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Ziegenproblem – Erklärung
In den USA gab es die TV-Show "Let's make a deal" mit dem Moderator Monty Hall. Aufgrund dessen wird das Ziegenproblem auch gerne Monty-Hall-Dilemma genannt. In dieser Show gab es drei Türen, daher auch der Name 3-Türen-Problem. Hinter einer von ihnen stand ein Auto, hinter den anderen beiden jeweils eine Ziege. Nun fragte Monty Hall den Kandidaten, hinter welcher Tür das Auto sei. Nachdem der Kandidat sich für eine Tür entschieden hatte, öffnete Monty eine Tür mit einer Ziege dahinter und frage den Kandidaten, ob er seine Entscheidung ändern wolle. Meistens blieben die Kandidaten bei der zuerst gewählten Tür.
Ob es klug ist, bei seiner Entscheidung zu bleiben oder die Türe doch zu wechseln, hat die "intelligenteste Frau der Welt", Marilyn vos Savant, in der Zeitschrift PARADE in der Kolumne "Ask Marylin" beantwortet. Sie antwortete auf einen Leserbrief mit dieser Frage:
Wechseln Sie. Sie verdoppeln sich damit Ihre Chance zu gewinnen."
Mit dieser Antwort löste sie eine Flut von Leserbriefen und Empörung aus. Aber hatte sie mit ihrer Antwort wirklich Unrecht?
Intuitive Lösung des Ziegenproblems
Ist es denn nicht egal, ob man wechselt oder nicht? Zwar besteht in der ersten Runde eine Chance , das Auto zu gewinnen, aber in der zweiten Runde sind immer noch zwei Türen verschlossen und hinter einer ist das Auto. Es besteht also eine Chance von 50 %, das Auto zu gewinnen.
Im Prinzip richtig. Aber der Moderator weiß, hinter welcher Tür das Auto ist und hat bewusst eine Tür mit einer Ziege geöffnet. Und das ändert die Wahrscheinlichkeit.
Das Ziegenproblem in der Wahrscheinlichkeitstheorie
Wie gerade schon angesprochen, würden die meisten intuitiv die erste und zweite Runde unabhängig voneinander betrachten. Das ist aber falsch. Dieser Fall wäre eine einfache Wahrscheinlichkeit.
Bei der einfachen Wahrscheinlichkeit haben alle möglichen Ereignisse die gleiche Chance, einzutreten. Jede Wahrscheinlichkeit liegt zwischen 0 und 1 und in der Summe ergeben alle Wahrscheinlichkeiten immer 1. Sie wird als p bezeichnet.
Die einfache Wahrscheinlichkeit lässt sich mit einem typischen Beispiel erklären:
Bei einem Würfel mit sechs Seiten hat jede Seite dieselbe Wahrscheinlichkeit, beim Würfelwurf oben zu liegen.
Möchte man also eine 4 würfeln, so liegt die Wahrscheinlichkeit bei:
.
Da der Showmaster aber weiß, hinter welcher Tür das Auto ist und bewusst eine Tür mit einer Ziege öffnet, ändern sich die Wahrscheinlichkeiten und es ist eine bedingte Wahrscheinlichkeit.
Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, nachdem ein anderes Ereignis bereits eingetreten ist. Sie wird als P bezeichnet.
Um oben genanntes Beispiel fortzusetzen:
Die Wahrscheinlichkeit, nach der 4 noch mal eine 4 zu würfeln, liegt bei
.
Diese Wahrscheinlichkeit ist deutlich anders, als die der einfachen Wahrscheinlichkeit.
Aber zurück zum Ziegenproblem:
In der ersten Runde gibt es drei identische Türen. Da in der Wahrscheinlichkeitsrechnung alle Wahrscheinlichkeiten in der Summe immer 1 ergeben müssen, gibt es pro Tür die Chance von , dass sich dahinter das Auto befindet.
Nehmen wir an, der Kandidat wählt Tür 3. Daraufhin öffnet Monty Tür 1, hinter der sich eine Ziege befindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich hinter Tür 3 das Auto befindet, bleibt nach wie vor bei , aber die restlichen konzentrieren sich nun auf Tür 2, weil bei Tür 1 die Wahrscheinlichkeit für das Auto auf 0 absinkt, da ja offensichtlich eine Ziege dahintersteht.
Nun beginnt die zweite Runde und der Kandidat hat die Wahl zwischen zwei Türen, also theoretisch die Chance von , das Auto zu gewinnen. Da der Moderator allerdings bewusst eine Tür mit Ziege geöffnet hat, müssen die Wahrscheinlichkeiten aus der ersten Runde berücksichtigt werden.
Wahrscheinlichkeit, dass das Auto hinter Tür 3 steht:
Wahrscheinlichkeit, dass das Auto hinter Tür 2 steht:
Da der Kandidat zu Beginn Tür 3 gewählt hat, sollte er auf Tür 2 wechseln, weil die Wahrscheinlichkeit für den Gewinn bei dieser Tür doppelt so hoch ist wie bei Tür 3.
Marylin hatte also recht. Ein Wechsel verdoppelt die Gewinnchancen.
Ziegenproblem – Lösung mittels Baumdiagramm
Mit einem Baumdiagramm kannst du besser nachvollziehen, warum sich ein Wechsel lohnt.
Eine ausführliche Anleitung zum Umgang mit Baumdiagrammen findest du im gleichnamigen Artikel dazu.
Option 1: der Kandidat bleibt bei seiner Wahl
In diesem Baumdiagramm siehst du die Gewinnchance, wenn der Kandidat bei seiner Entscheidung bleibt.
Dieser Fall ist ziemlich simpel. Die Gewinnchance für das Auto ist , weil ja nur hinter einer von den drei Türen ein Auto steht. Die zwei Äste des Baums mit der Ziege kannst du zu einem Ast zusammenfassen und die Wahrscheinlichkeiten addieren. Somit hat man eine Chance, eine Ziege zu treffen. Die zweite Runde kannst du hier ignorieren, denn der Kandidat bleibt eisern und somit ändert sich nichts an den Wahrscheinlichkeiten.
Option 2: der Kandidat wechselt die Tür
Wie sieht es aber aus, wenn der Kandidat seine Entscheidung überdenkt und sich umstimmen lässt?
Um hier die Wahrscheinlichkeiten mithilfe eines Baumdiagramms zu bestimmen, benötigst du die erste Pfadregel:
Die 1. Pfadregel – auch Produktregel genannt – wird verwendet, um die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses zu berechnen. Dazu werden die Äste, die dorthin führen, miteinander multipliziert.
Die Wahrscheinlichkeiten aus der ersten Runde bleiben gleich, es gibt ja nach wie vor drei Türen mit einem Auto und zwei Ziegen. Die Wahrscheinlichkeiten aus der zweiten Runde ändern sich jedoch im Vergleich zu denen, wenn der Kandidat bei seiner Wahl bleibt.
Die Wahrscheinlichkeiten in der ersten Runde sind wieder gleich, also Wahrscheinlichkeit für das Auto. Für den Fall, dass der Kandidat die Tür mit dem Auto gewählt hat und sich für einen Wechsel entscheidet, musst du diese Wahrscheinlichkeit mit der Wahrscheinlichkeit 0 aus der zweiten Runde multiplizieren. Denn durch den Wechsel entscheidet er sich dann für die Ziege. Du rechnest also:
Das ist dann natürlich blöd gelaufen, aber die Rechnung ist noch nicht zu Ende. Denn für den Fall, dass er in der ersten Runde die Ziege bekommt und sich dann für die Tür mit dem Auto entscheidet, liegt seine Gewinnwahrscheinlichkeit bei:
Das sind umgerechnet 66,7 %!
Ziegenproblem – Erklärung mit der Vierfeldertafel
Eine weitere Möglichkeit, das Ziegenproblem zu betrachten, ist die Vierfeldertafel. Mit dieser kannst du die unterschiedlichen Szenarien simulieren und dann abzählen, wie oft du zum gewünschten Ergebnis kommst.
Wenn du mehr über die Vierfeldertafel wissen möchtest, dann kannst du dir den passenden Artikel dazu auf StudySmarter anschauen.
Mit einer Vierfeldertafel kannst du die Zusammenhänge zwischen zwei Ereignissen und deren Ausprägungen untersuchen. Sie ist ein wichtiges Instrument in der bedingten Wahrscheinlichkeit.
Der Aufbau dieser Tafel ist relativ simpel. Du brauchst einfach nur eine Tabelle. In die oberste Zeile schreibst du die Türen, in die linke Spalte die Anzahl der möglichen Fälle.
Genaueres zum Aufbau der Vierfeldertafel findest du im gleichnamigen Artikel.
Beim Ziegenproblem gibt es drei mögliche Fälle:
- Fall: Das Auto ist hinter Tür 1.
- Fall: Das Auto ist hinter Tür 2.
- Fall: Das Auto ist hinter Tür 3.
Am besten du markierst dir diese Felder in einer Farbe, wie zum Beispiel hier in Grün.
Wahrscheinlichkeit P | Tür 1 | Tür 2 | Tür 3 |
1. Fall | Bleiben | Wechsel | Wechsel |
2. Fall | Wechsel | Bleiben | Wechsel |
3. Fall | Wechsel | Wechsel | Bleiben |
Danach trägst du ein, wie du in der jeweiligen Situation reagieren solltest, um das Auto zu bekommen.
Im 1. Fall steht das Auto hinter Tür 1.
Entscheidest du dich für Tür 1, dann solltest du bei dieser Entscheidung bleiben. Das trägst du also in dieses Feld ein.
Entscheidest du dich für Tür 2, dann solltest du die Tür wechseln, um das Auto zu bekommen, ebenso wenn du dich für Tür 3 entscheidest.
Im 2. Fall steht das Auto hinter Tür 2.
Hier trägst du bei Tür 2 ein, dass du bleiben solltest und bei Tür 1 und 3, dass ein Wechsel sinnvoll ist.
Das Gleiche machst du für den 3. Fall
Sobald du alles eingetragen hast, kannst du die Ereignisse zusammenzählen und vergleichen.
Es gibt insgesamt neun mögliche Szenarien. In drei davon ist es sinnvoll zu bleiben und in sechs Fällen ist ein Wechsel besser.
Du hast also eine Wahrscheinlichkeit von , beim Bleiben zu gewinnen und eine Wahrscheinlichkeit von , das Auto beim Wechsel zu erwischen.
Das Ziegenproblem und der Satz von Bayes
Bisher waren das ziemlich viele Zahlen. Mit dem Satz von Bayes kannst du das – zumindest teilweise – umgehen.
Der Satz von Bayes stellt eine direkte Verbindung zwischen einer bedingten Wahrscheinlichkeit und ihrer umgekehrten bedingten Wahrscheinlichkeit her. Die Ausgangssituation sieht wie folgt aus:
Gegeben: Gesucht:
Wir kennen also die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B und wollen nun die Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung A berechnen.
Der Satz von Bayes lautet:
Dabei stellen P(A) und P(B) die Wahrscheinlichkeiten dar, dass die Ereignisse A bzw. B eintreten werden (nicht an eine Bedingung geknüpft). Diese Wahrscheinlichkeiten werden auch Anfangswahrscheinlichkeiten genannt.
Rechenbeispiele zum Satz von Bayes findest du im entsprechenden Artikel auf StudySmarter!
1. Schritt:
Notiere dir zunächst die möglichen Ereignisse und alle gegebenen Wahrscheinlichkeiten:
Vorerst solltest du allgemeine Variablen definieren.
Gi = Der Gewinn ist hinter Tür i.
Mi = Der Moderator öffnet Tür i.
Möchtest du den Fall durchspielen, dass du Tür 1 wählst und der Moderator die dritte Tür öffnet, dann sind die Wahrscheinlichkeiten folgende:
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gewinn hinter Tür 1, 2 oder 3 ist, ist immer gleich, also
.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Moderator die dritte Tür öffnet, wenn der Gewinn hinter Tür 1 ist, ist
.
Er kann nämlich sowohl Tür 2, als auch Tür 3 öffnen, da du dich bereits für die Tür mit dem Gewinn entschieden hast.Die Wahrscheinlichkeit, dass der Moderator die dritte Tür öffnet, wenn der Gewinn hinter Tür 2 ist, ist
.
Tür 2 kann er ja nicht öffnen (hier ist der Gewinn) und für Tür 1 hast du dich bereits entschieden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Moderator die dritte Tür öffnet, wenn der Gewinn hinter Tür 3 ist, ist
.
2. Schritt
Teile das gewünschte Ereignis durch die Summe aller möglichen Ereignisse.
Möchtest du nun wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Gewinn hinter Tür 2 ist, wenn du Tür 1 wählst und der Moderator Tür 3 öffnet, dann musst du die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis durch alle möglichen Ereignisse teilen.
Der Gewinn ist in diesem Fall mit einer Wahrscheinlichkeit von 66,7 % hinter Tür 2.
Dasselbe Prinzip gilt auch für alle anderen Fälle.
Ziegenproblem - Das Wichtigste
- In einer Gameshow gibt es drei Türen mit einem Gewinn und zwei Nieten. Der Kandidat muss eine Türe auswählen. Danach öffnet der Moderator eine Tür mit einer Niete und fragt den Kandidaten, ob er seine Entscheidung ändern möchte. Marylin behauptet, beim Wechseln könne man seine Gewinnchance verdoppeln.
- Möchtest du dir die Erklärung mit der bedingten Wahrscheinlichkeit herleiten, dann hast du beim Bleiben die Gewinnchance und beim Wechseln .
- Du kannst dir die Lösung auch mithilfe eines Baumdiagramms herleiten. Auch in diesem Fall ist die Gewinnchance beim Wechseln doppelt so hoch wie beim Bleiben .
- Bei der Vierfeldertafel notierst du alle möglichen Szenarien in einer Tafel und schreibst dazu, ob du im jeweiligen Fall wechseln oder bleiben solltest. Am Schluss alle gleichen Ereignisse zusammenzählen und durch die Summe aller möglichen Ereignisse teilen und du kommst wie bei den anderen Erklärungen darauf, dass ein Wechsel die Gewinnchancen verdoppelt.
- Und auch mit dem Satz von Bayes kommst du auf denselben Schluss. Hier legst du zuerst die Wahrscheinlichkeiten für das gewünschte Ereignis fest und teils das durch die Summe aller möglichen Ereignisse. Auch dieser Weg bestätigt Marylins Aussage.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Ziegenproblem
Wie funktioniert das Ziegenproblem?
In einer Gameshow gibt es 3 Türen mit einem Gewinn und zwei Nieten. Der Kandidat muss eine Türe auswählen. Danach öffnet der Moderator eine Tür mit einer Niete und fragt den Kandidaten, ob er seine Entscheidung ändern möchte. Marylin behauptet, beim Wechseln würde man seine Gewinnchance verdoppeln.
Was ist ein Variablenwechsel?
Ein Variablenwechsel bedeutet, dass nach einem eingetretenen Ereignis die Variable gewechselt wird und sich somit die Wahrscheinlichkeiten ändern. Beim Ziegenproblem tritt dieser Fall ein, wenn sich der Kandidat umentscheidet und die Tür wechselt.
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