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Die Literatur umfasst alle schriftlichen Erzeugnisse und ist ein sehr weit gefasster Begriff. Die Bezeichnung selbst wurde in der Vergangenheit verwendet, um die res publica literaria, also die Gelehrtenwissenschaften zu beschreiben. Erst nach dem Begriffswandel im Laufe des 19. Jahrhunderts, in der der Literatur eine größere Bedeutung zugeschrieben wurde, entwickelte sich das heutige Verständnis dafür.
Eine Trennung ist nicht einfach, da die Übergänge zwischen den Literaturepochen fließend sind. Daher überlappen sich zeitliche Einordnungen, was auch dazu führt, dass bestimmte Werke nicht nur einer Literaturepoche zugeordnet werden können, sondern auch Merkmale einer anderen Epoche aufweisen.
Die Literaturepochen – Überblick
Unter einer Literaturepoche versteht man einen Zeitabschnitt der Literaturgeschichte, der bestimmte Merkmale aufweist. Zu diesen Merkmalen gehören in der Literatur behandelte Themen und Motive, aber auch bedeutende Werke dieser Zeit sowie zeitgeschichtliche Ereignisse.
Die deutsche Literatur wird in die Epochen aus der folgenden Übersicht unterteilt:
Dieser Artikel soll Dir einen ersten Überblick über die wichtigsten Literaturepochen der deutschen Literatur bieten. Wenn Du mehr Informationen zu den einzelnen Literaturepochen erhalten möchtest, dann klicke dich gerne in unsere zahlreichen Zusammenfassungen wie zum Beispiel "Fin de Siècle" oder "Nachkriegsliteratur" rein!
Aufklärung (1720–1785)
Die Literaturepoche der Aufklärung befasste sich mit der Vernunft und dem Aufstieg des Bürgertums. Sie wurde vor allem vom deutschen Philosophen Immanuel Kant geprägt.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Zur Zeit der Aufklärung herrschte in Deutschland der Absolutismus von 1648 bis 1789. Das Land war aufgeteilt in ungefähr 350 Fürstentümer, in denen absolutistischen Fürsten die alleinige Regierungsmacht zustand.
Unter dem Absolutismus versteht man eine politische Herrschaftsform, bei der alle Staatsgewalt von nur einer Person ausgeht. Dieser Machthaber, auch Monarch genannt, entschied eigenständig ohne jegliche politische Mitentscheidung Anderer über Gesetze im Land. Er verkörperte auch den höchsten Richter.
Die Bedürfnisse des einfachen Volkes wurden hierbei meist gänzlich missachtet, was zu großen Unmut und Konflikten in der Bevölkerung führte. Der Absolutismus endete mit der Französischen Revolution von 1789.
Wichtige Themen und Motive
- Vernunft,
- Toleranz und Bildung,
- Aufklärung als "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant),
- Autonomes Ich als Gegenstück zur Abhängigkeit von Autoritäten.
Die Aufklärung war geprägt von dem Bekenntnis zur Vernunft. Mit dieser Vernunft einhergehend, plädierte die aufklärerische Gesinnung für Toleranz, Bildung und Unabhängigkeit.Folgendes Zitat vom deutschen Philosophen Immanuel Kant galt als Leitmotiv der Aufklärung:
Sapere aude!
Wage es, dich der Vernunft zu bedienen!
Er forderte unter anderem eine Loslösung von der Fürstenwillkür, Klassengesellschaft und Unkenntnis. Kant sah die Aufklärung als "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Unter dieser Unmündigkeit verstand er die Unfähigkeit, autonom (selbstständig) zu denken, seine Meinung zu sagen und zeitgenössische Zustände zu kritisieren.Das Gegenstück zu dieser Unmündigkeit bildet das "autonome Ich". Dieses ermöglicht die Befreiung von jeglicher Abhängigkeit und führt zur Selbstverwirklichung, Fortschritt, Wissenschaft und Freiheit.
Die Literatur der Aufklärung
In der aufklärerischen Literatur dominierte das Bildungsbürgertum.
Unter dem Bildungsbürgertum versteht man eine Gesellschaftsschicht, der Bildung, Wissenschaft, Kultur und das Gemeinwohl besonders wichtig ist.
Vor allem moralische Wochenschriften gewannen an Beliebtheit. In diesen wurde die Leserschaft moralisch belehrt und aufklärerische Wertvorstellungen wurden den Bürgern nahegelegt.
Wusstest Du, dass zu Zeiten der Aufklärung zum ersten Mal die Gesamtheit aller Werke des englischen Dichters William Shakespeares übersetzt wurden? Im Jahr 1762 begann der deutsche Autor Christoph Martin Wieland mit der Übersetzung, die später von anderen Übersetzern fortgeführt wurde.
Wichtige Autoren der Aufklärung sind zum Beispiel:
- Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781): Der deutsche Dichter ist einer der wichtigsten Vertreter der Aufklärung. Zu seinen bekanntesten Werken gehören seine Dramen "Nathan der Weise" und "Emilia Galotti". Lessing setzte sich unter anderem für ein "Christentum der Vernunft" und für mehr Toleranz anderen Weltreligionen gegenüber ein. Diese kritische Haltung hatte einen Streit mit einigen Theologen zur Folge, weshalb ihm schlussendlich seine Zensurfreiheit entzogen wurde. Trotzdem schaffte er es in seinem Drama "Nathan der Weise" in der berühmten Ringparabel die Frage nach der "wahren" Weltreligion zu behandeln: Ob es eine einzig wahre Weltreligion gibt und welche diese ist, lässt sich nicht sagen, allerdings sollen alle Religionen sich versöhnen und gegenseitig tolerieren.
Wenn du mehr über andere Werke Lessings erfahren willst, dann schau dir doch unsere Artikel "Nathan der Weise", "Emilia Galotti" oder "Minna von Barnhelm" an!
- Johann Christoph Gottsched (1700–1766): Gottsched war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Als Aufklärer forderte er mehr Moralität und Belehrungen in der Dichtung. Er war unter anderem Herausgeber der Zeitschrift "Die vernünftigen Tadlerinnen", in der er der Leserschaft sein Vernunftideal nahelegte.
Sturm und Drang (1765–1785)
Die literarische Strömung des Sturm und Drang verlief zwar zeitgleich mit der Aufklärung, bildete gewissermaßen aber eine Gegenbewegung zu ihr. Im Zentrum des Sturm und Drang stand die Freiheit, die Emotionalität, die Natur und damit verbunden das sogenannte literarische "(Original-) Genie".
Der Begriff "(Original-) Genie" bildete das Leitmotiv der Stürmer und Dränger. Das Genie lebte frei nach seinen eigenen Vorstellungen und lebte seine Kreativität aus.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Zu Zeiten des Sturm und Drang herrschten enorme soziale Ungleichheiten. Die Vertreter dieser Epoche bildeten einen literarischen Aufstand gegen die gesellschaftlichen Missstände, zu denen absolutistische Herrschaftsstrukturen und Standesschranken gehörten. Die junge Generation lehnte sich gegen die sogenannte "Vaterordnung" auf.
Die Ständegesellschaft
Unter einem Stand versteht man eine gesellschaftliche Schicht (Gruppe). Die Ständegesellschaft ließ sich unterteilen in drei Stände: Klerus (Geistliche), Adel und das einfache Volk (Bauern, Händler etc.). Über 90 % der Menschen gehörten dabei dem dritten Stand, also dem des einfachen Volkes an.
Die Werte dieser literarischen Epoche standen im Kontrast zur Aufklärung, wonach die Vernunft im Mittelpunkt stehen sollte. Für die Stürmer und Dränger waren diese Ideale überholt.
Wichtige Themen und Motive
- Natur,
- Künstlerisches Genie,
- Subjektivismus und Emotionalität.
Zur Zeit des Sturm und Drang gab es einen kulturellen Wandel in der Gesellschaft und vor allem junge Menschen fingen an, alte Werte zu hinterfragen. Die sogenannten Stürmer und Dränger wandten sich immer mehr der Natur zu und fanden in ihr eine Quelle der Kreativität. Die Natur, ebenso wie der Mensch und jedes Sein, stellten für sie ein Abbild alles Göttlichen dar (= Pantheismus). Das sogenannte (Orignial-) Genie bildete das Leitbild der Stürmer und Dränger. Unter einem Genie verstanden sie einen Menschen, der frei nach eigenen Vorstellungen lebt und seine Kreativität auslebt. Vor allem der Mensch als Einzelner und seine Emotionen standen im Vordergrund.
Literatur des Sturm und Drang
Die Autorenschaft des Sturm und Drang setzte sich vor allem aus jungen Menschen zusammen. Dies spiegelte sich auch in den Motiven der zu dieser Periode entstandenen Werken wider: Freundschaft, hingebungsvolle Liebe, aber auch Rebellion gehörten zu den Hauptthemen, die in der Literatur aufgegriffen wurden.
Wichtige Autoren des Sturm und Drang sind:
- Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832): Goethe gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Dichtern. Sein Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" zählt zu den Hauptwerken des Sturm und Drang und erzählt von einer unglücklichen Liebesbeziehung, die im Suizid des Protagonisten endet.
- Friedrich Schiller (1759–1805): Zu den bekanntesten Werken Schillers gehören "Die Räuber" und "Kabale und Liebe". Nach seinem Umzug nach Weimar lernte Schiller Goethe kennen und pflegte mit diesem eine langjährige Freundschaft. "Die Räuber" gilt als der Prototyp der Literaturepoche des Sturm und Drang und wurde von dem damals 21-jährigen Schiller verfasst.
- Johann G. Herder (1744–1803): Herder gilt als Wegbereiter des Sturm und Drang. Seine Fragmente "Über die neuere deutsche Literatur" von 1767 bilden mitunter sein wichtigstes Werk.
Wusstest Du schon, dass die literarische Strömung ihren Namen durch Maximilian Klinger erhielt? In seinem berühmten Drama "Sturm und Drang" (1776) setzt er sich intensiv mit seiner eigenen Gefühlswelt auseinander. Zeitgenössisch wurde die Literaturepoche noch als "Genieperiode" bezeichnet, erst ab den 1820er-Jahren wurde sie zum "Sturm und Drang" umbenannt.
Weimarer Klassik (1786–1805)
Im Zentrum der Weimarer Klassik stand die Menschlichkeit und Harmonie. Der Tod Friedrich Schillers im Jahr 1805 kennzeichnete das Ende dieser Literaturepoche.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die Literaturepoche der Weimarer Klassik war stark geprägt von der Französischen Revolution: die Menschen wollten die Folgen der Revolution hinter sich lassen und strebten nach einer kultivierten sowie geordneten Welt.
Ziel der Französischen Revolution war es, dem König seine alleinige Regierungsmacht zu entnehmen und somit das absolutistische System zu stürzen. Die Werte der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (französisch liberté, egalité, fraternité) wurden zur Parole der Revolution.
Doch nicht nur die Französische Revolution, auch die politische Instabilität aufgrund von Kriegen und Volksaufständen verunsicherte die Menschen. Die Gesellschaft wurde daher als eine Art Projekt angesehen – mithilfe der ästhetischen Selbstbildung sollte eine gesellschaftliche Harmonie erreicht werden.
Wichtige Themen und Motive
- Französische Revolution,
- Humanität,
- Erziehung des Menschen als Aufgabe der Kunst,
- die "schöne Seele".
Die Weimarer Klassik kann als Schnittstelle zwischen den Idealen der Aufklärung und des Sturm und Drang verstanden werden: Es wurde ein Ausgleich zwischen Verstand (ratio) und Emotion (emotio) angestrebt.
Motive der griechischen Antike galten als Vorbild für die Weimarer Klassik (siehe zum Beispiel das Bühnenstück Iphigenie auf Tauris von Johann Wolfgang von Goethe). Nach den Schrecken der Französischen Revolution wurden Werte wie Humanität, Bildung und Harmonie angestrebt. Die "schöne Seele" verkörperte diese Werte. Dabei wurde die Erziehung des Menschen als Aufgabe der Kunst verstanden. Vorausgesetzt wurde hierbei, dass jeder Mensch bereits alle Anlagen zur sittlichen Selbstbestimmung von Geburt an in sich trägt.
Unter Sittlichkeit versteht man allgemeingültige Regelungen über sozial erwünschte Verhaltensweisen.
Literatur der Weimarer Klassik
In der Literatur der Weimarer Klassik wurde das Ideal des Weltbürgertums verfochten, das im Gegenzug zur Nationalstaatsidee steht. Die Gesellschaft sollte vereinigt werden und in Frieden und Harmonie zusammenleben. Die Literatur als Teil der "schönen Kunst" sollte hierbei Abhilfe schaffen und zur "Veredelung" des Menschen beitragen.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! - Johann Wolfgang von Goethe in "Das Göttliche"
Zu den wichtigsten Autoren der Weimarer Klassik gehören:
- Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller galten als Hauptvertreter der Weimarer Klassik.
- Heinrich von Kleist (1777–1811): Der deutsche Dramatiker kann zwar nicht ausschließlich der Klassik zugeordnet werden, in seinen Werken lassen sich aber einige Merkmale der Weimarer Klassik wie mythologische Inhalte wiederfinden.
Romantik (1795–1830)
Die Romantik bildete eine Gegenbewegung zum aufklärerischen, vernunftorientierten Denken und der voranschreitenden Industrialisierung. In ihr standen das Individuum und seine Gefühlswelt im Mittelpunkt. Die Romantik kann in drei Phasen gegliedert werden: Frühromantik (1795–1804), Hochromantik (1804–1815) und Spätromantik (1815–1830).
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die Literaturepoche der Romantik wurde mitunter geprägt von der frühindustriellen Phase. Die Gesellschaft schritt wissenschaftlich und technisch voran. Die Anhänger der Romantik lehnten diesen Fortschritt ab und wollten stattdessen das Mystische und Unerforschte der Welt beibehalten. Ziel in der Romantik war es daher, die Gesellschaft zu poetisieren und die Welt als Ganzes zu romantisieren.
Wichtige Themen und Motive
- Innere Empfindungen,
- Wahnsinn,
- Natur, Wandern, Nacht,
- blaue Blume (Symbol).
In der Romantik standen die inneren Empfindungen des Menschen im Vordergrund. Zu diesen gehörten der Ich-Verlust, Sehnsüchte, aber auch der Wahnsinn. Das Motiv der Nacht symbolisierte das Unerforschte und Mystische, wonach die Anhänger der Romantik zu Zeiten der frühindustriellen Phase strebten. Die Natur, ebenso wie die Wanderung, sind Motive, die in der Romantik häufig aufgegriffen wurden. Die blaue Blume beispielsweise symbolisierte die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren und Fernen.
Unter dem ich-Verlust versteht man den psychischen Tod, also den Prozess, an dessen Ende der Wahnsinn steht.
Die Literatur der Romantik
In der Romantik erlebten literarische Salons ihre Blütezeit. Hier trafen sich vor allem Frauen, um literarische Werke zu diskutieren und Lesungen abzuhalten.
Wichtige Autoren der Romantik sind:
- Joseph von Eichendorff (1788–1857): Die Dichtung Eichendorffs stellt den Höhepunkt der spätromantischen Lyrik dar. Als typisches Werk der Romantik gilt sein Gedicht "Mondnacht", in dem er seine Sehnsucht nach dem Paradies äußerte. Ein weiteres bekanntes Werk Eichendorffs ist seine Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts".
- E. T. A. Hoffmann (1776–1822): Hoffmann gehört nicht nur aufgrund seiner literarischen, sondern auch musikalischen und künstlerischen Fähigkeiten zu den bedeutendsten Vertretern der Romantik. Zu seinen wichtigsten literarischen Werken gehören der Roman "Die Elixiere des Teufels" und die Erzählung "Der Sandmann".
Vormärz und Biedermeier (1815–1848)
Die beiden Literaturepochen lassen sich in die Zeit zwischen dem Wiener Kongress 1814/15 und der Märzrevolution 1848 einordnen und verliefen parallel zueinander. Der Vormärz forderte unter anderem diverse Freiheitsrechte, die Gleichbehandlung aller Menschen sowie die Souveränität des Volkes. Die Epoche des Biedermeier bildete das Gegenstück zum Vormärz und nahm alle gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten so an, wie sie waren.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die Literaturepochen waren geprägt von der Restauration nach dem Wiener Kongress: Das absolutistische System, das vor der Französischen Revolution bestanden hatte, sollte wiederhergestellt werden. Somit stand dem Volk kein Mitentscheidungsrecht über politische und gesellschaftliche Sachverhalte zu.
Auch aufgrund des Beginns der Industrialisierung entstanden soziale Missstände wie Arbeitslosigkeit und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in den Fabriken. Die Strömung "Junges Deutschland", die dem Vormärz zuzuordnen ist, forderte die Gleichbehandlung aller Bürger sowie die Pressefreiheit.
Wichtige Themen und Motive
Die Literaturepochen des Vormärz und Biedermeier unterschieden sich inhaltlich erheblich. Damit die Unterschiede zwischen den beiden Literaturepochen deutlich werden, haben findest Du hier ihre wichtigsten Themen tabellarisch zusammengefasst:
Vormärz | Biedermeier |
Radikaldemokratie | Konservatismus |
Forderung nach Presse- und Freiheitsrechten | unpolitische Literatur |
Kritik an sozialen und politischen Missständen | Schaffung einer heilen, poetischen Welt |
Rationalität und Progressivität | Schicksalsergebenheit |
Gleichbehandlung aller Menschen | Ordnung und Beschaulichkeit |
Du möchtest mehr zu den Themen und Motiven in den Literaturepochen wissen? Vormärz und Biedermeier erfahren? Dann schaue Dir gerne unsere Erklärungen "Vormärz Literatur" und "Biedermeier Literatur" an!
Die Literatur des Vormärz und des Biedermeier
Die Anhänger des Vormärz sahen die Literatur als Mittel, Widerstand gegen das bestehende politische System zu leisten. Anders als im Vormärz war die Literatur des Biedermeier hingegen unpolitisch: Gesellschaftliche und politische Gegebenheiten wurden akzeptiert und die "guten alten Zeiten" vermisst.
Wichtige Autoren dieser Literaturepochen sind:
- Georg Büchner (1813–1837): Der deutsche Schriftsteller und Revolutionär verstarb bereits im Alter von 23 Jahren. Trotzdem gehört er zu den bekanntesten Anhängern des Vormärz und verfasste Klassiker wie "Woyzeck" oder "Der Hessische Landbote". Dabei gilt "Woyzeck" als erstes sozialkritisches Drama.
- Adalbert Stifter (1805–1868): Der österreichische Schriftsteller ist einer der bekanntesten Vertreter des Biedermeier. Bekannt ist er vor allem durch die Erzählsammlung "Bunte Steine" geworden.
Realismus (1850–1890)
Die Realisten setzten auf eine wahrheitsgetreue Darstellung des bürgerlichen Lebens. Es lassen sich zwei Strömungen der Literaturepoche des Realismus ausmachen: poetischer und bürgerlicher Realismus.
Abb. 8 - Literaturepoche des Realismus
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die voranschreitende Industrialisierung führte zu zahlreichen gesellschaftlichen Veränderungen. Es kam zu einer Urbanisierung (Verstädterung), da die Stadt für viele Bürger die einzige Möglichkeit darstellte, Arbeit zu finden. Die Überfüllung der Städte und das Aufeinandertreffen verschiedener gesellschaftlicher Schichten führte zu Konflikten. Gleichzeitig litten die Menschen unter unwürdigen Arbeitsbedingungen und viele verloren aufgrund des technischen Fortschrittes ihre Anstellung. Im Jahr 1871 wurde darüber hinaus der deutsche Nationalstaat gegründet.
Wichtige Themen und Motive
- Bürgertum als führende Schicht,
- wahrheitsgetreue Darstellung der Wirklichkeit,
- Verzicht auf Gesellschaftskritik.
Vor allem das Leben des Bürgertums wurde in den Werken des Realismus behandelt. Wichtig war dabei, dieses bürgerliche Leben möglichst wahrheitsgetreu wiederzugeben. Realisten verzichteten dabei jedoch weitestgehend auf jegliche Gesellschaftskritik und beschrieben auch nur diejenigen Aspekte der Wirklichkeit, die sie zeigen wollten. Dabei wurden der Leserschaft Schilderungen über gesellschaftliche, politische und sonstige Missstände meist vorenthalten.
Die Literatur des Realismus
Im Realismus stand die individuelle Denkweise des Autors im Vordergrund. Die Autoren hielten sich bei jeglicher Kritik zurück und filterten subjektiv heraus, welche Aspekte der Wirklichkeit sie in ihren Werken darstellten.
Wichtige Autoren dieser Literaturepoche sind:
- Theodor Fontane (1819–1898): Fontane wird dem poetischen Realismus zugeordnet. Wenn auch nicht direkt, äußerte er durch Kritik an einzelnen Figuren des Öfteren auch Gesellschaftskritik, was für den Realismus eher untypisch war. Berühmte Werke von Theodor Fontane sind "Effi Briest" und "Frau Jenny Treibel".
- Theodor Storm (1817–1888): Theodor Storm gilt als Vertreter des bürgerlichen Realismus. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören "Der Schimmelreiter" und "Immensee".
Expressionismus (1910–1925)
In der Literatur des Expressionismus standen die Gefühle und Erlebnisse im Vordergrund, die mit den historischen Umwälzungen in Verbindung standen.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Der Erste Weltkrieg, die Urbanisierung und das Bevölkerungswachstum führten bei den Expressionisten zu einem Gefühl der Entfremdung. Sie fühlten sich ihrer Individualität beraubt und suchten Zuflucht im Streben nach dem "neuen Menschen".
Wichtige Themen und Motive
- Konflikte der Gesellschaft ("Enthumanisierung"),
- Kampf um geistige und intellektuelle Freiheit,
- Streben nach dem neuen Menschen.
Zentrale Themen, die in der Literatur behandelt wurden, waren das Leben in der Großstadt und später auch der Erste Weltkrieg. Expressionisten wehrten sich gegen den Kapitalismus, den Materialismus und den Individualitätsverlust beziehungsweise die Enthumanisierung. Im "neuen Menschen" sahen sie einen Ausweg aus dieser Krise. Dieser lehnte Kriege und Gewalt ab, lebte in Freiheit und kennzeichnete den Beginn eines neuen, modernen Zeitalters.
Der Expressionismus ist eine Revolution - Paul Hatvani
Die Literatur des Expressionismus
Auch die Literaturepoche des Expressionismus wurde vor allem von jungen Menschen getragen. Die Dichter dieser Epoche sahen sich als eine Art Propheten, deren Aufgabe es war, den "neuen Menschen" und somit den Beginn eines neuen Zeitalters einzuleiten.
Wichtige Autoren des Expressionismus sind zum Beispiel:
- Georg Kaiser (1878–1945): Der deutsche Schriftsteller zählt zu den bekanntesten expressionistischen Dramatikern. Bekannte Werke Kaisers sind sein Bühnenstück "Von Morgens bis Mitternachts" und sein Drama "Die Bürger von Calais".
- Franz Kafka (1883–1924): Zwar lassen sich Kafkas Werke nicht einer eindeutigen literarischen Strömung zuordnen, zeitgeschichtlich gesehen gehören sie jedoch dem Expressionismus an. Besonderes Kennzeichen seiner Werke ist sein einzigartiger, teils unheimlicher Schreibstil. Vor allem seine zahlreichen Erzählungen wie "Die Verwandlung" oder "In der Strafkolonie" gehören zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen.
Neue Sachlichkeit, Exilliteratur und Trümmerliteratur(1918–1950)
Die Literaturepochen der Neuen Sachlichkeit, Exilliteratur und Trümmerliteratur bewegten sich um den Ersten und Zweiten Weltkrieg.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die Literatur der Neuen Sachlichkeit entstand in der Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und dem Zweiten Weltkrieg, also zur Zeit der Weimarer Republik. Die Exilliteratur umfasst alle Werke, die zu Zeiten des Nationalsozialismus (1933–1945) entstanden. Hingegen gehören zur Trümmerliteratur alle Werke aus den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Wichtige Themen und Motive der Neuen Sachlichkeit (1918–1933)
- Fokus auf Lebensrealität und Abgrenzung vom Expressionismus,
- Verarbeitung des Ersten Weltkrieges.
Die Neue Sachlichkeit (1918–1933) wurde als Gegenstück zur Literaturepoche des Expressionismus verstanden. Die Realität sollte so dargestellt werden, wie sie war – im Gegensatz zum Realismus wurden jedoch auch zeitgeschichtliche Missstände thematisiert. Dazu gehörten auch der Erste Weltkrieg, der literarisch verarbeitet wurde.
Wichtige Themen und Motive der Exilliteratur (1933–1945)
- Opposition zur NS-Ideologie.
Die Exilliteratur der deutschen Literaturgeschichte umfasst Werke von Autoren, die zwischen 1933 und 1945 aus politischen und religiösen Gründen in das Ausland fliehen mussten (= Exil). Dies betraf hauptsächlich jüdische Schriftsteller*innen, aber auch andere Minderheiten, die während des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Das gemeinsame Ziel der Exilautor*innen war es, die Leserschaft über das Regime der Nationalsozialisten zu informieren und davor zu warnen.
Wichtige Themen und Motive der Trümmerliteratur (1945–1950)
- Nachkriegszeit,
- Trauma der Zeitzeugen.
Die Trümmerliteratur fand ihren Anfang direkt nach Ende des Zweiten Weltkrieges (1945), als Deutschland wortwörtlich "in Trümmern lag". Vertreter dieser deutschen Literaturepoche waren oftmals selbst Heimkehrer und schilderten die Veränderungen Deutschlands zu dieser Zeit. Auch die Traumata aus der Kriegszeit wurden literarisch verarbeitet. Ziel war es dabei unter anderem, die ideologische und rassistische Sprache des Nationalsozialismus zu beseitigen.
Wichtige Autoren dieser Literaturepochen sind:
- Bertolt Brecht (1898–1956): Der deutsche Schriftsteller verließ im Jahr 1933 nach dem Reichstagsbrand das Land und floh vorerst nach Prag, anschließend lebte er aber auch in vielen weiteren Städten Europas. Zu seinen berühmtesten Werken gehören das Drama "Mutter Courage und ihre Kinder" und das epische Theaterstück "Die heilige Johanna der Schlachthöfe".
Wusstest Du schon? Im Jahr 1935 wurde Bertolt Brecht sogar seine deutsche Staatsbürgerschaft entzogen!
- Thomas Mann (1875–1955): Auch Thomas Mann verließ im Zuge der NS-Zeit seine Heimat und lebte in der Schweiz und in den USA. "Der Zauberberg", "Der Tod in Venedig" und "Doktor Faustus" sind drei der zahlreichen bekannten Werke Thomas Manns.
- Wolfgang Borchert (1921–1947): Der deutsche Schriftsteller ist vor allem für seine Kurzgeschichten bekannt; er veröffentlichte aber auch Gedichte und ein Theaterstück. Zu seinen bekanntesten Kurzgeschichten, die gleichzeitig auch das Leben nach dem Zweiten Weltkrieg behandeln, gehören "Die Kirschen" und "Nachts schlafen die Ratten doch".
Postmoderne (ab 1989)
Die Postmoderne ist zeitlich nicht eindeutig einzugrenzen. Während einerseits davon ausgegangen wird, dass sie ihren Anfang bereits im Jahr 1968 hatte, ordnen andere ihren Beginn erst ab dem Jahr 1989 ein. Im Jahr 2011 verkündete der deutsche Philosoph Markus Gabriel, dass die Postmoderne zu Ende sei.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Anfänge der Postmoderne im Jahr 1989 liegen. In diesem Jahr endete der Kalte Krieg und der Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands begann, der schließlich in der Wiedervereinigung im Jahr 1990 mündete. Zudem schritten die Globalisierung und Digitalisierung immer weiter voran und brachten gleichzeitig neue Herausforderungen mit sich.
Wichtige Themen und Motive
- Ästhetische Vielfalt,
- Zurückgreifen auf Ideen aus Moderne,
- Intertextualität.
In der Literatur der Postmoderne lassen sich nicht eindeutige Hauptthemen und -motive finden. Vielmehr war es das Ziel, eine ästhetische Vielfalt in der Literatur zu erzeugen. Dabei gingen die Anhänger der Postmoderne jedoch davon aus, dass alle originellen und neuen Ideen bereits ausgeschöpft sind. Deswegen bezogen sie sich auf viele Ideen aus der Moderne. Die Intertextualität spielte in der Literatur der Postmoderne ebenfalls eine bedeutende Rolle.
Intertextualität bedeutet, dass ein Text sich auf weitere Texte oder andere Medien bezieht. Dies können beispielsweise Zitate von anderen Autoren oder Vergleiche mit anderen Werken sein.
Die Literatur der Postmoderne
Genauso vielfältig wie die behandelten Themen und Motive dieser Literaturepoche sind auch ihre Anhänger. Wichtige Autoren der Postmoderne sind zum Beispiel:
- Umberto Eco (1932–2016): Der italienische Schriftsteller ist vor allem bekannt für seinen Roman "Der Name der Rose". Typische Merkmale der Postmodernen Literatur lassen sich auch in seinem Roman "Das Foucaultsche Pendel" finden: Eco kombinierte hier verschiedene Romanarten und verwies dabei auf zahlreiche philosophische und geschichtliche Gegebenheiten.
- Patrick Süskind (geb. 1942): Der deutsche Schriftsteller erlangte mit seinem Roman "Das Parfum" weltweiten Erfolg. Doch auch sein Einakter (= Bühnenstück mit nur einem Akt) "Der Kontrabaß" wurde nicht nur auf unzähligen Bühnen Deutschlands, sondern auch international aufgeführt.
Wusstest Du schon, dass Das Parfum der einzige Roman ist, den Patrick Süskind je veröffentlicht hat? Der Roman wurde knapp 20 Millionen Mal verkauft und in über 49 Sprachen übersetzt!
Literaturepochen - Das Wichtigste
- Die Literaturepoche der Aufklärung befasste sich mit der Vernunft und dem Aufstieg des Bürgertums.
- Im Zentrum des Sturm und Drang standen die Freiheit, die Emotionalität, das Genie und die Natur.
- Im Zentrum der Weimarer Klassik standen die Menschlichkeit und Harmonie.
- In der Romantik standen das Individuum und seine Gefühlswelt im Mittelpunkt.
- Die Anhänger des Vormärz sahen die Literatur als Mittel, Widerstand gegen das bestehende politische System zu leisten.
- Die Literatur des Biedermeier war hingegen unpolitisch: Gesellschaftliche und politische Gegebenheiten wurden akzeptiert und die "gute alte Zeit" vermisst.
- Die Realisten setzten auf eine wahrheitsgetreue Darstellung des bürgerlichen Lebens.
- In der Literatur des Expressionismus wurden innere Erlebnisse und Wahrheiten zum Ausdruck gebracht. Im Zentrum stand dabei der "neue Mensch".
- Die Literaturepochen der Neuen Sachlichkeit, Exilliteratur und Trümmerliteratur bewegten sich um die beiden Weltkriege.
- In der Literatur der Postmoderne lassen sich nicht eindeutige Hauptthemen und -motive finden. Vielmehr war es das Ziel, eine ästhetische Vielfalt in der Literatur zu erzeugen.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Literaturepochen
Welche literarischen Epochen gibt es?
In der deutschen Literatur gibt es eine Vielzahl literarischer Epochen. Zu den wichtigsten gehören Aufklärung, Sturm und Drang, Weimarer Klassik, Romantik, Vormärz und Biedermeier, Realismus und Expressionismus.
Was ist eine Literaturepoche?
Eine Literaturepoche ist ein Zeitabschnitt der Literaturgeschichte, der bestimmte Merkmale aufweist. Zu diesen Merkmalen gehören in der Literatur behandelte Themen und Motive, aber auch bedeutende Werke dieser Zeit und zeitgeschichtliche Ereignisse.
Was sind die wichtigsten Literaturepochen?
Zu den wichtigsten Literaturepochen im Deutschen gehören Aufklärung, Sturm und Drang, Weimarer Klassik, Romantik, Vormärz und Biedermeier, Realismus und Expressionismus.
In welcher Literaturepoche befinden wir uns heute?
Da Literaturepochen erst im Nachhinein festgemacht werden, lässt sich nicht eindeutig sagen, in welcher Literaturepoche wir uns momentan befinden. Allerdings gehören alle Werke, die aktuell veröffentlicht werden, zur sogenannten Gegenwartsliteratur.
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