Pfadmultiplikationsregel – Herleitung
Bei oben genanntem Beispiel handelt es sich um ein mehrstufiges Zufallsexperiment mit bedingter Wahrscheinlichkeit.
Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, nachdem ein anderes Ereignis bereits eingetreten ist. Sie wird als P geschrieben.
Möchtest du mehr zur bedingten Wahrscheinlichkeiten wissen, dann schau doch einfach im entsprechenden Artikel auf StudySmarter vorbei!
Warum das so ist?
Wenn der Schäfer beim ersten Mal ein schwarzes Schaf erwischt, dann entspricht das der Wahrscheinlichkeit . Aber dass er direkt danach nochmal ein schwarzes erwischt, das ist dann schon wesentlich unwahrscheinlicher. Oder?
Baumdiagramm erstellen
Ersichtlich wird diese Tatsache, wenn du dir ein Baumdiagramm erstellst.
Ein Baumdiagramm ist eine Möglichkeit, mehrstufige Zufallsexperimente visuell darzustellen. Dabei wird jede Stufe einzeln behandelt, sodass die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten übersichtlich aufeinander aufbauen.
Genaueres zum Baumdiagramm findest du im gleichnamigen Artikel auf StudySmarter.
Abbildung 1: Baumdiagramm zur 1. Pfadregel
Im Baumdiagramm steht das S für "schwarz" und W für "weiß".
Wenn der Schäfer anfängt, seine Schafe zu scheren, erwischt er mit der Wahrscheinlichkeit ein schwarzes Schaf.
Das ist eine einfache Wahrscheinlichkeit.
Bei der einfachen Wahrscheinlichkeit haben alle möglichen Ereignisse die gleiche Chance, einzutreten. Jede Wahrscheinlichkeit liegt zwischen 0 und 1 und in Summe ergeben alle Wahrscheinlichkeiten immer 1. Sie wird als p geschrieben.
Beim 2. Schaf ist die einfache Wahrscheinlichkeit für ein schwarzes Schaf immer noch , aber unter der Bedingung, dass das 1. Schaf ebenfalls schwarz war. Aus diesem Satz kannst du schon herauslesen, dass es sich dann um eine bedingte Wahrscheinlichkeit handelt.
Pfadmultiplikationsregel – rechnerische Herleitung
Mit einer einfachen Rechnung kannst du dir die 1. Pfadregel selbst erschließen.
Abbildung 2: Baumdiagramm zur Herleitung der 1. Pfadregel
Die Wahrscheinlichkeiten aus derselben hierarchischen Ebene müssen zusammen immer 1 ergeben.
1. Ebene
Das heißt, hier rechnest du die Wahrscheinlichkeit P(S) und P(W) von den ersten beiden Ästen zusammen:
2. Ebene
Hier musst du für die Herleitung ein bisschen rechnen. Du hast 4 mögliche Ausgänge mit der selben Gewichtung, die zusammen 1 ergeben müssen. Du rechnest also:
Das heißt, jeder dieser 4 Ausgänge hat eine Wahrscheinlichkeit von .
Jetzt kannst du ausprobieren, wie du mit den Wahrscheinlichkeiten und eines Pfades auf das Ergebnis kommst.
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Die richtige Antwort ist also, dass du die Wahrscheinlichkeiten eines Pfades miteinander multiplizieren musst.
Deshalb heißt die 1. Pfadregel auch Produktregel.
1. Pfadregel (Produktsatz):
Bei einem mehrstufigen Zufallsexperiment musst du für die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses die Wahrscheinlichkeiten entlang des zugehörigen Pfades miteinander multiplizieren.
Die korrekte mathematische Schreibweise für das Ereignis "2 schwarze Schafe nacheinander" sieht so aus:
Es gibt auch eine Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen auszurechnen, die nichts miteinander zu tun haben. Also zum Beispiel, dass der Schäfer entweder 2 schwarze oder 2 weiße Schafe von der Weide holt. Dafür verwendest du die 2. Pfadregel.
Hier addierst du die Wahrscheinlichkeiten paralleler Pfade des Baumdiagramms miteinander.
In diesem Fall:
Mehr dazu findest du wie immer hier auf StudySmarter unter dem Titel "2. Pfadregel".
Falls du das Symbol nicht erkennst, es handelt sich hier um das Schnittmengenzeichen .
Die Schnittmenge beschreibt die gemeinsame Menge mehrerer Elemente.
Sie sagt also aus, wann beispielsweise S und W gleichzeitig eintreffen. Das heißt ist gleichwertig zu .
Neben der Schnittmenge gibt es noch die Vereinigungsmenge . Sie beschreibt die Menge von A und/oder B, sprich neben der gemeinsamen Menge von A und B kann auch nur A oder B eintreffen.
Wenn du dir nicht merken kannst, wann du welche Pfadregel anwendest, versuch's doch mal mit dieser Eselsbrücke:
Pfadmultiplikationsregel ohne Zurücklegen
Nachdem dem Schäfer nach etlichen Stunden Arbeit immer wieder Schafe in die Arme laufen, die bereits geschoren sind, überlegt er sich, die geschorenen Schafe auf eine andere Weide zu lassen. Ändern sich dadurch die Wahrscheinlichkeiten?
Normalerweise wird das mehrstufige Zufallsexperiment mit einer Urne und Kugeln erklärt. Daher hat sich der Begriff "mit/ohne Zurücklegen" eingebürgert.
Abbildung 3: 1. Pfadregel für Zufallsexperiment ohne Zurücklegen
Das Baumdiagramm bleibt gleich, aber für den Fall, dass der Schäfer zuerst ein schwarzes Schaf schert, gibt es danach nicht mehr 25 schwarze Schafe im Gehege, sondern nur noch 24. Du musst also die Wahrscheinlichkeiten neu berechnen.
Achtung! Neben der Anzahl der schwarzen Schafe ändert sich auch die Gesamtzahl der Schafe.
Schert der Schäfer zuerst ein weißes Schaf, ist es genau anders herum.
Für den Fall, dass der Schäfer zwei schwarze Schafe nacheinander schert und sie dann auf eine andere Weide lässt, ergibt sich für das 1. Schaf die Wahrscheinlichkeit . Nun ist ein schwarzes Schaf weniger in der Herde, es sind also nur noch 24 von insgesamt 49 Schafen schwarz. Also liegt die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres schwarzes Schaf nun bei .
Die Wahrscheinlichkeit für 2 schwarze Schafe hintereinander berechnet sich also wie folgt:
Pfadmultiplikationsregel – Aufgaben
Sofern du vom ganzen Schafe zählen noch nicht eingeschlafen bist, hier ein paar Übungsaufgaben.
Aufgabe 1
Der Schäfer schert zuerst ein schwarzes, dann ein weißes und dann wieder ein schwarzes Schaf und lässt sie danach zurück zur Herde laufen. Berechne die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis.
Lösung
Zur Veranschaulichung der Lösung kannst du dir ein Baumdiagramm skizzieren. Der Pfad, den du für die Lösung gehen musst, ist in türkis markiert. Das Baumdiagramm ist aber nur optional und meist viel zu zeitaufwendig. Er empfiehlt sich daher nur am Anfang, wenn du dir noch unsicher bist.
Abbildung 4; Baumdiagramm 1. Pfadregel Aufgabe 1
Mithilfe der Produktregel multiplizierst du die Wahrscheinlichkeiten des Pfades einfach miteinander.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Schäfer ein schwarzes, ein weißes und ein schwarzes Schaf in genau der Reihenfolge schert, liegt also bei .
Aufgabe 2
Berechne den Fall aus Aufgabe 1, wenn der Schäfer die geschorenen Schafe auf eine andere Weide laufen lässt.
Lösung
Hier musst du aufpassen, dass du nicht durcheinander kommst. Bei solch verschachtelten Aufgaben kann ein Baumdiagramm durchaus sinnvoll sein. Wichtig ist, dass du dir die Pfade anschaust und genau aufpasst, wie viele Schafe von jeder Farbe und von der gesamten Herde schon fehlen.
Abbildung 5: Baumdiagramm 1. Pfadregel Aufgabe 2
Sobald du dir einen Überblick verschafft hast, kannst du dann die Wahrscheinlichkeit mithilfe der 1. Pfadregel ausrechnen.
Aufgabe 3
Der Schäfer behauptet, es sei wahrscheinlicher, dass er erst ein weißes, dann ein schwarzes und dann wieder ein weißes Schaf in Folge schert, anstatt 3 weiße in Folge, wenn er die Schafe danach auf eine andere Weide lässt. Hat er Recht?
Lösung
Die Herangehensweise ist dieselbe wie bei Aufgabe 2 über die 1. Pfadregel.
Vielleicht bist du ja schon sicher genug, um den Baum wegzulassen?
Antwort: Der Schäfer hat Recht.
Hier kommt das Gesetz der großen Zahlen zum Tragen. Würde man mehr als 3 Schafe nehmen, wäre der Unterschied zwischen den beiden Wahrscheinlichkeiten größer.
Pfadmultiplikationsregel - Das Wichtigste
- Möchtest du die Wahrscheinlichkeit eines mehrstufigen Zufallsexperiments berechnen, dann brauchst du die 1. Pfadregel, auch genannt Produktregel. Sie besagt, dass du die Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfades miteinander multiplizieren musst, da es sich um eine bedingte Wahrscheinlichkeit handelt.
- Ein mehrstufiges Zufallsexperiment kann entweder mit oder ohne Zurücklegen ausgeführt werden. Bei der Version ohne Zurücklegen musst du die Wahrscheinlichkeiten für jeden Durchgang neu berechnen, da sich die Gesamtmenge verkleinert.
- Für komplizierte Aufgabenstellungen kann ein Baumdiagramm sehr hilfreich sein, um nicht den Überblick zu verlieren und um Leichtsinnsfehler zu vermeiden.
- Eine Eselsbrücke, um sich zu merken, wann welche Pfadregel gilt:
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Gabriel Freitas ist AI Engineer mit solider Erfahrung in Softwareentwicklung, maschinellen Lernalgorithmen und generativer KI, einschließlich Anwendungen großer Sprachmodelle (LLMs). Er hat Elektrotechnik an der Universität von São Paulo studiert und macht aktuell seinen MSc in Computertechnik an der Universität von Campinas mit Schwerpunkt auf maschinellem Lernen. Gabriel hat einen starken Hintergrund in Software-Engineering und hat an Projekten zu Computer Vision, Embedded AI und LLM-Anwendungen gearbeitet.
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