsübergang: Das CISG regelt nicht den Übergang des Eigentums an den Waren, dies richtet sich nach nationalem Recht.
- Verjährungsfristen: Die Verjährungsfristen für Ansprüche im Rahmen des CISG sind ebenfalls nicht durch das CISG, sondern durch nationales Recht geregelt.
- Vertragsstrafe und Zinsen: Bestimmungen über Vertragsstrafen oder die Höhe von Verzugszinsen sind oft ebenfalls nicht im CISG enthalten und erfordern nationale Rechtsregelungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das CISG eine wichtige Rolle für die Vereinheitlichung internationaler Kaufverträge spielt, aber durch nationales Recht ergänzt werden muss, wenn das CISG keine spezifischen Regelungen zur Verfügung stellt oder die allgemeinen Grundsätze des CISG nicht anwendbar sind.
d)
Berechne die mögliche Schadensersatzhöhe, wenn A nachweist, dass ihm durch die Vertragsverletzung ein Schaden in Höhe von 50.000 EUR entstanden ist und dass dies einem entgangenen Gewinn von 10% entspricht. Gehe dabei auf die Schadensersatzregelungen im CISG und deren Anwendung auf den konkreten Fall ein. Berücksichtige auch, ob und wie das nationale Recht Anwendung finden könnte, wenn das CISG keine ausreichenden Regelungen beinhaltet.
Lösung:
Berechnung der möglichen Schadensersatzhöhe und Diskussion der Schadensersatzregelungen im CISG:
Das CISG enthält spezifische Bestimmungen zur Schadensersatzregelung. Laut Artikel 74 CISG bestimmt sich der Schadensersatz wie folgt:
„Der Schaden, der sich aus einem Verzug oder einer sonstigen Vertragsverletzung ergibt, ist in Höhe des Verlusts, einschließlich des entgangenen Gewinns, zu ersetzen, den die Partei erlitten hat, die die Vertragsverletzung nicht zu vertreten hat. Dieser Schaden darf jedoch den Verlust nicht übersteigen, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsschluss unter Berücksichtigung der ihr damals bekannten oder für sie erkennbaren Umstände als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder hätte voraussehen müssen.”
Im vorliegenden Fall hat A einen Schaden in Höhe von 50.000 EUR erlitten, was einem entgangenen Gewinn von 10% entspricht. Wir müssen also die Höhe des Schadensersatzes anhand der Bestimmungen des CISG berechnen.
Schrittweise Berechnung:
- Ermittlung des Gesamtschadens: Der Schaden von 50.000 EUR, den A durch die Vertragsverletzung erlitten hat, muss durch B ersetzt werden. Da dieser Schaden dem entgangenen Gewinn entspricht, ist der gesamte Schadensbetrag daher 50.000 EUR.
- Art. 74 CISG: Laut dieser Regelung umfasst der Schadensersatz auch den entgangenen Gewinn, der im vorliegenden Fall bereits in die Schadenshöhe von 50.000 EUR eingerechnet wurde.
- Vorausgesehen oder vorhersehbar: B hatte bei Vertragsschluss die Möglichkeit, den Schaden als vorhersehbare Folge einer möglichen Vertragsverletzung vorauszusehen.
Daher ergibt sich die Schadensersatzhöhe von:
50.000 EUR
Berücksichtigung des nationalen Rechts:
- Ergänzung durch nationales Recht: Wenn das CISG keine ausreichenden Regelungen beinhaltet oder spezifische Aspekte nicht regelt, wird gemäß Art. 7(2) CISG auf das nationale Recht zurückgegriffen.
- Gültigkeit der Schadenshöhe: Da Art. 74 CISG eine klare Regelung zur Schadensersatzhöhe beinhaltet, ist im vorliegenden Fall eine ergänzende Regelung durch nationales Recht nicht notwendig.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Schadensersatzhöhe gemäß den Bestimmungen des CISG auf 50.000 EUR festgelegt wird und das nationale Recht in diesem konkreten Fall keine zusätzliche Rolle spielt, da das CISG ausreichende Regelungen zur Berechnung des Schadensersatzes bietet.
Aufgabe 4)
Die 'LuxImport GmbH' aus Deutschland möchte einen Kaufvertrag mit der 'LightExport Inc.' aus den USA über die Lieferung von 500 LED-Lampen abschließen. Die LuxImport GmbH sendet ein Angebot an die LightExport Inc. mit detaillierten Spezifikationen der Lampen, einem Preisangebot von 15.000 Euro, und einer Absichtserklärung, an das Angebot bis zum 15. Oktober gebunden zu sein. Am 18. Oktober erhält die LuxImport GmbH eine Annahmeerklärung von der LightExport Inc., in der sie die Lieferung der Lampen zu denselben Bedingungen akzeptiert. Der Vertrag unterliegt dem CISG.
- Am 12. Oktober hat die LuxImport GmbH ein lukrativeres Angebot eines anderen Lieferanten erhalten und das ursprüngliche Angebot an die LightExport Inc. schriftlich widerrufen.
- Die Parteien haben nicht ausdrücklich die Gültigkeit des CISG ausgeschlossen und sind beide in Vertragsstaaten ansässig.
- Die LightExport Inc. behauptet, dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen sei.
a)
Prüfe, ob ein wirksames Vertragsangebot nach Art. 14 CISG vorliegt. Beurteile dabei die Bestimmtheit des Angebots und den Bindungswillen der LuxImport GmbH.
Lösung:
Um zu prüfen, ob ein wirksames Vertragsangebot nach Art. 14 CISG vorliegt, müssen wir die Bestimmtheit des Angebots und den Bindungswillen der LuxImport GmbH analysieren. Dafür sind folgende Kriterien entscheidend:
- Bestimmtheit des Angebots: Nach Art. 14 Abs. 1 CISG muss ein Angebot hinreichend bestimmt sein. Dies bedeutet, dass es eine genaue Beschreibung der Waren, die Menge und den Preis umfassen muss:
- In diesem Fall hat die LuxImport GmbH Spezifikationen zu den LED-Lampen angegeben.
- Es wurde auch die Menge von 500 Lampen sowie ein Preis von 15.000 Euro festgelegt.
- Somit erfüllt das Angebot die Bedingungen für die Bestimmtheit.
- Bindungswille: Ferner fordert Art. 14 Abs. 1 CISG, dass der Antragende seinen Willen zum Ausdruck bringt, im Falle der Annahme gebunden zu sein. Der Bindungswille muss eindeutig und unmissverständlich sein:
- Die LuxImport GmbH hat in ihrem Angebot ausdrücklich angegeben, dass sie bis zum 15. Oktober gebunden sein will.
- Dies zeigt einen klaren Bindungswillen seitens der LuxImport GmbH.
Zusammengefasst: Da das Angebot der LuxImport GmbH die erforderlichen Details und einen klaren Bindungswille enthält, kann es als wirksames Vertragsangebot nach Art. 14 CISG angesehen werden.
b)
Analysiere die rechtliche Wirksamkeit der Annahmeerklärung der LightExport Inc. nach Art. 18 CISG, insbesondere im Hinblick auf ihre Verspätung.
Lösung:
Um die rechtliche Wirksamkeit der Annahmeerklärung der LightExport Inc. nach Art. 18 CISG zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf ihre Verspätung, müssen wir folgende Aspekte berücksichtigen:
- Allgemeine Bestimmungen zur Annahmeerklärung: Gemäß Art. 18 Abs. 1 CISG muss die Annahmeerklärung nach Maßgabe des Angebots innerhalb der gesetzten Frist erfolgen. Eine Annahme nach Ablauf der Bindungsfrist gilt grundsätzlich als neues Angebot, das vom ursprünglichen Antragenden akzeptiert werden muss.
- Verspätete Annahme als neues Angebot: Die Annahmeerklärung der LightExport Inc. erfolgte erst am 18. Oktober, also nach Ablauf der Bindungsfrist am 15. Oktober. Nach Art. 18 Abs. 2 CISG würde eine solche verspätete Annahme als neues Angebot gelten, das von der LuxImport GmbH akzeptiert werden müsste.
- Widerruf des Angebots: Darüber hinaus hat die LuxImport GmbH ihr ursprüngliches Angebot am 12. Oktober schriftlich widerrufen. Art. 15 Abs. 2 CISG erlaubt den Widerruf eines Angebots, solange die Annahmeerklärung des Empfängers noch nicht abgesendet wurde. Da die LuxImport GmbH das Angebot vor dem 15. Oktober widerrufen hat, und die Annahme erst am 18. Oktober erfolgte, wurde das Angebot rechtmäßig widerrufen.
Zusammengefasst: Die Annahmeerklärung der LightExport Inc. ist nach Ablauf der Bindungsfrist und nach dem rechtmäßigen Widerruf des Angebots durch die LuxImport GmbH erfolgt. Somit handelt es sich nicht um eine wirksame Annahme im Sinne des Art. 18 CISG, sondern möglicherweise um ein neues Angebot, das noch von der LuxImport GmbH angenommen werden müsste, um einen Vertrag zu begründen.
c)
Beurteile die Zulässigkeit und Wirksamkeit des Widerrufs des Angebots durch die LuxImport GmbH nach Art. 16 CISG, und ob der Widerruf fristgerecht erfolgt ist.
Lösung:
Um die Zulässigkeit und Wirksamkeit des Widerrufs des Angebots durch die LuxImport GmbH nach Art. 16 CISG zu beurteilen, gehen wir schrittweise vor:
- Zulässigkeit des Widerrufs: Nach Art. 16 Abs. 1 CISG kann ein Angebot bis zu dem Zeitpunkt widerrufen werden, zu dem eine Annahmeerklärung wirksam wird. Dies bedeutet, dass der Widerruf rechtzeitig erfolgen muss, bevor die Annahme das Angebot wirksam und bindend macht.
- Widerrufsfrist: Art. 16 Abs. 1 definiert die Widerrufsfrist als den Zeitraum vor dem Eingang der Annahmeerklärung. Zusätzlich, gemäß Art. 16 Abs. 2 CISG, kann ein Angebot nicht widerrufen werden, wenn:
- a) es einen Zeitraum für die Annahme festsetzt; oder
- b) der Antragende auf andere Weise angibt, dass das Angebot unwiderruflich ist.
- Im vorliegenden Fall hatte die LuxImport GmbH eine Bindungsfrist bis zum 15. Oktober gesetzt, welche eine stillschweigende Unwiderruflichkeit bis zu diesem Datum suggerieren könnte. Allerdings hat die LuxImport GmbH am 12. Oktober einen schriftlichen Widerruf des Angebots an die LightExport Inc. gesendet.
- Wirksamkeit des Widerrufs: Der Widerruf war im Sinne des Art. 15 Abs. 2 CISG zulässig, da er erfolgte, bevor die Annahmeerklärung von der LightExport Inc. am 18. Oktober einging. Artikel 15 regelt, dass der Widerruf eines Angebots wirksam ist, wenn die Widerrufserklärung der anderen Partei zugeht, bevor diese ihre Annahmeerklärung abgesendet hat.
Zusammengefasst: Der Widerruf des Angebots durch die LuxImport GmbH erfolgte vor Ablauf der gesetzten Bindungsfrist und vor dem Zeitpunkt, zu dem die Annahmeerklärung der LightExport Inc. einging. Der Widerruf ist daher nach Art. 16 CISG zulässig und wirksam.