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Die Definition des angeborenen Verhaltens
Das angeborene Verhalten ist im Erbgut vorhanden und wird auf verschiedenste Arten vererbt.
Dabei ist dieses Verhalten kein alleinstehendes Merkmal, sondern vermischt sich mit dem erlernten Verhalten. Zudem muss das angeborene Verhalten keineswegs seit der Geburt verfügbar sein, sondern das Verhalten kann erst in einer späteren Lebensphase auftreten.
Die Autonomie des angeborenen Verhaltens
Auch der Begriff der Autonomie stellt bei der Definition des angeborenen Verhaltens einen wichtigen Aspekt dar. Kurz gesagt, kann Autonomie anhand von drei Punkten definiert werden. Autonomie ist ein Zustand der:
- Selbstbestimmung,
- Unabhängigkeit,
- und Selbstverwaltung.
Unter Autonomie geschieht das Verhalten also ohne ungewollten Einfluss. Auch die Autonomie ist nicht in einer absoluten Form vorhanden, da es verschiedenste Aspekte benötigt, damit aus Autonomie keine Einsamkeit wird.
Autonomie und Einsamkeit hören sich im ersten Moment sehr ähnlich an. Dabei ist mit Autonomie meist ein positiver Aspekt des selbstständigen Verhaltens gemeint. Einsamkeit hingegen ist negativer konnotiert und beschreibt einen Zustand des Verlustes von Anschluss und sozialen Kontakten.
Ein Beispiel für so einen Aspekt, in der Ethologie auch Korrektiv genannt, wäre die menschliche Nähe.
Erlerntes Verhalten
Neben dem angeborenen Verhalten gibt es außerdem erlerntes Verhalten. Dieses wird im Gegensatz zum angeborenen Verhalten erst im Laufe des Lebens erworben. Das erlernte Verhalten ist durch Erfahrungen geprägt.
Ein Kind, welches sich beispielsweise schon einmal am heißen Herd verbrannt hat, wird nicht mehr auf die Herdplatte fassen. Es hat dem erlerntem Verhalten zu verdanken, dass es sich nicht noch einmal verbrennt. Das Kind weiß nun, dass die Herdplatte heiß sein kann und Schmerzen verursacht. Somit ändert es sein Verhalten dahingehend, dass der Schmerz nicht mehr auftritt.
Die Aufgabe des erlernten Verhaltens ist dabei der Schutz des Individuums.
Angeborenes Verhalten – Versuche zur Genetik
Dass angeborenes Verhalten auf das Erbgut zurückzuführen ist, wurde oben im Artikel schon erwähnt. Wie dies herausgefunden wurde, lernst du in folgendem Absatz.
Die Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten und Verhaltensweisen auseinandersetzt bezeichnet man als Ethologie.
Die Ethologie hat verschiedene Herangehensweisen, um angeborenes Verhalten auszumachen. Hier sind die wichtigsten aufgeführt.
Kaspar-Hauser-Versuche
Bei diesen Versuchen der Verhaltensbiologie handelt es sich um Experimente, bei welchen die Versuchsobjekte unter Erfahrungsentzug gesetzt werden. Dadurch kann erforscht werden, welches Verhalten ausgeübt wird, wenn es nicht erlernt sein kann. Dafür werden diese Versuchsobjekte und ihr Verhalten isoliert betrachtet. Aus ihren Handlungen kann auf angeborenes Verhalten geschlossen werden.
Der Name Kaspar Hauser geht auf einen jungen Mann zurück, der im 17. Jahrhundert aufgefunden wurde und nicht richtig lesen oder sich verständigen konnte. Er nannte sich Kaspar Hauser und wurde vermutlich jahrelang in Isolation in einem dunklen Raum ohne menschlichen Kontakt gehalten. Deswegen tragen manche Isolationsversuche zum Verhalten seinen Namen.
Ein Kaspar-Hauser-Versuch zu Verhalten mit isolierten Kuckucken ergab, dass diese ihre Eier immer in fremde Nester legen, auch wenn sie es sich nicht bei anderen Tieren abschauen können. Ihr Verhalten bleibt trotz Isolation gleich. Auch wenn die Vögel bei anderen Arten aufwachsen, legen sie ihre Eier weiterhin in fremde Nester. Dieses Verhalten muss also angeboren und genetisch verankert sein.
Zwillingsversuche
Bei der Erforschung von angeborenem Verhalten bei Menschen werden häufig Versuche mit eineiigen Zwillingen durchgeführt. Dies ist sinnvoll, da die Zwillinge das gleiche Erbgut besitzen und dadurch eine gute Basis zum Vergleich des Verhaltens darstellen. Wenn die Zwillinge getrennt aufwachsen, kann gut darauf geschlossen werden, welches Verhalten umweltbedingt und welches angeboren sein könnte.
In einem Zwillingsversuch wurde erforscht, wie zu welchem Teil der Intelligenzquotient (kurz IQ) angeboren sein muss. Bei Zwillingen, die getrennt voneinander aufwuchsen, wurde ein sehr ähnlicher IQ festgestellt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass der IQ zumindest eine genetische Komponente enthält. Darauf kann auf angeborenes Verhalten geschlossen werden.
Diese Erblichkeit (= Heritabilität) des IQs macht Schätzungen zufolge etwa 50% des aus, die andere Hälfte geht wohl auf Umwelteinflüsse zurück.
Kreuzungsversuche
Auch dadurch, dass verschiedene Rassen mit anderen Verhaltensweisen gekreuzt werden, kann auf die genetischen Komponenten dieses Verhaltens geschlossen werden.
Bei einem Kreuzungsversuch zum Verhalten von Zugvögeln, wurden zwei Arten miteinander gekreuzt. Die eine Art wies das Verhalten auf, im Winter weit in den Süden zu fliegen. Die zweite Art hatte ein anderes Verhalten und flog nur eine sehr kurze Strecke in den Süden. Bei den gekreuzten Tieren konnte man folgendes Verhalten beobachten: sie flogen eine mittlere Strecke gen Süden. Dadurch konnte darauf geschlossen werden, dass die Länge der Zugstrecke, welche die Vögel fliegen, genetisch bedingt sein muss und damit zu angeborenem Verhalten zählt. Die Zuglänge wurde hierbei anscheinend intermediär vererbt.
Intermediäre Vererbung bedeutet, dass zwei verschiedene Ausführungen eines Merkmals bei der Kreuzung miteinander vermischt werden. Wenn bei einem intermediären Erbgang beispielsweise Pflanzen mit roten und Pflanzen mit weißen Blüten gekreuzt werden, besitzen die Nachkommen eine Mischung dieser Merkmale. In diesem Fall wären dies dann rosa Blüten.
Hinweise für angeborenes Verhalten
Es gibt drei Hinweise, die auf angeborenes Verhalten schließen lassen:
- Die Verhaltensweisen werden von Geburt an (oder bei der Entwicklung) vollständig beherrscht.
- Das Verhalten läuft immer in gleicher Form ab.
- Die Verhaltensweisen laufen im gleichen Kontext bei verwandten Arten ab.
Transkulturelle Universalien
Es gibt Verhaltensweisen und Verhalten, welches überall auf der Welt bei einer Art identisch sind. Dies zählt zum Angeborenen Verhalten und wird als transkulturelle Universalien bezeichnet.
Ein Beispiel für transkulturelle Universalien beim Menschen ist das Lächeln. Dieses Verhalten geschieht automatisch wenn man sich freut und läuft auf der ganzen Welt gleich ab.
Reifung
Teilweise sind angeborene Verhaltensweisen zwar ab der Geburt an im Erbgut vorhanden, es dauert aber, bis diese wirklich ausgeprägt werden. Manche dieser Verhaltensweisen treten erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auf und das Verhalten wird erst durch Übung stetig verbessert. Diesen Vorgang des angeborenen Verhaltens bezeichnet man in der Verhaltensbiologie beziehungsweise Ethologie als die sogenannte Reifung.
Ein Versuch zur Reifung wurde beispielsweise an Jungvögeln durchgeführt, die an ihrem typischen Verhalten, den Flügelschlag, gehindert wurden. Trotzdem zeigten sie beim Fallen aus dem Nest das bekannte Verhalten Flügelschlagen. Somit wurde bewiesen, dass die Tiere dies nicht vorher trainieren müssen, sondern der Flügelschlag und das damit einhergehende Fliegen mit der Muskelentwicklung zusammenhängen müssen. Dieses angeborene Verhalten kann trotzdem durch Übung verbessert werden.
Elterliche Effekte
Ein weiterer Aspekt der Ethologie, welcher sich auf den Phänotyp auswirken kann, ohne genetisch veranlagt zu sein, sind elterliche Effekte.
Dabei entscheiden Entwicklungsprozesse vor der Geburt über die spätere Entwicklung und das Verhalten des Individuums. Da diese elterlichen Effekte sehr breit gefächert sind, hier ein paar wichtige Beispiele zu elterlichen Effekten, auch exogene Einflüsse genannt:
- Bei Honigbienen werden aus unbefruchteten Eiern Drohnen, aus befruchteten aber schlüpfen Arbeiterinnen.
- Bei Anemonen wird das stärkste Männchen, wenn das Weibchen stirbt, selbst zum Weibchen. Dieses Verhalten bezeichnet man als modifikatorische Geschlechtsbestimmung.
- Bei Mäusen wird das Geschlecht durch den Platz beeinflusst, den sie im Mutterleib annehmen.
Das Instinktverhalten
Das Instinktverhalten zählt zu den angeborenen Verhaltensweisen. Es beschreibt eine Handlung und ein Verhalten, das bei gleichen Bedingungen immer gleich abläuft. Dieses Verhalten ist genetisch festgelegt.
Dabei ist das Instinktverhalten im Gegensatz zum Reflex eine komplexere Handlung und setzt sich nicht nur aus einer einzigen Handlung zusammen.
Zur Instinktbewegung zählt beispielsweise spezifisches Verhalten wie die Nahrungssuche einer Art oder auch das Verhalten bei der Flucht.
Im Jahre 1937 stellte Konrad Lorenz seine Theorie zur Instinktbewegung des angeborenen Verhaltens vor. Dabei machte er diese an vier Teilelementen fest:
- Es muss einen Schlüsselreiz geben, welcher die Instinkthandlung und das Verhalten auslöst.
- Es gibt einen angeborenen Auslösemechanismus (AAM), welcher genetisch bedingt ist.
- Ermöglicht wird die Handlung durch eine Bewegungskomponente.
- Ein Antrieb oder Anreiz für die Instinkthandlung muss vorhanden sein.
Weiterhin definiert Lorenz die Instinkthandlung als ein Verhalten, welches bei allen Exemplaren einer Art ablaufen muss. Dabei ist es egal, ob diese isoliert worden sind oder vorher an diesem Verhalten gehindert worden sind.
Schlüsselreize
Ein Schlüsselreiz ist definiert als ein Reiz, der ein bestimmtes Verhalten hervorruft. Um dieses Instinktverhalten auszulösen, benötigt es ein auslösendes Merkmal und den angeborenen Auslösemechanismus (AAM). Dieser gilt als Zündschlüssel des angeborenen Verhaltens.
Die Merkmale des Schlüsselreizes sind sein kurzes aber prägnantes Auftreten und dass er wenig Einzelreize benötigt. Das Handeln und Verhalten tritt daraufhin fast sofort ein; es benötigt keine langen Gedankengänge dafür.
Ein Schlüsselreiz hat die Eigenschaft, dass er motivierend und lenkend, beziehungsweise ausrichtend ist. In einigen Fällen ist der Schlüsselreiz auch abschreckend.
Mit motivierend ist gemeint, dass der Schlüsselreiz die Bereitschaft zur Handlung verstärkt. Lenkend und ausrichtend ist der Schlüsselreiz insofern, als dass er das Individuum und sein Verhalten in eine bestimmte Richtung lenkt, in welche die Handlung ablaufen soll.
So einen Schlüsselreiz kannst du bei Hühnern beobachten. Wenn das Küken nach der Mutter ruft (Schlüsselreiz), dann wendet sich die Henne sofort dem Kind zu (AAM + Instinkthandlung). Dies ist ein angeborenes Verhalten.
Reflexe
Eine weitere Form des angebornen Verhaltens ist der Reflex. Dieser hat spezielle Merkmale, die ihn von der Instinkthandlung und anderen Handlungen abgrenzen.
Reflexe sind:
- Unwillkürlich, das heißt, das Verhalten kann von den Individuen nicht beeinflusst werden.
- Automatisch, das Verhalten läuft ohne große Verschaltungen im Gehirn ab.
Ablauf der Reflexhandlung
Die Aufgabe des Verhaltens bei Reflexen ist der Schutz des Individuums. Ein Reflex wird im sogenannten Reflexbogen beschrieben, wie in Abbildung 1 dargestellt. Diesen lernst du in folgendem Abschnitt kennen:
- Ein Reiz trifft auf eine Sinneszelle und ihren Rezeptor.
- Die Sinneszelle leitet das Signal über sensorische Nerven weiter zum Rückenmark, welches zum ZNS gehört.
- Das Signal wird im Rückenmark verschaltet und an eine sensorische Nervenzelle weitergegeben.
- Diese motorische Nervenzelle gelangt zum Zielorgan (eine Muskelzelle), welche dann eine Reaktion und ein Verhalten, den Reflex, auslöst.
Sensorische Nervenzellen, auch als afferent bezeichnet, leiten Signale weiter zum Zentralnervensystem (ZNS). Motorische Nervenzellen hingegen, auch efferent genannt, leiten die Signale vom ZNS zum Zielorgan, hier zum Muskel. Dieser führt das Verhalten aus.
Es gibt Eigen- und Fremdreflexe. Eigenreflexe sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Verhalten beim Reflex am gleichen Ort passiert, an dem der Reiz aufgenommen wurde.
Dies ist beim Kniesehnen Reflex der Fall. Der Reiz wird am Knie durch einen Schlag ausgelöst und das Verhalten, in dem Fall die Bewegung im Kniegelenk, erfolgt am gleichen Ort.
Bei einem Fremdreflex, wird das Verhalten an einer anderen Stelle ausgeführt, als der Reiz eingegangen ist.
Ein Beispiel dafür ist der Pupillenreflex, da der Sehnerv gereizt wird, aber die Pupille sich verengt.
Angeborenes Verhalten – Das Wichtigste
- Angeborenes Verhalten ist genetisch bedingt.
- Nur weil das Verhalten angeboren ist, muss es nicht von Geburt an verfügbar sein.
- Angeborenes Verhalten kann durch Zwillings- oder Isolationsversuche erforscht werden.
- Das Instinktverhalten ist eine Handlung, die komplex ist und bei gleichen Bedingungen immer gleich abläuft.
- Reflexe sind unwillkürliche Verhaltensweisen des angeborenen Verhaltens.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Angeborenes Verhalten
Was ist ein angeborenes Verhalten?
Angeborenes Verhalten ist im Erbgut verankert und wird von Individuen einer Art ausgeführt.
Was unterscheidet angeborenes und erlerntes Verhalten?
Angeborenes Verhalten ist genetisch bedingt, erlerntes Verhalten hingegen ist auf die Umwelt des Individuums zurückzuführen. Trotzdem können die Verhaltensweisen schwer isoliert betrachtet werden.
Welche Beispiele gibt es für angeborenes Verhalten?
Ein Beispiel für angeborenes Verhalten wäre ein Versuch mit Zugvögeln. Dabei flog die Kreuzung zwischen Langstrecken- und Kurzstrecken-fliegenden Vögeln nur noch mittel lang.
Ein weiteres Beispiel wären Reflexe, wie der Kniesehnen Reflex.
Welche Vor- und Nachteile hat angeborenes Verhalten?
Ein Vorteil ist, dass sich die Nachkommen auch ohne die Eltern eine Selbstständigkeit aneignen können. Trotzdem kann angeborenes Verhalten zum Problem werden, wenn es zum Beispiel nicht auf die wechselnde Umwelt angepasst ist.
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