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Europäischer und Internationaler Menschenrechtsschutz - Exam
Europäischer und Internationaler Menschenrechtsschutz - Exam Aufgabe 1) Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich im Mittelalter und sind ein reisender Gelehrter, der Wissen über Menschenrechte sucht. Sie kommen in verschiedene Gebiete, von antiken griechischen Städten bis zu mittelalterlichen britischen Königreichen. Mit dem Wissen über die Vorläufer von Menschenrechten, die Sie aus Ihrem Studium h...

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Europäischer und Internationaler Menschenrechtsschutz - Exam

Aufgabe 1)

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich im Mittelalter und sind ein reisender Gelehrter, der Wissen über Menschenrechte sucht. Sie kommen in verschiedene Gebiete, von antiken griechischen Städten bis zu mittelalterlichen britischen Königreichen. Mit dem Wissen über die Vorläufer von Menschenrechten, die Sie aus Ihrem Studium haben, analysieren Sie die unterschiedlichen Ansätze und deren Einfluss auf das Konzept der Menschenrechte.

a)

Teil 1: Sie treffen einen Stoiker in einer antiken griechischen Stadt, der Ihnen seine Philosophie der natürlichen Rechte erklärt. Diskutieren Sie, wie die stoische Vorstellung von natürlichen Rechte zur Entwicklung moderner Menschenrechte beigetragen hat. Berücksichtigen Sie dabei die Bedeutung der Vernunft und der natürlichen Gesetze im stoischen Denken.

Lösung:

Die Stoiker, eine bedeutsame Philosophen-Schule der antiken griechischen und römischen Welt, haben maßgeblich zur Entwicklung der Idee der natürlichen Rechte beigetragen, die später in den modernen Menschenrechten ihren Ausdruck fanden.

  • Vernunft und Natur Die Stoiker glaubten fest an die Bedeutung der Vernunft und dass alle Menschen durch ihre Fähigkeit zur Rationalität miteinander verbunden sind. Sie argumentierten, dass diese Vernunft jedem Menschen den Zugang zu universellen und unveränderlichen Naturgesetzen ermöglicht. Diese Gesetze, die in der Natur verankert sind, gelten für alle Menschen gleichermaßen und unabhängig von sozialen oder politischen Strukturen.
  • Universelle Rechte Die stoische Philosophie sah jede Person als Teil einer gemeinschaftlichen menschlichen Familie. Da alle Menschen rational sind, haben sie auch das Potenzial, Tugenden wie Gerechtigkeit, Weisheit und Mut zu erlangen. Die Stoiker waren der Auffassung, dass es in der Natur des Menschen liegt, ein rechtschaffenes Leben zu führen und dass universelle Rechte aus dieser Natur resultieren. Diese Vorstellung von natürlichen Rechten war ein fundamentaler Schritt hin zur Idee, dass Rechte unveräußerlich und nicht von Königen oder Staaten gewährt, sondern einfach aus der menschlichen Natur heraus erkannt werden.
  • Einfluss auf moderne Menschenrechte Die stoischen Ideen wurden durch die Jahrhunderte hinweg weitergegeben und beeinflussten später Philosophen wie John Locke und Thomas Jefferson erheblich, deren Werke wiederum einen starken Einfluss auf die Formulierung der modernen Menschenrechte - etwa in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und in der Französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte - hatten. Besonders die Idee, dass Rechte durch die Natur und Vernunft begründet sind und nicht durch menschliches Gesetz, prägt weiterhin unser Verständnis von Menschenrechten.

Somit haben die Stoiker durch ihre Betonung der Vernunft, der natürlichen Gesetze und der Universalität der menschlichen Natur zentrale Ideen formuliert, die bis heute in unserem Verständnis der Menschenrechte nachwirken.

b)

Teil 2: Einige Jahrhunderte später reisen Sie nach England und erleben die Verabschiedung der Magna Carta im Jahr 1215. Erklären Sie, wie die Magna Carta als Vorreiter der modernen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auch heute noch von Bedeutung ist. Welche spezifischen Freiheiten wurden mit der Magna Carta geschützt und wie haben diese zur Einschränkung königlicher Macht beigetragen?

Lösung:

Die Magna Carta, die 1215 von König Johann Ohneland in England unterzeichnet wurde, gilt als eines der bedeutendsten Dokumente in der Geschichte der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Ihre Bedeutung und ihren Einfluss auf moderne Rechte und Freiheiten können wir nicht hoch genug einschätzen.

  • Schutz spezifischer Freiheiten Die Magna Carta enthielt mehrere zentrale Bestimmungen, die darauf abzielen, die Rechte der Untertanen gegenüber willkürlicher königlicher Macht zu schützen. Einige der bedeutendsten Freiheiten, die sie garantierte, sind:
    • Recht auf ein faires Verfahren: Artikel 39 der Magna Carta stellte sicher, dass niemand ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren inhaftiert oder seines Eigentums beraubt werden durfte: „Kein freier Mann soll gefangen genommen oder eingesperrt werden..., außer nach dem rechtmäßigen Urteil seiner Gleichrangigen und nach dem Gesetz des Landes“ (Habeas Corpus).
    • Recht auf Zugang zur Justiz: Artikel 40 sicherte zu, dass die Justiz nicht verkauft, verweigert oder verzögert wurde: „An niemanden werden wir Recht oder Gerechtigkeit verkaufen, verweigern oder verzögern“.
    • Schutz des Eigentums: Die Magna Carta enthielt mehrere Bestimmungen, die das Eigentum der Barone und der Kirche schützten. Zum Beispiel sollten Steuern und Tributzahlungen nur mit Zustimmung der Barone erhoben werden.
  • Einschränkung der königlichen Macht Die Magna Carta war das erste Dokument, das die Macht eines englischen Monarchen durch vertragliche Verpflichtungen und rechtliche Beschränkungen einschränkte. Es sah die Bildung eines Rates der Barone vor, der die Einhaltung der Bestimmungen überwachen und zum Schutz vor königlicher Willkür beitragen sollte. Diese frühe Form der Verantwortlichkeit und Machtkontrolle legte den Grundstein für spätere Entwicklungen in Richtung konstitutioneller Monarchie und parlamentarischer Demokratie.
  • Langfristige Bedeutung und Einfluss Während viele spezifische Bestimmungen der Magna Carta im Laufe der Zeit verändert oder aufgehoben wurden, haben ihre Kernprinzipien die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte nachhaltig geprägt. Die Ideen von Fairness im Recht, Schutz der individuellen Freiheit und Einschränkung der Macht der Herrschenden, die in der Magna Carta formuliert wurden, hatten erheblichen Einfluss auf Dokumente wie die Englische Bill of Rights (1689), die US-Verfassung (1787) und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948).

Somit bleibt die Magna Carta ein herausragendes Beispiel für die historische Entwicklung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Ihre Prinzipien und ihr Vermächtnis leben in den modernen Konzepten von Recht und Freiheit weiter.

Aufgabe 2)

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde am 24. Oktober 1945 die Vereinten Nationen zur Sicherung des Friedens und zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit gegründet. Einer der bedeutendsten Schritte zur Anerkennung grundlegender Menschenrechte war die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948, welche insgesamt 30 Artikel umfasst. Diese Erklärung betont essentielle Rechte wie das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit sowie das Verbot von Sklaverei und Folter und die Meinungsfreiheit.

a)

Erläutere den historischen und politischen Kontext, der zur Gründung der Vereinten Nationen geführt hat. Welche globalen Ereignisse und Bedürfnisse haben zu dieser Entscheidung beigetragen?

Lösung:

Historischer und politischer Kontext zur Gründung der Vereinten Nationen:

Die Vereinten Nationen (UN) wurden am 24. Oktober 1945 gegründet, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Krieg, der von 1939 bis 1945 dauerte, war einer der verheerendsten Konflikte der Menschheitsgeschichte und führte zu enormem Leid, Zerstörung und Millionen von Opfern.

  • Zweiter Weltkrieg: Der unmittelbare Auslöser für die Gründung der Vereinten Nationen war der Zweite Weltkrieg. Die Welt war aus den Ruinen des Krieges hervorgegangen und die globale Gemeinschaft suchte nach Wegen, um solche Konflikte in der Zukunft zu verhindern. Insbesondere die Schrecken des Holocausts und die weit verbreitete Zerstörung durch den Krieg hatten die Notwendigkeit eines internationalen Systems zur Friedenssicherung verdeutlicht.
  • Scheitern des Völkerbundes: Vor den Vereinten Nationen gab es den Völkerbund, der nach dem Ersten Weltkrieg gegründet worden war, um internationalen Frieden und Sicherheit zu gewährleisten. Der Völkerbund erwies sich jedoch als ineffektiv und konnte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern. Dies zeigte die Notwendigkeit einer neuen, stärkeren und umfassenderen internationalen Organisation.
  • Internationale Zusammenarbeit und Frieden: Nach dem Krieg gab es ein starkes Bedürfnis nach internationaler Zusammenarbeit, um den Frieden zu sichern, wirtschaftlichen Wiederaufbau zu unterstützen und die menschliche Entwicklung zu fördern. Die globale Gemeinschaft erkannte an, dass kollektive Sicherheit und Zusammenarbeit der Schlüssel zur Vermeidung zukünftiger Kriege sind.
  • Menschrechte: Die Schrecken des Krieges hatten auch die Notwendigkeit betont, grundlegende Menschenrechte zu schützen. Dies führte zur Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948, die die Grundlage für die Förderung und den Schutz von Menschenrechten weltweit bildete.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gründung der Vereinten Nationen auf den dringenden Bedürfnissen nach Frieden, Sicherheit, internationaler Zusammenarbeit und dem Schutz der Menschenrechte beruhte. Diese Organisation sollte sicherstellen, dass die Welt nie wieder die Schrecken und Leiden eines globalen Krieges erleben würde.

b)

Bestimme und analysiere mindestens drei Schlüsselartikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Wie tragen diese Artikel zu den Zielen der Vereinten Nationen bei?

Lösung:

Analyse von Schlüsselartikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und deren Beitrag zu den Zielen der Vereinten Nationen:

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) wurde 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet und umfasst 30 Artikel, die grundlegende Menschenrechte und Freiheiten definieren. Hier sind drei Schlüsselartikel und ihre Bedeutung für die Ziele der Vereinten Nationen:

  • Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Analyse: Artikel 1 betont die grundlegende Gleichheit und Würde aller Menschen. Dies bildet die Basis für die Förderung von Toleranz, Respekt und Frieden zwischen den Völkern. Die Anerkennung der Gleichheit und Würde trägt zu den Zielen der Vereinten Nationen bei, indem sie zur Vermeidung von Diskriminierung und Konflikten beiträgt. Es fördert auch die internationale Zusammenarbeit und die Achtung der Menschenrechte weltweit.

  • Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Analyse: Artikel 3 schützt grundlegende Freiheiten und die persönliche Sicherheit jedes Einzelnen. Dieses Recht ist essenziell für die Sicherstellung eines friedlichen und stabilen sozialen Umfelds. Es unterstützt die Ziele der Vereinten Nationen, indem es die Grundlage für ein Leben in Frieden und ohne Angst vor Gewalt schafft. Dies ist essentiell für die nachhaltige Entwicklung und das Wohl aller Menschen.

  • Artikel 5: Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

Analyse: Artikel 5 verurteilt alle Formen von Folter und Misshandlung. Der Schutz vor Folter ist ein fundamentales Menschenrecht, das zur Würdigung der menschlichen Person beiträgt. Dies unterstützt die UN-Ziele, indem es der Menschenwürde höchsten Respekt zollt und sicherstellt, dass niemand in erniedrigender oder unmenschlicher Weise behandelt wird. Dies ist entscheidend für die Schaffung einer gerechten und humanen Weltordnung.

Fazit: Durch die Anerkennung und den Schutz dieser und anderer grundlegender Rechte, tragen die Artikel der AEMR entscheidend zur Förderung des Friedens, zur internationalen Zusammenarbeit und zur Sicherstellung der Menschenrechte bei. Sie bilden das Fundament für ein gerechtes, freies und friedliches globales Umfeld, das den Zielen der Vereinten Nationen entspricht.

c)

Berechne die Zeitspanne in Jahren und Tagen zwischen der Gründung der Vereinten Nationen und der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Wie wurde diese Zeit genutzt, um die Erklärung zu entwickeln?

Lösung:

Berechnung der Zeitspanne zwischen der Gründung der Vereinten Nationen und der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

Gründungsdatum der Vereinten Nationen: 24. Oktober 1945

Verabschiedungsdatum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: 10. Dezember 1948

Um die Zeitspanne zwischen diesen beiden Daten zu berechnen, müssen wir die Jahre und Tage, die zwischen ihnen liegen, herausfinden.

  • Von 24. Oktober 1945 bis 24. Oktober 1948: Dies sind genau 3 Jahre.
  • Zusätzlich vom 24. Oktober 1948 bis 10. Dezember 1948: Dies sind 46 Tage (7 Tage von Oktober + 30 Tage im November + 10 Tage im Dezember).

Gesamte Zeitspanne: 3 Jahre und 46 Tage.

Entwicklung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

  • Ausschuss für Menschenrechte: Nach der Gründung der Vereinten Nationen wurde ein Ausschuss für Menschenrechte eingerichtet, der die Aufgabe hatte, die Erklärung zu entwerfen. Dieser Ausschuss bestand aus Mitgliedern verschiedener Länder und Kulturen, um eine möglichst umfassende und universelle Erklärung zu garantieren.
  • Entwurf und Diskussionen: Während dieser Zeit wurden mehrere Entwürfe und Revisionen der Erklärung erstellt und intensiv diskutiert. Es fanden zahlreiche Sitzungen und Verhandlungen statt, um Konsens über die Formulierungen der Artikel zu erreichen.
  • Beteiligung von Experten und Beratern: Der Ausschuss arbeitete eng mit verschiedenen Rechtsexperten und Beratern zusammen, um sicherzustellen, dass die Erklärung rechtlich fundiert und praktisch umsetzbar ist.
  • Politische und kulturelle Überlegungen: Die Mitglieder des Ausschusses mussten politische und kulturelle Unterschiede berücksichtigen und versuchen, eine Erklärung zu formulieren, die für alle Mitgliedsstaaten akzeptabel war.

Zusammengefasst wurde die Zeitspanne von 3 Jahren und 46 Tagen intensiv genutzt, um die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu entwickeln. Dies umfasste die Bildung eines Ausschusses, das Erarbeiten und Diskutieren von Entwürfen, sowie die Berücksichtigung verschiedenster internationaler Perspektiven, um eine universelle und akzeptierte Erklärung zu schaffen.

d)

Diskutiere die praktischen Herausforderungen bei der Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in verschiedenen kulturellen und politischen Kontexten. Wie können die Vereinten Nationen gewährleisten, dass die Rechte in allen Mitgliedsstaaten respektiert werden?

Lösung:

Praktische Herausforderungen bei der Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) stellt eine bedeutende Errungenschaft zur Anerkennung grundlegender Menschenrechte dar. Jedoch gibt es zahlreiche Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung dieser Rechte in verschiedenen kulturellen und politischen Kontexten.

  • Kulturelle Unterschiede: Kulturelle Normen und Werte variieren stark weltweit. Was in einem Land als fundamentales Recht angesehen wird, kann in einem anderen Land auf Widerstand stoßen. Beispielsweise kann die Gleichberechtigung der Geschlechter in konservativen Gesellschaften als Fremdkonzept empfunden werden.
  • Politische Systeme: In autoritären Regimen steht oft die Macht des Staates über den individuellen Rechten. Freiheiten wie Meinungs- oder Versammlungsfreiheit werden eingeschränkt, um die Kontrolle der Regierung zu sichern. Das Fehlen politischer Willenskraft zur Umsetzung der Menschenrechte stellt eine erhebliche Hürde dar.
  • Rechtsrahmen und Durchsetzung: Nicht alle Länder verfügen über einen robusten Rechtsrahmen oder Institutionen, welche die Menschenrechte schützen und durchsetzen können. Korruption, mangelnde Rechtsstaatlichkeit und ineffiziente Justizsysteme können die Durchsetzung der AEMR erheblich behindern.
  • Wirtschaftliche Ungleichheiten: Armut und soziale Ungleichheiten können die Verwirklichung der Menschenrechte einschränken. Menschen in extremen Armutsverhältnissen haben oft keinen Zugang zu grundlegenden Rechten wie Bildung, Gesundheit und angemessenen Lebensbedingungen.

Maßnahmen der Vereinten Nationen zur Sicherstellung der Einhaltung der Rechte:

  • Internationale Überwachungsmechanismen: Die UN hat verschiedene Gremien und Mechanismen eingerichtet, um die Einhaltung der Menschenrechte zu überwachen. Dazu gehören der UN-Menschenrechtsrat und spezielle Berichterstatter, die regelmäßig die Menschenrechtssituation in den Mitgliedstaaten überprüfen.
  • Technische Unterstützung und Kapazitätsaufbau: Die UN bietet technische Hilfe und Schulungen für Länder an, um ihre Menschenrechtssysteme zu stärken. Dies umfasst die Unterstützung bei der Reform von Gesetzen, Institutionen und der Förderung der Rechtsstaatlichkeit.
  • Förderung von Bildung und Bewusstsein: Die UN setzt sich dafür ein, das Bewusstsein für Menschenrechte durch Bildung und Öffentlichkeitsarbeit zu stärken. Je mehr Menschen ihre Rechte kennen und verstehen, desto besser können sie diese einfordern.
  • Diplomatie und Dialog: Die UN fördert den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Ländern, um gemeinsame Lösungen für Menschenrechtsprobleme zu finden. Diplomatische Anstrengungen können dazu beitragen, Spannungen abzubauen und Fortschritte zu erzielen.
  • Sanktionen und Maßnahmen: In Fällen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen kann die UN Sanktionen und andere Maßnahmen verhängen, um Druck auf Regierungen auszuüben, diese zu beenden. Dies kann sowohl diplomatische als auch wirtschaftliche Maßnahmen umfassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eine komplexe Herausforderung darstellt, die kulturelle, politische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte umfasst. Die Vereinten Nationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung und Sicherstellung der Einhaltung der Menschenrechte durch Überwachungsmechanismen, Unterstützung, Bildung, Diplomatie und gezielte Maßnahmen.

Aufgabe 3)

Stellen Sie sich vor, Du bist Anwalt in einer renommierten Kanzlei und wirst von einer Einzelperson aus einem EU-Land kontaktiert, die sich durch die staatliche Rechtsprechung in ihren Menschenrechten verletzt sieht. Diese Person, Frau Müller, hat alle nationalen Instanzen durchlaufen und ist mit dem nationalen Urteil nicht einverstanden, da sie der Meinung ist, es verletzt ihre Rechte unter der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Sie möchte nun beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Individualbeschwerde gemäß Artikel 34 EMRK einreichen. Frau Müller ist besonders an den Mechanismen interessiert, die zur Durchsetzung der Urteile des EGMR führen könnten. Weiterhin möchte sie wissen, welche besonderen Maßnahmen möglich sind, um irreparable Schäden abzuwenden, und wie systemische oder kollektive Verstöße behandelt werden.

a)

1. Beratung Frau Müller hinsichtlich der Antragsberechtigung und Zulässigkeitsvoraussetzungen:

  • Erkläre Frau Müller, wer zur Einreichung einer Individualbeschwerde berechtigt ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ihre Beschwerde beim EGMR zulässig ist.
  • Besonders wichtig sind die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs und die Frist von sechs Monaten nach der letzten nationalen Entscheidung. Gehe in deiner Erklärung darauf ein und vertiefe mit passenden juristischen Beispielen.

Lösung:

Beratung Frau Müller hinsichtlich der Antragsberechtigung und Zulässigkeitsvoraussetzungen:

  • Wer ist zur Einreichung einer Individualbeschwerde berechtigt?Frau Müller, zur Einreichung einer Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) berechtigt zu sein, muss folgende Voraussetzungen vorliegen:
    • Jede natürliche Person, nichtstaatliche Organisation oder Personengruppe kann eine Individualbeschwerde einreichen, wenn sie behauptet, dass sie Opfer einer Verletzung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) anerkannten Rechte ist.
    • Zum Beispiel, wenn Frau Müllers Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 6 EMRK) verletzt worden wäre.
  • Zulässigkeitsvoraussetzungen:Damit die Beschwerde beim EGMR zulässig ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
    • Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs: Frau Müller muss alle verfügbaren innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft haben. Dies bedeutet, dass sie alle relevanten nationalen Instanzen durchlaufen haben muss, bis zur höchsten Instanz. Zum Beispiel, sollte sie bereits das höchste Gericht in ihrem Land angerufen haben, um ihr Anliegen zu klären.
    • Frist von sechs Monaten: Die Beschwerde muss innerhalb von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung eingereicht werden. Es ist wichtig, dass Frau Müller diese Frist genau einhält. Ein Beispiel hierfür: Wenn das nationale Höchstgericht am 1. Januar eine Entscheidung getroffen hat, muss die Beschwerde bis spätestens 1. Juli beim EGMR eingereicht werden.
    • Die Beschwerde darf nicht anonym sein, muss klar und präzise formuliert und alle relevanten Beweismittel beigefügt sein.
    • Zum Beispiel, die Beweise sollten relevante Gerichtsurteile und offizielle Dokumente umfassen, die den behaupteten Verstoß belegen.
  • Weitere Voraussetzungen:
    • Die Beschwerde darf nicht bereits von einer anderen internationalen Instanz untersucht oder dort anhängig sein.
    • Der behauptete Verstoß muss eine ernsthafte Rechtsverletzung darstellen und darf nicht offensichtlich unbegründet sein.

b)

2. Mechanismen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR):

  • Erkläre ausführlich den Prozess, den der EGMR durchläuft, sobald eine Individualbeschwerde eingereicht wird. Beginne mit der Bewertung der Zulässigkeit der Beschwerde und erkläre den Verlauf bis hin zur möglichen Urteilsverkündung.
  • Wie wird das Urteil durchgesetzt und welche Rolle spielt der Ministerrat des Europarats in diesem Kontext? Verwende konkrete Beispiele und Urteile zur Veranschaulichung.

Lösung:

Mechanismen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR):

  • Prozess der Individualbeschwerde beim EGMR:
  1. Einreichung der Beschwerde: Frau Müller reicht ihre Beschwerde beim EGMR in Straßburg ein. Dies kann postalisch geschehen, und die Beschwerde muss alle erforderlichen Angaben, Beweise und Unterlagen enthalten, die ihren Fall unterstützen.
  2. Vorprüfung der Zulässigkeit: Zunächst prüft ein Kammermitglied oder ein einzelner Richter, ob die Beschwerde zulässig ist. Dabei wird sichergestellt, dass die formalen Anforderungen und die in Artikel 35 EMRK genannten Zulässigkeitskriterien erfüllt sind, wie zum Beispiel die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs und die Einhaltung der sechsmonatigen Frist.
  • Beispiel: Eine Beschwerde wird als unzulässig abgewiesen, wenn Frau Müller nicht alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft hat.
  • Kommunikation an die Regierung: Wird die Beschwerde für zulässig erklärt, wird sie der betroffenen Regierung (dem beklagten Staat) mitgeteilt. Diese Regierung hat dann die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.
  • Stellungnahmen und Beweisaufnahme: Beide Parteien, Frau Müller und die Regierung, können Stellungnahmen abgeben und Beweise vorlegen. Der EGMR kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen, wenn dies zur Klärung des Sachverhalts notwendig erscheint.
    • Beispiel: In einem Fall kann die Regierung beweisen, dass sie angemessene Maßnahmen ergriffen hat, um das behauptete Recht zu schützen.
  • Entscheidung des Gerichts: Nach Anhörung der Parteien und Prüfung aller Beweise fällt der EGMR ein Urteil. Dieses Urteil enthält eine Begründung und ist für den betreffenden Staat bindend.
    • Beispiel: Im Fall Airey gegen Irland (1979) wurde Irland verpflichtet, das Recht auf Zugang zu Gerichten zu gewährleisten, indem es Prozesskostenhilfe für bedürftige Kläger einführt.
    • Durchsetzung des Urteils:
      • Der EGMR selbst hat keine Exekutivbefugnisse zur Durchsetzung seiner Urteile. Die Verantwortung liegt bei den betroffenen Staaten, die Urteile in ihrem nationalen Rechtssystem umzusetzen.
      • Der Ministerrat des Europarats überwacht die Umsetzung der Urteile. Er prüft, ob der Staat die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat, um die festgestellten Verstöße zu beheben und zukünftige Verstöße zu verhindern.
        • Beispiel: Im Fall Hirst gegen Vereinigtes Königreich (No. 2) (2005) wurde das Vereinigte Königreich aufgefordert, sein Wahlrechtssystem zu reformieren, um Gefangene nicht pauschal vom Wahlrecht auszuschließen.
        • Der Ministerrat überwacht weiterhin regelmäßig die Einhaltung und fordert die Staaten auf, Fortschrittsberichte vorzulegen.

    c)

    3. Interim measures und Verfahrensregel 39:

    • Frau Müller ist besorgt, dass sie bis zur endgültigen Entscheidung des EGMR irreparablen Schaden erleiden könnte. Erkläre die Möglichkeit der interim measures gemäß Regel 39 der Verfahrensordnung des EGMR und unter welchen Bedingungen diese Maßnahmen ergriffen werden.
    • Führe dazu passende Fallbeispiele an, in denen Regel 39 erfolgreich angewandt wurde, und erläutere die Auswirkungen dieser Maßnahmen.

    Lösung:

    Interim measures und Verfahrensregel 39:

    • Erklärung der interim measures gemäß Regel 39:Interim measures (vorläufige Maßnahmen) gemäß Regel 39 der Verfahrensordnung des EGMR sind Maßnahmen, die der Gerichtshof anordnen kann, um irreparable Schäden an Einzelpersonen zu verhindern, bevor eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache gefällt wird. Diese Maßnahmen sind bindend für die Vertragsstaaten.
    • Bedingungen für die Anwendung von Regel 39:
      • Die Gefahr eines irreparablen Schadens muss unmittelbar und ernst sein.
      • Das Opfer muss nachweisen, dass die mögliche Verletzung grundlegender Menschenrechte nicht rückgängig gemacht werden kann.
      • Die Anordnung ist meist vorläufig und kann nur auf begrenzte Zeit angewendet werden, bis eine endgültige Entscheidung gefällt wird.
      • Es muss dringende Notwendigkeit bestehen, um die Maßnahme zu beantragen und anzuwenden.
      • Fallbeispiele, in denen Regel 39 erfolgreich angewandt wurde:
        • Fall „Mamatkulov und Askarov gegen Türkei“ (2005): Die Beschwerdeführer, die in Usbekistan wegen politischer Verfolgung inhaftiert wurden, beantragten interim measures, um ihre Ausweisung aus der Türkei zu verhindern. Der EGMR ordnete die vorläufige Aussetzung der Ausweisung an, bis über die Hauptsache entschieden wurde, um sicherzustellen, dass die Beschwerdeführer nicht Gefahr liefen, bei einer Rückkehr nach Usbekistan Folter oder unmenschliche Behandlung zu erleiden.
        • Fall „A, B und C gegen Irland“ (2010): Eine Frau, bei der Lebensgefahr während ihrer Schwangerschaft bestand, beantragte interim measures, um eine Behandlung außerhalb Irlands zu ermöglichen, da in Irland strenge Abtreibungsgesetze galten. Der EGMR ergriff Maßnahmen, um ihre Einreise nach England zur Durchführung des medizinischen Eingriffs zu erleichtern.
      • Auswirkungen dieser Maßnahmen:
        • Interim measures können unmittelbare Abhilfe schaffen und sind von den betroffenen Staaten strikt einzuhalten, um sicherzustellen, dass keine irreparablen Schäden entstehen.
        • Diese Maßnahmen betonen die Dringlichkeit und Schwere der betroffenen Menschenrechte und können verhindern, dass die Hauptsache ad absurdum geführt wird.
        • Sie können auch aufzeigen, wie ernsthaft und dringend der EGMR Bedrohungen von Menschenrechten nimmt und dass Staaten verpflichtet sind, ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen.

          d)

          4. Systemische und kollektive Verstöße - Piloturteile:

          • Frau Müller hat gehört, dass der EGMR auch Piloturteile erlässt, um systemische oder kollektive Verstöße gegen die EMRK zu behandeln. Beschreibe, was ein Piloturteil ist und unter welchen Voraussetzungen der EGMR ein solches Urteil fällt.
          • Erkläre anhand eines Beispiels aus der Praxis, wie ein Piloturteil dazu beitragen kann, umfassendere Probleme in einem Staat zu beheben, und welche Maßnahmen von dem betreffenden Staat erwartet werden.

          Lösung:

          Systemische und kollektive Verstöße - Piloturteile:

          • Was ist ein Piloturteil?Ein Piloturteil ist eine spezielle Form der Entscheidung des EGMR, die eingesetzt wird, um systemische oder strukturelle Probleme in einem Staat zu behandeln, die zu einer Vielzahl von ähnlichen Menschenrechtsverletzungen führen. Anstatt jeden einzelnen Fall separat zu beurteilen, nutzt der EGMR das Piloturteilverfahren, um umfassende Lösungen für wiederkehrende Probleme zu finden.
          • Voraussetzungen für ein Piloturteil:
            • Der EGMR muss feststellen, dass ein systemisches oder strukturelles Problem vorliegt, das eine Vielzahl ähnlicher Beschwerden verursacht.
            • Es muss notwendig sein, eine umfassende Abhilfe zu schaffen, um die Ursache der massenhaften Menschenrechtsverletzungen zu beseitigen.
            • Der EGMR benennt einen oder mehrere Musterfälle, die stellvertretend für die systemische Problematik stehen, und entscheidet diese Fälle, um Leitlinien für die Lösung der grundlegenden Probleme zu geben.
            • Beispiel aus der Praxis:
              • Fall „Broniowski gegen Polen“ (2004):In diesem Fall stellte der EGMR fest, dass es in Polen ein strukturelles Problem in Bezug auf die Enteignung und die entschädigungslose Nichtbereitstellung von Ersatzimmobilien für die ehemaligen Bewohner der Kresy-Gebiete (Gebiete, die nach dem Zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion abgetreten wurden) gab. Dies führte zu einer Vielzahl ähnlicher Beschwerden beim EGMR.
                • Piloturteil: Der EGMR entschied, dass Polen ein systemisches Problem hat, das zu wiederholten Verstößen führte, und forderte die polnische Regierung auf, legislative und administrative Maßnahmen zu ergreifen, um eine wirksame und dauerhafte Abhilfe für alle betroffenen Personen zu schaffen.
                • Maßnahmen des Staates: Polen wurde angewiesen, ein allgemeines Entschädigungssystem einzuführen, um die Ansprüche der Betroffenen vollständig und fair zu befriedigen. Dies sollte durch Gesetzesänderungen und die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen erfolgen.
              • Durch das Piloturteil wurde nicht nur der individuelle Fall von Herrn Broniowski gelöst, sondern auch ein umfassender Rahmen für die Behebung der systemischen Probleme geschaffen, wodurch zahlreiche zukünftige Beschwerden vermieden wurden.
            • Ein Piloturteil kann somit dazu beitragen, langfristige und umfassende Lösungen für systemische Menschenrechtsverletzungen zu entwickeln und die Staaten dazu zu verpflichten, ihre gesetzlichen und administrativen Strukturen zu reformieren, um wiederholte Verstöße zu verhindern.

            Aufgabe 4)

            In einem fiktiven Staat X wurde ein Journalist namens Jonas verhaftet, weil er in einem Artikel eine kontroverse Meinung vertreten hat. Der Artikel kritisierte die Regierung für ihre Handhabung einer wirtschaftlichen Krise und unterstellte ihr Korruption. Daraufhin wurde Jonas wegen Verleumdung und Aufruhr zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Dabei berief sich die Regierung auf die nationale Sicherheit und die Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Zudem gilt in Staat X die Todesstrafe für bestimmte schwere Verbrechen, obwohl Jonas nicht damit bedroht ist.

            Jonas erhebt Beschwerde beim EGMR und beruft sich auf Artikel 10 der EMRK, der die Meinungsfreiheit schützt. In seiner Beschwerde argumentiert er, dass seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit geschützt seien und dass seine Verurteilung eine unrechtmäßige Einschränkung dieser Freiheit darstelle. Er verweist dabei auf den Fall Handyside v. Vereinigtes Königreich (1976). Weiterhin befürchtet Jonas, dass bei einer weiteren Eskalation seines Falls, die Möglichkeit einer Auslieferung in einen anderen Staat mit Todesstrafe bestehen könnte. Hier sieht er eine Parallele zum Fall Soering v. Vereinigtes Königreich (1989).

            a)

            Analysiere aus rechtlicher Sicht, ob und inwieweit die Verurteilung von Jonas wegen Verleumdung und Aufruhr mit dem Artikel 10 der EMRK im Einklang steht. Berücksichtige dabei den Fall Handyside v. Vereinigtes Königreich (1976) und gehe darauf ein, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Einschränkung der Meinungsfreiheit gerechtfertigt ist.

            Lösung:

            Analyse der Rechtmäßigkeit der Verurteilung von Jonas nach Artikel 10 der EMRK

            • Einführung in Artikel 10 der EMRKArtikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) schützt das Recht auf Meinungsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, Informationen und Ideen zu empfangen und weiterzugeben, ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ungeachtet staatlicher Grenzen.
            • Rechtfertigung von Einschränkungen der MeinungsfreiheitGemäß Artikel 10 Absatz 2 der EMRK unterliegt die Ausübung dieser Freiheit bestimmten Einschränkungen, die gesetzlich vorgesehen und notwendig sind in einer demokratischen Gesellschaft, um unter anderem die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, die Gesundheit oder die Moral zu schützen oder die Rechte und Freiheiten anderer Personen zu sichern.
            • Anwendung auf den Fall Jonas
              • Um zu überprüfen, ob die Verurteilung von Jonas mit Artikel 10 der EMRK im Einklang steht, müssen folgende Voraussetzungen untersucht werden:
                • Gesetzliche Grundlage: War die Verurteilung gesetzlich vorgesehen?
                • Legitimes Ziel: Diente die Verurteilung einem legitimen Ziel, wie z.B. der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung?
                • Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft: War die Verurteilung notwendig in einer demokratischen Gesellschaft und verhältnismäßig?
            • Fall Handyside v. Vereinigtes Königreich (1976)In diesem Fall betonte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass Meinungsfreiheit eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft ist. Allerdings dürfen nationale Behörden im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens Spielraum entscheiden, ob eine Einschränkung notwendig ist.
            • Bewertung der Verurteilung von Jonas
              • Gesetzliche Grundlage: Es wird davon ausgegangen, dass die Verurteilung aufgrund von Verleumdung und Aufruhr auf einer bestehenden nationalen Gesetzgebung basiert. Somit wäre diese Voraussetzung grundsätzlich erfüllt.
              • Legitimes Ziel: Die Regierung von Staat X könnte argumentieren, dass die Verurteilung von Jonas dem Schutz der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dient. Dies könnte legitim sein, wenn die Aussagen von Jonas tatsächlich eine Bedrohung für diese Ziele darstellten.
              • Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit: Hier liegt der zentrale Punkt der Analyse. Eine fünfjährige Haftstrafe erscheint sehr streng und muss im Verhältnis zur Schwere der Äußerungen von Jonas stehen. Im Fall Handyside stellte der EGMR fest, dass Meinungsfreiheit nicht nur auf 'harmlose' oder 'unbedeutende' Meinungen beschränkt ist, sondern auch das Recht umfasst, Meinungen zu äußern, die Offizielle oder einen bedeutenden Teil der Gesellschaft beleidigen, schockieren oder stören können. Die Verurteilung von Jonas könnte somit als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn die Äußerungen im Rahmen einer öffentlichen Debatte gemacht wurden und keine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung darstellen.
            • FazitAuf Grundlage der bisherigen Ausführungen und des Falles Handyside v. Vereinigtes Königreich scheint die Verurteilung von Jonas wegen Verleumdung und Aufruhr eine unverhältnismäßige Einschränkung seiner Meinungsfreiheit nach Artikel 10 der EMRK darzustellen. Die Strenge der Strafe könnte eher abschreckend wirken und die freie Meinungsäußerung ungerechtfertigt beeinträchtigen.

            b)

            Diskutiere die potenzielle Anwendung des Urteils im Fall Soering v. Vereinigtes Königreich (1989) auf Jonas' Situation, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Auslieferung in einen Staat mit der Todesstrafe. Analysiere, ob und wie das Urteil auf Jonas' Bedenken bezüglich der menschenrechtlichen Implikationen einer solchen Auslieferung übertragen werden kann.

            Lösung:

            Diskussion der potenziellen Anwendung des Urteils im Fall Soering v. Vereinigtes Königreich (1989) auf Jonas' Situation

            • Einführung in den Fall Soering v. Vereinigtes Königreich (1989)Im Fall Soering v. Vereinigtes Königreich befasste sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit der Frage der Auslieferung einer Person in ein Land, in dem ihr die Todesstrafe droht. Der Gerichtshof entschied, dass eine Auslieferung gegen Artikel 3 der EMRK verstoßen würde, wenn zu erwarten ist, dass die ausgelieferte Person unter unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung leiden würde.
            • Relevanz des Falls Soering für Jonas' Situation
              • Jonas befürchtet eine mögliche Auslieferung in einen anderen Staat mit Todesstrafe. Obwohl dies aktuell nicht der Fall ist, könnte die Möglichkeit einer Auslieferung in Betracht gezogen werden, wenn sich seine Situation weiter zuspitzt.
              • Im Fall Soering hat der EGMR festgestellt, dass die Todesstrafe an sich und die damit verbundenen Haftbedingungen und psychischen Belastungen gegen Artikel 3 der EMRK verstoßen können. Diese Bedingungen umfassen nicht nur die physische Exekution, sondern auch die oft langen Wartezeiten, die als 'Death Row Phenomenon' bekannt sind und die als unmenschliche Behandlung angesehen werden.
            • Übertragung auf Jonas' Situation
              • Auch wenn Jonas gegenwärtig keine direkte Bedrohung durch die Todesstrafe sieht, so könnten zukünftige Entwicklungen dies ändern. Falls die Regierung von Staat X in Erwägung zieht, Jonas in ein Land auszuliefern, in dem ihm die Todesstrafe droht, würde dies ernste menschenrechtliche Bedenken aufwerfen.
              • In Anlehnung an das Soering-Urteil müsste geprüft werden, ob eine solche Auslieferung gegen Artikel 3 der EMRK verstoßen würde, insbesondere wenn Jonas durch die Auslieferung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt würde.
              • Jonas könnte argumentieren, dass die bloße Möglichkeit einer Auslieferung bereits jetzt einen psychischen Druck erzeugt, der als unmenschliche Behandlung eingestuft werden könnte. Dies beträfe insbesondere die Angst vor einer potenziellen Inhaftierung unter Bedingungen, die nicht mit den menschenrechtlichen Standards der EMRK vereinbar sind.
            • Fazit
              • Auf Grundlage des Urteils im Fall Soering v. Vereinigtes Königreich könnte Jonas' Befürchtung einer möglichen Auslieferung in einen Staat mit der Todesstrafe als gerechtfertigt angesehen werden. Auch wenn die Auslieferung aktuell nicht unmittelbar droht, sollte die menschenrechtliche Situation sorgfältig geprüft werden. Jonas sollte betonen, dass jede zukünftige Entwicklung, die zu einer solchen Auslieferung führen könnte, eine Verletzung von Artikel 3 der EMRK darstellen würde.
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