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Um Dir die Orientierung in der fast 900-jährigen Geschichte des Heiligen Römischen Reichs (Deutscher Nation) zu erleichtern, wird das Thema in zwei unterschiedlichen Erklärungen behandelt – eine für jede der Epochen. In der hier folgenden Erklärung wird ein Blick auf das Heilige Römische Reich (Deutscher Nation) im Mittelalter geworfen, auf seine Entstehungsgeschichte und die Entwicklungen im Reich bis circa 1430.
Wenn Du Dich für die Geschichte des Heiligen Römischen Reichs (Deutscher Nation) ab dem Jahr 1430, also in der Frühen Neuzeit interessierst, dann findest Du die dazugehörige Erklärung mit dem Namen "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" im dazugehörigen Set zur Frühen Neuzeit!
Definition - Heiliges Römisches Reich
Das Heilige Römische Reich (deutscher Nation) war ein Reich Mittel- und Südeuropas von 962 bis 1806 und das Herrschaftsgebiet der römisch-deutschen Könige/Kaiser.
Entstehungsgeschichte - Heiliges Römisches Reich
Auch wenn das Heilige Römische Reich (Abkürzung: HRR) offiziell erst 962 gegründet wurde, muss man für seine Entstehungsgeschichte einen Blick zurück in das Jahr 814 werfen.
Überblick – Die wichtigsten Personen
- Karl der Große: Kaiser des Fränkischen Reichs bis 814
- Karl der Kahle / Lothar I. / Ludwig der Deutsche: Die Enkel von Karl dem Großen. Unter ihnen wurde das Fränkische Reich 842 in das Westfränkisches Reich, Lotharingien und Ostfränkisches Reich (später Heiliges Römisches Reich) dreigeteilt.
- Konrad I.: erster König des Ostfränkisches Reichs, der nicht mehr aus dem Geschlecht der Karolinger stammte.
- Heinrich I.: erster sächsischer König auf dem ostfränkischen Thron
- Otto I.: Sohn Heinrichs I., Begründer des Heiligen Römischen Reichs und zugleich dessen erster Kaiser
Teilung des Fränkischen Reichs
Das Frankenreich unter Karl dem Großen war im 9. Jh. das größte und mächtigste Reich Europas. Doch das Machthoch, auf dem sich das Fränkische Reich zum Zeitpunkt von Karls Tod 814 befand, sollte nicht sehr lange halten. Bereits unter Karls Sohn Ludwig dem Frommen verlor das Reich an Macht und Territorien, bis es schließlich als Folge eines Erbstreites zwischen den drei Enkeln von Karl dem Großen aufgeteilt wurde.
Du möchtest mehr zu Karl dem Großen und dem Fränkischen Reich erfahren? Dann schaue einmal bei der Erklärung "Karl der Große" vorbei!
Vertrag von Verdun (842)
Diese Reichsteilung wurde 842 im sogenannten Vertrag von Verdun beschlossen. Damit zerfiel das Frankenreich in drei Teile:
- Das Westfränkische Reich unter Karl dem Kahlen.
- In der Mitte Lotharingien unter Lother I.
- Das Ostfränkische Reich unter Ludwig dem Deutschen (auf diesem Gebiet entstand später das Heilige Römische Reich).
Doch auch wenn das Fränkische Reich nun dreigeteilt war, so saß auf jedem Thron ein Nachkomme der karolingischen Blutlinie – das Reich war also in seiner Gesamtheit noch immer dynastisches Herrschaftsgebiet. Dennoch sprach allgemein vom Fränkischen Reich, nur dass es eben drei Herrscher gab, statt nur einen.
Das Ende der Karolinger
Dieses "Gemeinschaftsgefühl" der drei Reiche endete mit dem karolingischen Kaiser Karl III. im Jahr 887. Dieser hatte es zwar für kurze Zeit geschafft, das Ostfränkische und das Westfränkische Reich unter seiner Herrschaft erneut zu vereinen, doch nach zahlreichen militärischen Niederlagen gegen die einfallenden Normannen verlor er zunehmend an Macht und Einfluss.
Nach dem Tod von Karl III. begannen die Teilgebiete des Westfrankenreichs und Lothringens langsam zu zerfallen – autonome Grafschaften, Fürsten- und Herzogtümer etablierten sich auf dem Gebiet des einstigen Großreichs. Im Ostfränkischen Reich hingegen wurde noch einmal ein Karolinger König, nämlich Arnulf von Kärnten. Doch auch im Ostfränkischen Reich endete die karolingische Dynastie mit dem Tod von Arnulfs Sohn.
Vom Ostfränkischen Reich zum Heiligen Römischen Reich
Nach dem Ende der karolingischen Herrschaft war der Weg frei für ein autonomes Ostfränkisches Reich.
Vertrag von Bonn (921)
Nachdem Arnulfs Sohn Ludwig das Kind, der letzte legitime karolingische Erbe, gestorben war, drohte auch das Ostfränkische Reich zu zerfallen. Dies konnte jedoch durch die Wahl des Franken Konrad I. zum neuen König des Ostfrankenreichs verhindert werden. Während seiner gesamten Regentschaftszeit versuchte er das zerrissene Reich mit seinen aufstrebenden kleinen Herrschaftsgebieten unter autonomer Führung – besonders die sächsischen Herzogtümer – erneut zu vereinen. Dies sollte ihm jedoch nicht gelingen.
Unter seinem Nachfolger König Heinrich I. von Sachsen wurde schließlich 921 der Vertrag von Bonn vereinbart. Dieser regelte die Gleichberechtigung des West- und Ostfränkischen Reichs – das Ostfränkische Reich wurde nun offiziell als autonomes Reichs- und Staatsgebilde anerkannt.
Der erste "nicht-fränkische" Herrscher auf dem Thron des Ostfränkischen Reichs
Bereits Konrad I. stammte nicht mehr aus der karolingischen Dynastie, dennoch war er noch immer ein Franke und hatte damit die gleichen historischen Wurzeln wie die Karolinger.
Doch Konrads Regentschaft war schwierig – er wurde vor allem durch die kirchlichen Vertreter des Reichs legitimiert, hatte das Volk aber nicht auf seiner Seite. Anders erging es seinem Gegenspieler Herzog Heinrich I. von Sachsen, der allein durch sein Volk als Herzog gewählt und eingesetzt wurde. Es kam zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem fränkischen König und dem sächsischen Herzog, an dessen Ende Konrad I. als Unterlegener hervorging.
Schließlich überreichte Konrads Bruder, nach dessen Tod, die Königskrone an Heinrich I. Damit war dieser 919 der erste nicht fränkische Herrscher auf dem Thron des Ostfränkischen Reichs.
Der Begriff "Franke" ist nicht die Bezeichnung für die Bewohner*innen des Fränkischen Reichs, sondern bezieht sich auf die Abstammung einer Person von dem germanischen Stamm der Franken. Gleiches gilt für die Sachsen, auch sie waren ein germanischer Stamm.
Gründung - Heiliges Römisches Reich
Schließlich bestieg 936 der sächsische Otto I. den Thron des Ostfränkisches Reich. Ihm gelang es nicht nur, sich gegen die eigenmächtigen Herrscher innerhalb seines Reichs durchzusetzen, sondern auch der Bedrohung der plündernden Ungarn auf dem Reichsgebiet ein Ende zu setzen. Mit dem Sieg über die Ungarn festigte er seine Herrschaft endgültig.
Schließlich wurde Otto I. im Jahr 962 zum Kaiser gekrönt, was die Geburtsstunde es Heiligen Römischen Reichs und der Beginn der Herrschaft der "Ottonen" einläutet.
Charakterisierung - Heiliges Römisches Reich
Bevor Du Dich nun genauer mit der Geschichte der Heiligen Römischen Reichs beschäftigst, ist es interessant zu betrachten, mit welchem Anspruch Otto I. sein neues Reich begründete und wie genau das HRR als Reich zu charakterisieren war.
Nachfolger des antiken Kaisertums
Bereits Karl der Große regierte sein Frankenreich in der Tradition des Imperium Romanum. Man wollte zur alten Glanzzeit des antiken Kaisertums zurückfinden – deshalb wollte Karl der Große auch Kaiser werden. Sowohl all seine Nachfolger als auch die Herrscher des Ostfränkischen und später des Heiligen Römischen Reichs verfolgten dieselben Ansprüche. Sie wollten die Tradition des antiken Römischen Reichs erneut aufleben lassen und ein ebenso beeindruckendes Reich schaffen wie das Imperium Romanum.
Das "Heilige" im Gottesgnadentum
Ein wichtiger Bestandteil des antiken Kaisertums war der Schutz des Glaubens und vor allem der Kirche. Auch die Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs standen, ähnlich wie bereits Karl der Große in enger Verbindung zur römisch-katholischen Kirche. Dies spiegelte sich natürlich auch in der Staatsreligion des Christentums wider.
Die Könige/Kaiser des Heiligen Römischen Reichs legitimierten ihren Herrschaftsanspruch durch göttlichen Zuspruch (auch Gottesgnadentum genannt). Deshalb heißt es auch "Heiliges" Römisches Reich.
Diesen gottgegebenen Anspruch konnten die Herrscher aber besser durchsetzen, wenn er durch die katholische Kirche und den Papst (Stellvertreter Gottes auf Erden) legitimiert wurde. So war die Salbung und die Krönung der Kaiser durch den Papst ein wichtiges machtpolitisches Instrument.
Regierungs- und Staatsform im Heiligen Römischen Reich
Doch was für eine Staatsform hatte das Heilige Römische Reich, wer war das Oberhaupt, wie wurde dieses gewählt und wie wurde das HRR regiert?
Kaisertum und "Personenverbandsstaat"
Das Heilige Römische Reich war ein Kaisertum. Das bedeutet, dass der König/Kaiser die machtpolitische Spitze des Reichs bildete. Hierarchisch unterstanden ihm dann die verschiedenen weltlichen und geistlichen Landesherren des HRR. Diese waren hierbei nicht ausschließlich einzelne Personen, es konnten beispielsweise auch Korporationen wie Ritterorden oder Klöster sein.
Dementsprechend ließen sich auch die in das HRR integrierten Reichsgebiete in folgende Kategorien unterteilen:
- Reichsgebiete, die weltlichen Landesherren unterstanden (Fürsten/Herzog/Graf etc.),
- Reichsgebiete, die geistlichen Landesherren unterstanden (Bischöfen, Klöstern etc.),
- Reichsgebiete und die sogenannten Reichsstädte, die direkt dem König/Kaiser unterstanden.
- Königreiche, die entweder einen eigenen König hatten oder aber unter der Herrschaft des römisch-deutschen Königs/Kaisers standen.
Doch egal wem die Gebiete nun unterstanden, eines hatten alle Landesherren gemeinsam: Sie standen in einem Treueverhältnis und in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zum römisch-deutschen König/Kaiser.
Hier wird nun der Begriff des "Personenverbandsstaates" interessant. Das Heilige Römische Reich war nämlich kein Territorialstaat, definierte sich also nicht anhand eines festen Gebietes mit klaren Landesgrenzen, sondern viel mehr über Abhängigkeitsverhältnisse zwischen König/Kaiser und den Landesherren.
Jedes Gebiet, dessen Landesherr also in einem entsprechenden Verhältnis zum römisch-deutschen Herrscher stand, galt dann als Teil des HRR.
Anschaulicher wird es vielleicht mit dem Begriff des "Reichs- oder Dachverbandes". Die Landesherren, ob nun weltlich oder geistlich, hielten dem römisch-deutschen König/Kaiser die Treue. Dafür genossen sie unter anderem außenpolitisch den Schutz des Königs/Kaisers unter dem Banner des geeinten Heiligen Römischen Reichs.
Doch warum ist hier von Kaisern und Königen die Rede, obwohl das HRR ein Kaisertum war?
Fakt ist, dass nicht jeder der römisch-deutschen Könige auch zum Kaiser gekrönt wurden. Doch da das HRR auf einer kaiserlichen Tradition aufbaute und die Kaiserkrönung für jeden der Herrscher auch potenziell möglich war, handelte es sich noch immer um ein Kaisertum. Im Folgenden wird also immer von König/Kaiser die Rede sein, wenn sich im Allgemeinen auf die Herrscher des HRR bezogen wird.
Zwischen kaiserlicher Autorität und Souveränität
Aus dem vorherigen Abschnitt lässt sich vielleicht schon ein gewisses Spannungspotenzial ablesen. Nämlich zwischen dem Kaiser und seinem zentralen Herrschaftsanspruch auf der einen Seite und den Landesherren und der Souveränität ihrer Gebiete auf der anderen Seite.
Im Mittelalter war die königlich/kaiserliche Autorität noch sehr viel ausgeprägter als der Souveränitätsgedanke der einzelnen Territorien. Im Übergang zur Frühen Neuzeit, als das Ansehen des Königs/Kaisers immer weiter schwand, wurde der Drang nach Selbstständigkeit und das Streben nach territorialer Macht der Landesherren immer stärker.
Wahlmonarchie
Anders als die reine Erbmonarchie, die im ehemaligen Frankenreich praktiziert wurde, etablierte sich im Heiligen Römischen Reich mit der Zeit eine Art Mischform aus ebendieser und einer Wahlmonarchie. Noch immer sollte der Thron nach Möglichkeit an einen männlichen Nachfahren des amtierenden Königs gehen, doch dieser musste nun zusätzlich durch Wahlen legitimiert werden. Es gab aber auch die Möglichkeit, einen vollkommen neuen Kandidaten vorzuschlagen. Von dieser Praktik wurde vor allem im 14. Jahrhundert Gebrauch gemacht.
Um diese Legitimation zu erreichen, bedurfte es des Zuspruchs der wahlberechtigten und ranghöchsten Vertreter des HRR, den sogenannten Kurfürsten. Diese bestanden sowohl aus weltlichen Fürsten als auch aus geistlichen Bischöfen.
Die mächtigsten und einflussreichsten Adeligen des Reichs waren zugleich die Wahlberechtigten bei der Königswahl – man nannte sie auch die Kurfürsten. Je nach Zeit gab es unterschiedlich viele Kurfürsten – im Mittelalter waren es sieben. Dazu zählten
Die weltlichen Fürsten:
König von Böhmen
Pfalzgraf bei Rhein
Herzog von Sachsen
Markgraf von Brandenburg
Die geistlichen Fürsten:
Erzbischof von Trier
Erzbischof von Mainz
Erzbischof von Köln
Mittelalter - Heiliges Römisches Reich
Da nun geklärt ist, wie das Heilige Römische Reich entstand und wie die Regierung des Reichs organisiert war, folgt nun ein Überblick über die bedeutendsten Herrscher des Reichs, die wichtigsten Ereignisse im mittelalterlichen HRR und welche geopolitischen Folgen diese hatten.
Ausdehnung
Zu Beginn einige interessante Fakten zum Heiligen Römischen Reich im Mittelalter:
- Geschätzte Fläche um das Jahr 1200: ca. 940.000 km² (2,5x die Fläche des heutigen Deutschlands)
- Geschätzte Einwohnerzahl um das Jahr 1200: ca. 7.500.000 Einwohner
- Gesprochene Sprachen: Lateinisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und einige slawische Sprachen
- Gesamtzahl der Könige/Kaiser von der Gründung bis 1437: 37
Könige und Kaiser
Hier eine kurze Auflistung der wichtigsten Herrscher des Heiligen Römischen Reichs von dessen Gründung 962 bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts. In Klammern findest du ihre Regentschaftszeiten als Könige/Kaiser des HRR und Schlagworte zu den wichtigsten Ereignissen während ihrer Herrschaft.
- Otto I. (936–973, Gründung des HRR)
- Heinrich IV. (1053–1106, Investiturstreit)
- Friedrich I. Barbarossa (1152–1190)
- Heinrich VI. (1169–1197, größte Ausdehnung des HRR)
- Rudolf von Habsburg (1273–1291, erster Herrscher nach dem Interregnum)
- Karl IV. (1347–1378, Goldene Bulle)
Du wunderst Dich vielleicht, warum sich einige Regentschaftszeiten überschneiden. Das war damals aber ganz normal, denn um die Thronfolge zu sichern, ließ der amtierende König seinen Nachfolger meist noch zu seinen Lebzeiten zum "Mitkönig" krönen.
Ottonen (962–1024) - Heiliges Römisches Reich
Wichtige Vorkommnisse zu dieser Zeit waren:
- Eroberung und Integration Norditaliens in das Heilige Römische Reich
- Einflussnahme der Kirche auf das Reich wächst
Als Ottonen bezeichnet man die römisch-deutschen Könige/Kaiser aus dem Geschlecht der sächsischen Liudolfinger, die zwischen 919 und 1024 das Heilige Römische Reich regierten.
Eroberung Norditaliens
Otto I., dem Begründer des Heiligen Römischen Reichs, gelang es nach seiner Kaiserkrönung nicht nur seine Herrschaft im Reich zu festigen und die Tradition des Kaisertums erneut zu beleben, er konnte sein Reich auch vergrößern. Er eroberte ganz Norditalien, einschließlich der Stadt Rom, und integrierte es in das Heilige Römische Reich.
Das römisch-deutsche Kaisertum und die Kirche
Der Letzte in der Reihe der Ottonen war Heinrich II.
Da Otto III. kinderlos verstorben war, entbrannte ein Machtkampf um den Thron. Heinrich II. sicherte sich die Krone schlussendlich durch Korruption. Unter seiner Herrschaft verband sich das Heilige Römische Reich immer enger mit der katholischen Kirche. Damit wuchs der Einfluss der römischen Kurie im HRR enorm.
Heiliges Römisches Reich – Karte um das Jahr 1000
Salier (1024–1125) - Heiliges Römisches Reich
Wichtige Ereignisse in diesem Zeitraum waren:
- Eroberung und Integration Burgunds in das Heilige Römische Reich
- Investiturstreit
Die Salier waren das Herrschergeschlecht, das von 1024 bis 1125 die Könige/Kaiser des Heiligen Römischen Reichs stellte.
Eroberung des Königreichs Burgund
Der erste Salier auf dem Thron des Heiligen Römischen Reichs war Konrad II. Unter seiner Regentschaft wurde das Königreich Burgund erobert und so das HRR vergrößert. Er schaffte es außerdem, das Reich innenpolitisch zu festigen.
Der Investiturstreit und das Wormser Konkordat
Konrads Enkel Heinrich IV. wurde bereits als Kind zum König gekrönt – so lag die Regentschaft vorerst bei seiner Mutter. Diese konnte sich jedoch nicht durchsetzen und das Königshaus und damit das HRR verloren zunehmend an Macht.
Dies war die Möglichkeit für die katholische Kirche, ihren machtpolitischen Einfluss weiter zu verstärken. Die Kirche/das Papsttum übernahm die Herrschaft über viele der königlichen Besitztümer und enteignete dort gewissermaßen den König. Ebenso räumte sie sich eigenmächtig Rechte ein, die bis dato nur dem König zustanden – so etwa die Investitur. Diese bezeichnete das Einsetzen von Bischöfen und Äbten im Reich.
Als Heinrich IV. nun aber alt genug war, um selbstständig zu regieren, sprach er der Kirche das Recht zur Investitur kurzerhand wieder ab. 1075 setzte Heinrich dann eigenmächtig einen Bischof in Mailand ein und entfachte damit den sogenannten Investiturstreit.
Das Recht der Investitur war zwar ausschlaggebend für die Auseinandersetzung zwischen König/Kaiser und dem Papsttum gewesen, doch übergeordnet ging es um viel mehr – nämlich um die Frage danach, wer im HRR mehr Macht und Einfluss hatte: der König/Kaiser oder die Kirche?
Als Investiturstreit bezeichnet man einen Streit von 1075 bis 1122 zwischen den salischen Herrschern des Heiligen Römischen Reichs und dem Papsttum darüber, ob nun die weltliche oder geistliche Macht das Recht der Investitur im Heiligen Römischen Reich innehaben sollte.
Im Zuge dieses Streites wurde das Heilige Römische Reich destabilisiert und es kam zu inneren Konflikten. Die Fürsten- und Herzogtümer wechselten ständig die Seiten, mal unterstützten sie den König, mal den Papst.
Auch wenn der Streit 1122 im Wormser Konkordat (Vertrag zwischen Papsttum und einem weltlichen Staat) beigelegt wurde, so hatte dies doch schwerwiegende Auswirkungen auf die Herrscher des HRR.
Zuvor waren Kaisertum und Papsttum im HRR als eine Art Einheit wahrgenommen worden, was das Gottesgnadentum des Kaisers untermauerte – dies war nun jedoch nicht mehr der Fall.
Um noch mehr über die Salier und die Auseinandersetzungen mit dem Papsttum erfahren, schaue bei den Erklärungen "Salier" und "Gang nach Canossa" vorbei!
Staufer (1125–1254) - Heiliges Römisches Reich
Wichtige Entwicklungen während der Regentschaft der Staufer waren:
- Größte Ausdehnung des Heiligen Römischen Reichs 1194 durch Eroberung Siziliens
- Zuwachs des machtpolitischen Einflusses der Landesherrn im nördlichen Reichsteil
Die Staufer waren das Herrschergeschlecht, das von 1125 bis 1254 die Könige/Kaiser des Heiligen Römischen Reichs stellte.
Die Italienpolitik der Staufer
Kaiser Friedrich I., besser bekannt als Barbarossa, war es schließlich, der sein Augenmerk erneut auf die militärische Expansion des Heiligen Römischen Reichs legte. Sein Ziel: Süditalien und Sizilien.
Da er sich und sein Reich in der Tradition des antiken römischen Kaiserreichs sah, erhob er Anspruch auf Unteritalien. Die militärischen Anstrengungen in Richtung Sizilien blieben jedoch weitestgehend erfolglos und unter Barbarossa sollte es nicht mehr zu dessen Integration kommen. Erst seinem Nachfolger Heinrich VI. gelang dies und so erreichte das Heilige Römische Reich im Jahr 1194 seine größte Ausdehnung.
Machteinbußen im nördlichen Reichsteil
Sämtliche Stauferkönige hatten eine spezielle Verbindung zu Italien und hielten sich vermehrt im südlichen Teil des HRR auf. Das bedeutete aber auch, dass der nördliche Teil "unbeaufsichtigt" war – und so ergaben sich Chancen für die "Großen", also die einflussreichsten Vertreter des nördlichen Reichs, ihre Macht und ihren Einfluss auszubauen.
Die möchtest noch mehr über die Staufer und deren berühmtesten Vertreter Barbarossa erfahren? Dann schaue Dir gern die Erklärungen "Staufer" und "Barbarossa" an.
Heiliges Römisches Reich - Karte um das Jahr 1194
Interregnum (1254–1273) - Heiliges Römisches Reich
Im Fall des Heiligen Römischen Reichs bezeichnet "Interregnum" die Periode zwischen 1254 und 1273, also die Zeit zwischen dem Tod von Friedrich II. und der Thronbesteigung von Richard von Habsburg. In diesem Zeitraum konnte keiner der gewählten Könige seinen Herrschaftsanspruch im HRR durchsetzen.
Nach dem Tod des letzten Staufers verfiel das Heilige Römische Reich in eine Art Regierungskrise, denn plötzlich gab es keinen König mehr. Einfach einen neuen zu wählen erwies sich als schwierig, da sich nun die Königreiche Frankreich und England in den Thronstreit des Heiligen Römischen Reichs einmischten. Die beiden Parteien wollten jeweils einen König einsetzen, der auf ihrer Seite stand – für Frankreich kandidierte Alfons X. und für England Richard von Cornwall.
Auch die "Großen" des Reichs, die einflussreichsten Vertreter des HRR, teilten sich in zwei Lager. So kam es, dass beide Anwärter unabhängig voneinander offiziell zum König des HRR gewählt wurden. Faktisch konnte sich jedoch keiner der beiden Könige im Reich auch nur ansatzweise durchsetzen und so wurde das Heilige Römische Reich gewissermaßen sich selbst überlassen.
Das war die Gelegenheit für Herzöge, Fürsten und Bischöfe, königliche Ländereien und Güter in ihren Besitz zu bringen. So konnten sie ihr Herrschaftsgebiet erweitern und damit ihre Macht und ihren Einfluss im Reich zu stärken – das Gebiet der HRR war zur damaligen Zeit demnach "vogelfrei".
Erst als einer der beiden Könige starb und dem anderen die Legitimation durch die römische Kurie verweigert wurde, konnten endlich Neuwahlen stattfinden, die das Interregnum beenden sollten.
Revindikation (1273–1308) - Heiliges Römisches Reich
Wichtige Entwicklungen in diesem Zeitraum:
- Ende des Interregnums durch die Wahl von Richard von Habsburg zum neuen König
- Rückführung von Ländereien und Gütern in königlichen Besitz
- Aufstand der Kurfürsten
Der erste König nach dem Interregnum war Richard von Habsburg. Als neuer König schritt er gleich zur Tat und setzte eine strikte Rückführungspolitik in seinem Reich um, die sogenannte Revindikation. Hierbei wollte er die während des Interregnums annektierten königlichen Ländereien, Güter und Besitzung zurückgewinnen – dies verlief in einigen Gebieten besser als in anderen.
Vor allem die "Großen", also die einflussreichsten Vertreter der nordöstlichen Reichsteile, wollten ihre neu gewonnene Macht nur ungern wieder abgeben. Durch militärische Aktionen gelang Richard die Revindikation aber in weiten Gebieten des HRR.
Richards Thronfolger war nicht sein Sohn Albrecht, sondern der Gegenkönig (Gegenkandidat bei der Königswahl) Adolf von Nassau. Dieser gewann seine Königswahl durch leere Wahlversprechen, deren Nicht-Erfüllung zu einem Aufstand der Kurfürsten gegen die römisch-deutsche Krone führte und erst mit der Absetzung Adolfs endete. Nun bestieg doch Albrecht den Thron des HRR.
Wittelsbacher und Luxemburger (1308–1437) - Heiliges Römisches Reich
Wichtige Ereignisse in der Zeit der Wittelsbacher und Luxemburger:
- Das Gebiet des Heiligen Römischen Reichs schrumpft.
- Die Goldene Bulle wird erlassen.
- Die Pest trieb ihr Unwesen.
Erfahre mehr zu einer der größten Krisen des Mittelalters in der Erklärung "Die Pest".
Hausmachtpolitik
Nach Albrechts Tod folgte eine Reihe von Königswahlen, die abwechselnd Herrscher aus dem Hause der Wittelsbacher und aus dem Hause der Luxemburger bestimmten. Beide Herrschergeschlechter versuchten während ihrer Amtszeiten, die Besitzungen ihrer jeweiligen Familien (ihrer "Häuser") zu vergrößern, weshalb diese Zeit unter dem Schlagwort der "Hausmachtpolitik" stand.
Hierbei scheuten sich die neuen Herrscher auch nicht, Grenzgebiete des HRR gegen Geldzahlungen an andere Länder abzutreten, um so die Kriege in ihren eigenen Territorien zu finanzieren. So schrumpfte das Reich zum Beispiel an der französischen Grenze.
Mehr über das Haus Wittelsbach erfährst Du in der Erklärung "Wittelsbacher".
Die Goldene Bulle
Kaiser Karl IV. aus dem Hause der Luxemburger erließ 1355 schließlich eines der bedeutendsten Gesetze des HRR im Mittelalter: die Goldene Bulle.
In diesem Schriftstück wurde die Königswahl innerhalb des Reiches nun endlich fest geregelt. Das Gesetz benannte nicht nur alle wahlberechtigten Kurfürsten, sondern hielt auch die genauen Regularien zur Königswahl und -krönung fest.
Genaueres über die Goldene Bulle und die Königswahl im HRR bietet Dir die Erklärung "Goldene Bulle".
Macht und Einfluss des Königshauses litten zu dieser Zeit stark unter
- der zunehmenden Territorialisierung des Reichs durch die Fürsten und Bischöfe.
- der stark ausgeprägten Hausmachtpolitik der beiden Herrscherfamilien.
Das glorreiche Kaisertum des Heiligen Römischen Reichs war zu Beginn des 15. Jahrhunderts nur noch ein Schatten seiner selbst und konnte seine Ansprüche im Reich nur noch schwer geltend machen.
Als 1437 der letzte luxemburgische König starb, begann die Dynastie der Habsburger und das Heilige Römische Reich tauchte vom Mittelalter in die Frühe Neuzeit ein.
Heiliges Römisches Reich - Karte um das Jahr 1400
Mittelalter Zusammenfassung - Heiliges Römisches Reich
Im Laufe des Mittelalters wandelte sich das Heilige Römische Reich zunehmend von einem blühenden Kaiserreich hin zu einem territorialen Flickenteppich. Die Macht und die Ehre des Kaisertums wurden im Reich zunehmend schwächer, während die territorialen Herrscher (Fürsten, Bischöfe) immer mächtiger und einflussreicher wurden. Die Königswahl und damit die Position des Königs entwickelten sich zunehmend zu einem machtpolitischen Spielball rivalisierender Reichsparteien.
So waren die ab dem 14. Jahrhundert gewählten Könige meist nur noch damit beschäftigt, die Macht ihrer eigenen Familien zu stärken und weniger damit, das HRR als gesamtes Reich zu regieren und es zu schützten.
Beim Übergang vom Mittelalter hin zur Frühen Neuzeit lag das römisch-deutsche Kaisertum am Boden.
Heiliges Römisches Reich – Wappen
Das Heilige Römische Reich hatte im Laufe der Zeit neben der unten dargestellten allgemeinen König-/Kaiserfahne viele verschiedene Wappen und Flaggen:
- zum Beispiel für die einzelnen Herrschaftshäuser
- oder aber das Reichsbanner, welches vor allem bei den Kreuzzügen gehisst wurde.
Heiliges Römisches Reich - Das Wichtigste
- Das Heilige Römische Reich entstand 962 aus dem ehemaligen Ostfränkischen Reich – der erste Herrscher war Kaiser Otto I.
- Das Heilige Römische Reich war ein Kaisertum mit Wahlmonarchie, der König musste durch die Kurfürsten (die Wahlberechtigten im Reich) legitimiert werden.
- Das Heilige Römische Reich erreichte im Mittelalter unter der Herrschaft der Staufer seine größte territoriale Ausdehnung.
- Geopolitisch war das Heilige Römische Reich von einer starken Territorialisierung der Reichsgebiete durch die eigenmächtigen Fürsten, Herzöge und Bischöfe betroffen, was eine vereinte Regierung durch das Königshaus massiv erschwerte.
- Im 14. Jahrhundert schrumpfte das Reich wieder und die Könige/Kaiser des Reichs verloren zunehmend an Macht und Einfluss.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Heiliges Römisches Reich
Was heißt HRR?
HRR ist die Abkürzung für "Heiliges Römisches Reich".
Warum heißt es Heiliges Römisches Reich?
- "Römisches Reich" heißt es, da sich die Herrscher des HRR als Nachfolger des antiken Kaisertums des Imperium Romanum sahen.
- Der Zusatz "Heilig" hingegen sollte anzeigen, dass die Herrscher des HRR durch göttlichen Zuspruch legitimiert waren, – also von Gott dazu bestimmt wurden, über das HRR zu regieren.
Wo war das Heilige Römische Reich?
Das HRR war ein Kaiserreich in Mittel- und Süd-Europa. Je nach Zeit hatte es unterschiedliche Ausdehnungen. Auf dem Machthoch des Reichs, erstreckte es sich von der Nordsee bis hinunter nach Sizilien.
Wie ist das Heilige Römische Reich entstanden?
Das Heilige Römische Reich entstand 936 aus dem ehemaligen Ostfränkischen Reich. Als die Herrscherdynastie der Karolinger vorüber war, bestiegen die Sachsen den Thron des Ostfränkischen Reichs. Mit der Kaiserkrönung von Otto I. wurde dann auch das Heilige Römische Reich begründet.
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