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So direkt lässt sich diese Frage nicht beantworten. Es bietet sich an, die Wahrscheinlichkeiten erst in eine sinnvolle Ordnung zu bringen. Ein hilfreiches Tool hierfür ist ein Baumdiagramm.
Baumdiagramm – Erklärung
Mit einem Baumdiagramm kannst Du Ordnung in eine komplexe Aufgabenstellung bringen.
Ein Baumdiagramm ist ein Weg, mehrstufige Zufallsexperimente visuell darzustellen. Dabei wird jede Stufe einzeln behandelt, sodass die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten übersichtlich aufeinander aufbauen.
Das heißt, in einem Baumdiagramm sortierst Du gegebene Ereignisse und Wahrscheinlichkeiten, sodass Du die Lösung leichter berechnen kannst.
Baumdiagramm erstellen – Allgemeiner Aufbau
Wie der Name schon vermuten lässt, ist ein Baumdiagramm ähnlich aufgebaut wie ein Baum. Mit Ästen und Verzweigungen, die in einem Punkt, ähnlich der Wurzel eines Baumes, beginnen. Da in einem Baumdiagramm Ereignisse und deren Zusammenhänge visuell dargestellt werden, wird er auch als Ergebnisbaum bezeichnet.
Um ein Baumdiagramm zu erstellen, gehst Du so vor:
- Es gibt einen Startpunkt, also die Wurzel oder auch der Ausgangspunkt, von dem so viele Äste abgehen, wie es in der ersten Stufe Deines Zufallsexperiments Ereignisse gibt. Diese schreibst Du an das Ende des jeweiligen Astes.
- Das Ende jeden Astes stellt einen neuen Verzweigungspunkt dar, von dem alle in der nächsten Stufe möglichen Ereignisse abgehen. Nach der 1. Stufe ergeben sich zum Beispiel die 1. Verzweigungspunkte. Dort kannst Du die jeweiligen Zwischenergebnisse eintragen. Analog funktioniert das für alle weiteren Stufen.
- Der Weg vom Anfang bis zu einem der Enden wird als Pfad bezeichnet. Am Ende eines Pfades steht das Endergebnis und somit stellt das Ende auch keinen Verzweigungspunkt mehr dar.
- Jeder Pfad beschreibt ein Ereignis des gesamten mehrstufigen Zufallsexperiments.
In Abbildung 1 werden die Ereignisse mit A (beziehungsweise B) oder \(\bar A\) (beziehungsweise \(\bar B\)) bezeichnet. Die Buchstaben mit dem Querbalken bezeichnen das jeweilige Gegenereignis, also alle Ereignisse, in denen A beziehungsweise B nicht enthalten ist. Diese Schreibweise wird üblicherweise genutzt, wenn ein Zufallsexperiment 2 mögliche Ausgänge hat.
Du kannst Deine Ereignisse aber auch anders nennen. Zum Beispiel A und B oder A1 und A2 und so weiter. Das gilt ebenfalls, wenn Dein Zufallsexperiment mehr als 2 mögliche Ausgänge hat. In diesem Fall macht die Vorgehensweise Ereignis-Gegenereignis ohnehin keinen Sinn.
Möchtest Du die Ereignisse der oben erwähnten Lose in einem Baumdiagramm ordnen, gehst Du so vor:
Zur Erinnerung: Du bist auf einem Volksfest und möchtest Lose ziehen. Du ziehst zu 70 % eine Niete. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ziehst Du beim 2. Mal erneut eine Niete?
- Schritt: Du definierst Dir alle nötigen Ereignisse. Es steht Dir frei, welche Bezeichnungen Du wählst. Du kannst zum Beispiel \(N\) für "Niete" und \(\bar N\) für "keine Niete" oder N für "Niete" und G für "Gewinn" oder auch etwas anderes nehmen.
- Schritt: Du ziehst Dir die nötigen Äste und schreibst an deren Ende jeweils die Ereignisse.
Auf jede Stufe des Baumdiagramms notierst Du Dir alle Alternativen, die zu diesem Zeitpunkt eintreffen können.
Du nimmst ein Los. Es kann entweder eine Niete oder ein Gewinn sein. Also notierst Du in der 1. Stufe "N" und am parallelen Ast "G". Egal ob Du eine Niete oder einen Gewinn gezogen hast, kann das zweite Los ebenfalls eine Niete oder ein Gewinn sein. Du wiederholst also den 1. Schritt jeweils für beide Ereignisse.
Nun hast Du dein Baumdiagramm erstellt. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Du zum Beispiel nach einer Niete erneut eine Niete erhältst?
Wahrscheinlichkeiten im Baumdiagramm – Pfadregeln
Nachdem Du die Ereignisse in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht hast, kannst Du jetzt die Wahrscheinlichkeiten dazu nehmen. Diese werden immer an den entsprechenden Ästen eingetragen.
Bei den Bezeichnungen mit den tiefgestellten Buchstaben – beispielsweise PA(B) – handelt es sich um bedingte Wahrscheinlichkeiten. Die kannst Du aber erstmal außer Acht lassen, das wird später erklärt.
In Abbildung 3 ist P(A) die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A, P(B) des Ereignisses B und so weiter. Am Ende jedes Pfades steht dann die Gesamtwahrscheinlichkeit aus den Wahrscheinlichkeiten entlang des entsprechenden Pfades. Das heißt, für den Pfad mit den Wahrscheinlichkeiten P(A) und P(B) lautet die Gesamtwahrscheinlichkeit P(A∩B).
Die Vereinigungsmenge ∩ bezeichnet die Schnittmenge zweier Ereignisse. Genauer gesagt bezeichnet es die Wahrscheinlichkeit, dass A und B gemeinsam und gleichzeitig eintreten.
Bevor es weitergeht, hier aber noch ein Hinweis:
Die Summe der Wahrscheinlichkeiten einer Stufe zusammen ergeben immer 1.
Somit kannst Du fehlende Wahrscheinlichkeiten ausrechnen und kontrollieren, ob Du richtig gerechnet hast.
Zur Erinnerung: 70 der 100 Lose sind Nieten
Meist wird nicht mit absoluten, sondern mit relativen Häufigkeiten gerechnet. Dafür teilst Du Die Anzahl der gewünschten Ereignisse durch die Anzahl aller Ereignisse. Beispielsweise ergeben 70 Nieten durch alle 100 Lose eine Wahrscheinlichkeit von 0,7 , eine Niete zu ziehen.
Du trägst also die 0,7 auf dem Ast zu N ein. Da die Wahrscheinlichkeiten einer Stufe zusammen immer 1 ergeben, liegt die Wahrscheinlichkeit, einen Gewinn zu ziehen, folglich bei 0,3.
Das Gleiche gilt für die 2. Stufe.
Um die weiter oben bereits erwähnte bedingte Wahrscheinlichkeit zu umgehen, wird hier davon ausgegangen, dass jedes Los ersetzt wird, bevor Du das nächste Los ziehst.
Jetzt kannst Du die restlichen Wahrscheinlichkeiten berechnen. Für Baumdiagramme gibt es spezielle Rechenregeln.
1. Pfadregel
Mit der 1. Pfadregel kannst Du die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass A und B gleichzeitig eintreten.
In einem Baumdiagramm kannst Du für die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses die Wahrscheinlichkeiten entlang des zugehörigen Pfades miteinander multiplizieren.
Wenn Du also P(A∩B) berechnen willst, kannst Du P(A) und P(B) miteinander multiplizieren. Diese Regel gilt also nur für einen Pfad und wenn Du Ereignisse mit "und" verbindest.
Wenn Du also berechnen möchtest, mit welcher Wahrscheinlichkeit Du 2 Mal hintereinander einen Gewinn ziehst, multiplizierst Du laut der 1. Pfadregel die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn mit der Wahrscheinlichkeit für einen (erneuten) Gewinn.
Es wird weiterhin davon ausgegangen, dass die Lose immer direkt ersetzt werden. Die Wahrscheinlichkeiten bleiben also immer gleich.
Im Baumdiagramm entspricht das dem Pfad in türkis.
Du rechnest also:
\[P(G\cap G) = P(G)\cdot P(G) = 0{,}3\cdot 0{,}3=0{,}09=9\%\]
Und erhältst als Ergebnis \(0{,}09\), das entspricht \(9\%\).
Wer A sagt, muss auch B sagen. Also gibt es zur 1. Pfadregel auch eine 2.
2. Pfadregel
Die kannst Du verwenden, wenn Du die Wahrscheinlichkeit berechnen möchtest, dass 2 (oder mehr) Pfade eintreten.
In einem Baumdiagramm kannst Du für die Wahrscheinlichkeit mehrerer Ereignisse die Wahrscheinlichkeiten der Pfade miteinander addieren.
Das heißt, wenn Du berechnen willst, mit welcher Wahrscheinlichkeit \(P(A\cap B)\) oder \(P(A\cap B) \) eintritt, kannst Du \(P(A\cap B)\) und \(P(A\cap \bar B)\) miteinander addieren. In diesem Fall können entweder \(P(A\cap B) \) oder \(P(A\cap \bar B)\) oder auch beide gleichzeitig eintreten.
Mit der 2. Pfadregel kannst Du beispielsweise berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Du bei 2 Mal ziehen mindestens 1 Mal einen Gewinn erhältst.
Im Baumdiagramm entspricht das allen Pfaden, in denen ein Gewinn vorkommt, also 3 von 4 Pfaden.
Die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Pfade rechnest Du mit der 1. Pfadregel aus
\begin{align} P(N\cap G) &= P(N)\cdot P(G)=0{,}7\cdot 0{,}3=0{,}21\\P(G\cap N) &= P(G)\cdot P(N)=0{,}3\cdot 0{,}7=0{,}21\\P(G\cap G) &= P(G)\cdot P(G)=0{,}3\cdot 0{,}3=0{,}09\\P(N\cap N) &= P(N)\cdot P(N)=0{,}7\cdot 0{,}7=0{,}49\end{align}
und die gesuchte Wahrscheinlichkeit für mindestens einen Gewinn erhältst Du mit der 2. Pfadregel.
\[P(N\cap G)+P(G\cap N)+P(G\cap G) = 0{,}21+0{,}21 + 0{,}09=0{,}51=51\%\]
Die Wahrscheinlichkeit, bei 2 Mal ziehen mindestens einen Gewinn zu erhalten, liegt bei \(0{,}51\), beziehungsweise \(51\%\).
Bisher wurde die Anzahl der Lose nicht beachtet, beziehungsweise sie war für jeden Zug gleich. Wie verhält sich das Ganze allerdings, wenn der Betreiber des Losstandes die gezogenen Lose nicht ersetzt?
Baumdiagramm ohne Zurücklegen
Den Fall, dass die Anzahl der Ereignisse immer gleich bleibt, beziehungsweise irrelevant ist, nennt man in der Mathematik ein mehrstufiges Zufallsexperiment mit Zurücklegen. Werden die Subjekte allerdings im Verlauf des Experimentes weniger, so handelt es sich um ein mehrstufiges Zufallsexperiment ohne Zurücklegen.
Dabei musst Du beachten, dass sich die Anzahl der Ereignisse, sowie die Gesamtzahl aller möglichen Ereignisse nach jedem Durchgang ändert.
Der Stand am Volksfest hat 100 Lose, davon sind 70 Stück Nieten. Jedes Mal, wenn Du ein Los ziehst, wird die Gesamtzahl der verbleibenden Lose und die der Nieten oder Nicht-Nieten - je nachdem, was Du gezogen hast - geringer.
Das heißt, wenn Du 3 Lose nacheinander ziehst, die jeweils eine Niete oder ein Gewinn sein können, ziehst Du nach jedem Zug 1 Los von der Gesamtzahl ab und eine Niete oder eine Nicht-Niete, je nachdem was Du gezogen hast.
In der Abbildung wurde die relative Häufigkeit verwendet. Diese erhältst Du, indem Du die Anzahl der Ereignisse durch die Gesamtzahl aller Ereignisse teilst. Mehr dazu findest Du im Artikel "relative Häufigkeit".
Diese Abhängigkeit eines Ereignisses vom vorherigen Ereignis wird bedingte Wahrscheinlichkeit genannt.
Wenn das Ereignis B vom Ereignis A abhängig ist, ist das eine bedingte Wahrscheinlichkeit.
Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, nachdem ein anderes Ereignis bereits eingetreten ist. Für die Berechnung gilt folgende Formel:
\[P_A(B)=\frac{P(A\cap B)}{P(A)}\]
Also bezeichnet die bedingte Wahrscheinlichkeit PA(B) die Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung A.
Der Losverkäufer versucht, die Kunden zum Kauf eines zweiten Loses zu motivieren, indem er behauptet, dass die Wahrscheinlichkeit, nach einer Niete den Gewinn zu erhalten, bei satten \(21\%\) liegt, wenn er die Lose sofort ersetzt. Hat er Recht?
Das kannst Du überprüfen, indem Du die bedingte Wahrscheinlichkeit \(P_N(G)\) für das 2. Los unter der Verwendung der \(21\%\) berechnest und mit den Ausgangswerten vergleichst.
Für die Berechnung von \(P_N(G)\) kannst Du die Formel der bedingten Wahrscheinlichkeit verwenden.
\[P_N(G)=\frac{P(N\cap G)}{P(N)}=\frac{0{,}21}{0{,}7}=0{,}3=\frac{30}{100}\]
Es kommt also heraus, dass 30 der 100 Lose ein Gewinn sind. Da der Losverkäufer die Lose nach jedem Zug ersetzt, ist das richtig.
Hier wurde bewusst mit Zurücklegen gerechnet, da Du für die Berechnung ohne Zurücklegen zusätzlich die totale Wahrscheinlichkeit brauchst. Darum geht es weiter unten.
Die bedingte Wahrscheinlichkeit brauchst Du auch dann, wenn Du ein Baumdiagramm umdrehen willst.
Umgekehrtes Baumdiagramm
Um in einem Baumdiagramm herauszufinden, was die Gesamtwahrscheinlichkeit von B ist, wenn A an erster Stelle steht, kannst Du es umdrehen. Es handelt sich dann um ein inverses Baumdiagramm.
In einem inversen Baumdiagramm werden die Ereignisse in ihrer Reihenfolge vertauscht, sodass sie genau andersherum sind. Dabei bleiben die Endwahrscheinlichkeiten eines jeden Astes gleich.
Wenn Du also in einem Baumdiagramm an erster Stelle A und an zweiter Stelle B stehen hast, so steht im inversen Baumdiagramm B an erster Stelle und A an zweiter.
Dabei bleiben die Endwahrscheinlichkeiten gleich, die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Äste müssen jedoch neu berechnet werden. Hierzu brauchst Du den Satz der totalen Wahrscheinlichkeit, denn die Wahrscheinlichkeiten von B sind im ursprünglichen Baumdiagramm auf A und dessen Gegenereignis aufgeteilt.
Um die Gesamtwahrscheinlichkeit eines Ereignisses A zu berechnen, wenn nur bedingte oder gemeinsame Wahrscheinlichkeiten gegeben sind, benötigst Du den Satz der totalen Wahrscheinlichkeit.
\[P(A)=P(A\cap B)+ P(A\cap \bar B)=P(B)\cdot P_B(A)+P(\bar B)\cdot P_{\bar B}(A)\]
Du kannst also die Gesamtwahrscheinlichkeit von B herausfinden, indem Du alle Pfade addierst, in denen B vorkommt. In diesem Fall sind das \(P(A\cap B)\) und \(P(\bar A\cap B)\).
Es ist Sommerschlussverkauf und ein Bekleidungsgeschäft reduziert daher die Hälfte seines Sortiments. Von den reduzierten Artikeln werden drei Viertel verkauft und von denen mit dem regulären Preis nur ein Viertel. Welcher Anteil aller Artikel wurde verkauft?
Du kannst dir aus der Aufgabenstellung folgende Ereignisse definieren:
- R für "reduziert"
- V für "verkauft"
Die Buchstaben mit der Linie sind die jeweiligen Gegenereignisse
Daraus kannst Du Dir ein Baumdiagramm erstellen. Schreibe Dir die Wahrscheinlichkeiten gleich an die jeweiligen Pfade und berechne die Endwahrscheinlichkeiten mit der 1. Pfadregel.
Um nun herauszufinden, wie viele Artikel verkauft wurden, kannst Du das Baumdiagramm umdrehen. Wie Du in der Abbildung erkennen kannst, ist P(V) nun nicht mehr bedingt. Um also die Gesamtwahrscheinlichkeit zu berechnen, benötigst Du die Formel für die totale Wahrscheinlichkeit.
\begin{align} P(V)&=P(R\cap V)+P(\bar R\cap V)\\&=P(R)\cdot P_R(V)+P(\bar R)\cdot P_{\bar R}(V)\\&=\frac{1}{2}\cdot \frac{3}{4}+\frac{1}{2}\cdot \frac{1}{4}=\frac{1}{2}\end{align}
Da die Endwahrscheinlichkeiten gleich bleiben, kannst Du die fehlenden Werte nun ausrechnen, indem Du die Endwahrscheinlichkeiten durch die totale Wahrscheinlichkeit des jeweiligen Pfades teilst.
\begin{align} P_V(R)&=P(V\cap R):P(V)=\frac{3}{8}:\frac{1}{2}=\frac{3}{4}\\P_V(\bar R)&=P(V\cap \bar R):P(V)=\frac{1}{8}:\frac{1}{2}=\frac{1}{4}\\P_{\bar V}(R)&=P(\bar V\cap R):P(\bar V)=\frac{1}{8}:\frac{1}{2}=\frac{1}{4}\\P_{\bar V}(\bar R)&=P(\bar V\cap \bar R):P(\bar V)=\frac{3}{8}:\frac{1}{2}=\frac{3}{4}\end{align}
Nun ist das inverse Baumdiagramm komplett!
Nachdem Du nun vieles über Baumdiagramme kennen gelernt hast, gibt es hier noch eine weitere Möglichkeit, Übersichtlichkeit in die Wahrscheinlichkeitsrechnung zu bringen.
Baumdiagramm und Vierfeldertafel
Eine Alternative zum Baumdiagramm stellt die Vierfeldertafel dar.
Mit einer Vierfeldertafel kannst du die Zusammenhänge zwischen zwei Ereignissen und deren Ausprägungen untersuchen. Sie ist ein wichtiges Instrument in der bedingten Wahrscheinlichkeit.
Sie ist aufgeteilt in zwei Spalten für die Ereignisse und zwei Zeilen für deren Ausprägungen. In den vier Feldern multiplizierst Du die Wahrscheinlichkeiten der jeweiligen Ereignisse.
Also schreibst Du in die rechte Spalte und untere Zeile jeweils die Wahrscheinlichkeit aus der jeweiligen Zeile oder Spalte. Ganz unten rechts kommt dann noch die Summe aus allen Ereignissen dazu, die immer 1 ergeben muss!
\(A\) | \(\bar A\) | ||
\(B\) | \[P(A\cap B)\] | \[P(\bar A\cap B)\] | \(P(B)\) |
\(\bar B\) | \[P(A\cap \bar B\] | \[P(\bar A\cap \bar B)\] | \(P(\bar B)\) |
\(P(A)\) | \(P(\bar A)\) | \(\Sigma\) |
Dir ist bestimmt aufgefallen, dass dieselben Buchstaben auch im Baumdiagramm aufgetaucht sind. Das heißt also, du kannst die Werte aus dem Baumdiagramm in eine Vierfeldertafel übertragen.
Schau Dir nochmal das Baumdiagramm zu den Losen an und übertrage die Wahrscheinlichkeiten in eine Vierfeldertafel.
Um die Rechnung kurz zu halten, werden die Lose nach dem Ziehen wieder zurückgelegt.
\(N\) | \(G\) | ||
\(N\) | \[P(N\cap N)=0{,}7\cdot 0{,}7=0{,}49\] | \[P(G\cap N)=0{,}3\cdot 0{,}7=0{,}21\] | \(P(N)=0{,}7\) |
\(G\) | \[P(N\cap G)=0{,}7\cdot 0{,}3=0{,}21\] | \[P(N\cap N)=0{,}3\cdot 0{,}3=0{,}09\] | \(P(G)=0{,}3\) |
\(P(N)=0{,}7\) | \(P(G)=0{,}3\) | 1 |
Dieses Prinzip funktioniert natürlich auch anders herum, sprich Du kannst auch die Zahlen aus einer Vierfeldertafel in ein Baumdiagramm übertragen.
Baumdiagramm – Aufgaben
Jetzt, da du alles über Baumdiagramme weißt, kannst du dich an Übungsaufgaben versuchen.
Aufgabe 1
In einer Textilfabrik werden zu gleichen Teilen Hosen und Pullis produziert. Bei den Hosen fällt ein Ausschuss von 5% an, bei den Pullis 3%. Aus den fertigen Hosen und Pullis wird ein Produkt ausgewählt und analysiert. Erstelle ein Baumdiagramm dazu.
Lösung
Aus der Aufgabenstellung kannst Du Dir folgende Ereignisse definieren:
- H = Hose
- A = Ausschuss
Beim Ausschuss handelt es sich um bedingte Wahrscheinlichkeiten, weil bei den Hosen eine andere Wahrscheinlichkeit gilt, als bei den Pullis.
Die kannst Du jetzt in ein Baumdiagramm eintragen und die gegebenen Wahrscheinlichkeiten an die jeweiligen Äste schreiben.
Aufgabe 2
Übertrage die Wahrscheinlichkeiten aus Aufgabe 1 in eine Vierfeldertafel und berechne die fehlenden Werte.
Lösung
\(H\) | \(\bar H\) | ||
\(A\) | \[P(A\cap H)=0{,}5\cdot 0{,}05=0{,}025\] | \[P(A\cap\bar H)=0{,}5\cdot 0{,}03=0{,}015\] | \[P(A)=0{,}025+0{,}015=0{,}04\] |
\(\bar A\) | \[P(\bar A\cap H)=0{,}5\cdot 0{,}95=0{,}475\] | \[P(\bar A\cap \bar H) = 0{,}5\cdot 0{,}97 =0{,}485\] | \[P(\bar A)=0{,}475+0{,}485=0{,}96\] |
\[P(H)=0{,}5\] | \[P(\bar H)=0{,}5\] | 1 |
Die gegebenen Wahrscheinlichkeiten kannst Du mit der 1. Pfadregel verknüpfen. Die restlichen Werte erhältst Du durch Addition & Subtraktion innerhalb der Vierfeldertafel.
Aufgabe 3
Der Inhaber der Textilfabrik möchte wissen, wie viel Ausschuss insgesamt anfällt. Erstelle dafür ein inverses Baumdiagramm und berechne die Gesamtwahrscheinlichkeit für den Ausschuss.
Lösung
Zuerst ist es hilfreich, die Gesamtwahrscheinlichkeiten aus den bereits gegebenen Werten zu berechnen.
\begin{align} P(A\cap H)&=0{,}5\cdot 0{,}05=0{,}025\\P(A\cap \bar H)&=0{,}5\cdot 0{,}03=0{,}015\end{align}
Damit kannst Du dann die totale Wahrscheinlichkeit für den Ausschuss berechnen:
\[P(A)=P(A\cap H)+P(A\cap \bar H)=0{,}025+0{,}015=0{,}04\]
Das war's auch schon. Dein Baumdiagramm sollte nun so aussehen:
Es werden also insgesamt 4% Ausschuss produziert.
Aufgabe 4
Der Losstand hat heute eine Sonderaktion. Zusätzlich zu den normalen Gewinnen kannst Du noch den Hauptgewinn absahnen! Es sind 100 Lose im Pot, davon sind 60 Nieten, 30 Gewinne und 10 Hauptgewinne. Berechne, mit welcher Wahrscheinlichkeit dein 2. Los der Hauptgewinn ist.
Hier handelt es sich um ein mehrstufiges Zufallsexperiment ohne Zurücklegen.
Lösung
Zuerst kannst Du Dir mit den gegebenen Wahrscheinlichkeiten ein Baumdiagramm erstellen.
Die Vorgehensweise ist genau dieselbe, wie bei einem Baumdiagramm mit 2 Ereignissen.
In der Abbildung stehen N, G und H für Niete, Gewinn und Hauptgewinn
Um nun auszurechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit dein 2. Los ein Hauptgewinn ist, suchst Du erst alle Pfade, die in der 2. Stufe den Hauptgewinn haben, also P(N∩H), P(G∩H) und P(H∩H).
Deren Wahrscheinlichkeiten kannst Du nun mit der 1. Pfadregel berechnen
\begin{align}P(N\cap H)&=\frac{60}{100}\cdot \frac{10}{99}=\frac{2}{33}\\P(G\cap H)=\frac{30}{100}\cdot \frac{10}{99}=\frac{1}{33}\\P(H\cap H)=\frac{10}{100}\cdot \frac{9}{99}=\frac{1}{110}\end{align}
und anschließend mit der 2. Pfadregel addieren.
\begin{align} P(H)&=P(N\cap H)+P(G\cap H) + P(H\cap H)\\&=\frac{2}{33}+\frac{1}{33}+\frac{1}{110}\\&=\frac{20}{330}+\frac{10}{330}+\frac{3}{330}\\&=\frac{33}{330}=\frac{1}{10}\\&=0{,}1\end{align}
Du bekommst also mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 den Hauptgewinn im 2. Zug.
Baumdiagramm – Das Wichtigste
- Ein Baumdiagramm ist ein Weg, mehrstufige Zufallsexperimente visuell darzustellen. Dabei wird jede Stufe einzeln behandelt, sodass die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten übersichtlich aufeinander aufbauen.
- Es ist aufgebaut aus mehreren Ästen, die sich von einem Punkt aus immer weiter verzweigen. Am Ende jedes Astes steht ein Ereignis, mehrere Äste hintereinander ergeben einen Pfad.
- Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten im Baumdiagramm gibt es die 1. und 2. Pfadregel.
- Möchtest du die totale Wahrscheinlichkeit der letzten Stufe im Baumdiagramm wissen, kannst du es umdrehen. Dabei entsteht ein inverses Baumdiagramm. Die Endwahrscheinlichkeiten bleiben dabei gleich.
- Die Wahrscheinlichkeiten eines Baumdiagrammes kannst du auch in eine Vierfeldertafel übertragen oder umgekehrt.
- Es gibt Baumdiagramme mit und ohne Zurücklegen. Wenn die Objekte zurückgelegt werden, bleiben die Wahrscheinlichkeiten bei jedem Durchgang gleich. Werden sie nicht zurückgelegt, verändern sich die Wahrscheinlichkeiten mit jedem Durchgang.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Baumdiagramm
Wie mache ich ein Baumdiagramm?
Ein Baumdiagramm ist ähnlich aufgebaut wie ein echter Baum. Es gibt einen Startpunkt, von dem Äste zu den einzelnen Ereignissen abgehen. Je nachdem, wie oft das Zufallsexperiment durchgeführt wird, gibt es mehrere Stufen und auch Verzweigungspunkte. Den Weg vom Startpunkt bis zur Endwahrscheinlichkeit nennst Du Pfad.
Was sind die Pfadregeln?
Pfadregeln brauchst Du, um Wahrscheinlichkeiten in Baumdiagrammen zu berechnen. Mit der 1. Pfadregel kannst Du die Wahrscheinlichkeit eines Pfades berechnen, indem Du alle Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfades miteinander multiplizierst. Mit der 2. Pfadregel kannst Du die Wahrscheinlichkeiten mehrerer Pfade miteinander addieren.
Was ist ein Baumdiagramm in der Mathematik?
Ein Baumdiagramm ist ein Weg, mehrstufige Zufallsexperimente visuell darzustellen. Dabei wird jede Stufe einzeln behandelt, sodass die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten übersichtlich aufeinander aufbauen.
Wie rechne ich mit einem Baumdiagramm?
Für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten innerhalb eines Baudiagramms gibt es die 1. und die 2. Pfadregel. Mit der 1. Pfadregel kannst Du die Wahrscheinlichkeit eines Pfades berechnen, indem Du alle Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfades miteinander multiplizierst. Mit der 2. Pfadregel kannst Du die Wahrscheinlichkeiten mehrerer Pfade miteinander addieren.
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