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Die Fläche unter Funktionsgraphen – geometrische Begründung
Ein großer Teil der Integralrechnung beschäftigt sich mit der Flächenberechnung von Funktionen. Um zu verstehen, was der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung überhaupt besagt, findest du nachfolgend zwei Beispiele mit Veranschaulichungen.
Im ersten Beispiel kannst du die schraffierte Fläche mit deinen bisherigen geometrischen Kenntnissen berechnen.
Gegeben ist eine Fläche, die vom Funktionsgraphen f(x) und der x-Achse nach oben und unten beschränkt ist. Nach links und rechts ist die Fläche durch ein vorgegebenes Intervall beschränkt. Wenn du die gesuchte Fläche nun berechnen möchtest, dann kannst du zuerst die gesamte Fläche ausrechnen, so wie in Abbildung 2 dargestellt.
Anschließend kannst du die kleinere Fläche berechnen, die du in Abbildung 3 erkennen kannst!
Wenn du jetzt die kleinere Fläche aus Abbildung 3 von der größeren Fläche aus Abbildung 2 abziehst, erhältst du die gesuchte Fläche unter der Funktion f(x) aus Abbildung 1.
Sicherlich ist dir schon aufgefallen, dass die gesuchten Flächen beide rechtwinklige Dreiecke sind. Wir schauen uns das jetzt zusammen genauer an!
Zur Erinnerung: Bei rechtwinkligen Dreiecken ergibt sich die Fläche indem du die beiden Katheten multiplizierst und den Wert durch 2 teilst.
Schau' dir das große Dreieck genauer an und überlege dir wie lang die Katheten sind. Die Längeneinheiten vernachlässigen wir der Einfachheit halber! Die eine Kathete entspricht einem Abschnitt der x-Achse. Vom Ursprung bis zum Punkt B hat diese die Länge 5. Die andere Kathete entspricht dem Abschnitt auf der y-Achse, auch hier wieder vom Ursprung und diesmal bis zu dem Punkt f(b).
Abbildung 4: Die Gesamtfläche mit Punkt f(B)
Nun kannst du diese beiden Werte in die Formel zur Flächenberechnung rechtwinkliger Dreiecke einsetzen:
Analog kannst du das für das kleinere Dreieck tun. Graphisch sieht das dann wie folgt aus:
Abbildung 5: Die kleinere Fläche unterhalb des Funktionsgraphen
Auch hier kannst du wieder die Werte in die Formel einsetzen und die Fläche des Dreiecks berechnen.
Ganz am Anfang hatten wir gesagt, dass sich die Fläche daraus ergibt, wenn wir den größeren Flächeninhalt vom kleineren abziehen.
Vielleicht ist dir in dieser Berechnung schon etwas aufgefallen. Die Berechnung des Minuenden und des Subtrahenden sehen sich sehr ähnlich und entsprechen der Stammfunktion von f. Merk dir diese Fläche von 12, wir kommen weiter unten nochmal hierauf zurück!
Im ersten Beispiel konntest du die Fläche mithilfe deines Vorwissens aus der Geometrie berechnen. Nun weißt du aber auch, dass Funktionen nicht immer linear sind und das die Flächenberechnung nicht immer ganz so einfach funktioniert.
Stelle dir vor du bist im Auto deiner Eltern unterwegs und siehst nur das Tachometer. Du kannst also sehen wie schnell deine Eltern zu jedem Zeitpunkt fahren und schreibst dies auf. Nun möchtest du wissen, wie weit ihr gefahren seid.
Das könntest du in Form einer Wertetabelle machen und würde dann ungefähr so aussehen:
Zeit in s | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Geschwindigkeit in m/s | 0 | 9 | 16 | 21 | 24 | 25 | 24 | 21 | 16 | 9 | 0 |
Du kannst die Punkte auch in einem Koordinatensystem abtragen, wobei die x-Achse der Zeit entspricht und die Geschwindigkeit auf der y-Achse eingetragen wird.
Da sich das Auto nicht ruckartig bewegt sondern flüssig, ist der Graph auch durchgezogen und ohne zacken.
Der Graph der Funktion entspricht der Formel:
Dies sollen die Voraussetzungen sein. Wahrscheinlich fragst du dich jetzt: Und was hat die Geschwindigkeit nun mit einer Flächenberechnung zu tun bzw. Und wie weiß ich jetzt wie weit wir gefahren sind?
Aus der Physik weißt du vielleicht, dass die Geschwindigkeit der Quotient aus dem zurückgelegten Weg und der verbrauchten Zeit ist. Das Problem besteht aber darin, dass du nicht weißt, wie weit du gefahren bist, sondern nur die Zeit und die Geschwindigkeit gegeben hast. Nun könntest du die Formel einfach umstellen:
Einfaches Einsetzen würde aber zum falschen Ergebnis führen, da deine Eltern nicht die gleiche Geschwindigkeit über die gesamte Zeit beibehalten haben. Du kannst das Ergebnis aber erst einmal annähern. Aus unserer Tabelle hast du jede Sekunde die Geschwindigkeiten aufgeschrieben. Also kannst du für für jede Sekunde den Weg mit der entsprechenden Geschwindigkeit berechnen.
Zeit in s | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Geschwindigkeit in m/s | 0 | 9 | 16 | 21 | 24 | 25 | 24 | 21 | 16 | 9 | 0 |
Weg in m | 0 | 9 | 16 | 21 | 24 | 25 | 24 | 21 | 16 | 9 | 0 |
Insgesamt habt ihr also 165 Meter zurückgelegt. Den Graphen der Funktion haben wir vorhin nicht ohne Grund gezeichnet. Anschaulich hast du gerade das hier berechnet:
Abbildung 8: Die errechnete Fläche ist hier orange dargestellt
Der Weg in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und der Zeit entspricht der Fläche unterhalb des Funktionsgraphen. Es entstehen 10 verschiedene Rechtecke. Der Flächeninhalt von Rechtecken wird berechnet indem du rechnest. In diesem Fall entspricht , da der Abstand der Zeit auf der x-Achse immer 1 Sekunde entspricht. Die andere Variable b ist abhängig vom Funktionswert (siehe Tabelle 1).
Um den Weg etwas genauer zu berechnen, musst du also die Fläche unterhalb des Graphens besser approximieren. Das kannst du tun, indem du die Rechtecke kleiner wählst, also du nicht jede Sekunde auf das Tachometer schaust, sondern beispielsweise jede halbe Sekunde.
Abbildung 9: Die approximierte Fläche, wenn der Zeitabstand kleiner gewählt wird
Dir fällt sicherlich auf, dass nun deutlich weniger Fläche frei geblieben ist und du fast alles an Fläche erwischt hast. Auch hier kannst du alles in einer Wertetabelle aufschreiben und schlussendlich aufaddieren.
Zeit in s | 0 | 0,5 | 1 | 1,5 | 2 | 2,5 | 3 | 3,5 | 4 | 4,5 | 5 |
Geschwindigkeit in m/s | 0 | 4,75 | 9 | 12,75 | 16 | 18,75 | 21 | 22,75 | 24 | 24,75 | 25 |
Weg in m | 0 | 2,375 | 4,5 | 6,375 | 8 | 9,375 | 10,5 | 11,375 | 12 | 12,375 | 12,5 |
Zeit in s | 5,5 | 6 | 6,5 | 7 | 7,5 | 8 | 8,5 | 9 | 9,5 | 10 |
Geschwindigkeit in m/s | 24,75 | 24 | 22,75 | 21 | 18,75 | 16 | 12,75 | 9 | 4,75 | 0 |
Weg in m | 12,375 | 12 | 11,375 | 10,5 | 9,375 | 8 | 6,375 | 4,5 | 2,375 | 0 |
Der zurückgelegte Weg (Die Addition aller türkis hinterlegten Strecken) entspricht 166,25m. Merken wir uns diesen Wert ebenso für später!
Deine erste Approximation ist also gar nicht soweit weg von der neuen Annäherung. Umso geringer du die Zeitabstände also wählst, desto genauer wird die Berechnung des zurückgelegten Weges.
Die Berechnung der Fläche unterhalb eines Funktionsgraphen kann also durch die Berechnung von Rechtecken vereinfacht werden. Im Prinzip kann das Integralzeichen als eine komplexere Form des Summenzeichens verstanden werden, wobei das dx am Ende des Integrals die Abstände auf der x-Achse darstellt. Diese Abstände werden dann verschwindend klein.
Damit du bei deiner nächsten Klausur nicht stundenlang verschiedene kleine Flächen ausrechnen musst, kannst du den folgenden Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung benutzen. Übrigens ist es unmöglich die komplette Fläche exakt durch Rechtecke auszurechnen, da du diese unendlich klein wählen müsstest.
In den gewählten Beispielen wurden die Flächen durch Dreiecke oder Rechtecke approximiert. Es gibt aber auch Näherungsformen die Trapeze oder sogar andere Funktionen nutzen. In der Mathematik gibt es nicht einen richtigen Weg, sondern mehrere!
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung – Einfach erklärt
Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung wird gerne mit HDI abgekürzt bzw. auch Fundamentalsatz der Analysis genannt. Der HDI verknüpft die Differentialrechnung mit der Integralrechnung, indem dieser die Berechnung bestimmter Integrale auf die Berechnung unbestimmter Integrale zurückführt.
Es gibt einen ersten und einen zweiten Teil des Satzes.
Der erste Teil des HDI
Der erste Teil des HDI beweist die Existenz von Stammfunktionen und den Zusammenhang von Differential- und Integralrechnung, genauer von Ableitungen und Integralen.
Diese Definition ist natürlich sehr mathematisch. Einfacher gesagt ist die Integralfunktion differenzierbar, wenn die Funktion, die integriert werden soll, differenzierbar ist. Genau diese Integralfunktion nennt man auch Stammfunktion.
Der zweite Teil des HDI
Der zweite Teil des HDI beschreibt die Berechnung von Integralen.
Der zweite Teil besagt also, dass das bestimmte Integral berechnet werden kann indem du die Differenz der Stammfunktion an der oberen und unteren Integrationsgrenze berechnest.
Als Erinnerung: Das bestimmte Integral ist die eingeschlossene Fläche des Funktionsgraphen mit der x-Achse und den Intervallgrenzen a und b.
Anwendung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung – Beispiel
Wenn dir bis hierhin noch nicht klar geworden ist, wie und wann du den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung verwenden kannst, dann ist dieser Abschnitt genau richtig für dich! Dazu greifen wir nochmal auf die zwei Beispiele von oben zurück.
Gegeben war die lineare Funktion und die Intervallgrenzen a und b. Gesucht ist der Flächeninhalt der schraffierten Fläche.
Abbildung 10: Die gesuchte Fläche unterhalb des Funktionsgraphen
Nun können wir den Hauptsatz verwenden. Dazu überprüfst du zuerst ob du ein abgeschlossenes Intervall gegeben hast. In unserem Fall ist dies das Intervall .
Außerdem ist jede Potenzfunktion stetig und differenzierbar. Die lineare Funktion ist somit auch differenzierbar und wir dürfen den Hauptsatz verwenden!
Du weißt jetzt, dass eine Stammfunktion existiert. Falls du vergessen hast, wie du eine Stammfunktion bildest, dann solltest du dir unbedingt den Artikel Stammfunktion bilden anschauen!
Das Bilden der Stammfunktion ist die Umkehrung des Differenzierens, also des Ableitens. Daher erhöhen wir den Exponenten der Funktion um 1 und multiplizieren das Reziproke, also den Kehrwert als Faktor vor unsere Basis, damit folgt also:
Nun kannst du den zweiten Teil des Hauptsatzes verwenden indem du nur noch einzusetzen brauchst:
Jetzt setzt du die Intervallgrenzen a und b in die Stammfunktion ein und errechnest den Flächeninhalt.
Wenn du das Ergebnis mit dem Eingangsbeispiel oben in diesem Artikel vergleichst, wird dir sicherlich auffallen, dass es gleich ist.
Wenn du den Hauptsatz zur Berechnung von Flächen verwendest, kannst du die additive Konstante C beim Integrieren auch vernachlässigen. Du siehst ja, dass diese bei der Differenz immer "rausfliegt".
Bei dem zweiten Beispiel konnten wir noch keinen genauen Wert ausrechnen, da wir die Intervallgrenzen nicht unendlich klein gewählt haben. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung erspart dir dies auch.
Gegeben ist also wieder die Funktion von oben.
Schau dir jetzt wieder an, ob die gegebene Funktion auf einem Intervall begrenzt und differenzierbar ist. Bei der gegebenen Funktion handelt es sich um eine quadratische Funktion, welche zu den Potenzfunktionen gehören. Diese sind differenzierbar. Außerdem ist noch das Intervall von 0 bis 10 vorgegeben. Also existiert eine Stammfunktion.
Das heißt, dass die Stammfunktion existiert und diese lautet:
Nun kannst du alles in den zweiten Teil des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung einsetzen. Die Fläche berechnet sich durch:
Vorhin ist uns aufgefallen, dass in diesem Fall die Fläche unterhalb des Funktionsgraphen, dem zurückgelegten Weg entspricht. Um das Beispiel von oben also nun abzuschließen: Ihr habt 166,67 Meter zurückgelegt.
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung – Übungen
Zum Abschluss kannst du dein Wissen an den weiterführenden Aufgaben testen!
Aufgabe
- Sind die Funktionen differenzierbar?
- Berechne die Fläche der Funktion f(x) und g(x) im abgeschlossenen Intervall!
Lösung
Die Funktionen in Aufgabe 1 sind differenzierbar, denn f(x) ist eine Polynomfunktion und g(x) ist eine Wurzelfunktion. Von beiden Funktionstypen wissen wir, dass diese differenzierbar sind. Die Lösung dieser Aufgabe nehmen wir als Grundlage für die Berechnung der zweiten Aufgabe. Die Funktionen sind differenzierbar und wir betrachten das abgeschlossene Intervall . Demnach ist der erste Teil des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung erfüllt und zur Berechnung der Fläche können wir den zweiten Teil des Hauptsatzes benutzen! Bei den Stammfunktionen haben wir die additive Konstante C=0 gewählt. Wie du oben ja gesehen hast, fliegen die Konstanten beim Hauptsatz sowieso raus.
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung – Das Wichtigste auf einen Blick
- Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung (kurz: HDI) verknüpft die Differentialrechnung mit der Integralrechnung
- Das bestimmte Integral wird berechnet durch die Differenz der Stammfunktion an der oberen und unteren Integrationsgrenze
- Die Bedingung dafür ist, dass die gegebene Funktion differenzierbar ist und dass das Intervall abgeschlossen ist
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Hauptsatz der Differential und Integralrechnung
Was besagt der Hauptsatz der Differential und Integralrechnung?
Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung besagt, dass das Integral einer differenzierbaren Funktion berechnet werden kann. Dazu wird die obere und untere Integrationsgrenze in die Stammfunktion eingesetzt und das Ergebnis voneinander subtrahiert.
Was berechnet man mit dem Hauptsatz der Integralrechnung?
Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung wird genutzt, um die Fläche eines Funktionsgraphen in einem vorgegebenen Intervall und der x-Achse zu berechnen.
Was ist der Unterschied zwischen Integral- und Differentialrechnung?
Der Unterschied zwischen Integral- und Differentialrechnung ist, dass diese beiden Themengebiete ihre jeweilige Umkehrung sind. Die Integralrechnung wird bspw. zur Flächenberechnung genutzt oder für Bestandsfunktionen. Die Differentialrechnung wird bspw. zur Berechnung der Steigung oder für Änderungsfunktionen genutzt.
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