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Adaptive Radiation – Definition
Die adaptive Radiation beschreibt die evolutionäre Entwicklung, bei der aus einer wenig spezialisierten Stammart mehrere verschiedene, spezialisierte Arten entstehen, indem sich die Lebewesen zunehmend an spezielle Umweltbedingungen bzw. eine individuelle ökologische Nische anpassen. Der Begriff setzt sich zusammen aus Adaption (Anpassung) und Radiation (Auffächerung).
Die Lebewesen der Gründerart passen sich also an verschiedene Umweltbedingungen an und spezialisieren sich. Somit verändern sie ihre Lebensansprüche und können die verschiedensten ökologischen Nischen besiedeln. Nach einiger Zeit unterscheiden sie sich genetisch so stark voneinander, dass sie sich nicht mehr untereinander fortpflanzen können. Aus einer Stammart entstehen somit viele spezialisierte Teilarten.
Die adaptive Radiation ist oft eine Kombination aus allopatrischer Artbildung und sympatrischer Artbildung. Was das ist, kannst Du in den gleichnamigen StudySmarter Erklärungen erfahren.
Adaptiven Radiation – Schema
Bei der adaptiven Radiation entstehen aus einer Stammart mehrere Teilarten, indem sie sich an verschiedene Umweltbedingungen anpassen. Wie das funktioniert und welche Voraussetzungen dafür nötig sind, lernst Du im folgenden Abschnitt.
Adaptive Radiation – Voraussetzungen
Die Triebkräfte der adaptiven Radiation sind die gleichen, wie bei allen Vorgängen der Evolution: Genetische Variation (Mutation, Rekombination) und Selektion (z. B. durch intraspezifische Konkurrenz). Jedoch gibt es einige Voraussetzungen, die wichtig sind, damit es zu einer adaptiven Radiation einer Art kommen kann.
Die perfekten Voraussetzungen ergeben sich beim Besiedeln bisher isolierter Lebensräume. Diese sind nur von wenigen Arten bewohnt, wodurch die einwandernde Art weniger Konkurrenten hat als in bereits stark bewohnten Lebensräumen mit vielen Arten und einer langen Evolutionsgeschichte.
Entscheidend ist, dass eine große Menge an Ressourcen (besonders Nahrungsressourcen) ohne Konkurrenten oder Fressfeinde der einwandernden Art zur Verfügung stehen. Somit ist eine der besten Voraussetzungen ein Gebiet, in dem viele unbesetzte ökologische Nischen vorkommen.
Adaptive Radiation – Verlauf
Der Verlauf der adaptiven Radiation geschieht immer nach einem ähnlichen Schema, welches sich in drei Teile gliedern lässt.
Ausgangssituation
Die Ausgangssituation ist die Besiedelung eines neuen Lebensraums der Stammart. Dabei ist die Stammart meist wenig spezialisiert und kann viele verschiedene Nahrungsquellen und Ressourcen nutzen, diese jedoch nur geringfügig effizient. Aufgrund der wenigen Fressfeinde und Konkurrenten und dem großen Ressourcenangebot im neuen Lebensraum kann sich die Stammart schnell vermehren und ausbreiten.
Konkurrenz und Einnischung
Die Population der Stammart ist enorm gewachsen. Dadurch konkurrieren die Individuen um den nun begrenzten Lebensraum und andere Ressourcen. Es entsteht intraspezifische Konkurrenz und ein damit verbundener Selektionsdruck. Somit sind die einzelnen Individuen gezwungen, die in ihrer Umgebung vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen.
Sie passen sich an bestimmte Umweltbedingungen an und spezialisieren sich auf bestimmte Nahrungsquellen und Lebensräume, die sie dann effizienter nutzen können. Sie besetzen verschiedene ökologische Nischen, um dem Selektionsdruck zu entkommen.
Wenn Du mehr über das Besetzen von ökologischen Nischen erfahren willst, dann schau doch mal beim StudySmarter Erklärung über die "Einnischung" vorbei.
Separation und Artbildung
Mit der Zeit passen sich die verschiedenen Individuen immer stärker den bestimmten Umweltbedingungen bzw. ihrer ökologischen Nische an. So entsteht eine immer größer werdende, deutliche Unterscheidung der verschiedenen Individuen.
Durch Mutation, Rekombination, Gendrift und den Selektionsfaktoren kommt es zu einer Separation der verschiedenen Individuen. Sie unterscheiden sich nun auch genetisch voneinander und aus der ursprünglichen Stammart entstehen verschiedene Teilpopulationen.
Wenn sich die Teilpopulationen nun morphologisch und genetisch so stark voneinander unterscheiden und sich nicht mehr untereinander fortpflanzen können (oder nur unfruchtbare Nachkommen zeugen, sog. reproduktive Isolation), dann sind verschiedene Arten mit gemeinsamen Vorfahren entstanden.
Die verschiedenen Arten besetzen jeweils ihre eigene ökologische Nische und stehen nicht mehr in Konkurrenz zueinander. Sie leben in Koexistenz.
Adaptive Radiation – Beispiele
Es gibt einige bekannte Beispiele für die adaptive Radiation:
- Kleidervögel (34 verschiedene Arten) auf Hawaii
- Riesenkrabbenspinnen (weltweit insgesamt 1209 Arten) vorwiegend in asiatischen Gebirgen
- Fruchtfliegen/Taufliegen (weltweit insgesamt 3000 Arten) vorwiegend auf Hawaii
- Beutelsäuger (weltweit insgesamt 320 Arten) vorwiegend in Australien
- Anolis (Saumfingerechsen, weltweit insgesamt 436 Arten) vorwiegend auf Jamaika
Die adaptive Radiation bei den Darwinfinken
Ein populäres Beispiel der adaptiven Radiation sind die Darwinfinken, welche von Charles Darwin und John Gould auf den Galapagos-Inseln entdeckt und untersucht wurden.
Es handelt sich dabei um eine Gruppe von 14 sehr eng verwandten Singvogelarten, die alle von einer gemeinsamen Stammart abstammen und ihre eigene ökologische Nische besetzen. Sie sind etwa 20 cm groß und unterscheiden sich in der Form und Größe ihrer Schnäbel, in der Lebens- und Ernährungsweise und im Gesang.
Entstanden sind die vielen verschiedenen Arten der Darwinfinken in einem vergleichsweise sehr kurzen Zeitraum durch die adaptive Radiation.
Vor etwa einer Million Jahre wanderten einige Finken (Stammart: Körnerfressender Bodenfink) aus Ecuador durch Zufall auf die wenig besiedelten Galapagosinseln ein und bildeten dort eine Gründerpopulation. Die Vermehrung der Gründerpopulation verlief am Anfang rasant aufgrund des hohen Nahrungs- und Raumangebots und der Abwesenheit von Fressfeinden.
Nach einiger Zeit gab es jedoch so viele Finken, dass Nahrung und Lebensraum knapp, begrenzt waren und es zur intraspezifischen Konkurrenz kam. Es wirkte nun ein Selektionsdruck auf die Vögel.
Um dem Selektionsdruck zu entkommen, spezialisierten sich die Finken auf bestimmte Lebens- und Ernährungsweisen. Sie besetzten ökologische Nischen. So isolierten sie sich voneinander und es entstanden verschiedene Teilpopulationen der Finken. Eine (geografische) Isolation kann auch durch eine Separation erreicht werden, indem sich die Finken auf die anderen Inseln der Inselkette ausbreiten.
Mit der Zeit entwickelten sich die Teilpopulationen immer weiter und spezialisierten sich zunehmend auf ihre individuelle ökologische Nische, sodass sie sich genetisch stark voneinander unterschieden und untereinander nicht mehr fortpflanzungsfähig waren. Durch die Einnischung (sympatrische Artbildung) und die geografische Separation (allopatrische Artbildung) entstanden verschiedene Arten.
Mehr zur allopatrischen Artbildung und sympatrischen Artbildung erfährst Du in den entsprechenden StudySmarter Erklärungen!
Nun gibt es nicht nur körnerfressende Bodenfinken, sondern auch:
- Mittlere Baumfinken, die hauptsächlich Insekten fressen,
- große Kaktusfinken, die sich von Samen und Früchten ernähren,
- kleine, mittlere und große Grundfinken, die Körner und Samen fressen,
- und viele mehr.
Sie alle sind morphologisch perfekt an ihre ökologische Nische angepasst.
Die verschiedenen Arten der Darwinfinken erkennt man unter anderem an ihrer Schnabelform. Diese ist angepasst an ihre Hauptnahrungsquelle.
Somit haben Arten, die sich hauptsächlich von Körnern ernähren, einen größeren Schnabel, um sie besser knacken zu können. Das kannst du im folgenden Bild am Schnabel des Großgrundfinken (1. Geospiza magnirostris) erkennen.
Der Vorgang der adaptiven Radiation, verbunden mit der geografischen Separation und der Einnischung, wiederholte sich mehrmals, wodurch insgesamt 14 Arten entstanden sind, die alle einen gemeinsamen Vorfahren haben.
Die adaptive Radiation bei den Lemuren
Ein weiteres Beispiel für das Ergebnis einer adaptiven Radiation sind die Lemuren auf Madagaskar. Es existieren etwa 100 Arten, welche ausschließlich auf Madagaskar und kleineren Inseln in der Nähe vorkommen. Dort kann die Entwicklung der Lemuren vor 47–54 Millionen Jahren nachgewiesen werden. Zu dieser Zeit lebten auf der Insel keine bzw. kaum konkurrierende Säugetierarten. Dabei ist jedoch unklar, wie die Lemuren nach Madagaskar gekommen sind.
In Madagaskar treten sieben verschiedene ökologische Zonen auf, die sich hinsichtlich des Klimas und der Vegetation voneinander unterscheiden. Diese verschiedenen Zonen sind von entsprechend angepassten Lemurenarten besiedelt – es hat also eine allopatrische Artbildung stattgefunden.
Es gibt aber auch Gebiete, in denen bis zu zehn Arten gleichzeitig leben. Dies ist möglich, da sie unterschiedliche ökologische Nischen in besagten Gebieten belegen. Die Artenvielfalt der Lemuren ist also nicht nur auf allopatrische, sondern zusätzlich auf sympatrische Artbildung zurückzuführen.
Unabhängig davon, dass noch nicht geklärt ist, woher die Lemuren stammen, ist klar, dass von nur einem einzigen Besiedlungsvorgang auszugehen ist. Das heißt, dass es auf Madagaskar zuvor nur eine einzige Lemurenart gab, die gemeinsamer Vorfahre der heute existenten Lemurenarten ist.
Die Lemuren gelten somit als ein Beispiel für die adaptive Radiation.
Bedeutung der adaptiven Radiation für die Evolution
Die adaptive Radiation stellt oftmals eine Kombination aus sympatrischer und allopatrischer Artbildung dar.
Die sympatrische Artbildung beschreibt dabei die Besetzung der ökologischen Nischen. Durch die Einnischung wird Konkurrenz zwischen Artgenossen vermieden und es wird eine Koexistenz möglich. Dies fördert die Artenvielfalt und beweist die Anpassungsfähigkeit von Arten an die Umweltbedingungen im Zuge der Evolution.
Die allopatrische Artbildung stellt die geographische Isolation dar. Diese begünstigt die Artbildung, denn die getrennten Populationen haben keinen Genaustausch mehr und können sich so unabhängig voneinander entwickeln. Somit wird die Artenvielfalt und damit der Prozess der Evolution gefördert.
Die adaptive Radiation ist also treibender Faktor zur Besiedlung neuer Lebensräume und daher für die Artbildung und Evolution. Des Weiteren stellt die adaptive Radiation einen Beweis für die Evolutionstheorie dar; dass alle Arten einen gemeinsamen Vorfahren haben. Zu erkennen ist dies am Beispiel der 14 Arten der Darwinfinken, die sich alle aus einer Stammart entwickelt haben.
Adaptive Radiation - Das Wichtigste
- Adaptive Radiation ist die evolutionäre Entwicklung, bei der aus einer wenig spezialisierten Stammart viele spezialisierte Teilarten entstehen.
- Dient der Vermeidung intraspezifischer Konkurrenz und Entstehung von Artenvielfalt
- Voraussetzung ist bisher unbesiedelter, isolierter Lebensraum mit vielen Ressourcen und vielen unbesetzten ökologischen Nischen.
- Adaptive Radiation verläuft immer in einem ähnlichen Schema:
- Einwanderung der Stammart
- Konkurrenzentstehung und Einnischung
- Separation und Artbildung
- Beispiele für die adaptive Radiation sind:
- Darwinfinken auf den Galapagos-Inseln
- Lemuren auf Madagascar
- Kleidervögel auf Hawaii
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Adaptive Radiation
Ist adaptive Radiation eine sympatrische Artbildung?
Adaptive Radiation beschreibt vor allem die sympatrische Artbildung in Form der Einnischung. Oft ist die adaptive Radiation aber eine Kombination aus sympatrischer und allopatrischer Artbildung.
Was ist adaptive Radiation?
- Adaptive Radiation ist die evolutionäre Entwicklung, bei der aus einer wenig spezialisierten Stammart viele spezialisierte Teilarten entstehen.
Warum finden sich auf den Galapagos Inseln 14 verschiedene Finkenarten?
Auf den Galapagos-Inseln sind durch die adaptive Radiation 14 verschiedene Finkenarten aus einer Stammart entstanden. Sie besetzen alle eine eigene ökologische Nische an die sie sich angepasst haben.
Welche Rolle spielt die adaptive Radiation bei der Entstehung neuer Arten?
Die adaptive Radiation bewirkt die Entstehung vieler neuer Arten aus einer Stammart durch sympatrische und allopatrische Artbildung.
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