Unter Fortpflanzung, auch Reproduktion genannt, versteht man das Erzeugen neuer, eigenständiger Organismen. In der Regel bedeutet dies auch eine Vermehrung der Anzahl der Individuen.
Man unterscheidet zwischen der ungeschlechtlichen und der geschlechtlichen Fortpflanzung.
Wenn du dir erstmal einen Überblick über die unterschiedlichen Fortpflanzungsmechanismen verschaffen willst, schau dir unseren Artikel zur Fortpflanzung an.
Funktionsweise der ungeschlechtlichen Fortpflanzung
Bei den meisten Pflanzen, Algen, Pilzen und Einzellern ist die ungeschlechtliche Fortpflanzung die primäre Form der Vermehrung. Im Reich der Tiere findet man die ungeschlechtliche Fortpflanzung nur in einfach organisierten Organismen. So zum Beispiel unter den Würmern.
Synonyme für die ungeschlechtliche Fortpflanzung sind die asexuelle oder vegetative Fortpflanzung. Außerdem werden die Fachbegriffe Monogonie und Agamogenie synonym verwendet.
Wie der Name schon vermuten lässt, haben Organismen, die sich ausschließlich ungeschlechtlich fortpflanzen nur ein Geschlecht. Es wird also nicht zwischen weiblich und männlich unterschieden. Folglich gibt es auch keine Geschlechtszellen.
Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung findet keine Befruchtung und keine Rekombination statt. Folglich auch keine Meiose. Die Nachkommen entwickeln sich durch Zellteilung des Elternorganismus. Das bedeutet auch, dass die sogenannte Tochterzelle identisch mit der Mutterzelle ist. Nur durch spontane Mutationen, kann sich das Erbgut der Tochterzelle verändern.
Alle Organismen die aus einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung hervorgehen, bilden einen Klon.
Nicht nur Einzeller pflanzen sich durch Zellteilung fort. Auch mehrzellige Organsimen können sich durch Zellteilung fortpflanzen. Dabei werden neu gebildete Zellen vom Elternorganismus abgeteilt und ein eigenständiges Individuum kann heranwachsen.
Wenn du dir nicht mehr sicher bist, wie die Zellteilung funktioniert schau dir doch unsere Artikel zum Thema Zellteilung und Mitose an.
Beispiele für Fortpflanzung bei Mehrzellern durch Zellteilung sind die Knospung bei Pflanzen oder die Sprossung bei Hefen.
Ungeschlechtliche Fortpflanzung bei Pflanzen
Pflanzen haben viele Mechanismen entwickelt um sich ungeschlechtlich fortzupflanzen. Viele von ihnen kannst du auch zu Hause bei deinen Zimmerpflanzen beobachten!
Pflanzen haben folgende Möglichkeiten sich asexuell fortzupflanzen:
- Ableger
- Ausläufer (=Stelonen)
- Kindeln
- Absenker
- Knollen
Abbildung 1: Ausläufer bei der Erdbeere,
Quelle: klett.de Ein beliebtes Beispiel für Ausläufer sind Erdbeeren oder Grünlilien. Wie du in Abbildung 1 sehen kannst, bilden diese lange dünne Fortsätze, welche an ihren Enden kleine Tochterpflanzen bilden. Diese Tochterpflanzen bilden eigene Wurzeln aus. Bei Kontakt mit dem Boden, können diese weiter austreiben und die Tochterpflanze kann sich eigenständig ernähren. Sobald die Tochterpflanze unabhängig von ihrem Elternteil ist, wird die Verbindung unterbrochen.
Abbildung 2: Pflanze mit Ablegern,
Quelle: klett.de Ganz ähnlich funktioniert auch die ungeschlechtliche Fortpflanzung mithilfe von Ablegern (Abbildung 2). Die Mutterpflanze bildet kleine, eigenständige Tochterpflanzen, welche auf den Boden fallen. Sobald sie mit dem Boden in Berührung kommen, bilden sie Wurzeln aus und wachsen zu einer selbständigen Pflanze heran.
Abbildung 3: Kaktus mit Kindeln,
Quelle: klett.de Nicht alle Pflanzen werfen ihre Tochterpflanzen ab. Bei Kakteen siehst du wie in Abbildung 3 sich dicht an der Mutterpflanze neue Tochterpflanzen entwickeln. Diese nennt man "Kindel". Werden diese von der Mutterpflanze getrennt, können sie eigenständig überleben.
Abbildung 4: Pflanze mit Absenker,
Quelle: klett.de Absenker sind keine von der Pflanze eigens für die Fortpflanzung erzeugten Tochterpflanzen. Stattdessen geschieht die ungeschlechtliche Fortpflanzung hier "passiv". Nach einem Gewitter kommt es zum Beispiel vor, dass sich ein Zweig abknicken oder sich Richtung Boden senken. An bestimmten Kontenpunkten können sich dann Wurzeln ausbilden. Nach einiger Zeit kann die Verbindung zur Mutterpflanze komplett gekappt werden und eine neue Tochterpflanze ist entstanden. Eine Illustration dazu siehst du in Abbildung 4.
Bei der Knollenbildung bilden Pflanzen unter der Erde Knospen aus. Diese verdicken mit der Zeit und wachsen zu Knollen heran. Diese Knollen können auskeimen und eine neue Pflanze entsteht. Das hast du vielleicht auch schon beobachten können. Wenn du eine Kartoffel zu lange im Licht liegen lässt, bildet sie kleine neue Fortsätze aus. Diese Kartoffelknolle kannst du in Erde einbuddeln. Probiere es doch selber mal aus!
Abbildung 5: links: Steckling, rechts: Veredelung,
Quelle: klett.de Im Gartenbau werden sich noch zwei weitere künstliche Methoden zur Vermehrung von Pflanzen zunutze gemacht: Stecklinge und Veredelung (Abbildung 6). Bei viele Pflanzen kannst du einfach einen Trieb abschneiden, ohne dass die Mutterpflanze einen großen Schaden davonträgt. Diese Stecklinge können ins Wasser gestellt werden und fangen nach ein paar Tagen an Wurzeln zu bilden.
Bei der Veredelung, welche vor allem bei Rosen und Reben zum Einsatz kommt, wird eine Pflanze auf eine andere gesetzt. Die untere Pflanze ist mit ihren Wurzeln fest im Boden verankert. Sie wird abgeschnitten. Auf diese Stelle wird eine andere frisch abgeschnittene Pflanze festgebunden. Die Pflanzen wachsen zusammen und fungieren als eine Pflanze.
Ungeschlechtliche Fortpflanzung bei Tieren
Da der Austausch an Erbinformationen essentiell für die Evolution ist, pflanzen sich die wenigsten mehrzelligen Eukaryoten ausschließlich asexuell fort. Prokaryoten, welche sich nur ungeschlechtlich fortpflanzen können, nutzen den horizontalen Gentransfer, um Erbgut untereinander auszutauschen.
Bei einzelligen Eukaryoten gibt es verschiedene Formen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung. Die einfachste und meistverbreitet ist die Längs- oder Querteilung der Zelle. Dies ist zum Beispiel beim Pantoffeltierchen der Fall.
Es ist aber auch möglich, dass sich in der Mutterzelle der Zellkern durch Mitose in viele Tochterkerne aufteilt. Erst durch den Zerfall der Mutterzelle werden die Tochterkerne freigesetzt und entwickeln sich zu selbständigen Individuen. Diesen Vorgang nennt man Schizogonie.
Bei einzelligen Hefen und mehrzelligen Pilzen kann es auch zur Knospung kommen. Einen schematischen Ablauf findest du in Abbildung 7. Eine Zelle teilt sich, dabei bleibt die Zellwand intakt. Eine der beiden Tochterzellen bleibt in der alten Zellwand, während die zweite Zelle "auswandert" und eine neue Zellwand bilden muss. Diese Tochterzelle ist in der Regel kleiner und wird als Knospe bezeichnet.
Abbildung 6: Knospung einer Hefezelle, Quelle: wissen.de
Pilze können zudem Sporen bilden. Diese Sporen sind ein Entwicklungsstadium der Pilze, welche ausschließlich der asexuellen Fortpflanzung dienen. Manche Pilze haben extra dafür vorgesehen Sporangien. Die Sporen werden freigesetzt, keimen aus und können zu eigenständigen Pilzen heranreifen.
Bei Quallen, welche zu den Nesseltieren gehören, wechseln sich die ungeschlechtliche und geschlechtliche Fortpflanzung ab. Es findet also ein Generationenwechsel statt. Die Qualle, in diesem Entwicklungsstadium Meduse genannt, hat zwei Geschlechter. Diese können in zwei eigenständigen Individuen vorkommen oder beide in einem vereint sein (Zwittrigkeit).
Die Qualle entlässt ihre Geschlechtszellen in das Wasser. Dort wird die Eizelle vom Spermium befruchtet (A). Eine kleine Larve die sogenannte Planula entsteht (B). Diese sinkt zu Boden. Bei geeigneten Umweltbedingungen wächst sie am Boden fest und entwickelt sich zu einem Polypen (C). Dieser Polyp kann sich nur asexuell Fortpflanzen!
Die ungeschlechtliche Fortpflanzung geschieht anfangs durch normale Spaltung. Der Polyp bildet viele neue Tochterzellen aus, die sich wie Teller aufeinander stapeln - eine Kolonie entsteht (D). Nach einiger Zeit konkurrieren die unzähligen Polypen miteinander um Nahrung und Platz. Dann fängt der Polyp an sich durch Knospung fortzupflanzen (E). Der Polyp bildet viele kleine Knospen auf seiner Oberfläche aus.
Diese werden von der Oberfläche abgeschnürt und können vom Meeresstrom weggetragen werden (F). Diese Tochterzellen wachsen zu Larven, den Ephyren, und über Tage hinweg zu Quallen heran.
Abbildung 7: Fortpflanzungszyklus der Qualle, Quelle: de.erch2014.com
Ein oft genanntes Beispiel für die ungeschlechtliche Vermehrung bei Tieren sind Würmer. Allerdings sind die Fortpflanzungsmechanismen äußerst vielfältig und die meisten Würmer vermehren sich primär sexuell.
Einige Ringelwürmer können sich jedoch durch abwerfen ganzer Körpersegmente fortpflanzen. Die fehlenden Körpersegmente werden neu gebildet und es entstehen zwei Würmer.
Vergleich ungeschlechtliche und geschlechtliche Fortpflanzung
Die Gemeinsamkeit von ungeschlechtlicher und geschlechtlicher Fortpflanzung ist, dass bei beiden Fortpflanzungsmechanismen das Erbgut der Elterngeneration an die Nachkommen weitergegeben wird. Außerdem erhöht sich in der Regel die Anzahl der Individuen.
Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung findet keine Paarung statt und das Erbgut der Nachkommen ist identisch mit dem des Erzeugers. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung hingegen kommt es zur Paarung zweier Geschlechter und zu einer Kombination der Erbinformationen.
Vorsicht! Ungeschlechtliche und geschlechtliche Fortpflanzung schließen sich nicht aus! Es gibt viele Organismen die sich sowohl un- als auch geschlechtlich fortpflanzen können.
In dieser Tabelle siehst du die Merkmale der ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Fortpflanzung gegenüber gestellt.
Merkmal | ungeschlechtliche Fortpflanzung | geschlechtliche Fortpflanzung |
Synonyme | asexuelle Fortpflanzung, vegetative Fortpflanzung, Monogonie, Agamogenie | sexuelle Fortpflanzung, zweigeschlechtliche Fortpflanzung |
Mechanismus | Zellteilung (Mitose) | Mitose und Meiose |
Paarung/Befruchtung | nein | ja |
Geschlechter | keins | zwei: männlich und weiblich |
Geschlechtszellen/organe | nein | ja |
Erbgut | Eltern und Nachkommen identisch -> Klon | Erbgut der Nachkommen von beiden Elternteilen vermischt |
Rekombination | nein | ja |
Bis heute hat sich keine der beiden Arten der Fortpflanzung durchsetzen können. Dies liegt daran, dass sowohl die ungeschlechtliche, als auch die geschlechtliche Fortpflanzung Vorteile hat.
Vor- und Nachteile der ungeschlechtlichen Fortpflanzung
In dieser Tabelle findest du die wichtigsten Vorteile und Nachteile der ungeschlechtlichen Fortpflanzung zusammengefasst.
Vorteile | Nachteile |
sehr schnelle Vermehrung | keine Rekombination kein Austausch an Erbinformation keine neue vorteilhafte Genkombinationen |
die Nachkommen sind untereinander identisch vorteilhafte Genkombinationen bleiben erhalten |
keine zeit- und ressourcenintensive Suche nach Sexualpartnern auch bei sehr geringer Individuenzahl möglich |
keine zeit- und ressourcenintensive Entwicklung und Aufzucht der Nachkommen | Anhäufung schädlicher Mutationen |
Wie du siehst ist die ungeschlechtliche Fortpflanzung nicht ohne Nachteile. Deswegen haben viele Tiere im Laufe der Evolution die geschlechtliche Fortpflanzung entwickelt. Es gibt auch Organismen, welche sich sowohl ungeschlechtlich als auch geschlechtlich fortpflanzen können.
Ungeschlechtliche Fortpflanzung – Das Wichtigste
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