Kollektiven Arbeitsrecht I - Cheatsheet
Einführung in die Geschichte und Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts
Definition:
Übersicht über die Entstehung und Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Details:
- Entstehung im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung
- Bildung erster Gewerkschaften als Reaktion auf schlechte Arbeitsbedingungen
- Einführung des Betriebsverfassungsgesetzes in Deutschland 1952
- Europäische Einflüsse durch EU-Richtlinien und -Verordnungen
- Stetige Anpassung an gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen
Grundprinzipien der Tarifautonomie
Definition:
Recht der Sozialpartner, ohne staatliche Einmischung Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen.
Details:
- Art. 9 Abs. 3 GG garantiert Tarifautonomie.
- Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind die Hauptakteure.
- Ziel: Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.
- Ermöglicht Kollektivverhandlungen.
- Sichert wirtschaftliche Stabilität und sozialen Frieden.
Mitbestimmung und Beteiligungsrechte des Betriebsrats
Definition:
Beteiligungsrechte: Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. BetrVG.
Details:
- Informationsrechte: Arbeitgeber muss Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichten.
- Anhörungsrechte: Betriebsrat kann Stellungnahme abgeben (z.B. §102 BetrVG bei Kündigungen).
- Mitbestimmungsrechte: Betriebsrat hat gleichberechtigtes Mitspracherecht in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten (§87 BetrVG).
- Zustimmungsverweigerung: Betriebsrat kann bei bestimmten Maßnahmen des Arbeitgebers seine Zustimmung verweigern (z.B. Einstellung, Versetzung, Kündigung).
- Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten (§87 BetrVG): Arbeitszeitregelungen, Urlaub, Regelungen zu Arbeitsentgelt und andere betriebsinterne Regelungen.
- Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten: §§99-101 BetrVG, Mitbestimmung bei Einstellung, Versetzung, und Kündigung.
- Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten: §§106-110 BetrVG, Information und Beratung bei wirtschaftlichen Entscheidungen (z.B. Betriebsänderungen).
- Formeln/Paragrafen: BetrVG = Betriebsverfassungsgesetz
Rechtswirkung und Durchsetzung von Tarifverträgen
Definition:
Rechtswirkung und Durchsetzung von Tarifverträgen betreffen die rechtliche Bindung und die Methoden zur Umsetzung der Bestimmungen von Tarifverträgen.
Details:
- Rechtswirkung: Tarifverträge binden die Tarifparteien und deren Mitglieder sowie ggf. Dritte nach §3 und §4 TVG.
- Günstigkeitsprinzip (Günstigkeitsprinzip): Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers sind erlaubt, nach §4 Abs. 3 TVG.
- Unmittelbare und zwingende Wirkung: Tarifvertragliche Normen gelten direkt und zwingend zwischen den Tarifvertragsparteien.
- Durchsetzung:
- Individualrechtlich: Arbeitsgerichtliche Klage durch den Arbeitnehmer
- Kollektivrechtlich: Maßnahmen der Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände, z.B. Streik oder Aussperrung
- Schieds- und Schlichtungsausschüsse: Mechanismen zur Streitbeilegung sind oft in Tarifverträgen vorgesehen.
Modelle der betrieblichen Mitbestimmung
Definition:
Modelle betrieblicher Mitbestimmung regeln die Beteiligung der Arbeitnehmer an unternehmerischen Entscheidungen, um Interessensausgleich zu fördern.
Details:
- Gesetzliche Grundlage: Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Mittel: Betriebsrat, Jugend- und Auszubildendenvertretung
- Modelle:
- Einheitsmodell (ein Betriebsrat für alle Arbeitnehmer)
- Stufenmodell (mehrere Ebenen der Arbeitnehmervertretung, z.B. Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat)
- Bereiche: wirtschaftliche, soziale und personelle Angelegenheiten
- Rechte: Mitbestimmungsrechte, Mitwirkungsrechte, Informationsrechte
Arbeitsrechtliche Schutzmechanismen für Betriebsratsmitglieder
Definition:
Arbeitsrechtliche Schutzmechanismen für Betriebsratsmitglieder - Schutz vor Benachteiligung und Kündigung von Betriebsratsmitgliedern während ihrer Amtszeit.
Details:
- Kündigungsschutz nach §15 KSchG: Ordentliche Kündigung unzulässig, außer bei außerordentlicher Kündigung mit Zustimmung der Betriebsrats.
- Benachteiligungsverbot nach §78 BetrVG: Keine Benachteiligung oder Bevorzugung wegen der Betriebsratstätigkeit
- Freistellung nach §37 BetrVG: Freistellung von der Arbeitspflicht für Betriebsratstätigkeiten
- Schutz vor Versetzung: Versetzung der Betriebsratsmitglieder nur mit deren Zustimmung und unter besonderen Voraussetzungen.
- Prozessuales Privileg: Bei Rechtsstreitigkeiten kostenfrei im Arbeitsgerichtsverfahren nach §40 BetrVG.
Einfluss der Mitbestimmung auf die Unternehmensführung
Definition:
Mitbestimmung beeinflusst Entscheidungsprozesse und Unternehmensführung durch Einbindung von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten und Betriebsräten.
Details:
- Mitbestimmungsgesetz: §1 MitbestG
- Beteiligung im Aufsichtsrat: Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) und Mitbestimmungsgesetz (MitbestG)
- Betriebsrat: BetrVG
- Einfluss auf Personalpolitik und Unternehmensentscheidungen
- Fördert Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Belegschaft
- Gegenseitige Kontrolle zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat
- Mitbestimmungsmodelle: paritätische und Drittelbeteiligung
Kollektivrechtliche Streitigkeiten und Schlichtungsmechanismen
Definition:
Kollektivrechtliche Streitigkeiten: Differenzen zwischen Arbeitnehmern/Arbeitgebern und ihren Vertretungen; Schlichtungsmechanismen: Verfahren zur Lösung dieser Konflikte.
Details:
- Kollektivrechtliche Streitigkeiten: Konflikte im Zusammenhang mit Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, Arbeitskampfmaßnahmen.
- Schlichtungsmechanismen: Verhandlungen, Mediation, Schlichtung, Einigungsstellenverfahren und ggf. Arbeitsgerichte.
- Ziel: Einvernehmliche Lösung ohne gerichtliche Auseinandersetzungen.